Interview: Burning Rain

By Tinu
 
Zufriedene Fans sind Lohn genug.



Es gibt sie noch immer… Diese Bands, welche dir ein unglaubliches Glücksgefühl verleihen, aber immer ein Geheimtipp bleiben und leider nie die Anerkennung erhalten werden, welche ihnen eigentlich gebührt. Zu diesen Truppen gehören auch Burning Rain, die 1998 gegründet wurden. Bandleader Doug Aldrich spielte damals in den US-Combos Lion, House Of Lords, Bad Moon Rising und Hurricane und gesellte sich an die Seite von Sänger Keith St John. Zusammen veröffentlichten sie das selbstbetitelte Debüt und «Pleasure To Burn». Danach wurde Doug von Ronnie James Dio in seine Band geholt und wenig später bediente sich David Coverdale den Fähigkeiten von Doug, der fortan bei Whitesnake spielte. Ein paar Jahre später spielt Mister Aldrich nun bei The Dead Daisies sowie Revolution Saints und hat Burning Rain reaktiviert. Daraus resultierte das 2013er Opus «Epic Obsession» und der neuste Stern am Rock-Himmel «Face The Music». Zusammen mit dem ehemaligen Y & T-Bassisten Brad Lang und dem ehemaligen Slaughter-Trommler Blas Elias wurde ein wahrer Killer veröffentlicht. Für die Promotion des neusten Streiches spielten Keith und Doug ein paar Akustik-Shows. Grund genug, sich wieder mit Doug und auch Keith hinzusetzen und über Vergangenes und Zukünftiges zu unterhalten.

MF: Wieso spielt ihr nur Akustik-Sets?

Keith: Wir haben einige davon gespielt, um den Leuten zu zeigen, dass wir noch immer da sind. Am Sonntag spielen wir eine volle Show am Frontiers-Festival in Mailand. Leider hat es nicht früher geklappt, dass wir zu viert auf die Bühne steigen können.

Doug: Martin, wir sind wirklich bereit allen zu zeigen, dass wir noch immer da sind. An allen Orten, wo wir zu zweit aufgetreten sind, fragten die Verantwortlichen nach einer vollen Show. Es war wichtig für uns, diese Akustik-Dinger zu spielen. Einfach um den Leuten zu zeigen, dass wir Spass an unserer Musik haben. Diese Freude hat sich auch immer auf die Fans übertragen (grinst zufrieden)

MF: Wie schwer ist es für euch, alle Mitglieder für ein neues Album oder eine Tour zusammen zu trommeln?

Doug: Es war wirklich nicht immer einfach, aber im Moment geniessen Burning Rain bei uns allen die oberste Priorität. Ich habe momentan viel Freizeit und The Dead Daisies machen eine Pause. Keith hat momentan nicht allzu viel mit Kingdom Come zu tun. Wir hatten einen klar definierten Zeitplan, der es uns gestattete «Face The Music» aufzunehmen und auf Tour zu gehen. Ich denke zukünftig wird es nicht mehr so schwer sein. In der Vergangenheit war ich mit Whitesnake oder Dio ausgelastet, während Keith mit Montrose tourte. Das machte es uns fast unmöglich, Zeit für Burning Rain zu finden. Wir haben eine kleine aber sehr treue und loyale Fan-Basis. Die wollen uns sehen, und das bestärkt uns, vermehrt mit Burning Rain aufzutreten und weiterzumachen.

MF: Zu recht, denn das neue Line-Up ist ein wahrer Killer. Wie und wo habt ihr Brad und Blas gefunden?

Keith (grinsend): Glaub mir "Bro", wir lieben das neue Line-Up ebenso wie du! Brad kenne ich seit Jahren. Y & T und Montrose stammen aus der Bay Area. Diese nordkalifornische Gemeinschaft hat uns immer wieder zusammengeführt. Wir begannen zu jammen. Nachdem Ronnie Montrose starb, spielte ich einige Gedenk-Konzerte und Brad war einer der Ersten, der mich dabei unterstützte. Man kannte sich, und als ich Doug sagte, dass Brad gut zu uns passen würde, auch persönlich, lag es sehr nahe, dass er bei uns einstieg. Als wir uns nach einem neuen Bassisten umsahen, war er logischerweise die erste Wahl. Blas kannte ich von vielen Jams. Ich brachte ihn bei uns ins Gespräch. Doug und Brad meinten: "Ja, der Typ ist auf eine positive Art verrückt" (lacht). Je mehr wir zusammen spielten, desto besser fügte sich alles zusammen. Doug sagt immer wieder, dass Blas unser heimlicher Bruder ist (grinst). Er setzt sich an die Drums, hört was wir spielen und veredelt unsere Ideen mit seinem Spiel. Als gäbe es nicht Leichteres auf der Welt! Er ist perfekt für diese Truppe.

Doug: Brad und Blas spielen verdammt gut zusammen. Sie haben einen sehr rohen Stil. Bei unserer Plattentaufe in Las Vegas… Die beiden Jungs sind der absolute Killer! Spielst du das erste Mal mit neuen Leuten zusammen, gehst du von der Bühne und denkst: "Ja, das könnte was werden". Nach dieser Show in Vegas dachte ich nur: "This is a cool band man!" Ich war wirklich begeistert. Glaub mir, wir können es kaum abwarten wieder zusammen auf der Bühne zu stehen und diese Besetzung hat Burning Rain einige Schritte nach vorne gebracht.

MF: Gehe ich recht in der Annahme, dass kaum Druck zu verspüren war, als ihr die neuen Songs geschrieben habt? Alles klingt so locker und frisch!

Keith: "Bro", du hast absolut recht, mit dem was du sagst! Wir hatten absolut keinen Druck, als wir die ersten beiden Scheiben aufnahmen… Wir hatten zuerst nur einen Deal mit Japan, spielten coole Lieder ein und fragten uns aber immer, wie werden die Leute darauf reagieren? Die neue Scheibe ist ein grosser Fortschritt im Vergleich zu unseren Anfangstagen. Beim dritten Album «Epic Obsession» versuchten wir vermehrt einfach das zu spielen, was wir wollten. Mit «Face The Music» hat sich alles noch viel einfacher angefühlt. Es war so simpel die Tracks zu komponieren und einzuspielen. Trotzdem hat sich die Musik wie ein Schlag in dein Gesicht angefühlt. Wir hatten unheimlichen Spass.

Doug: Und weisst du was Martin? Kein anderes Album hat so sehr nach uns geklungen wie «Face The Music». Viele andere Combos klingen wie Led Zeppelin oder Aerosmith. Aber auf diesem Werk klingen wir wie Burning Rain. Keith und ich haben einige Zeit damit verbracht, an den neuen Liedern zu schreiben. Diese Momente waren magisch und richtig cool! Vieles war sehr aufregend, speziell der Titeltrack. Seit vier Jahren arbeiten wir an ihm (grinst). Ich erinnerte mich nicht mehr an ihn. Es war Keith, der ihn wieder ausgrub, und es wurde ein richtiger Catchy-Track! Wir haben von allen ein klein bisschen dabei (grinst), auch bei den Texten. Da sind fiktive Geschichten zu finde, auch Reelles oder Brutales. Keith hat wirklich einen Mörder-Job abgeliefert, mit der Musik und den Texten!

Keith: Ich lerne Jahr für Jahr dazu. Mein Ohr hört heute Dinge raus, die hätte ich früher ignoriert (grinst). Der Umfang, was ich alles schreiben kann, hat sich enorm verbreitert. Es brauchte aber seine Zeit, bis ich dies bei mir akzeptierte…

Doug: …ich finde, wenn der Druck weg ist, findest du mehr zu den Dingen, die du selber magst (grinst). Das ist mit Abstand das Wichtigste, dass Komponisten das schreiben, was sie selber am meisten mögen. Musik oder Texte! Diese Macht, die sich dabei entwickelt, kann dich beflügeln und vieles vereinfachen. Es führt dich dazu zu schreiben, was und wie du fühlst und dass die Lieder viel ehrlicher sind.

MF: Doug, ist es nicht schwierig Lieder für Revolution Saints, The Dead Daisies oder Burning Rain zu schreiben, so dass es zu keinen Überschneidungen kommt?

Doug: Das sind völlig unterschiedliche Truppen. Revolution Saints sind nichts anderes als ein Projekt. Wir werden nie touren. Sind wir zusammen, liegt der Fokus völlig auf dieser Musik. Die Dead Daisies sind eine organische Truppe. Ähnlich wie bei Burning Rain mit Keith, Brad und Blas. Jeder hilft dabei mit, seine Parts auszuarbeiten und so dem Ganzen seinen Stempel aufzudrücken. Bei The Dead Daisies würde ich nie mit einem kompletten Lied ankommen. Es ist ein Riff oder eine Melodie, an der wir zusammen weiter arbeiten. Ähnlich wie damals John Lennon bei «Give Peace A Chance». Alles begann mit einem Riff, und das Klatschen und was noch alles dazu kam, wurde erarbeitet. Alle sind involviert, und es fühlt sich sehr einfach an bei den Daisies. Keith und ich sind auch sehr organisch arbeitende Musiker. Ich schreibe ein Riff oder er singt einen Vers oder eine Melodie und daraus entstehen Lieder. Dabei finden wir heraus, welcher Teil am besten zu wem passt. Das ist immer ein sehr aufregender Prozess, das Zusammenfügen dieser Parts. Im Studio fügen Blas und Brad noch ihre Teile dazu. Ich bin mir sicher, dass diese Art des Songschreibens am besten zu Burning Rain passt, bei The Dead Daisies aber in der Form kaum funktionieren würde.

MF: Sind denn Burning Rain zu gut für diese Welt, weil ihr nie den Erfolg bekommen habt, den ihr verdient hättet?

Keith (beide lachen): Ich hatte nie das Gefühl, dass wir nicht den Erfolg bekamen, den wir verdienen. Was macht einen grossartigen Künstler aus? Dass die ganze Welt ihn kennt? Oder wie viel Geld er verdient? Für mich… Ich bin glücklich, wenn ich merke, dass ich mit meinen Songs Leute berühre. Der Pfad, den die Karriere von Burning Rain ging, war von vielen erfolgreichen und geschäftlichen Dingen begleitet. Ob es nun Dio oder Whitesnake waren oder Montrose, Lynch Mob oder andere Truppen, in denen wir mitmischten. Ich spielte vielleicht in zwanzig Bands, musste aber nie einem normalen Job nachgehen. Es ist für mich eine Ehre zu singen. Wir haben Songs zusammen geschrieben, wenn die Zeit dazu frei war. Es blieb nicht immer viel Zeit für Burning Rain übrig, aber wenn sie da war, genossen wir es, neue Tracks zu komponieren. Wir waren dabei nie unglücklich. Darum, wenn mich Leute fragen, ob ich das Gefühl habe, nie den Erfolg bekommen zu haben, der mir zustand oder ich kämpfen musste, um ihn zu verwirklichen, war dies nie der Fall. Burning Rain waren lange Zeit ein Nebenprojekt, bei welchem wir unsere Passion und Liebe ausleben konnten. Wir mussten dies nie tun, sondern durften es der Liebe wegen zur Musik. Heute kommt dazu, dass wir raus gehen und mit dieser Truppe auftreten können, wie eine richtige Band. Dabei wollen wir der Truppe ein Strassenlevel geben und zur Realität werden. Frag mich in zwei Jahren nochmals, wenn wir getourt sind und alles versucht haben, Burning Rain zu etablieren (grinst).

Doug: Keith hat es auf den Punkt gebracht. Diese Truppe ist eine seltsame Sache (grinst). Als wir 1998 starteten, hatten wir nie die Möglichkeit diese Band zu unserer Priorität zu machen. Heute haben wir dies zum ersten Mal. Wäre dies nicht so, würden wir jetzt Beide nicht mit dir zusammensitzen (grinst). Aber, erinnere dich an unser letztes Interview. Ich habe es dir damals versprochen (grinst zufrieden), dass die Zeit reif ist für Burning Rain.

MF: Wart ihr vielleicht auch ein bisschen zu spät für die erste grosse Welle mit Great White, Mötley Crüe oder Kix und zu früh für das Hier und Jetzt?

Doug: Glaub mir, das spielt keine Rolle, denn es ist, wie es ist! Du kannst die Geschichte nicht neu schreiben. 1998 haben wir den Boden aufgebrochen mit dieser Art von Musik. Niemand anderes spielte diesen Sound. In den frühen 2000ern gab es keine Basis für diesen klassischen Hardrock. Selbst Bands wie die Scorpions, Dio oder auch Deep Purple spielten in kleineren Hallen. Aber die Zeiten änderten sich, und plötzlich interessierten sich die Leute wieder für diese Musik. Plötzlich gibt es wieder viele Musiker, die nicht noch zusätzlich einem normalen Job hinterher rennen müssen. Okay, viele auf eine klein andere Art und Weise (lacht). Die Musikindustrie hat sich in all den Jahren völlig verändert. Solange wir aber diesen frischen Sound spielen, werden die Leute uns hören und sehen wollen. Verteilt auf der ganzen Welt gibt es noch immer genügend Leute, die uns sehen wollen und uns über all die Jahre unterstützten. Sie erinnern sich an uns und unsere Musik. Die beste Möglichkeit neue Fans für sich zu gewinnen, ist auf die Bühne zu gehen und den Leuten zu zeigen wer und was wir sind. Weisst du, früher war es für mich wichtig, mich als Gitarrist zu etablieren. Ich hatte keine Ahnung, wie ich einen guten Song schreiben muss, lernte aber immer wieder dazu. David (Coverdale, Whitesnake), die Jungs von The Dead Daisies oder auch Keith unterstützten mich sehr dabei. Das war eine grossartige Erfahrung. Heute ist es sekundär wie toll, schnell oder filigran ich spiele, weil der Song mehr im Mittelpunkt steht. Es ist die Melodie, welche mich und die Fans packen und uns was fühlen lassen muss. Ich höre mir auch mehr die Texte an, früher habe ich mich nicht darum gekümmert (lacht). Wie Keith vorhin sagte. Die Musik zu geniessen wurde zu meiner Priorität.

Keith: Das ist mit vielen Dingen so, mit denen du älter und erwachsener wirst. Bist du jünger, willst du ein Teil des Spiels sein, ohne zu wissen, was der Wettbewerb ist. Du versuchst immer besser zu werden, bist du Engineer oder ein Architekt. Es spielt keine Rolle, was deine Arbeit ist, aber je älter du wirst, desto besser verstehst du die Spielregeln und realisierst viel mehr, wie du als Individualist bist. Dabei merkst du auch woher du kommst und was dich in all den Jahren prägte. In den mittleren Jahren versuchen dann viele die Dinge, welche plötzlich wichtig sind, mehr in den Mittelpunkt zu stellen. Dabei näherst du dich dir immer mehr. Was du bist und was du sein möchtest. Willst du mehr Prince oder Michael Jackson sein (grinst), oder doch eher Robert Plan? Du wirst dich in die Richtung bewegen, in welcher du dich selber am besten fühlst. Merkst du dabei, dass du vom Weg abkommst, wirst du dich wieder selber auf den richtigen Pfad führen. Bedeutet für mich, dass ich heute auf der Bühne mich selber sein will, nicht wie dieser oder jener Sänger und dabei das Publikum beeindrucken will.

Doug: Schön gesagt, weisst du, es wäre schön gewesen, hätte ich damals die Unterstützung meiner Eltern erhalten. Musik war in ihrem Leben immer eine sekundäre Angelegenheit. "Verdien dein Geld und alles wird gut." Als ich bei Hurricane spielte, fuhr mich mein Dad im Auto, und im Radio spielten sie einen Song, den ich geschrieben hatte. Es schien ihn nicht gross zu interessieren. Es gibt so viele Musiker, die viel mehr Talent haben als ich. Aber wenn du Glück hast, wirst du in den richtigen Truppen spielen, die dich weiterbringen. Ich hatte das Glück zum richtigen Zeitpunkt in der richtigen Band zu spielen. Heute sind meine Eltern glücklich, wie ich mein Geld verdiene, damals interessierte es sie kaum (lacht).

Keith: Ich war kein Rocker-Kid in der Schule. Ich wollte Ingenieur werden. Aber ich spielte immer Musik. In einer High-School- oder auch in einer Jazz-Band. Wo auch immer ich mittun konnte, ich war dabei. War dies auf einem lokalen Level, es war mir scheissegal. Als ich dann mit der Musik noch Geld verdiente, war es wunderbar. Ich unterschrieb den ersten Plattenvertrag und komponierte Songs. Meine Eltern interessierte dies nicht, und von einer Unterstützung war kaum die Rede.

Doug: Das Schöne war aber, dass meine Eltern immer schauten, dass wir Kinder gleichberechtigt behandelt wurden. Meine Mam und mein Dad unterstützen immer meine Schwester, als sie noch ins College ging. Damit ich nicht zu kurz kam, sagten sie mir: "Dir steht das Geld, welches wir deiner Schwester geben, auch zu. Brauchst du etwas, dann lass es uns wissen." So bekam ich Geld für einen neuen Marshall-Turm. Ich war zu dem Zeitpunkt finanziell ausgebrannt und es war richtig cool, dass sie mir da unter die Arme griffen.

MF: Danke für das Interview und die Zeit…

Doug: …danke dir Martin, es tut echt gut, dich wieder zu sehen!

Keith: Ja, Doug hat mir schon von dir erzählt, es war echt ein tolles und interessantes Gespräch, danke dir für die tollen Fragen, es hat sehr viel Spass gemacht…

Doug: …erzähl, wie geht’s dir…