Livereview: Sweden Rock Festival 2010
09. - 12. Juni 2010, Norje, Sölvesborg (Schweden)
By Kissi & Roxx
Anreise:
Wir sind in Bayern unterwegs, die Sonne scheint. Unser Ziel, dass Sweden Rock Festival in Sölvesborg, ist noch hunderte und aberhunderte von Kilometern weit entfernt, wir haben noch eine lange Fahrt vor uns. Zwecks Verpflegung und Ausschüttung unserer Blase entscheiden wir uns für einen kurzen Zwischenstopp auf einer Raststätte, wie man sie alle paar dutzend Kilometer in Deutschland findet. Ich lass es in einen umweltfreundlichen Urimat (ohne Wasser) laufen, kaufe mir einen mittelprächtigen Kaffee, trete aus dem Restaurant, setze die stilecht vollverspiegelte Flieger-Sonnenbrille auf und schlendere gutgelaunt auf unser Wohnmobil (von uns liebevoll auf den Namen H.M.S. „Heavy Metal Ship“ Dio getauft) zu, als zwei in zivil gekleidete Herren aus ihrem silbernen Kombi aussteigen.

„Grenzwache!“, erklärt einer der sich nun als Beamte herausstellenden Typen und fordert unsere beiden Mitreisenden Andrea und Joey und mich auf, unsre Ausweise vorzuzeigen. Derweil der andere Beamte – weniger höflich könnte man ihn auch Bulle, Schmierlappen oder Tschukker nennen – unserem Roxx hinterhereilt. Die beiden Drogenfander sind sich sicher: so wie wir aussehen, müssen wir was auf dem Kerbholz haben. So nimmt eine endlos und unsinnig anmutende Prozedur ihren Lauf: Taschen werden ausgeleert, Hosensäcke umgestülpt, ein Drogenhund angefordert. Die Sonne taucht das ganze Schauspiel in warmes Sommerlicht. Ich entscheide mich, mein Bedürfnis nach Nikotin später zu stillen. Als sich herausstellt, dass der Drogenhund leider besseres zu tun hat, als unser sauberes Metalschiff zu beschnüffeln, wirken die beiden Herren schon etwas betrübt, denken aber nicht im Geringsten daran, schon aufzugeben. Sie beginnen, selbst im Wohnwagen herumzustochern, Roxx darf in einen Becher pinkeln, den er freundlicherweise selber halten darf und ich habe die mir nicht unbekannte Ehre, vor Staatsangestellten einen waschechten Striptease hinzulegen. Schade nur, dass nicht gerade „Community Property“ von Steel Panther läuft. Auch Beamte erkennen die nackte Tatsache, wenn sie sie sehen: ihre Suche ist zwecklos. Kurz angebunden verabschiedet man sich und wir können unsere Sachen – ich mein bestes Stück – wieder einpacken. Im Vergleich dazu ähnelt der Rest unserer Reise einer gemütlichen Kaffeefahrt: einmal quer durch Deutschland, Sonnenbaden auf dem Deck der Fähre von Rostock nach Trelleborg, einmal Verfahren auf der schwedischen Autobahn und bei bestem Wetter kommen wir im Himmel auf Erden für jeden Rockfan an: dem Sweden Rock Festival. Was bleibt ist die Erkenntnis: das nächste Mal sitze ich besser hinten. (kis)
Mittwoch 09.06.2010

Gegenüber den letzten Jahren gab es einige Änderungen auf dem Festival-Gelände. Anstelle der Zeltbühne, wurden gleich nebeneinander 2 imposante Bühnen mit den Namen Nemis und Rockklassiker aufgestellt. Nemis steht für "New Music In Sweden" und man konnte sich talentierte junge schwedische Bands verschiedenen, meist aber eher modern harten Genres anschauen. Da und dort gab es dann auch tatsächlich ein paar Perlen zu sehen wie etwa die female-fronted Mama Kin. Das Rockklassiker-Zelt hingegen sorgte für die etwas beschaulicheren Klänge auf den Sweden Rock: Acoustic Sets waren angesagt und zwar nicht nur von schwedischen Kapellen sondern unter anderem auch den Quireboys oder Evergrey, deren eindringlicher Auftritt weit mehr Publikum anlockte, als das Zelt fassen konnte. Leider fehlt uns etwas die personelle Kapazität um uns das komplette Programm dieser beiden Stages zu Gemüt zu führen, spielten doch immer gleichzeitig die grossen Hochkaräter. So richteten wir unsere Aufmerksamkeit in erster Linie auf die vier grossen Bühnen mit Acts aus aller Welt, vom Schweden-Newcomer F.K.Ü. Bis zur Supertruppe Aerosmith. Aus aktuellem Grund wurde dabei die schon legendäre "Zeppelin-Stage" in ''Dio-Stage'' umbenannt, eine rührende Geste, um den verstorbenen Ronnie James Dio zu würdigen, welcher dem Sweden Rock in der Vergangenheit mehr als einmal die Ehre erwiesen hatte.

Auf der Dio-Stage ging es dann auch gleich los. Eine zweitklassige Heart Coverband mit typischem Tribute-Namen Heartattack zeigte ihr "Können" und wurde dem Original niemals gerecht. Man will sich gar nicht ausmalen, wie die Konkurrenz geklungen hat, gegen welche sich die Truppe bei einem Wettbewerb durchgesetzt hatte. Schon besser waren da die Lokalmatadoren von Sator. Mit ihrem gefälligen Rock'n'Roll zwischen Tradition und Asskick sorgte der Fünfer endlich für die dem Sweden Rock gebührende ausgelassene Party-Stimmung. Für eine angenehme Überraschung sorgten darauf die schwedischen Thrasher F.K.Ü. (Freddy Krüger's Ünderwear) und zwar in kultigen, rot-grün gestreiften Pullis, ebenjenen, welche zum Markenzeichen des im Bandnamen genannten Filmslashers wurden, und mit reichlich Make-up im Gesicht und guter Laune am Spielen. Kurz darauf wurden die Schottischen Metal-Piraten Alestorm von einer schon stattlichen Anzahl an Leuten abgefeiert. Dieser Auftritt war glücklicherweise eines der besseren, welchen man von den Schotten sehen durfte, auch wenn die Keyboard-Dudeleien von Captain Chris Bowes etwas gar dominant abgemischt waren.


Mit den näher rückenden Abendstunden und sinkenden Temperaturen wurde es aber umso heisser beim stark an die NWoBHM angelehnten Power Metal von Steelwing. In roten Lederhosen, Nietenarmbändern, jede Sekunde posend und voller ungestümer Energie, so muss man traditionellen Metal spielen! Ebenso knackig präsentierte sich auch Sleaze Show von Michael Monroe, auch wenn der Fronter von Hanoi Rocks selbst aussieht, als wäre er gerade zum ersten Mal seit 20 Jahren aus einer Crack-Höhle gekrochen. Die völlig überschnappenden, nach allen Regeln der Cock-Rock-Kunst aufgetackelten Girls überraschen dabei umso mehr. Die Feierlaune des Publikums während dem Rock-Set der Quireboys hingegen überhaupt nicht. Hits wie "7 O'clock" oder "Hey You" wurden von den Massen frenetisch abgefeiert, was nicht zuletzt an Frontjunge Spike lag, welcher an diesem Abend im Gegensatz zu sonstigen Auftritten stärker auf die Songs denn auf sein Glas Wein fokussiert wirkte. Als würdiger, aber nicht umhauender Headliner durften am ersten Festival-Tag U.D.O. auf die "Sweden-Stage". Es ist wohl nicht notwendig, extra zu erwähnen, das Udo Dirkschneider alles im Griff hatte und das trotz einem eher mundfaulen Auftreten. Die U.D.O.-Hits wurden dabei eher am Anfang gespielt und erst gegen Ende dann noch die legendären Accept-Songs, welche wie zu erwarten reichlich Refrain-Unterstützung aus dem Publikum erhielten. „Ganz ordentlich!“, denkt man sich und schon findet der erste Abend des Sweden Rock sein Ende. (rxx)


Donnerstag 10.06.2010
Dio Stage
Tag 2 auf dem Schwedensteinfest und es sollte ein grossartiger werden. Die Dio-Stage wurde dabei als erstes beackert und zwar von Damn Delicious. Die Truppe – für alle Nichtschweden ein völlig unbeschriebenes Blatt – überzeugte zwar mit viel Wumms und einer tighten Gitarrenfraktion, traf mit ihrem modern ausgerichteten Sound aber nur den Geschmack einer Minderheit der Besucher. Treat schoss da schon eher ins Schwarze. Die Schweden um Frontposer Robert Erlund überzeugten mit ihrer Mischung aus Melodic und Glam Rock, in Schweden immer eine sichere Bank. Überhaupt schien sich an diesem Tag kaum einer ums Wetter zu kümmern, denn auch Death Angel brillierten vor nassem Publikum. Vor allem die beiden Neuzugänge, Damion Sisson (bass) und Will Carroll (drums), überzeugten auf ganzer Linie, und trugen sichtlich zur wieder-erstarkten Spielf-reude von Front-engel Mark Osegueda und Flitzefinger Rob Cavestani bei. Dazu ein brandneuer Track als Zugabe und das (Thrash-)Highlight des Festivals ist perfekt. Ruhiger und relaxter, laid back sozusgaen, gings bei Blackberry Smoke zu und her. Aus Atlanta, Georgia stammend, zockten diese arschcoolen Southern Rock mit viel Country, Blues und breitem Südstaatendialekt. Amon Düül II hatten danach die undankbare Aufgabe, das Kontrastprogramm zu Slayer zu gestalten. Was jeder Band schwergefallen wäre, verkackte das Septett aus Deutschland komplett. Mit ihrer Mischung aus Kraut Rock, Hippie Sound und World Music hätte man sich schon ordentlich was an illegalen Substanzen reinpfeiffen müssen, um wirklich Freude an der an ein schlecht geöltes Scharnier erinnernden Krächzperformance von Kraut-und-Rüben-Hexe Renate Knaup-Krötenschwanz zu haben. Klar, Mayhem ist kult, haben sie doch vor nun auch schon über 15 Jahren den Black Metal mitbegründet. Doch auch Legendenstatus berechtigt nicht dazu, während einer Stunde lustlos auf der Bühne zu stehen und monotoner als eine Kreissäge Krach zu machen. Schnell wieder zurück zu Aerosmith war somit das Motto. (kis)
 
Sweden Stage
Dundertaget, das bedeutet so viel wie Thunder Express. So nannte sich die Truppe um Fronter Robert Dahlquivst (Ex-Hellacopters) auch einmal, damals als sie noch englisch sangen. Jetzt wird auf schwedisch geträllert und locker gerockt, was dieser Sprache mächtigen Leuten gefällt, mir aber ehrlich gesagt verschlossen bleibt. Da findet man den Zugang zu Y&T schon leichter. Wie immer liefern die Amis um den stimmlich bestens aufgelegten Dave Meniketti eine druckvolle Performance ab, die Schweden euphorisch dankt. Bei den darauffolgenden Pendragon fällt der Applaus zwar etwas spärlicher aus, dennoch scheinen die synthie-lastigen Engländer reichlich Spass zu haben. Kein Wunder, ist es doch der erste Auftritt überhaupt für die Briten und so lassen sie es sich nicht entgehen, durch reichlich Spielfreude und erhaben proggige Momente den einen oder anderen neuen Fan zu missionieren. Man mag von seiner Veröffentlichungswut halten was man will, doch unumstösslich ist die Tatsache, dass Jorn Lande mit seiner Stimme in einer ganz eigenen Liga spielt. Das beweist der Blondschopf aus dem Nachbarland Norwegen auch an diesem Abend und zwar mit einer Performance die an die Stadionhelden der 70er erinnert, eigenen Nummern wie „Spirit Black“ oder „Out to every Nation“, einer beherzten, etwas zu ausgiebig solierenden Backing Band und natürlich reichlich Ehrerbietungen an seinen Helden Ronnie James Dio in Form von Coverversionen wie „Straight through the Heart“. Ein würdiger Stage-Headliner, wie auch das vielzählige Publikum findet. (kis)
Festival Stage
Nazareth waren die ersten, die am Sweden Rock 2010 die gigantische Festival-Stage eröffnen durften. Dank den zwei grossen Screens links und rechts der Bühne, konnte man auch ganz weit hinten sehen, was da oben so alles vor sich ging. So schmetterten die Schotten ihre Hits aus über 40 Jahren ins Publikum, welches auch schon um 12 Uhr Mittags zahlreich anwesend war. Weil Steven Pearcy irgend etwas operieren muss (wieder mal!), wurde die gesamte Europa-Tour von Ratt abgesagt. Pretty Maids aus der fast schon direkten Nachbarschaft Dänemark herhalten. Zwar saustarker Ersatz mit Party-Garantie, doch den meisten Leuten auf dem Areal wären Ratt definitiv lieber gewesen. Trotzdem, eine gute Show von Ronnie Atkins und den anderen, langsam arg zerfurchten Jungfern. Mal endlich zur richtigen Band "Släääyääää'" zu brüllen war das Motto beim Auftritt von Slayer. Tom Araya grinste seit langem wieder mal ohne den hässlichen Bart, Kerry King riffte wie gewohnt mit bösem Blick und Jeff Hannemann in schrecklich tief hängenden Hosen und ein geil groovender Dave Lombardo gab den Takt an. In der Anfangsphase ging dann eher die Langeweile los, da offenbar noch viele Leute nicht mit dem neuen Material vertraut waren (eine Schande das, sind doch Songs wie „Cult“ jetzt schon Kult! – kis). Als dann die "Hits" wie „Angel Of Death“, „South Of Heaven“ oder „Chamical Warfare“ gezockt wurden, kam endlich mal Stimmung auf, welche von einem nasskalten Wolkenbruch am grauen Dämmerhimmel passend untermalt wurde.

Danach lag es an den trotz Trennungsgerüchten noch tourenden Aerosmith, den ersten von drei Headliner-Posten einzunehmen. Grosse Menschenmassen drängten sich vor die Festival-Stage. Steven Tyler und Co. liessen nichts anbrennen und brachten die Massen gleich mit „Love In A Elevator“ zum toben. Es ging Schlag auf Schlag, „Walking the Dog“ folgte auf „Back in the Saddle“, „Jaded“ folgte auf „Living on the Edge“, also ein Hit auf den anderen und natürlich durften auch eine kitschig kultige Balladen wie „I don't wanna miss a Thing“ nicht fehlen. Zwischendurch noch ein paar Intermezzos mit Drumsolo, den bluesigen Seiten-Spielen des immer noch abgeklärt coolen Dave Perry, welcher zusammen mit einem stimmlich kaum gealterten, übercharismatischen und fitten Steven Tyler wohl nach wie vor die Herzen der holden Weiblichkeit egal welchen alters erobern kann . Als Zugabe dann natürlich noch das obligate „Walk this Way“ gepaart mit „Dream On“ und „Toys in the Attic“ und fertig war ein Rockspektakel nach allen Regeln der Kunst. Ein mehr als würdiger Abschluss eines wunderbaren Tages. (rxx)

Rock Stage
Die Rockstage wurde um Punkte 12 Uhr von Stone Sour eröffnet. Corey Taylor hatte die Show zusammen mit seiner eine Wand von einem Gitarrenbrett abfeuernden Band voll im Griff und nicht wenige Slipknot Fans standen vor der Bühne und machten mit. Das Sweden Rock bietet eben wirklich für jeden Rockfan etwas. Mit Mother's Finest gab es danach schon fast ein Kontrastprogramm, wobei der Sound nicht weniger druckvoll aus den Boxen stampfte. Herrlich wie Baby Jane mit ihrer leicht rauhen Stimme den Funk-Blues-Rock zelebrierte. Die Massen waren entzückt. Regelrechte Lokalhelden sind mitlerweile schon Sabaton. Sie durften heuer auf der auch sehr prächtigen Rock-Stage die grosse Show auffahren. Flammen, Pyros, Treppen und Stege – alles was solch eine gute Show ausmacht wurde aufgefahren. Dazu gehörten natürlich auch die Mitgröhl-Hits der Band wie „Art of War“, „Cliffs of Gallipoli“ oder „Panzer Battalion“ (leider! Sonst wär's ganz gut gewesen – kis). Zu guter Letzt, genau vor dem Headliner, durfte noch Glenn Danzig ran. Obwohl der gute Glenn nicht all zu schlimm aussah, durften die Journis keine Fotos während dem Konzert knipsen. Wie auch immer, es machte Spass dem ollen Schinkengott Glenn zuzuschauen, was akustisch ja auch auf den neuen Silberling „Deth Red Sabaoth“ zutrifft. (rxx)
 

Freitag 11.06.2010
Dio Stage
Der Freitag begann, wie der Donnerstag geendet hatte. The Itch eröffneten mit einer gehörigen Ladung eingängigen Hard Rocks. Dass das Publikum nur mässig daran interessiert war, war wohl eher der Morgenfrühe als dem Können der Band verschuldet. In die selbe Kerbe, nur deutlich weniger spritzig, schlugen die Screamin' Lords aus dem sonnigen Los Angeles. Handwerklich und darbieterisch tadellos, fehlten den Jungs schlicht die zündenden Songs. Über einen Mangel an guten Songs können Praying Mantis dagegen nicht klagen. Eine Melodic-Metal-Perle nach der anderen wurde vom Fünfer abgefeiert, wobei dieser, allen voran der stimmlich hervorragende Neuzugang Mike Freeland, auf der Bühne mehr Spass zu haben schienen als die bescheidene Menge davor. Deutlich mehr Zuhörer fanden darauf Chicken Shack. Die Blueser aus England profitierten vom pausierenden Regen und brachten mit abgeklärtem Bluesrock und einer Hommage an Johnny Cash auch den einen oder anderen Hartgesottenen zum Mitwippen. Mitgewippt, oder besser gesagt, mitgemosht werden konnte auch bei Suicidal Tendencies. Mit etwas Verspätung legte die Thrash-Funk-Gang aus Venice, Los Angeles zu einer fulminanten Lektion in Sachen Groove und Härte an. Das Publikum frass dem legendären Bandana-Träger Mike Muir aus der Hand und machte die Show so zu einem Highlight des Festivals. Ergeben waren die Fans danach auch Behemoth. Die Shootingstars des letzten Jahres konnten auf eine ganze Schar Jünger blicken, welche demütig dem hundertstelgenauen Brachial-Gewitter lauschten, bangten und die Fäuste in die Luft reckten. Tight, exakt und voller Power präsentierte sich der Vierer und liess so Mayhem vom Vortag als verblasste Lachnummer erscheinen. (kis)
 
Sweden Stage
Gerade mal aufgestanden, wurde man am zweiten Sweden-Rock-Morgen gleich von einem klanglichen Drogentrip reinster Sorte heimgesucht. Bigelf eröffneten auf der Sweden Stage. Die überraschungsreiche Mischung aus Stoner Rock, Psychedelic und Prog begeisterte dabei auf voller Linie, sodass zusammen mit der an Ozzy erinnernden Stimme von Zylinderträger Damon Fox, den dröhnenden Orgelklängen und dem Second-Hand-Outfit der Musiker die 70er-Jahre wiederauferstanden zu sein schienen. Brachialer, aber immer noch verdrogt groovend, gingen danach High On Fire ans Werk. Das an Motörhead auf Marihuana erinnernde Trio produzierte eine Riffgewalt ohne gleichen, mal ordentlich rockend, mal zähflüssig doomend. Leider kam die Feierlaune beim Gros des Publikum erst danach, bei Steel Panther auf. Auf deren Auftritt waren sehr viele Leute gespannt, ist eine Show der Amis in Europa doch eine Seltenheit. Die Ulk-Glamer aus L.A. hatten von Anfang an das Publikum auf ihrer Seite. Sämtliche Hits von der "Feel the Steel" bis auf "Stripper Girl" wurden aufgefahren, genauso wie eine mit allen Klischees des Rock'n fuckin' Roll vollgestopfte Show. Zwei Girls aus dem Publikum, deren entblöste sekundäre Geschlechtsteile das Publikum bestaunen durfte, schmutzige Sing-a-longs und nicht-jugendfreie Ansagen streng nach dem Motto „Sex, Drugs & Rock'n'Roll“. Verdammt viel Spass vermittelten Steel Panther an diesem Nachmittag – das Publikum tobte. Als Zugabe gab es dann noch "Wild Side" von Mötley Crüe, welches das Original nicht besser hätte bringen können. Dass eine Absage nicht immer Grund zum Trauern sein muss hatten am Tag zuvor schon Pretty Maids bewiesen. Nun war es an Mustasch, die Besucher über die Absage von Mastodon hinwegzutrösten. Und um es gleich zu sagen: Die Schweden um Rampensau Ralph Gyllenhammar liessen ihre Landsleute Mastodon ein für allemal vergessen. Vor zwei zu umgekehrten Kreuzen aufgetürmten Verstärkerreihen lieferten sich Band und Publikum einen Wettkampf im Gute-Laune-haben und Lauter-Singen. Was für ein Siegeszug! (kis)
Rock Stage
Grave Digger waren am diesem Tag das Frühstück. Wobei anzumerken wäre, dass es nicht bedeutet, dass man zu dieser Zeit als Band vor wenigen Leuten spielt. Eine ordentliche Anzahl an interessiertem Publikum stand vor der Rock Stage und feierte Grave Digger und ihre Songs ab (bei einer solch lahmen Performance nicht zu verstehen – kis). "Excalibur", Tune Of War" oder das uralte "Heavy Metal Breakdown" durften dabei nicht fehlen. Dass D-A-D aus Dänemark nicht all zu weit anreisen mussten, war ja klar. Dass sie aber solche extrem grossen Menschenmassen vor der Bühne versammeln konnten, war schon beeindruckend. Eindrückliche Bühnendeko und die ebenso eindrücklichen, übergrossen Instrumente sorgten dabei auf der Bühne für das optische Etwas. Die Massen tobten und spätestens bei "Sleeping My Day Away" sang wohl jeder mit. Ihren Auftritt unter Erfolg abbuchen konnten ebenfalls Magnum. Die englischen Geschichtenerzähler mit den wohl schönsten aller Melodien im Rock-Business hatten dabei zwar schon spritzigere Tage gesehen, konnten sich aber mit neuem wie altem Material und dem immer noch auf wirklich jeden sympathisch wirkenden Bob Catley auf die sichere Seite retten. Dass die brave Performance zusammen mit dem ebenso netten Mitklatschen des Publikum einen etwas schalen Schlager-Beigeschmack hatte war dann aber doch etwas schade. In einem Club sind die Herren um Mastermind Tony Clarkin definitiv besser, auch wenn auch diesmal „Don't Wake the Lion“ gut kam. Billy Idol – ein Name, den wohl schon jeder mal gehört hat. Ob "Dancing With Myself", "White Wedding", "Flesh For Fantasy" oder das schon zu Tode gespielte "Rebel Yell", es knallte gewaltig. Sogar ein paar uralte Songs von „Generation X“ wurden dargeboten. Was die wandelnde Leder-auf-Knochen-Installation Idol dabei an Spritzigkeit vermissen lies, machte sein treuer Weggefährte Steve Stevens an der Klampfe wett. Der Gitarrenheld scheint einfach nicht zu altern, von seinem Spiel ganz zu schweigen. (rxx)
 
Festival Stage
Michael Schenker und seine Jungs eröffneten an diesem Tag die Festival Stage. Solide wie gewohnt, mit seiner Leopard Wollmütze verzauberte uns Mr.Schneker mit seinen Tönen. Dazu noch ein McAuley am Mirko - einfach herrlich! Auch Rick Springfield liess danach nichts anbrennen. Hits ums Hits wurden gepfeffert, wobei das grossartige "Celebrate Youth" natürlich nicht fehlen durfte. Und dann kam dem netten Rick auch noch in den Sinn, mit dem Mikrophon durch Publikum zu rennen und dem Mischpultturm zu besteigen. Zwar klappte das Singen von da aus zwar nicht wirklich, unterhaltsam war das aber allemal! Cinderella wirkten dagegen eher unmotiviert. Sänger Tom Keifer gab zwar alles, aber der Funke wollte zwischen Band und Publikum einfach nicht richtig rüberspringen. Eine furchtbar zähe Sache, wie die offenbar einem All-You-Can-Eat-Buffet nicht widerstehen könnenden Alt-Sleazer bewegungsfaul eigene Klassiker wie "Shake Me" oder "Nobody's Foll“ lustlos runterspulten, sodass sie im Nichts untergingen. Wirklich schade! Trotz zwar irgendwie zum epischen Sound passenden aber dennoch mühsamen Sturmwind schlug sich Gary Moore da schon um einiges besser. Angekündigt geworden war ein reinrassiges Rockset, und so war die Vorfreude nicht klein. Der gute Ire fackelte dann auch nicht lange: Mit "Over the Hills and far away" bot er einen fulminanten Einstand. Weitere Klassiker aus dieser Ära wie „Thunder Rising“ oder „Military Man“ folgen und so manch einer im fortgeschrittenen Alter erinnerte sich wohl an seine eigene Jugend. Da störte es auch nur wenig, dass in Sachen Performance kaum etwas geboten wurde, dem ollen Gary geht es halt um den Sound und nicht um die Show. Nach dem grandiosen „Out in the Fields“ gab es zum Schluss dann zwar doch noch ein paar Blues-Songs, doch das erhabene Gesamtbild konnte das kaum trüben. (rxx)

Samstag 12.06.2010
Dio Stage
Es war wohl etwa 04.00 Uhr morgens, als mir auf unserem Zeltplatz ein junger Mann, einzig in Unterhosen gekleidet, begegnete. Nun stand der Typ als Fronter der ansonsten belanglosen Metalcore-Kapelle Nascency auf der Bühne – Sachen gibt es! Nicht weniger erstaunt, aber aus anderem Grund war ich über den Auftritt der britischen Folk-Metal-Pioniere Skyclad. Einen unter unterirdisch angesiedelten Gig legte die Truppe nämlich hin, was vor allem an der nervend hohen Violine und dem an betrunkene Hooligans erinnernden Gesang von Fronter Kevin Ridley lag. Da machten Point Blank aus Texas schon einiges mehr Spass. Von der Optik her mit T-Shirts, Glatzen und Bierbäuchen zwar nicht sonderlich ansprechend, zockten die Herren eingängigen Hard Rock der simplen Sorte, den es in unseren Breitengraden erst noch zu entdecken gilt. Auch Raven hätten eine grössere Fangemeinde durchaus verdient. Die NWoBHM-Veteranen sorgten mit ihren Klassikern aus den 80ern und viel Bewegung für Partylaune. Insbesondere Fronter und Bassist John Gallagher vermochte es mit seinem Headset nicht, auch nur eine Sekunde still zu stehen. Nicht weniger überzeugten darauf Anvil. Die Kanadier, mit ihrer Doku „Anvil! Die Geschite einer Freundschaft“ endlich zu dem Ruhm gekommen, der ihnen ihrer Meinung nach gebührt, rockten die Stage mit einem Dauergrinsen – Vibrator-Einlage von Lips inklusive, versteht sich. Mit nur einer Gitarre mögen die Jungs zuerst etwas gewöhnungsbedürftig klingen, doch wider anderer Stimmen muss ich zugegeben, dass ich dem dadurch etwas rockigeren, fast doomenden Sound durchaus etwas abgewinnen kann. Beim Auftritt von Stratovarius überhaupt nicht der Fall. Die Finnen wirkten schlicht kraftlos und Ewigkeiten schienen die viel zu oft angestimmten, spannungslosen Instrumental-Passagen zu dauern. So beschlich einen leider die Erkenntnis, dass diese Band, welche in den 90ern durchaus als Retter des traditionellen Metals betrachtet werden konnten, ihren Zenit überschritten hat. (kis)
 
Sweden Stage
Der Auftritt von Dream Evil hätte der perfekte Auftakt zum letzten Festivaltag werden können, wurde er aber nicht. Zu steif, zu spröde benahm sich die Truppe um Produzentenkoriphäe Fredrik Nordström. Insbesondere Shouter Niklas Isfeldt gab mit seinen abgehalfterten Ansagen eine höchstens durchschnittlichen Fronter ab, da halfen auch True-Metal-Geschosse wie „The Book of Heavy Metal“ nicht viel. Auch mit Epica wurde es nicht besser. Zwar wurden die Schwarz-Kitsch-Metaller um Dauerbangerin Simone Simons ordentlich abgefeiert, doch Spass machte die straight dargebrachte Mischung aus Death Metal und Operette zumindest mir nicht. Wird wohl Geschmackssache sein. Dies oder das schöne Wetter mochten der Grund dafür sein, dass auch bei Saga wiederum eine stattliche Anzahl Zuschauer vor der Bühne stand. Dass die kanadischen Prog-Rocker wissen, wie man ein Instrument richtig bedient, steht ausser Frage. Mit dünnem Sound und die Nerven zerfetzend quitschigen Keyboards erinnerte der gutaufgelegte Fünfer eher an Videospielmusik aus den 80ern denn an eine Rockband.  Ob danach bei Watain dieselben Leute im Publikum stehen? Auf jeden Fall weniger; die Masse scheint lieber Mr. Lawless zuzuschauen. Ein Fehler, wer mich fragt, denn Watain sind eine der wenigen Black-Metal-Combos, die auf ganzer Linie überzeugen können. Nicht nur präsentiert sich die Bühne nämlich zu einem satanischen Altar mit Fackeln, Kerzen, Bannern und umgedrehten Kreuzen verwandelt, die Jungs zocken im blutroten Licht und zu Pyros en masse auch arschtight und groovend. Nicht umsonst gelten Watain als Shootingstars der Szene. Nach 45 Minuten eigenem Material gibt es eine mit fast 10 Minuten doch reichlich lange Pause. Der Grund dafür: Watain spielen an diesem Abend ein spezielles Bathory-Set im Gedenken an den vor sechs Jahren verstorbenen Quorthon. Eingeleitet wird dies durch eine Dankesrede von Quorthon's Vater Börje Forsberg, ein Moment, welcher auch bei einem Nicht-Black-Metaller wie mir zu Gänsehaut führt. Die wird von Watain dann aber gleich weggeblasen und zwar mit einer makellos bitterbösen Intonation von Bathory-Klassikern wie „A Fine Day to Die“, „Sacrifice“ und „Enter the Eternal Fire“. Grosses Teufelskino, das besser wohl kaum geht! (kis)
Rock Stage
Die Kirchenglocke schlägt 12, als die britischen Cathedral mit ihrem Zeitlupen-Metal die Tore zum Jenseits zu öffnen versuchen. Doch es scheint eher Schlaf- denn Sabbath-Stimmung zu herrschen. Das ist jetzt nicht negativ gemeint. Es war sogar sehr angennehm, so früh mit solchem Sound in den Tag zu starten. So nach dem Motto: "langsam pressieren". Der aufziehende Sturm brachte dann auch das Erste Opfer des Festivals. Der 3-stöckige Mischpultturm vor der Rock Stage wurde durch eine Windböhe abgedeckt und Teile vom Gerüst flogen umher. Man kann von Glück reden, dass niemand verletzt wurde. So musste der Bereich um den Turm abgeschirmt und alles wieder in Ordnung gebracht werden, bevor es mit Unisonic endlich weitergehen konnte. Die neue Band um Michael Kiske mit "unserem" Mandy Meier an der Gitare zog viele ewige Helloween Fans vor die Bühne. Nebst einer handvoll Songs von dem noch nicht veröffentlichten Unisonic-Erstling und einigen Place-Vendome-Nummern wurden mit "Little Time" und "Kids of the Century" auch zwei Helloween Songs zum Besten gegeben, wobei Kiske stimmlich zwar überzeugte, die taufrische Band aber noch nicht sonderlich beherzt wirkte. Bei den darauf folgenden Opeth hätte unser El Muerte Freude gehabt. Bei uns in der Schweiz haben sie ja schon sehr viele Fans. Aber hier in ihrer Heimat sind sie Götter. So gab es eine gewaltige Opeth Show mit wehenden Fahnen und viel, viel Beifall von einer Masse an Akerfeldt-Jüngern. Geile Sache! Der letzte Slot auf der Rock Stage für die diesjährige Ausgabe der Sweden Rock' war danach für niemand geringeren als Blackie Lawless und seine Mannen, auch W.A.S.P. genannt, reserviert. Es war einer der aktiveren Darbietungen von Mr. Lawless, bei welcher er durch Interaktion mit den Fans und gutgelaunten Ansagen punktet. Überhaupt nicht abgehoben teilnahmslos und minimalistisch, wie man ihn ab und zu mal sieht. Sichtlich angetan von den euphorischen Publikumsreaktionen auf Hits wie „Wild Child“, „I Wanna Be Somebody“ oder „Blind in Texas“ gibt er sich denn gar dazu hin, Getränke und Shirts in die jubelnde Meute zu schmeissen. So wage ich sogar zu behaupten, dass ich W.A.S.P. seit über 20 Jahren nicht mehr so gut erlebt habe. Kompliment! (rxx)
 
Festival Stage
Die wunderbaren Fates Warning legten Punkt halb zwei auf der Festival Stage los. Mit ihrem packenden Prog-Sound konnte die wiedervereinigte Truppe um Stimmwunder Ray Alder einfach nur überzeugen. Nicht umsonst gelten Alben wie „Perfect Symmetry“, „Parallels“ oder „A Pleasent Shade Of Grey“ als Klassiker dieses Genres, wobei Nicht-Kennern der Sound wohl doch etwas verschlossen blieb. Wieder für alle spannend wurde es dafür bei Winger. Master Kip Winger war in Hochform und Hits wie "Seventeen", „Can't get enough" oder "Miles away" schmeckten besonders gut. Bei den darauf folgenden Bachmann & Turner war dann eher die etwas angegraute Fraktion unter den zahlenden Gästen gefragt. Aber auch da gab es zumindest nichts zu meckern, beherzt und locker griffen die altgedienten Herren in die Saiten. Laut Spielplan hätten Guns'N'Roses um 23.30 Uhr auf der Bühne stehen sollen. Doch Axl Rose und Co. bequemten sich erst gute 45 Minuten später auf die Bühne. Zugegeben, wirklich überraschend ist das nicht, doch gibt es tausend angenehmere Dinge, als eine Dreiviertelstunde in Nieselregen und Schweinekälte zu stehen, sodass die immer wieder aufbrandenden Pfiffe und Buhrufe aus dem Publikum nur gerechtfertigt waren. Wie spätere Recherchen ergeben haben, wurde Axl falsch informiert und nicht zur richtigen Zeit von Hotel abgeholt, was man als frierender Zuschauer natürlich nicht wissen konnte. Wie auch immer: die Axl Rose Band – mittlerweile eine ganze Fussballmannschaft – gab sich solide und nebst Songs von der umstrittenen "Chinese Democracy" (sechs Stück an der Zahl) und einer ganzen Reihe von Soloeinlagen wurden natürlich auch die unverwüstlichen Gunner-Hits vorgetragen. Zu „Welcome to the Jungle“, „Mr. Brownstone“, „It's so easy“, „Nightrain“ und „Paradise City“ kann man einfach nicht anders als mitsingen und -wippen. Guns'N'Roses waren somit ein ganz annehmbarer Headliner mit einer tadellosen Bühnenshow, trotz zeitweise Probleme machender Bildschirme. So ging ein fantastisches Festival mit wieder einmal beschissenem Wetter zu Ende, auf dessen Fortsetzung nächstes Jahr man sich schon freuen darf. (rxx)
Rückreise:
Sonntag Morgen, 11 Uhr: Unsre Shopping-Trophäen sind verstaut, die Schlafsäcke eingerollt, wir sind bereit, von diesem schönen Fleckchen Erde Abschied zu nehmen. Unerwartet dauert dieser Abschied jedoch geschlagene zwei Stunden. Als Käpt'n Roxx nämlich die Maschine starten will tut sich nichts. Pragmatisch gehen wir das Problem an, mit einem eigens dafür vorgesehenen Booster wollen wir Saft laden. Die Ergebnis ist ernüchternd: nichts passiert. Also bitten wir einen netten deutschen Zeltnachbarn und seinen VW um Hilfe. Als dessen Batterie fachgerecht mit unserer verkabelt wird, springt nicht etwa unser Motor an, sondern Funken sprühen und Rauch steigt auf unter unserer Motorhaube. Na prima!

Zum Scherzen sind wir langsam nicht mehr aufgelegt. Roxx, telefoniert wie ein Wilder, versucht den Vermieter zu erreichen, schafft es auch. Doch der weilt selbst in den Ferien und weiss nicht recht, bei wem er schon wieder versichert ist. Nach teuren Telefonminuten können wir dann doch noch die zuständige Stelle erreichen, welche uns mit dem aufmunternden Satz „In Schweden eine Panne zu haben kommt etwa einem Motorschaden in Marokko gleich“ tröstet, gleichzeitig aber Hilfe verspricht. Anstatt darauf zu warten, versuchen wir es lieber nochmal selbst. Aller guten Dinge sind drei, heisst es doch so schön. Unsre nächste Idee heisst Anstossen, die dafür mit Bier angeheuerten Jungs geben sich wirklich Mühe, doch bis auf ein schwaches Tuckern tut sich wieder nichts und erst Versuch Nr. 4, etwas zügigere Fahrt aufnehmen mithilfe eines abschleppenden Quadbikes, bringt den gewollten Effekt: Die alte Karre läuft endlich wieder. Unsre Fähre zurück nach Deutschland ist zu dieser Zeit natürlich schon längst aus dem Hafen ausgelaufen. So stellen wir uns auf eine Fahrt nicht nur quer durch Deutschland, sondern auch durch Dänemark ein.

Kaum losgefahren müssen wir aber auch schon wieder Tanken und schon stehen wir vor dem nächsten Problem. Den Motor währenddessen abzustellen, daran denken wir nicht einmal (Sorry Roger, für diese Umweltverschmutzung!). Habt ihr gewusst, dass man in Schweden nur mit Kreditkarte tanken kann? Gut, das geht ja, werdet ihr mir antworten. Doch wisst ihr auch, dass in Schweden Kreditkarten nur vierstellige Pin-Codes haben? Uns jedenfalls war das neu und darüber erstaunt vergisst der gute Roxx sein Exemplar gleich aus dem Schlitz an der Tanksäule wieder zurück ins Portemonnaie zu stecken, sodass wir an der nächsten Tanke einen netten Schweden darum bitten müssen, uns auszuhelfen. Als Gegenleistung gibts von uns das noch übrig gebliebene Bargeld.

Wieder in Deutschland wagen wir es dann: Wir stellen den Motor ab, um endlich was zwischen die Beisser zu kriegen. Das Schnitzel mundet, wir Erleben ein Tor und deutsche Fussballbegeisterung beim WM-Matsch Deutschland gegen Australien. Darauf aber folgt ein Prozedere, welches wir in den nächsten 20 Stunden noch gut fünfmal wiederholen werden müssen. Roxx setzt sich auf den Fahrersitz, während Andrea und ich uns an der Hinterseite unseres Wohnmobils in Stellung bringen. Roxx schreit „Los!“ und wir schieben was das Zeug hält bis die Klapperkiste wieder anspringt. Nur gut, haben wir immer darauf geachtet, auf abfallendem Gelände zu parkieren.

Als wir nach einer rund 27-stündigen Odyssee, der Überquerung zweier sauteuren Brücken, der kompletten Durchquerung zweier Länder und einer weiteren Nacht in unseren Schlafsäcken wieder in Baden ankommen wissen wir zwei Dinge jedenfalls genau: Für Erlebnisferien braucht man nicht in den Dschungel zu gehen und das nächste Mal reisen wir mit Zug oder Flugzeug nach Schweden. Ein nächstes Mal, das gibt es aber auf jeden Fall! (kis)