Livereview: Rodrigo Y Gabriela - Frederika Stahl
05. Dezember 2010, Fri-Son Fribourg
By El Muerte
MetalFactory.ch betreibt Feldforschung, Teil 215: Das mexikanische Flamenco-Duo Rodrigo Y Gabriela schaffte den Sprung ins internationale Rampenlicht nicht zuletzt dank ihren spektakulären Cover-Versionen von Thrash-Klassikern wie etwa 'Battery' und 'Master Of Puppets' von Metallica - Grund genug für Metal Factory, den beiden unter Konzertbedingungen mal auf den Zahn zu fühlen, und dem legendären Fri-son einen Besuch abzustatten.

Der Gig wurde im Vorfeld aufgrund eines Passproblems von Anfang November auf Anfang Dezember verschoben, doch das Fri-Son konnte trotz dieser Situation und dem für Konzerte eher unpassenden Wochentag auf ein volles Haus zählen… Interessanterweise war der Metallergehalt nahe an der Null-Grenze, dafür lockte das Virtuosen-Gespann allerhand verwunderte Konzertgänger an - Diverse Festival-Auftritte (Wie etwa beim familiären Palèo in Nyon diesen Sommer) hatten ihre Wirkung nicht verfehlt, plus der aktuelle Buzz um die Formation schien nach wie vor anzuhalten…

Als Vorband stieg knapp nach 20 Uhr dann die hübsche, aber musikalisch etwas gesichtslose Frederika Stahl aus Schweden auf die Bühne. Begleitet von einem Zupf-Gitarristen schmetterte sie Schmachtballade an Schmachtballade ins Publikum, konnte aber nicht viel mehr als etwas höflichen Applaus einfahren. Ihre etwas gar eindimensionalen, und nur von E-Piano und Gitarre getragenen Pop-Nummern entpuppten sich äusserst schnell als eine Spur zu stromlinienförmig, da hätte man definitiv Spannenderes rausholen können - Die dreissig technisch zwar soliden, aber inhaltlich platten Minuten verbrachte ich dann grösstenteils auch in der Schlange zur Garderobe, so ein volles Fri-Son dampft halt auch bei lauwarmer Berieselung.

Rodrigo Y Gabriela rissen das Steuer glücklicherweise von Beginn weg herum - Das Duo betrat die Bühne, während Tool's 'Vicarious' noch aus den Boxen dröhnte (Pluspunkte!), und begann dafür direkt mit einem ruhigen Song… Als Vorbote auf das Kommende begann ein Teil des Publikums bereits bei der ersten rythmischen Passage mitzuklatschen – Hier wollte offensichtlich gefeiert werden. Die beiden Ausnahmetalente machten dann auch keinen Hehl daraus, dass sie es heftig mögen, und schmetterten bereits kurz darauf die ersten aus dem Flamenco geliehenen Elemente in den Saal. Während Gabriela sich dabei auf ihre aussergewöhnliche Klopf- und Reiss-Technik konzentrierte, und dazu oftmals in Ekstase quer über die Bühne hüpfte, riss Rodrigo wie ein normaler Stromgitarren-Quäler Fratzen, posierte am vorderen Bühnenrand, malträtierte die Saiten mit geschmackvoller Lead-Arbeit, und schmiss gerne auch mal den Verzerrer an. Das Publikum quittierte dies bei jeder Gelegenheit mit Applaus, und unterstützte die beiden Saitenhexer mit Klatschen. Dank der eigenwilligen Performance, dem offensichtlichen Optimismus der beiden Musiker (Gabriela stolperte bei den aufgeteilten Ansprachen oftmals über ihre eigene Euphorie), und der netten Mixtur aus wohldosierter Klang- und Licht-/Video-Qualität, überzeugte das Duo sogar mich bis zu einem gewissen Grad.

Ob all der überschäumenden Euphorie auf der Bühne und im Saal wurde der Fokus aber klar auf die Showelemente verlagert, denn richtig gute Songkost konnten Rodrigo und Gabriela nicht all zu oft bieten. Genau wie Apocalyptica und Konsorten es bereits berwergstelligt haben, reitet das mexikanische Duo aktuell auf einer auf ihrer Fingerfertigkeit basierten Erfolgswelle – Aber bald muss Essenz nachgereicht werden. Bleibt zu hoffen, dass die beiden Ausnahmetalente nicht wie ihre finnischen Cellovorgänger den Weg des leichteren Wiederstandes und der leichten Teenagerunterhaltung wählen, und endlich etwas solides aus dem Boden stampfen.