Interview: Bonfire
By Tinu
Claus Lessmann, der Sänger der bayrischen Bonfire, ist eine Frohnatur. Auch wenn dieses Interview insofern unter einem schlechten Stern stand, nämlich dass sich Claus bald einer Operation unterziehen musste, um sich einen Tumor entfernen zu lassen, liess er es sich nicht nehmen, über das neue Live-Album zu plaudern. Dass dabei auch «Fire Works», das erfolgreichste Werk von Bonfire nochmals genauer unter die Lupe genommen werden sollte, war so sicher, wie das Amen in der Kirche. Welchen Stellenwert dieses Album zumindest bei den Fans des Hardrocks noch immer hat, ist unbestritten. Auch, dass mit Michael Wagener ein mehr als nur bekannter Soundmann an den Reglern sass. Lassen wir uns also auf eine Zeitreise mitnehmen, als das Reinheitsgebot der Musik noch GROSS geschrieben, die Frisuren noch lang und gewellt und mit Stolz getragen wurden, sowie das Bühnenoutfit noch einiges zu bieten hatte. Ja, tatsächlich, früher war einiges besser! (CL = Claus Lessmann)

MF: Wie kam’s zur neuen Live-CD «Fire Works Still Alive».


CL: Die Idee dazu stand schon länger im Raum. Die Zeit war nun reif dafür und terminlich passte es zum Jubiläum. Die Devise war, "lass uns das Ding durch-ziehen"! Bei einigen Shows spielten wir das komplette «Fire Works» Album. Zusätzlich wurden andere Gigs aufgezeichnet, bei denen diese Songs ein Bestandteil des Ganzen waren. Im Studio stellten wir aus diesen ganzen Konzerten die neue Live-CD zusammen. Dass auf «Fire Works Still Alive» die Lieder nicht in der gleichen Reihenfolge zu hören sind, wie auf dem Studioalbum hat keinen bestimmten Grund. Zum Zeitpunkt der Produktion waren wir der Meinung, dass dies so stimmiger ist. Vielleicht sieht man dies heute ein bisschen anders?! Die auf der Live-Platte zu hörenden Lieder stammen von unterschiedlichen Gigs. Speziell im nächsten Jahr werden wir noch einige Shows spielen. Ob daraus noch eine DVD entstehen wird, das wissen wir noch nicht.

MF: Wie habt ihr die restlichen Tracks dieser Live-Scheibe ausgesucht?

CL: Das aktuelle Album ist noch immer «Branded». Aus diesem Grund lag es nahe, dass wir auch ein Stück dieser Scheibe auf «Fire Works Still Alive» draufpacken («Just Follow The Rainbow»). Die anderen Lieder, speziell die Gotthard-Nummer war für uns ein absolutes MUSS. Als damals die Geschichte mit Steve Lee passierte war klar, dass wir ihm zu Ehren einen Song von Gotthard spielen wollten. Der passendste war in unseren Augen «I’m On My Way». Da wir dieses Stück oft gespielt haben, war klar, dass es auch auf die neue Live-Scheibe gehört. Das heisst nun nicht, dass wir sehr gute Kumpels waren, oder uns nur ein bisschen kannten. Die Wahrheit liegt hier ziemlich genau in der Mitte. Als wir zusammen in England aufgetreten sind, habe ich mich speziell mit Steve sehr intensiv ein paar Stunden unterhalten. Das hat die ganze Geschichte ins Rollen gebracht.

MF: Welche Erinnerung hast du ans Songwriting von «Fire Works»?

CL: Ganz klar, da erinnere ich mich sehr gerne daran zurück. Auch weil dies unser erfolgreichstes Album war. Die Scheibe wurde zu einem Zeitpunkt aufgenommen, als Rock das absolute Non-Plus-Ultra war. Für einen Musiker in den achtziger Jahren hatte die Musik einen ganz anderen Stellenwert, als dies heute der Fall ist. LEIDER! Es war das erste Mal, dass wir in den USA aufgenommen haben und darum eine ziemlich lange Zeit da drüben verbrachten. Dazu schrieben wir Songs mit bekannten Musikern und Komponisten. Die ganzen Eindrücke sind in «Fire Works» mit eingeflossen. Da erinnert man sich natürlich sehr gerne daran.

MF: Wie war es für euch als deutsche Band in den US of A aufzunehmen...

CL: ...fürchterlich (lachend)! Da hat uns ja keiner verstanden (lacht). Die Erfahrung war für uns enorm. In den Staaten war, im Vergleich zu Germany, ein ganz anderer Qualitätsstandart an der Tagesordnung. Komischerweise, denn in Deutschland waren ja auch nicht nur Deppen unterwegs. Das war unsere subjektive Wahrnehmung. Ob dies aber tatsächlich so war... Keine Ahnung. Der Band hat diese Erfahrung aber sehr viel gebracht. Mit Sicherheit haben wir uns als Stars gefühlt, denn es war nicht an der Tagesordnung, dass eine Band aus Deutschland in den USA ein Album aufgenommen hat. Als bayrische Band sassen wir in L.A. im Mekka des Rock’n Roll. Da haben in unserer Heimat schon einige die Augen verdreht und waren sich einig, dass da was kommen würde, was sie so nicht auf der Rechnung hatten. Normalerweise bringen die blau-weissen ausser dem Oktoberfest, Tanz und Bier ja nix anderes zu Stande (lachend). Aber eine Rock-Band aus Bayern, die über die USA ein neues Album produziert, mit dem hatte niemand gerechnet. Darum verspürten wir auch sehr viel Neid, der uns entgegen floss. Damals hat uns dies auch sehr zu schaffen gemacht, weil wir nicht verstanden, wieso dieser Neid bestand.

MF: Zusammen mit dem renommierten Produzenten Michael Wagener zu arbeiten, ging da auch ein Wunsch in Erfüllung?

CL: Absolut. Michael war zu der Zeit eine der Topadressen. Es kam uns gelegen, dass er Deutscher war. So war die Verständigung wesentlich einfacher.

MF: Waren Songs wie «Give It A Try» oder «You Make Me Feel» für euch eher ein Segen oder ein Fluch?

CL: Den Fluch mit erfolgreichen Balladen hatten die Scorpions, Gotthard oder auch Poison. Wer sich mit einer Truppe nicht weiter auseinandersetzt, wird meistens nur die langsamen Songs zu hören bekommen. Zu der Zeit war es im Radio einfach so, dass hauptsächlich die Rock-Balladen gespielt wurden. Schau Europe an, die bekannten Tracks sind «The Final Countdown» und «Carrie». Die Leuten haben die Truppe auf diese beiden Songs reduziert. Ein noch viel besseres Beispiel sind Extreme mit «More Than Words». Damals warteten die Leute im Publikum, wie beim Konzert in München, nur auf solche Tracks wie «More Than Words». Die Band hat aber dermassen losgerockt, dass ein Drittel des Publikums total geschockt und frustriert war, so dass sie frühzeitig den Gig verliessen. Aus dem einfachen Grund, weil sie die Combo nur mit diesem einen Song kannten und in Verbindung brachten. Das ist echt schade! Aber mein Gott, damit muss man leben. Bonfire haben auch sehr, sehr gut mit dem Erfolg unserer Balladen gelebt. «Fire Works» war für uns das erfolgreichste Werk. In Deutschland erreichten wir Gold-Status.

MF: Ihr habt viel getourt mit «Fire Works». Zuerst als Headliner und dann als Support von Judas Priest auf deren «Ram It Down»-Tour.

CL: Das war eine geile Geschichte! Mit den eigenen Idolen unterwegs zu sein, das macht schon sehr grossen Spass. Als Support einer solchen Band auf der Bühne zu stehen, da geht ein persönlicher Wunsch in Erfüllung. Das war eine geile Tour und wir sind gut beim Publikum angekommen.

MF: Damals hattet ihr auch einen Auftritt beim renommierten Rock-VJ Mick Wall im englischen Fernsehen. Wie war das für euch?

CL: Mick war ein schräger Typ in einer schrägen Sendung (lachend). Ein weiteres Problem war sein Akzent. Er war in keinster Weise bereit ein sauberes Englisch zu sprechen, aber wir haben uns da durchgemogelt und die Sendung hat uns sehr, sehr viel Spass gemacht. Schade, dass es heute solche Leute und Sendungen nicht mehr gibt. Die Zeit hat sich aber auch komplett verändert im Gegensatz zu damals. Das Umfeld war komplett anders. Trotzdem hat die Zeit heute ihre Reize, auch wenn es für Rockbands schwieriger geworden ist.

MF: Claus, ich wünsche dir von Herzen alles, alles Gute für die Zukunft und speziell beste Gesundheit!

CL: Das wünsche ich dir auch, ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch!