Eine durchaus löbliche Idee hat
sich das Z7 mit diesem Festival ausgedacht. Neben Bonfire sollten
speziell Vengeance und Mad Max für einen hohen Zuschaueraufmarsch
garantieren und den harten Rock präsentieren. Da aber kurzfristig
Vengeance wie auch Mad Max abgesprungen sind und mit Adrenaline 101 und
Kissin' Dynamite sicherlich ein guter Ersatz gefunden wurde, entpuppte
sich der Besucherandrang als sehr überschaubar. Zudem spielte der
«Headliner» keine würdige Headliner-Show, sondern stieg nach 75 Minuten
von der Bühne. Dass dies dann Kissin' Dynamite und nicht Bonfire waren,
überraschte zusätzlich.
Der zweite Streich des Rock Power Festival wird am 01. März 2014 über
die Bühne gehen. Mit Freedom Call, The Order und Crystal Ball tummeln
sich interessante Bands im Billing und ich hoffe nur, dass der
Zuschauerzuspruch an diesem Samstagabend höher sein wird.
Adrenaline 101
Die helvetischen Adrenaline 101 gingen als erste Truppe auf die Stage.
Sänger Delon bewies von Beginn weg, mit welch begnadetem Sangestalent
der Junge geboren wurde. Der groovende, moderne Hardrock schien zwar
nicht zu Pussy Sisster, Bonfire und Kissin' Dynamite zu
passen, aber als Anheizer hinterliess das Quartett eine nachhaltige
Duftnote. Bei aller musikalischen Energie, die von der Bühne kam,
schien die Truppe selber aber nicht so motiviert zu sein. Das kann
sicherlich auch daran liegen, dass zu der frühen Stunde kaum Leute im
Z7 waren. Aber wer eine solche Möglichkeit bekommt, muss sie ganz
einfach auch nutzen. Jungs, dieser Sound muss mit einer arschtretenden
Hingabe präsentiert werden, sonst verpuffen die eigentlich flotten
Songs im Niemandsland. Wie bleibt die Action? Passend zum neuen Werk
«Demons In The Closet» hätten die Herren zum Tier werden müssen. Leider
blieb der Dämon versteckt und so verabschiedeten sich die Musiker mit
einer guten Darbietung, bei der ich sicher bin, dass die Truppe in
einem kleinen Club die Decke zum Schwitzen bringen würde… Der Sound und
die Songs kickten den Allerwertesten, die Performance bei Weitem nicht.
Emerald
Als zweite Truppe stieg die Iron Maiden-Gedächtnisband Emerald auf die
Bühne. Es ist bekannt, dass Gitarrist Michael Vaucher ein bekennender
Maiden-Fanatiker ist, dass deshalb aber Sänger Thomas Winkler gleich
die ganzen Bewegungsabläufe von Bruce Dickinson kopieren muss, geht
doch eine Spur zu weit. Musikalisch gibt es an Emerald kaum was zu bemängeln.
Mit ihren «Underground»-Metal, der mit sämtlichen Treuebekenntnissen
versehen ist, passt man sicher besser zu Helstar, mit denen der Sechser
kürzlich auf Tour war, als hier auf diese Rock Power-Geschichte. Aber!
Die Songs begeistern, die Ansagen kommen meistens auf den Punkt und der
Mitreissfaktor passt. Dagegen sind die hohen Schreie für nicht Alpha
Tiger-Fans oft ein «touch too much». Die Hingabe, wie Emerald die Songs
darbieten, sucht sicherlich Ihresgleichen, denn den Musikern steht die
Freude förmlich ins Gesicht gemeisselt. Die Posen stimmen, die Matten
kreisen und die geballte Faust in den Reihen der Fans stieg mit jedem
Song. Erstaunlich auch das Aufgebot an Filmkameras. Schlussendlich
folgte, was folgen musste und mit «Wasted Years» spielten die Schweizer
eine Iron Maiden-Coverversion. Abgesehen davon, dass selbst Maiden sich
heute an diesen Track die Zähne ausbeissen, kommt es einer
Gotteslästerung gleich, die Bassparts von Steve Harris mit einem
Plektrum zu spielen. Der Solopart gehört zumindest an diesem Abend
nicht zu den Glanztaten von Emerald und wenn selbst ein
Die-Hard-Maiden-Maniac mit verzerrtem Gesicht in der Halle steht, dann
fragt man sich: «...hätte man sich diesen Song nicht besser sparen
sollen?» Trotzdem war die Präsentation des Vaucher-Ensembles bedeutend
besser, als jene von Adrenaline 101.
Pussy Sisster
Die nächste Band stammt aus Karlsruhe und hört auf den
unmissverständlichen Namen Pussy Sisster. Musikalisch heisst das, wir
bewegen uns im Fahrwasser von Faster Pussycat und Tigertailz. Wer bis
anhin das Gefühl hatte, dass Tobias Sammet (Edguy, Avantasia) zu viel
auf der Bühne
plaudert, der hat die Pussy Sisster noch nie gesehen. Alex labert ohne
Unterbruch und wenn eine kurze Spielzeit ansteht, wäre es besser, sich
auf das Wesentliche, die Musik zu konzentrieren. Auch wenn an diesem
Abend unzählige Male der neue Gitarrist vorgestellt wird, und man sich
Gedanken machte, den Gig zu canceln. Man sah es dem unsicheren
Sleaze-Rocker mit den sechs Saiten an, dass er sich unwohl fühlte. Also
spielt! Ach ja, und wer bis jetzt noch nicht wusste, wie sich die
Familie des Bassisten am Sonntagmorgen beim gemütlichen Morgenessen
begrüsst, der weiss es zumindest seit diesem 08. November 2013: «Prost
ihr Säcke!» Dieser Satz wurde logischerweise dann gleich auf die
anwesende Frauenschar umgemünzt mit: «Prost ihr Pussies! Was viel
wichtiger war, dass mit dieser Truppe der Spass-Faktor sofort höher und
flächendeckender verstreut wurde. Die Pussy Sisster rockten die Hütte
und begeisterten auf der ganzen Linie. Dass der Vierer schon ab und zu
mit den nachfolgenden Bonfire unterwegs war und sich die beiden
Truppen die Garderobe teilten, führte dazu, dass schon während des Gigs
auf die kommende Party eingestimmt wurde. Was Sänger Alex noch nicht
wusste, war, dass Claus von Bonfire diese verbale Vorlage schon bald
als
«running gag» nützte. Anyway, musikalisch sind die Pussys sicherlich
nicht der Überflieger, aber als Einheizer für einen gelungenen und
packenden Konzertabend jedoch eine sichere Bank. Darum gern wieder, wo
auch immer, aber dann mit mehr Musik bitte!
Bonfire
Bonfire nützten dann die folgenden sechzig Minuten voll aus und
schöpften
aus einem unendlichen Fundus an Hits. Mit dem Dreierschlag «Tony's
Roulette», «But We Still Rock» und «Never Mind» startete der Fünfer und
machte von Beginn weg klar, wer an diesem Abend der eigentliche
Headliner ist! "Säli zäme" war die in akzentfreiem Schwyzerdütsch
dargebo-tene Begrüssung. Da die Reaktion eher kleinlaut ausfiel, nutzte
Claus die Gunst der Stunde mit folgenden Worten: «Seit August habe ich
an diesem Satz geübt, und dann gibt es eine solche Reaktion…» Der
Lacher war garantiert, das Eis, wo es denn noch Bestand hatte,
gebrochen und dem Siegeszug konnte kein Einhalt mehr geboten werden.
Claus
überzeugte mit seiner Stimme, seinem bayrischen Schmäh, Schalk und
Pepp.
«Singt ihr bei «Hot To Rock» mit? Nicht zu laut, aber etwas muss schon
gehen!» Dieser Aufforderung kamen die Anwesenden, ob jung oder alt,
gerne nach. «Die Pussies haben gesagt, es gebe heute noch eine Party.
Da
habe ich zu Uwe gesagt, Uwe, die meinen UNS!» Bonfire waren die alten
Profis auf der Bühne, rockten ohne Ende und jeder Musiker, die beiden
Gitarristen Hans Ziller, Chris Limburg, Bassist Uwe Köhler und Sänger Claus Lessmann
posten, rockten und setzten sich in Szene. Und da Harry Reischmann beim
Schlagzeugsolo wieder Feuer spie, wurde auch der optische Reiz nicht
aussen vor gelassen. Die Show war authentisch, begeisterte und jeder
im Publikum sang die Lieder mit. Logisch bei solchen Perlen wie
«Fantasy», «Proud Of My Country», «Under Blue Skies», «Sweet Obsession»
und der Gänsehautballade «You Make Me Feel». Beim letzten Song haderte
der Sänger dann mit der Neuzeit: «War das geil, als man noch rauchen
durfte und die Feuerzeuge bei den Balladen gezückt wurden!» Tja, der
einzige Wermutstropfen dieser Show war die Spielzeit und die unendlich
vielen Lieder, die Bonfire dadurch nicht spielen konnten. Das nächste
Mal bitte wieder eine eigene Headliner-Show, auch wenn die Münchner an
diesem Abend bewiesen, dass sie auch aus einer Stunde ein Freudenfeuer
entfachen können.
Kissin' Dynmite
Ich mache es kurz. Kissin' Dynamite ist eine junge, aufstrebende
Truppe, die nach dem phänomenalen Gig von Bonfire nur verlieren
konnte. Die Jungs um Sänger Hannes (Aktivposten um das Ozonloch zu
vergrössern, sieht man sich seine Frisur an!) boten eine agile und
spielfreudige Show. Dabei wurden optisch aber auch Akzente gesetzt, auf
die man gerne verzichten würde. Denn wer will schon den nackten
Oberkörper von Gitarrist Ande den ganzen Abend über sehen? Okay,
abgesehen
von einigen Frauen - Sicherlich sind in Bezug auf die Action auf der
Stage die jungen Wilden den Rockern von Bonfire einiges überlegen.
Allerdings ist das Songmaterial noch nicht so ausgereift, wie jenes der
Münchner und das macht den entscheidenden Unterschied aus. Klar hört
man sich
gerne die Lieder der Alben «Steel Of Swabia», «Addicted To Metal» und
«Money, Sex And Power» an, den Evergreen-Test können die Songs aber
noch nicht bestehen. Mit Hannes hat der Fünfer einen mitreissenden,
authentischen und Spass verbreitenden Sänger in den Reihen. Einer, der
sich nicht nur auf die Frauenwelt fokussiert, sondern auch das Publikum
als Ganzes sieht. Die stetig leicht nach vorne gebückte Haltung, die
oft wiederkehrende Frage, ob das Publikum Spass hat und sein Gepose
gehören zu ihm, wie das Amen in der Kirche. Dass er logischerweise auch
was auf Schwyzerdütsch gelernt hat, da sie zum ersten Mal im Z7 auf der
Bühne standen, war logisch. Dass es dann «Schwyzer Schoggi im
Chuchichästli» war, irgendwie auch... - Kissin' Dynamite überzeugten
mit
einer sehr guten Show und beendeten diesen Abend damit, beste Werbung
in eigener Sache gemacht zu haben.
Trotzdem blieb bei einigen Anwesenden die Frage offen, wie sich der
Abend entwickelt hätte, wären Vengeance und Mad Max aufgetreten...
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