Ulver auf Tour – Das musste sich der geneigte Musikfan zuerst mal
auf der Zunge zergehen lassen. Die norwegische Formation, die in
jungen Jahren noch dem Black Metal gefrönt hat, sich mittlerweile
aber auf sphärische Post-Rock-Sound konzentriert, ist über fünfzehn
Jahre lang nicht auf der Bühne gestanden, hat derweil aber fünf weit
über die Genre-Grenzen hinaus respektierte Platten veröffentlicht,
und damit Kritiker und Fans rund um den Globus gleichwohl in Ekstase
versetzt. Der Gig im Ebull sollte dabei einer der kleinsten der Tour
werden, produktionstechnisch war der für knapp 300 Nasen konzipierte
Club klar an der äussersten Grenze - Zumal einiges des extra
hinzugemieteten Lichtmaterials nicht mit der mitgebrachten Hardware
der Band kompatibel war. Ebull-untypisch war dabei der Einlass
bereits für 20h30 vorgesehen, und vor dem Eingang hatte sich bereits
eine anschauliche Schlange gebildet. Dabei war offensichtlich, dass
ein Teil des Publikums den Stilwandel der Band nicht mitgekriegt
hatte - Ulver als 'Post-Black Metal' zu bewerben, war vielleicht
etwas hastig.
Den Einstieg in den Abend leitete Void Of Voices ein, das
Soloprojekt des Mayhem-Fronters Attila Csihar. Komplett
in eine schwarze Kapuzenrobe gehüllt und unter minimalster
Beleuchtung zelebrierte er eine drone-/ambient-mässige Mucke, für
die er sich lediglich einiger Delay-Effekte bediente, um damit seine
Stimme zu loopen. Die ganze Sache erinnerte schwer an schwarze
Messen für Freizeit-Satanisten, und das Publikum reagierte immer
weniger interessiert auf die dargebotene Wand an
Kehlkopfmasturbation. Nach gut fünfzehn Minuten (Die mir wie eine
kleine Ewigkeit erschienen) stieg ein weiterer Musiker auf die
Bühne, der die Performance von Attila mit ähnlichen Mitteln
unterstützte - Wie sich später herausstellen sollte, war es niemand
geringeres als Kristoffer Rygg, seines Zeichens Frontmann von Ulver
(Fronter einer Kultband zu sein, deren Gesichter niemand kennt, hat
auch positive Seiten). Der Applaus beschränkte sich dann am Ende des
Sets auch auf ein absolutes Minimum, aber wenigstens hatten die
Besucher begriffen, dass man heute Abend aufgrund der hohen Dynamik
und der damit verbundenen leisen Moment die Klappe zu halten hatte.
Auch fein.
Ulver wurden definitiv wärmer begrüsst, obwohl ihnen das
Publikum die Wahl der 'Vorband' scheinbar noch nicht ganz verziehen
hatte. Frontmann Kristoffer hatte dabei fünf weitere Musiker um sich
gerschart, nebst den typischen Instrumenten Vocals, Drums und Bass
(Dieser Musiker bediente dann auch abwechselnd das Piano und die
Gitarre),
war die Band noch um einen weiteren Synthie-Zocker, einen DJ und
einen VJ erweitert worden. Wer im Endeffekt dann welche Sounds
hervorzauberte, war bei bestem Willen und Fachwissen nicht einfach
zu definieren, spielte aber im Endeffekt absolut keine Rolle. Ulver
liessen ihre Musik in Wogen über das Publikum hereinbrechen, auch
hier erschien mir das Set wie eine kleine Ewigkeit – Aber diesmal
hätte diese ruhig etwas länger dauern dürfen. An dieser Stelle muss
ich eingestehen, dass ich herzlichst wenig mit dem Material von
Ulver vetraut bin, deswegen kann ich das Set nur in den Grundzügen
wiedergeben: Das Sextett fokussierte sich grösstenteils auf die
aktuelle Scheibe 'Shadows Of The Sun' und somit auf zurückgehaltene,
pulsierende Musik – Die beinahe meditative Stimmung wurde nur einige
Male vom drückenden Drumkit durchbrochen.
Am beeindruckendsten fiel dabei klar Krystoffer auf: Trotz seiner
schmächtigen Erscheinung, gepaart mit einem ansehnlichen Bart und
einer ordentlichen Ladung Tattoos, agierte er wie alle anderen
Musiker auch äusserst zurückhaltend, und liess die Musik sprechen,
konnte aber obendrauf noch mit einer facettenreichen
Vocalperformance punkten. Egal ob getragene Melodien, oder schon
fast rezitierend wirkende Sprechgesänge, seine Stimme passte perfekt
in die Klangmalereien von Ulver. Die Live-Show wurde dabei
genre-üblich von Video-Projektionen auf der Rückwand des Ebull
untermalt, und kam deswegen ohne viel Licht aus. Gezeigt wurde dabei
von Film-Ausschnitten bis hin zu Landschaftsbildern und digitalen
Montagen alles mögliche an Material, und obwohl dies nun ziemlich
chaotisch zusammengewürfelt klingt, so brachte Ulver's führende Hand
die Bilder zum Einklang mit der Musik - Headtrip galore! Knapp nach
70 Minuten und einem erneut lang ausklingenden Song legten Ulver die
Instrumente hin, bedankten sich kurz beim Publikum, und verschwanden
so schnell, wie sie gekommen waren, wieder von der Bühne – In dem
Moment erwachte der Saal aus seiner andächtigen Stimmung, und
bedankte sich ebenso kurz aber intensiv bei der Band… Und ich war
mir sicher, bereits eines der Konzerthighlights des noch jungen
Jahres erlebt zu haben.
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