Livereview: Saga - The Urge
02. Dezember 2007, Pratteln Z7
By Rockslave - Pics by SMF (Thanx to Stefan!)
Saga gehörten klar auch zu den Bands, die ein fester Bestandteil meiner Jugendzeit in Sachen Musik waren. Unvergessen zum Beispiel der Auftritt im Zürcher Hallenstadion im Jahre 1986. Damals vermochte man die Bude noch locker zu füllen, was in den späteren Jahren so nicht mehr gelang. Dennoch blieb immer eine treue Fanbase übrig und die dürfte ob der Ankündigung von Sänger Michael Sadler, dass er nach 30 Jahren im Musik-Zirkus aufhört und bei Saga freiwillig aussteigt, ziemlich betrübt sein. Auf der einen Seite kann man das jedoch gut verstehen, denn etlichen gealterten Musikern ist vielfach die ewige, aber zwangläufig notwendige Reiserei ein Gräuel geworden. Darum war der heutige Abend für Schweizer (und einige aus dem Ausland angereiste) Saga Fans nicht einfach ein normales Konzert, sondern das Abschiednehmen von ihren Idolen, die sie so wahrscheinlich nie wieder sehen werden. Wirklich nicht? Nun..., bei Led Zeppelin hiess es 1980 ja auch, dass es niemals mehr eine Reunion geben wird! Tja..., heute sind wir bekanntlich etwas gescheiter. Trotzdem dürfte sich der charismatische Frontmann der kanadischen Kult-Truppe vorerst sicher mal aus dem Rampenlicht zurück ziehen. Bevor es jedoch soweit war, fand am späteren Nachmittag im dafür extra geöffneten Mediamarkt in der Nähe vom Z7 erstmal eine Autogramm-Stunde mit der ganzen Band statt. Eine letzte Gelegenheit also, mit seinen Helden nochmals auf Tuchfühlung gehen zu können. Gleiches galt für das Konzert am Abend, das natürlich mit Spannung erwartet wurde, weil es nicht so klar war, wie die Setliste aussehen würde. Nebst ein paar neuen Songs des guten Studio-Albums "10'000 Days", würde der Set aber mit Sicherheit aus mehreren Classics bestehen. Bevor Saga in der jetzigen Formation unweigerlich ihrem letzten Auftritt auf Schweizer Boden entgegen sahen, kam mit The Urge zuerst eine junge, britische Band zu ihrem allerersten Gastspiel bei uns!

The Urge
Wenn man hier zu Lande ein noch völlig unbeschriebenes Blatt ist, weiss man als Zuschauer nicht, ob jetzt schon Musiker auf der Bühne stehen, oder noch die Roadies Hand anlegen. Dabei war wohl keinem (nicht mal mir!) bewusst, dass bei The Urge dennoch ein berühmter Name im Lineup steht/stand: Nämlich Gitarrist John Miles Jr.! Na? klingelts schon? Bei den jüngeren Besuchern sicher nicht, aber es gibt wohl kaum jemand, der nicht schon mal den Jahrhundert-Song "Music" im Radio gehört hat! Und wer ist da nun der Interpret? Richtig..., ein gewisser John Miles, der nichts anderes als der Daddy seines gleichnamigen Sprösslings ist und schon 1966 eine Band namens The Urge ins Leben gerufen hatte. Nun trat also der Sohn inklusive Bandname in die Fussstapfen seines Vaters. Die Youngsters stammen aus Newcastle und auf der offiziellen Homepage steht folgendes Statement von Mr. Miles Jr.: "Wir lieben Rock-Musik! Wir wollen nicht einfach nur Krach machen, sondern auch gute Songs mit starken Melodien schreiben." Und das bekam man dann auch entsprechend vorgeführt. Sänger/Gitarrist Jonathan "Jonny" Boyle hörte sich dabei zeitweilen mit seiner etwas rauen Stimme wie Altmeister Rod Stewart an. Musikalisch sind die Wurzeln von The Urge gemäss eigener Definition jedoch bei Led Zeppelin, den Rolling Stones und AC/DC angesiedelt! Mit Letzteren, genauer Sänger Brian Johnson, der, wie könnte es auch anders sein, auch aus dieser Ecke, das heisst Dunston/Newcastle stammt, besteht ein regelmässiger Kontakt, der zur Zusammenarbeit beim Song "Blue Steel" geführt hat. Davon hört man heute Abend grundsätzlich aber nicht so viel, obwohl die Songs soweit gut grooven und technisch ohne jeden Makel gespielt werden. Das anwesende Publikum taute während den obligaten 45 Support-Minuten immer mehr auf und spendete Applaus mit Aufwärtstrend. Meine Ohren hörten dann und wann auch purple'sche Fragmente heraus, sowie UFO oder die alten Whitesnake. Alles very "british" halt..., aber trotz den stimmlichen Qualitäten von Mr. Boyle fehlten einfach die Killer-Songs, die übrigens alle auf "Lunch At The Lady Garden" (2007) zu finden sind. Mit der Zeit klang Vieles irgendwie gleich..., das heisst durchaus gutes Songwriting, aber keine Hits. Vielleicht wird einer auf dem kommenden Album des nächsten Jahres stehen! Das Potenzial ist auf jeden Fall da..., ob mit oder ohne "Music" von John Miles Senior!

Setlist: "Come Back To You" - "Better Off Without" - "Where Do We Go From?" - "She Made Me Do It" - "Forever And A Day" - "Revolution" - "Lonely Road" - "Blue Steel".

Saga
Die Daten der letzten Konzerte mit Ur-Sänger Michael Sänger waren bereits im Sommer bekannt. Darum musste man flugs den Rotstift bereit halten und sich dieses Datum fett im Kalender anstreichen. Das zeigte Wirkung, denn ein Blick in die heute Abend anwesende Besuchermasse liess unschwer erkennen, dass das Z7 mehr oder weniger ausverkauft war. Etwa 1300 Tickets im Vorverkauf sprechen da eine deutliche Sprache. Interessanterweise hatte es nebst den älteren Semestern auch auffallend viele jüngere Fans im Publikum. Da konnte auch der vor dem Konzert wütende Sturm draussen nichts dagegen ausrichten. Ein weiteres gutes Zeichen also, mindestens was den künftigen Absatz von Saga-Tonträgern angeht..., vielleicht! Als Michael Sadler und seine Kollegen mit tosendem Applaus auf der Bühne empfangen wurden, folgte nach dem Intro mit "The Interview" gleich ein Relikt aus den seligen 80ern und katapultierte einen mit nostalgischer Wehmut zurück in die erfolgreiche Zeit der kanadischen Neo-Progger. Michael Sadler sah man seine mittlerweile 53 Jahre kaum bis gar nicht an. Schlank, rank und drahtig wie ein Adonis stand er da und sang wie der Herrgott, motiviert bis in die Fingerspitzen. Einzig die nun ganz fehlenden Haare vermittelten ein etwas anderes Bild als früher, aber man sollte es wirklich nicht für möglich halten, ihn so nie (?) mehr erleben zu können. Darauf folgte "That's As Far As I'll Go" vom letztjährigen Album "Trust", ehe "You're Not Alone" die Zeitmaschine mit fettem Sound und stimmigem Licht wieder in Betrieb setzte. Dabei kam, wie überhaupt zum Ausdruck, wie hart eigentlich Gitarrist Ian Crichton sein Instrument mitunter erklingen lässt. Warum dieser aber während des ganzen Konzertes über mehr oder weniger nur ein mürrisches Gesicht aufsetzte, weiss ich nicht genau..., Ihr vielleicht? Guter Dinge waren jedoch die Fans, die mit dem geilen Mitsing-Part am Schluss (von "You're Not Alone") das Z7 erstmals so richtig zum Beben brachten - genial und Gänsehaut pur! Bei den vielen Alben, die Saga seit 1978 heraus gebracht haben, dürfte es klar sein, dass unmöglich jeder Release berücksichtigt werden konnte. Zudem gab es in der Diskographie auch ein paar Hänger (zwischen Ende der 80er bis etwa Mitte der 90er), die heute Abend bis auf "We've Been Here Before" (1987) nicht zu Zug kamen. Ein weitere Ausnahme war 1993, als mit "The Security Of Illusion" ein eher Melodic Rock (statt Prog-) lastiges (und völlig unterbewertetes) Album erschien, von dem, nebst dem (jedoch ruhigen und sphärischen) Titeltrack auch das obergeile "Mind Over Matter" berücksichtigt wurde. Die Fans der ersten Stunde dürsteten aber nach mehr altem Material, das dann ab etwa der Mitte des Konzertes das Zepter des Ablaufs zunehmend übernahm. Müssig zu erwähnen, welche Stimmung unsterbliche Klassiker der Marke "I'm The Flyer", "Time's Up" oder "Scratching The Surface" auslösten. Selbstverständlich fehlten natürlich auch das unverwüstliche "On The Loose" und "Wind Him Up" nicht. Das galt schliesslich auch für..., nun..., schaut doch einfach die Setlist an und schwärmt zusammen mit mir! Der finale Aufruf, nicht zu spät zu sein ("Don't Be Late") galt zuletzt allen, die sich zum ersten Advent nach Pratteln aufgemacht hatten und Zeuge dieses denkwürdigen Konzertes wurden. Diese Zeilen schreibend und mit den Klängen von "The Security Of Illusion" (ab CD im Hintergrund) sage ich mit einer verdrückten Träne im Auge: Danke Michael Sadler für 30 Jahre Saga! Dein Nachfolger, der jetzt über die Website gesucht wird, tritt ein sehr schweres Erbe an. Mal sehen, was daraus wird..., immerhin wird der Saga-Sound offensichtlich nicht ad acta gelegt, aber drei Dekaden mit einem der Gründer und als Ur-Sänger lassen sich nicht einfach so abhaken und beiseite schieben. Die Fans werden die Antwort geben und falls es schief geht, wäre es erstens nicht das erste Mal und zweitens gibt es genug Bild- und Tonmaterial, um sich immer wieder auf eine musikalische Zeitreise begeben zu können.

Setlist: "Intro" - "The Interview" - "That's As Far As I'll Go" - "You're Not Alone" - "I'm OK" - "Can't You See Me Now?" - "Book Of Lies" - "Perfectionist" - "I'm The Flyer" - "Mind Over Over Matter" - "The Security Of Illusion" - "Time's Up" - "Scratching The Surface" - "We've Been Here Before" - "On The Air" - "On The Loose" - "Careful Where You Step" - "10'000 Days" - "Wind Him Up" -- "Humble Stance" - "Dont' Be Late" - "Gonna Be? (Outro)".