Livereview: Samael - Excruciation
01. Juni 2009, Zürich Abart
By Toby S.
Eigentlich war ja dieses Konzert schon für den April geplant gewesen, jedoch musste die Show relativ kurzfristig abgesagt und umgebucht werden, so dass sich dann am ersten Juni dieses Jahres wiederum zahlreiche Metalheads im Abart versammelten, um die wiedervereinigten Excruciation, ein Zürcher Urgestein, und natürlich die Soundmagier von Samael ordentlich zu feiern. Was zunächst wie ein Happening für einige Wenige aussah, mauserte sich fix zu einem Fest für einen ordentlichen Haufen brüllender, begeisterter Metaller, Rocker und sonstigen Leuten.

Excruciation
Gegen 21 Uhr war es dann schlussendlich soweit, und die 6 Jungs von Excruciation betraten vor einem zahlenmässig sehr kleinen Publikum die Bühne, was auf sie jedoch keinen Einfluss hatte, denn es wurde der Doom Metal zelebriert, als gäbe es kein Danach mehr. Sänger Eugenio wimmerte, schrie und flüsterte sich durch die Songs, litt jede einzelne Zeile mit, brach auf der Bühne zusammen, blickte anklagend gegen die Decke… Man sah überdeutlich, dass dieser Mann seinen Part ernst nahm und dementsprechend agierte. Leider war dies manchmal auch ein wenig zu viel des Guten, zeitweilig waren die Gesten mehr irritierend denn die Texte unterstreichend. Da die Bühne auch nicht für so viele Personen konzipiert war, standen sich die Musiker mehrheitlich im Weg und konnten sich kaum bewegen, was dann in seltsamen Grimassen ausuferte, ob diese nun gewollt ‚böse’ waren oder nicht ist schwer zu sagen, jedenfalls wirkte dies teilweise ungemein komisch. Auch was die Ventilatoren betraf, welche die wenigen, schütteren Haare einzelner Bandmitglieder ziemlich schräg durch die Luft wirbeln liessen, so konnte man dies entweder als Stimmungsmacher oder als Amüsement betrachten. Nichts desto trotz walzten sich Excruciation durchs Abart, und auch wenn der Sound nicht wirklich toll war (ein Gitarrist musste mehrmals seine Geräte und Kabelverbindungen prüfen, stellenweise gab’s arge Rückkopplungsgeräusche und so weiter) , so bewiesen die Jungs, dass sie einerseits Spass am Spielen haben und andererseits, dass sie trotz mehrerer Lenze auf dem Buckel noch nicht zum alten Eisen gehören. Nach gut 45 Minuten verabschiedeten sie sich standesgemäss und wünschten noch viel Spass mit Samael.

Samael
Nachdem die Bühne vom Equipment von Excruciation geräumt worden war, blieb nicht mehr übrig als das Keyboard mit einigen Zusätzen sowie Ride- und Crash-Becken. Die Verstärker für die Gitarren und den Bass schienen ebenfalls seitlich angebracht zu sein, und natürlich blieben die Ventilatoren am Bühnenrand stehen. So leer die Bühne auch erschien, so sollte sie doch den nachrückenden Samael genug Platz bieten, um sich ordentlich austoben zu können, ohne Gefahr zu laufen, ineinander zu prallen. Das Publikum war auf eine stattliche Anzahl angewachsen, und neben all den Metallern und Rockern fand sich sogar eine Dame in einem asiatisch wirkenden Kostüm. Um es mit anderen Worten auszudrücken: Um die Bühne herum war alles gerappelt voll, nur seitlich gab es noch vereinzelt kleinere, leere Flächen. Nach 22 Uhr erklangen stampfende Rhythmen aus den Boxen, und Samael betraten unter tosendem Applaus die Bühne. Wer jetzt aufgrund der neuesten Scheibe „Above“ nun vermutete, dass die Welschen jetzt hauptsächlich den harten Kurs fahren würden, der hatte sich geirrt: „Solar Soul“ eröffnete den Reigen, und es zahlte sich aus, dass XY alle musikalischen Fäden in den Händen hielt: Der Sound kam klar und deutlich aus den Boxen, man konnte die Instrumente deutlich unterscheiden und Vorph’s markantes Reibeisen-Organ war sowieso unüberhörbar. So konzentriert sich auch alle gaben, so blieb doch zwischendurch genug Zeit, um kleinere Interaktionen mit dem Publikum zu halten und zu zeigen, dass man den Auftritt mehr als nur genoss. Samael zeigten sich in Bestform und zelebrierten Klassiker wie „Rain“ oder „My Saviour“. Den ersten Abstecher in die alten Zeiten wagten sie mit „Baphomet’s Throne“, und spätestens an dieser Stelle war klar: Samael würden die alten Zeiten nicht wieder aufleben lassen, aber sie würden sie neu interpretieren. Dennoch vergingen einige Songs, bis Vorph sich ans Publikum richtete und es fragte, ob es in Ordnung wäre, wenn sie jetzt etwas Schnelleres spielten, etwas wirklich Schnelles. Nach dieser rhetorischen Frage wurde zum ersten Mal an diesem Abend ein Stück vom neuesten Album, nämlich „Black Hole“. Masmisein am Bass war total aus dem Häuschen und sprang immer wieder auf der Bühne herum, während Makro stoisch gelassen und völlig in sich versunken den Sechssaiter bearbeitete. „Into The Pentagram“ war ebenfalls noch ein Song älteren Datums, aber generell lag der Schwerpunkt auf einem Querschnitt aus den Alben „Passage“, „Eternal“, „Reign Of Light“ sowie „Solar Soul“. Etwas enttäuschend war, dass nicht mehr Tracks aus dem aktuellen Schaffen ins Repertoire aufgenommen wurden, denn Kracher wie „Virtual War“ oder „Dark Side“ wären live auf jeden Fall genial gewesen. „Slavocracy“ wurde zwar gespielt, jedoch stellte sich auch hier die Frage, wieso nicht auch andere geniale Songs wie „Valkyrie’s New Ride“ oder „Suspended Time“ dargeboten wurden. Auch was die älteren Werke anbelangte, so wäre doch „Black Trip“ live ein Kracher gewesen… Nun ja, schlussendlich zählt nicht zwingend die Auswahl der Songs, sondern die Art und Weise, wie die Band diese vortrug, und darüber liess sich effektiv nicht streiten: Samael spielten so souverän und sphärisch wie eh und je, und wer an ein Konzert dieser Gruppe geht, der weiss, was ihn erwartet, nämlich geniale Musiker, die es verstehen, Atmosphäre und Dichte zu erschaffen und den Zuhörer in fremde Welten zu entführen!