Interview: Beyond The Bridge
By Crazy-Beat
Schon am Beginn dieses Jahres bescherte uns die deutsche Prog Band Beyond The Bridge ihr Wahnsinns-Album «The Old Man And The Spirit» und wurde dadurch verdient auch Album des Monats Januar 2012 bei uns. Was die 7-köpfige Mannschaft um den klasse Sänger Herbie Langhans da auf ihren ersten Rundling presste, ist schlicht und einfach genial. Mit ihrem abwechselnden Frauen/Männer Gesang und den vielschichtigen Songs stürmten die Deutschen sofort in alle Herzen echter Proggies. Für mich war das Anlass genug mit den Herrschaften ein Interview zu führen. Der sehr freundliche Gitarrist Peter Degenfeld beantwortete dann auch ausführlich meine Fragen, aber bitte lest selbst.

MF: Erst mal Gratulation zum gelungenen Debüt-Album! Habt ihr schon Reaktionen und Verkaufszahlen?


Peter: Nein, Verkaufszahlen haben wir leider noch keine. Ich bin auch sehr daran interessiert. Leider kann ich es gar nicht einschätzen. Hier und da «klicks“ auf Youtube oder «Likes“ auf Facebook, aber mehr Anhaltspunkte haben wir nicht. Die Reaktionen aber, welche die Leute mit uns auf Facebook oder über Reviews teilen, sind überwältigend. Damit haben wir wirklich nicht gerechnet. Wir freuen uns sehr über die positiven Kritiken. Wir sind ziemlich stolz und fühlen uns auch sehr geschmeichelt. Trotzdem sind wir aber noch eher unbekannt. Das ist wahrscheinlich sehr üblich bei einem Debüt-Album. Deshalb werden wir jetzt auf dem Boden bleiben und weiter arbeiten.

MF: Euer Album ist ja echt der Hammer, wer hat denn die Songs geschrieben?

Peter: Wow, vielen Dank. Das freut mich sehr zu hören. Die Songs sind von Christopher Tarnow und mir geschrieben. Dominik Stotzem hat im kreativen Prozess aber auch beigetragen. Christopher ist ein ausgebildeter Tonmeister. Jetzt macht er auch noch seinen Master in Komposition. Ich würde sagen, dass er sein Handwerk versteht. Er ist sicherlich der beste Musiker und Komponist, den ich persönlich kenne. Ich hatte zwar auch viele Jahre lang klassischen Gitarrenunterricht, aber sicherlich bin ich derjenige von uns beiden, der eher mit seiner Intuition und viel Ausprobieren an die Sache herangeht. Ich glaube, dass es die Mischung ausmacht. Wenn man uns beide gut kennt, kann man sicherlich erkennen, welche Passagen in den Songs eher von Christopher und welche eher von mir stammen.

MF: Gab es denn keine Probleme bei der Umsetzung der einzelnen Songs mit sieben Leuten in der Band?

Peter: Erstaunlicherweise gab es tatsächlich kaum Probleme. Das liegt wahrscheinlich an der Herangehensweise. Christopher und ich haben nämlich schon während des Songwritings Aufnahmen der Songs gemacht, die möglichst präzise das abbilden sollten, was wir uns vorstellten. Das Grundgerüst stand und war für jeden klar ersichtlich. Die Gesangsmelodien und Texte waren auch schon festgelegt. Das machte alles recht einfach. Die Musiker haben sich mit eben diesen Aufnahmen für die Studioarbeit vorbereitet. Im Detail aber wurden noch Dinge verändert und ihrem persönlichen Stil und ihrer Spielweise angepasst. Das war auch wichtig, denn schliesslich sind wir alle am Ende Einzelpersonen, die mit ihren speziellen Eigenschaften zu etwas Besonderem beitragen sollen. Allerdings muss ich zugeben, dass ich oft ein wenig nervös war, bevor die Sänger ihre Aufnahmen gemacht haben. Den Gesang konnten wir vor den Studio Aufnahmen auch nur schwer testen. Wir waren jedes mal überglücklich als wir am Ende der Aufnahmen gemerkt haben, dass ein Song gut funktioniert. Ich muss aber auch gestehen, dass wir einige Spuren aufgenommen haben, die es am Ende nicht auf das Album geschafft haben.

MF: Auch der Sound ist sehr druckvoll und grandios gemixt, wo habt ihr aufgenommen?

MF: Tja, haha. Im besten Studio der Welt: In den Gate Studios in Wolfsburg. Ich bin sehr zufrieden mit dem Sound und dem gesamten Ergebnis. Genau wie mit der Arbeitsatmosphäre und der Stimmung im Studio. Es ist einfach klasse dort. Simon Oberender hat uns dort produziert, aufgenommen, gemischt und gemastert. Beim Mastering war Sascha Paeth auch zur Hälfte beteiligt. Simon und Sascha kennt man vielleicht von Produktionen mit Avantasia, Edguy, Epica. Ich bin sehr froh und sehr stolz, die beiden im Beyond The Bridge Boot sitzen zu haben. Ich war überglücklich als Simon verkündet hat, dass er das Album produzieren wird. Und als es dann klar war, dass er darüber hinaus auch noch zur Band gehört und uns durch all Höhen und Tiefen begleitet. Simon ist mittlerweile genauso unersetzbar geworden wie Christopher.

MF: Inwieweit hattet ihr Mitspracherecht bei den Aufnahmen?

Peter: Im Prinzip hatten wir schon Mitspracherecht. Aber ich habe all mein Vertrauen in Simons Hände gelegt. Ich weiss noch wie ich zum ersten mal ins Studio kam, um Gitarrenaufnahmen zu machen. Als ich ankam, waren alle Verstärker und Mikrofone aufgebaut. Ich habe einfach das Kabel in meine Gitarre gesteckt und es klang klasse. Bei den Aufnahmen hatte ich einfach nie etwas zu meckern. Anders ist es beim mischen, da man dort als Komponist gerne seine musikalische Empfindung mit einbringen möchte. Aber auch da muss ich sagen, dass Simon ein sehr guter Musiker ist mit einem hervorragenden Sinn für musikalisch wertvolle Entscheidungen.

MF: Und wie seid ihr an den Deal mit Frontiers gekommen?

Peter: Naja, wir haben uns beworben und Sascha hat uns vielleicht ein wenig bei der Kontaktfindung geholfen ; )

MF: Sprechen wir etwas über die Musik, ab und zu kann ich einige Einflüsse von Bands wie Shadow Gallery oder auch der Münchner Dreamscape raushören. Haben euch solche Bands beeinflusst beim Songschreiben?

Peter: Cool, du kennst Dreamscape. Sowohl Dreamscape wie auch Shadow Gallery habe ich zu einer Zeit kennengelernt, als die Kompositionen schon fast abgeschlossen waren. Dreamscape habe ich kennengelernt, weil Dilenya mal erzählt hat, dass sie dort etwas gesungen hat. Ich hatte mal ein kurzes Gespräch mit Wolfgang Kerinnis über Musik und das Business. Das war total nett. Die Musik finde ich auch klasse. Ach, die Welt ist klein. In der Tat bekommen wir regelmässig zu hören, dass unsere Musik Ähnlichkeiten mit der Musik von anderen Bands aufweist. Wir finden das sehr spannend und interessant, wie unsere Kompositionen auf andere wirken. Meistens liegen die Tipps aber doch eher falsch.

MF: Was für Musik oder Bands mögt ihr?

Peter: Während ich CDs von Pain of Salvation, Yes, Jethro Tull, Dream Theater, Spocks Beard, Steve Vai, Ark, Masterplan, Avantasia, Fates Warning, Van Halen, Nevermore oder Mr. Big/Paul Gilbert im CD-Regal habe, findet man bei Christopher neben Klassik-CDs höchstens noch ein paar Spocks Beard oder eben Dream Theater Alben. Scheinbar hat das Hörerlebnis mit Dream Theater ausgereicht, um uns ein Gefühl für die progressive Musik zu geben. Wir haben ansonsten immer die Ohren offen für musikalische Passagen oder einzelne Songs, die uns total gut gefallen. Es ist dabei egal aus welcher Musik Richtung oder welcher Band die Eindrücke kommen. Da sind Sachen von Nightwish, Rammstein oder sogar von Silbermond dabei. Natürlich ist mein Gehör doch mit vielen Metal-Klischees vertraut, aber durch das ständige Musik machen ist das Musik hören bei mir ein bisschen zu kurz gekommen. Das muss ich allerdings mal dringend nachhohlen. Zur Zeit bin ich total in Pain of Salvation verliebt.

MF: Wenn man sich mit «The Old Man And The Spirit» intensiv beschäftigt hat man wirklich das Gefühl es mit "alten Hasen" zu tun zu haben, nur schon die genialen Breaks und Stielwechsel bei "The Apparition" hauen mich als Zuhörer fast um. Wie erklärt ihr euch das?

Peter: Oh Mann, vielen Dank. Wie gesagt, Christopher versteht sein Handwerk. Fabian, Dominik, Simon und die beiden Sänger sind professionell oder semi-professionell im Musikbereich tätig. Bei mir weiss ich allerdings wirklich nicht was ich sagen soll. Im Wesentlichen mache ich nur Sachen, die mir gefallen. Dabei achte ich darauf, dass alles ein bisschen raffiniert gemacht ist. Wie du sagst, eben mit Breaks und Stilwechseln. Es freut mich sehr, dass es gefällt. Mir gefällt es auch ; )

MF: Wer hat sich denn die Texte ausgedacht?

Peter: Die konkreten Texte haben der Christopher und ich geschrieben. Zusammen mit www.leo.org und www.rhymezone.com oder einem guten und dicken Dictionary. Meistens war Bier auch dabei. Und oft wurde es spät. Die Idee des Konzeptes hatte ich während meiner Zivildienst Zeit gefunden. Ich musste entscheiden was ich mit meinem Leben anfangen will. Ich hatte zwei Optionen. Ich wollte entweder etwas mit Musik machen oder Physik studieren. Von Physik versprach ich mir einiges mehr an Verständnis über die Welt um mich herum. Ich interessierte mich für Fragen der Quantenmechanik, der Astrophysik, für elementar Teilchen und ähnliche Dinge, die man in typischen populärwissenschaftlichen Büchern findet. Dem gegenüber stand die Musik. Wie jeder weiss kann man durch Musik sehr intensive Erfahrungen sammeln. Meinen inneren Konflikt habe ich dann zu Papier gebracht. "The Spirit" verkörpert den Teil in mir, der sich mehr zur Erkenntnis und Ewigkeit hingezogen fühlt. "The old Man" strebt mehr nach Erfahrung und Sinnlichkeit. Ich habe letztendlich Physik studiert. So wie es aber aussieht rückt die Musik in meinem Leben doch wieder in den Vordergrund ; )

MF: Was hat Herbie denn für eine Gesangliche Ausbildung, seine Vielfalt ist ja unglaublich, ab und zu gibt es Parts da singt er wie Russel Allen?

Peter: Ich habe ihn gefragt und er meinte, dass er sich das Singen selbst beigebracht hat. Bis auf 1 Jahr Gesangsunterricht um ein paar Techniken, Atemübungen, etc. zu erlernen. Er hat sich auf jeden Fall sehr über den Vergleich gefreut. Genauso freut er sich über einen Vergleich mit Jorn Lande.

MF: Wie kamt ihr denn auf die Idee mit dem wechselnden Mann/Frau Gesang?

Peter: Aufgrund des Konzeptes, das als erstes da war, benötigt das Album zwei Sänger. Uns war am Anfang nicht klar wie die beiden besetzt werden sollten. Sicherlich brauchten wir einen Sänger für die Rolle des "Old Man", aber Dilenya war eine der wenigen Überraschungen. Wir haben mit den beiden hervorragende Sänger gefunden. Da sie auf dem Album zwei gegensätzliche Charaktere abbilden sollen, ist es sicherlich von Vorteil, dass ihre Stimmen sehr unterschiedlich sind. Dilenyas Stimme etwa hört man sicherlich sofort den jazzigen Hintergrund an, aus dem sie stammt. Das gibt ihrer Darstellung des "Spirits" eine beinahe bluesig-verruchte Note, die zwar ursprünglich nicht geplant war, aber hervorragend zur Rolle passt. Einige Kritiker sagen, dass Herbies Stimme nicht zu seiner Rolle des "old Man" passt. Ich bin da gegenteiliger Meinung. Bei dem Adjektiv "old" geht es mir nicht darum, dass der Charakter alt und kraftlos ist. Sondern vielmehr darum, dass er ein langes erfülltes Leben mit vielen Erfahrungen hatte. Die kraftvolle Stimme von Herbie stellt die Würde und Stärke der Menschlichkeit sehr gut dar, wie ich finde.

MF: Ist es überhaupt möglich eure genialen Songs live umzusetzen wie sie auf CD sind oder müsst ihr zum Teil umrangieren? Ich spreche da das nicht grade einfache "The Struggle" an welches mich bei Kanon etwas an Savatage erinnert.

Peter: Diesmal hast du voll ins Schwarze getroffen. Beim Kanon denke ich auch immer an Savatage. Bei dem Kanon Part müssen die beiden Sänger aber live einfach durch, würde ich sagen. Besonders Dilenya hat es schwer mit ihrem Off-beat Part. Das schaffen die beiden schon. Aber im Prinzip hast du recht. Es ist nicht einfach aber wir wollten als Newcomer trotzdem erst einmal versuchen die Songs auch live in der CD Qualität rüberbringen. Das erfordert viel Technik. Es gibt auf der CD vielleicht die ein oder andere Stelle, die live nicht so gut rüberkommt. Die werden wir ändern und live taugliche Versionen dieser Passagen spielen. Wenn dann das Licht gut funktioniert sind wir schon sehr zufrieden. Ich denke aber, dass wir mit den verschieden Musiker-Charakteren, die man bei Beyond the Bridge findet, ein sehr interessantes Bühnenbild haben. Das Album hat einen ziemlich ernsten Tonfall und wir möchten live eine andere Seite von Beyond The Bridge zeigen mit viel Spass und Spielfreude an diesem tollen Stück Musik.

MF: Und wie sieht es mit Live Aktivitäten aus dieses Jahr?

Peter: Tja. Da sind wir noch für alles offen. Wir spielen jetzt am 12.03 als Support von Fates Warning in Bochum. Eine richtige Tour wäre natürlich grossartig! Aber das ist alles letztendlich auch vom Erfolg der CD abhängig; trotz allem Willen und Tatendrang bleibt uns am Ende also nichts übrig, als uns auch ein Stück weit selbst überraschen zu lassen.

MF: Seid ihr neben Beyond The Bridge alle noch berufstätig und gibt das nicht gewisse Probleme mit dem Touren deswegen?

Peter: Ja klar, das ist ein Problem. Ich denke, dass das aber bei vielen Bands ein Problem ist. Das ist sicherlich etwas, womit wir alle lernen müssen umzugehen. Insbesondere ich. Aber ich denke das wird schon.

MF: Zum Schluss kann ich nur noch sagen, wir hoffen natürlich dass man euch bald mal in der Schweiz live sehen kann und wünschen euch viel Erfolg mit dem neuen Album, ihr habt es mehr als verdient. Danke fürs Interview und Grüsse an den Rest der Band.

Peter: Vielen Dank an dich und an alle Leser. Schweiz wäre toll. Wir sind dabei!