Livereview: Tyketto - Pink Cream 69 - Vanadine

24. November 2014, Pratteln – Mini-Z7
By Tinu
 
Montagabend, Mini-Z7, da werden wohl nicht sooo viele Leute erscheinen, dachte sich der Schreiber dieser Zeilen und durfte feststellen, dass sich der Pratteler Rocktempel trotzdem sehr gut füllte. Spielten Tyketto das letzte Mal noch im «normalen» Z7 zusammen mit Bonfire, holte sich die Truppe um Sänger Danny Vaughn nun die Karlsruher Pink Cream 69 ins Vorprogramm. Bei den Deutschen wehte ein leicht sentimentaler Wind. Man weiss nämlich nicht so genau, wie es mit den einstigen Hoffnungsträgern weiter gehen wird. Bassist Dennis Ward ist Mitglied bei Unisonic, die vor nicht all zu langer Zeit den Support von Edguy spielten und einen vorzüglichen Eindruck hinterliessen. Mit Unisonic will man nochmals angreifen.

Was das für PC69 bedeutet, kann momentan niemand abschätzen, da bekanntlich auch Sänger David Readman mit Voodoo Circle ein zweites heisses Eisen im Köcher hat. Bei Voodoo Circle weiss man, dass die Bandleader Alex Beyrodt und Mat Sinner noch in vielen anderen Truppen (Primal Fear, Sinner, Rock Meets Classic) involviert sind und somit Voodoo Circle wahrscheinlich nicht diese Aufmerksamkeit wie Unisonic bekommen wird. Trotz diesen Umständen war es eine Freude, Pink Cream 69 auf der Bühne zu sehen, die in der Sichtweise des Autors ganz klar der Sieger an diesem Abend waren. Die Reaktionen des Publikums liessen aber darauf schliessen, dass Tyketto mit minimalem Vorsprung den Wettkampf als Punktesieger für sich ausmachen konnte.

Vanadine
Bevor aber das Kopf an Kopf Rennen startete, standen die Schweizer Vanadine auf der Bühne. Die Ostschweizer mühten sich redlich ab, und die wenigen Fans, die bis dahin den Weg ins Z7 fanden, liessen sich immerhin etwas aus der Reserve locken. Sänger Mitch versuchte die räumliche Distanz zwischen Band und Publikum, es war doch ein gewisser «Graben» vorhanden, mit lockeren Sprüchen zu verkleinern. Aber «…jede Rockband, braucht eine Ballade…» oder «…ihr dürft gerne nach vorne kommen, wir beissen und spucken nicht! Wobei das mit dem Spucken…» erzielte die erhoffte Wirkung nicht. Schade, denn der Vierer rockte sich traditionell und modern durch die dreissig Minuten. Allerdings kam der Chorgesang ab und zu ein bisschen schief daher und einer Nummer wie «Fuck U» fehlt einfach die entsprechende Attitüde. Mit dem Schlusssong versuchten die Jungs nochmals ein musikalisches Feuerwerk zu zünden, das aber am wahrscheinlich stilistisch «falschen» Publikum scheiterte…

Pink Cream 69
Wie oft werden wir David Readman, die beiden Gitarristen Alfred Koffler und Uwe Reitenauer, sowie die Rhythmussektion mit Dennis Ward und Schlagzeuger Chris Schmidt noch sehen? Eigentlich schade, da die Jungs in den letzten 25 Jahren kaum ein schlechtes Album veröffentlichten. Auch wenn die Zeit um 1995 mit leichten musikalischen Verwirrungen geprägt war. Was PC69 an diesem 24. November boten, war eine Hammer-Show. Dirigiert von einem der besten Rock-Sänger und voran getrieben von einem Schlagzeuger, der sein Werkzeug regelrecht in alle Einzelteile zerlegte. Mit welcher Wucht und Power Chris in die Felle drosch, war schon ein Augen- und Ohrenschmaus. Somit verlieh er allen Songs eine zusätzliche Dynamik und der Band einen wahrhaftigen tritt in den Arsch! Koffl hatte dabei seine Freude. Die Angst, dass das Mini-Z7 ausserhalb der renommierten Hallen steht, war verflogen und Alfred grinste wie ein Honigkuchenpferd. Seine Soli, trotz der fokalen Dystonie, gehören zum Besseren und runden die Tracks immer wieder ab. David sang wie ein Gott. Es waren kaum schiefe Töne zu hören und der englische Zeremonienmeister animierte das Publikum mit fehlerfreien deutschen Ansagen. Die akustische Einlage mit «The Tide» war nur einer der zwölf Höhepunkte. Ansonsten wurde gerockt, was die Felle und Saiten her gaben. Ob dies nun hymnischer («Keep Your Eyes On The Twisted»), schneller («Hell's Gone Crazy»), melodischer («Special»), verträumter («Talk To The Moon»), fetziger («No Way Out»), hart und trocken («Welcome The Night») oder ganz einfach nur in die Beine gehende («Shame») war, spielte keine Rolle. PC69 rockten aus allen Rohren und überzeugten von der ersten Sekunde weg. Der einzige Wermutstropfen war, dass die Vorstellung keine Headliner-Show war. Ansonsten machte der Fünfer alles richtig, groovte sich tadellos durch die Lieder und hinterliess eine völlig begeisterte und geplättete Fangemeinde.



Setliste: «Keep Your Eye On The Twisted» - «Hell's Gone Crazy» - «Special» - «Lost In Illusions» - «Talk To The Moon» - «The Tide» (Acoustic)» - «Do You Like It Like That» - «No Way Out» - «Livin' My Life For You» - «Wasted Years» - «Welcome the Night» - «Shame».


Tyketto
Diese vorherige Stimmung aufrecht zu erhalten, schien recht schwierig zu sein. Nicht aber für Danny Vaughn und seine Mannschaft. Von Beginn an schwappte Tyketto eine sehr entfesselte Stimmung entgegen. Darauf tobte sich der Fünfer nach Lust und Laune mit seinem Blues getränkten Melodic-Rock aus. Tyketto gingen etwas sanfter und melodischer an die Sache ran, als noch PC69, vertrauten aber dem gesanglichen Talent von Danny, der alle in der Halle verzauberte, nicht nur die Damenwelt… Mister Vaughn ist und bleibt das Aushängeschild und war stets in Bewegung, feuerte die Fans an und genoss den Applaus. Die Powerröhre schnallte sich zudem immer wieder die Gitarre um und spielte seine Parts fast tänzerisch. Bedenkt man, dass der ehemalige Waysted-Sänger mit Tyketto und dessen Hit «Forever Young» 1991 zu den ganz grossen Hoffnungsträgern des Hair Metals zählte, schnell in der Versenkung verschwand und heute trotzdem noch immer dermassen abgefeiert wird, muss man den Liedern den bestandenen Test der Zeit attestieren.

Unterstützt wird Danny durch den Thunder-Bassisten Chris Childs, der seinen Part souverän spielte, gleichzeitig aber irgendwie deplatziert schien. Sein grundsolider Beat konnte nicht über eine routinierte, teils gar gelangweilte Performance hinweg täuschen. Der Rest der Truppe spielte mit viel Mumm in den Backen und einem mitreissenden Charme. Ein Kabelbruch oder zumindest ein Wackelkontakt liess das Mikrofon nach «Strenght In Numbers» streiken. Danny reagierte vehement und wies die Crew unmissverständlich an, dass man dieses gefälligst sofort ersetzen soll. Das blieb aber der einzig nennenswerte Zwischenfall. Ansonsten trumpfte die Truppe musikalisch gross auf. Dennoch wurde einem bewusst, wieso Tyketto den Weg zu den ganz Grossen bisher versperrt blieb. Die Hitdichte, ist, beziehungsweise die herausragenden und sofort in die Ohren gehenden Hits sind einfach Mangelware. Das will jedoch nicht heissen, dass die Songs schlecht sind, aber nur ein Song mit dem Qualitätsanspruch «Forever Young» reicht leider nicht. Trotzdem wurden Danny und seine Jungs an diesem Abend lauthals abgefeiert und ich bin mir sicher, wenn Tyketto mit einem neuen Album wieder auf Tour gehen, das nächste Mal mehr Leute das Z7 wieder besuchen werden.

Setliste: «Dig In Deep» - «Lay Your Body Down» - «Faithless» - «Burning Down Inside» - «Strength In Numbers» - «Wings» - «Love To Love» - «End Of The Summer Days» - «Rescue Me» - «Sound Off» - «Haunted» - «Seasons» - «Standing Alone» - «Sail Away» - «The Last Sunset» -- «Forever Young».