Livereview: Shakra - Tempesta - Maxxwell
02. Mai 2009, Volkshaus, Zürich
By Roger W.
Bei ihrem ersten Konzert in der Schweiz zum neuen Album "Everest" zeigten sich Shakra von ihrer besten Seite. Aber auch ihre Vorbands punkteten mit soliden Leistungen, wobei der Auftritt von Tempesta zumindest bei Insidern eher Kopfschütteln als Begeisterung auslöste. Ebenso verwunderlich war die Tatsache, dass das Volkshaus nicht annähernd ausverkauft war. Wer dies allerdings als schlechtes Omen für die neue Shakra-Scheibe deutet, der irrt. Denn in der Woche vor dem Konzert kletterte der Silberling auf Platz 4 der Schweizer Longplay-Charts. Es scheint deshalb eher so, als ob die hiesigen Fans geduldige Wesen sind, welche auf ihre Lieblingsband bis zu den Sommerfestivals oder der Herbsttour warten können. Die Ungeduldigen genossen Shakra aber bereits Anfang Mai in Zürich.

Maxxwell
Mit Maxxwell bestieg eine noch ganz junge Hard Rock-Band die Bühne des Volkshauses, wobei es sich bei den Musikern allesamt um erfahrene Leute aus dem Raum Luzern handelt. In den Biographien der Akteure finden sich denn auch ehemalige und aktuelle Bands wie Ancient Season, Crown Of Glory, Luke Gasser, Aka Profound oder Andy Portmann. Umso weniger erstaunte es darum, dass Maxxwell gleich richtig Gas gaben, um aus ihren 30 Minuten das Maximum herauszuholen. Zu hören gab es ausgewählte Perlen des Debut-Albums Dogz On Dope. Und dieses hat es in sich, auch wenn die Songs im Volkshaus anders klangen als auf CD. Besonders Nöbis Stimme erinnert auf Platte viel weniger an diejenige von Shakra-Sänger Mark Fox. Trotzdem oder gerade deshalb erwiesen sich Maxxwell als ideale Vorband von Shakra. Letztere schien ihren Support-Act auch nicht unnötig behindern zu wollen und erlaubte dem Soundmischer, ein tolles Brett zu fahren. Songs wie „Bad To The Bone“ oder „Dogz On Dope“ kamen fett aus den Boxen und sorgten dafür, dass sich die zu Beginn verhaltenen Publikumsreaktionen bis zum Ende in einen guten Schlussapplaus verwandelten. Maxxwell boten eine kurze, dafür herzliche Show, der schliesslich nur noch der letzte Kick und ein wenig mehr Feuer in den Allerwertesten fehlte, um als wirkliches Highlight in die Geschichte einzugehen.

Tempesta
Wer sich lieber Feinde als Freunde macht, ist bei Tempesta an der richtigen Adresse. Und da ich eher zu ersten gehöre, wird mich das Quartet wohl nach dem Lesen der nächsten Zeilen nicht mehr ganz so lieb haben wie bisher. Damit es für sie erträglicher wird und ich schliesslich auch der erste Eindruck zählt, gehe ich didaktisch geschickt vor und zähle zuerst die positiven Aspekte des Auftritts auf. Von diesen waren nämlich an diesem Abend nicht wenige Vorhanden. Tempesta zeigten sich agil wie eh und je und schmissen gekonnt Stimmungsbomben wie „Pain“ und „Do You Understand“ in die wartende Menge. Zwar erinnern einem die Kompositionen immer noch an Metallica zu Load- und Reload-Zeiten, sie können aber auch immer wieder eigene Akzente setzen. Als Höhepunkt gab es beim Schlusssong das eingebaute Solo von „Comfortably Numb“ des The Wall-Albums einer sehr bekannten Band Namens Pink Floyd. Tempesta bewegten sich redlich, konnten aber wie zuvor Maxxwell das Publikum nicht richtig mitreissen. Vielleicht musste sich die Band auch schlicht zu fest darauf konzentrieren, den Auftritt zu dem zu machen, was er in Wahrheit war: Eine Show. Und wie bei einer Show üblich, war auch hier mehr Schein als Sein. Tempesta gehören nämlich nicht zu den Bands, die ihre Energie in das Üben von Backing Vocals investieren. Wozu auch, schliesslich gibt es ein Tonband, das diese perfekt wieder gibt. Dumm nur, dass man dazu auch noch gut schauspielern sollte. Das Üben mit den scheinbar bösen Chorstimmen kann also nicht ersetzt werden. Da dies bisher aber noch niemand der Band gesagt hat, übernehme ich jetzt selbstlos diese schwere Bürde und spiele ein wenig den Bösen. Denn was Tempesta da auf der Bühne produzierten, wirkte schlicht lächerlich. Natürlich wäre das alleine noch keine Katastrophe. Aber wenn Sprachrohr und Sänger Reto Thalmann sich zusätzlich den Fehler erlaubt zwei alte Songs als solche ankündigt, welche auf dem kommenden neuen Album ihren Platz haben werden, dann hat der Mann entweder getrunken oder getraut sich nicht, die neuen Lieder zu spielen. Dass man sich dabei bei Bandkennern nicht unbedingt beliebt macht, sollte klar sein und ist dementsprechend peinlich. Wieso die Band auf dieses Verwirrspiel setzt, bleibt mir ebenfalls ein Rätsel, denn nach dem bereits aufgeschalteten Medley der wirklich neuen Songs zu urteilen, müssen diese alles andere als versteckt werden. Ich verstehe es daher nicht, dass man zwar auf eine Fanbasis aufbauen möchte, aber diese gleichzeitig verscheissert. Ne, ne, ne, so geht das nicht! In Betracht dieser groben Schnitzer war der Auftritt also nur zum Heulen und hat schlicht mehr zerstört als aufgebaut. Aber wenn die Band unbedingt ihr eigenes Grab schaufeln will, nur zu! Oder auf diesen Auftritt bezogen in den Worten eines guten Kollegen gesprochen: „Ihr habt nur zwei Probleme: Erstens, es gibt euch und zweitens, ihr tut nichts dagegen!“ Aber zum Glück gab es ja noch Shakra.

Shakra
Shakra kennen sich zwar ebenfalls mit Backing Vocals ab Band aus, allerdings scheinen diese viel sparsamer und gezielter eingesetzt zu werden als bei Tempesta. Es war eher lustig, wie Mark Fox bei der Ballade „Why“ gleichzeitig Lead- und Backing Vocals gesungen hat. Sichtlichen Spass hatten aber auch Shakra selbst, die mit „Ashes To Ashes“ des neuen Albums das Konzert eröffneten. Dazu gab es erste kleine Flammen zu sehen. Die Band hatte sich auf ihrer kurzen Deutschland-Tournee prima für das Konzert im Volkhaus eingespielt und strahlte im Kollektiv bis über beide Ohren. Und sogar beim sonst eher zurückhaltenden Lead-Gitarristen Thom Blunier huschte ab und zu mal ein Lächeln über die Lippen. Der neue Bassist Dominik Pfister (ehemals Gitarrist bei Grey Monday) scheint gut ins Bandgefüge eingeführt zu werden, so dass man getrost von einer Einheit sprechen konnte. Letzterer durfte sich gar mit einem Basssolo vorstellen, bevor der Rest kräftig in „Love Will Find A Way“ einstieg. Die Setliste war an diesem Abend sehr ausgeglichen und deckte erwartungsgemäss vor allem die Marc Fox-Ära ab. Dass man dabei auf den ein- oder anderen Knaller des neuen Albums verzichtete, ging in Ordnung. Bestätigt wurden Shakra dafür bereits nach relativ kurzer Auftritts-Zeit mit einer Standing Ovation Publikums nach „She’s My Ecstasy“. Es folgte „Chains Of Tempation“ des Fall-Albums, das dermassen begeistert aufgenommen wurde, dass Fox seinem Rowdy die Anweisung gab, das Publikum zu fotografieren. Die bereits erwähnte Ballade „Why“ kam druckvoll aus den Boxen und schien live irgendwie besser zu funktionieren als auf CD. Bei „Never Let You Go“ wurde schliesslich die Gretchen-Frage gestellt, ob Shakra wirklich so gut eingespielt und die Chemie untereinander wirklich hervorragend war. Stimmt etwas bandintern nicht, merkt man das nämlich spätestens bei diesem Song, der punktgenau gespielt extrem geil ist. Stimmt was nicht, verliert auch der Song an Wirkung. Und tatsächlich überzeugten Shakra gerade mit diesem Lied. Fox baute dabei im Zwischenteil gekonnt die üblichen Singspielchen ein, nivellierte aber erst aus, nach welchem Kriterium er das Publikum zum Spielen teilen sollte. Die Variante unter 30 gegen über 30 schien schliesslich zu funktionieren, so dass ein netter Wettkampf ums „lauter Schreien“ entfachte. Schlag auf Schlag ging es danach dem Ende zu, und Shakra schmissen „Why Don’t You Call Me Anymore“ und das eingängige „Hands On The Trigger“ ins Volk. Ein kurz angespieltes „Nothing To Loose“ beendete das reguläre Set. Diesem konnten nach lautem Geschrei nur noch „The Other Side“ eines drauf setzten, bevor von Flammen umrahmt „Rising High“ den wirklich hervorragenden Auftritt von Sharka beendeten. Fazit: Mission erfüllt, der Patient erschöpft aber glücklich.