Interview: CoreLeoni

By Tinu
 
Die Rückkehr der Rock-Magie.



Ja, es ist eine Band und weit weg davon ein Projekt zu sein, mit dem man seine eigentliche musikalische Liebe ausleben will. Leo Leoni, der Gitarrist von Gotthard, hat mit CoreLeoni den Weg nach Hause gefunden. Da, wo er wieder rocken kann, ohne sich Gedanken machen zu müssen, ob es dem Mainstream-Publikum passt oder dieses sich mit gerümpfter Nase abwendet. Mit "seiner" Band spielt er die alten Hits seiner Stammband. Dies sehr authentisch und mit viel Hingabe. Balladen bestimmen dabei nicht die Hauptspielzeit, sondern werden dezent und perfekt wie ergänzend eingestreut. Mit dem zweiten Album «II» wurden weitere Gotthard-Hits gespielt und dank Sänger Ronnie Romero so inszeniert, als hätten Gotthard niemals den Weg der staubigen, ölverschmierten und mit Whisky getränkten Pfade verlassen. Wie sich Leo mit CoreLeoni fühlt, könnt ihr in den folgende Zeilen nachlesen.

MF: Zwei Jahre CoreLeoni, was ist das Fazit von dir?

Leo: Die Erwartungen wurden mehr als zu 100% übertroffen. Was als Projekt startete, wurde zu einer Band. Zwei Jahre, zwei Platten und zwei Europatourneen, ja da darf ich zufrieden sein (grinst). Hena (Habegger, Gotthard) hat die Platte noch eingespielt, ist aber zwischenzeitlich von Alex Motta ersetzt worden. Er hat auch auf «II» zwei Tracks eingetrommelt. Alex hat uns bereits auf der letzten Tour unterstützt.

MF: Was war dir wichtig, als du den Ersatz für Hena gesucht hast?

Leo: Alex war Drum-Tech bei uns und hat früher schon mit Jgor (Gianola, Gitarrist) zusammen gespielt. Wir wussten, sollte uns Hena verlassen, werden wir sicher mit Alex den Versuch starten. Er kannte die Tracks, konnte sofort einsteigen, ist ein super Typ und ein Rock'n'Roller, wie er im Buch steht. So mussten wir nicht lange nach einem Ersatz suchen, da er schon da war (grinst).

MF: Wie wichtig ist Ronnie Romero für die Truppe?

Leo: Er ist der Sänger und somit ein ganz wichtiger Teil von uns. Er kommuniziert mit den Leuten, bringt die Message der Lieder rüber und da Ronnie ein sensationeller Sänger ist, klappt dies alles wunderbar. Er ist ein Unikum, der auch den Kontakt mit dem Publikum sucht und sehr sympathisch rüber kommt. CoreLeoni ist wie eine Medizin. Die andere Art der Magie, welche ich früher mit Gotthard hatte, ist zurück gekommen. Es sind zwei völlig unterschiedliche Bands. Die Idee stand schon länger im Raum, die alten Songs wieder zu spielen. Logisch war es nicht einfach, Steve Lee zu ersetzen, aber Ronnie macht das auf seine Art, sehr natürlich und authentisch. Ronnie liefert einen hervorragenden Job ab. Wie damals bei AC/DC, da musste Brian auch Bon ersetzen. Viele finden noch heute, dass Bon der bessere Sänger war, aber das erste Album mit Brian, «Back In Black», ist noch immer das sich am besten verkaufendste Album von AC/DC.

MF: Was mir bei den Shows von CoreLeoni auffiel, du warst leidenschaftlicher auf der Bühne und hattest mehr Spass…

Leo: …Gotthard ist eine Demokratie und alle in der Truppe wollen diesen bestimmten Weg gehen. Treffen wir eine Entscheidung, dann wird sie zusammen getroffen. Das ist auch bei CoreLeoni so, vielleicht habe ich hier das letzte Wort, weil ich alles ins Rollen brachte (grinst). Mir ist nicht nur die musikalische Seite wichtig, sondern auch die menschliche. Freundschaft und Respekt! Klar kann der Erfolg eine Truppe verändern. Aber was ist Erfolg? Wir haben mit Gotthard auch ganz kleine Clubs beackert und spielen nun mit CoreLeoni auch in mittelgrossen Hallen. Die Frage ist doch eine andere. Bleibst du dich selber oder veränderst du dich? Bleibst du mit den Füssen auf dem Boden oder hebst du ab? Erfolg ist doch ein Traum! Und ich kann meinen Traum noch immer leben. Ich war immer so wie ich bin, und ich denke, ich werde auch immer so bleiben (grinst). Da spielen Plattenverkäufe keine Rolle.

MF: Musstest du dich durch den Erfolg von Gotthard anpassen, weil alles einen melodischeren Weg ging?

Leo: Klar musste ich mich da anpassen, das vielleicht schon bei «One Life One Soul». Aber Melodie ist an und für sich nichts Schlechtes. Ich wuchs mit den Beatles auf und bin totaler Fan von ihnen. Aus diesem Grund scheue ich mich nicht vor Melodien. Ein Rocksong hat auch immer eine gute Melodie. Ist es nun poppiger oder metallener… Ich stehe auf diese poppigen Sachen, die auch Judas Priest immer wieder in ihren Sound eingebettet haben. Es ist ein Kompromiss, und als Teamplayer in einer Truppe musst du diesen auch eingehen. Wir genossen auch sehr schöne Momente mit Gotthard, dank diesen melodischeren Momenten. Mit der Zeit muss man sich aber auch entfalten können, und darum sind wir mit CoreLeoni unterwegs (grinst). Es sind zwanzig Jahre vorbei, seit dem ich diese Truppe gründen wollte. Damals noch mit Steve. Es waren unterschiedliche Gründe, wieso es nie geklappt hat. Der letzte Versuch war 2010, aber da kam Steve von seinem Ausflug aus Amerika nicht mehr zurück. Als der Plan zu «Defrosted 2» stand, war für mich klar, jetzt muss ich mit CoreLeoni raus, sonst wird das nie mehr was. Es ist schön jeden Tag zu spielen, aber es geht an die Substanz (lacht), Abend für Abend im Bus zu schlafen.

MF: Einige Tracks hast du bei CoreLeoni im Vergleich zu Gotthard leicht abgeändert…

Leo: …alles in 2020 soll ein bisschen anders klingen als vor zig Jahren. Ich wollte nie eine Kopie von Gotthard sein. Derjenige, welcher die Platte kauft und ans Konzert kommt, soll mit einem guten Gefühl nach Hause gehen. 1991 war ein anderer Moment, ein anderes Gefühl als heute. Darum auch die kleine Anpassung in den Songs. Die Arrangements oder kleinen Änderungen habe ich immer in Absprache mit den anderen Jungs gemacht. Waren sie gleicher Meinung, wurde dies so umgesetzt. Sahen sie es anders, haben wir uns nochmals angeschaut, was besser klingen könnte.

MF: Was mich überraschte, dass du mit dem zweiten Album nicht mehr eigene, neue Songs veröffentlicht hast.

Leo: Ich wollte bei den Gotthard-Tracks bleiben, weil sie schon lange nicht mehr gespielt worden sind. Ich könnte dir ein neues Album schreiben mit neuen Songs, aber wir würden uns nur im Kreis drehen. Veröffentlichst du ein neues Album, fragen dich die Leute, wann die nächste Scheibe kommt. Ich hab mich mit den Anderen abgesprochen und wollte wissen, wie wir weiter gehen wollen als Team. Wenn das dritte CoreLeoni-Werk raus kommt, wird es vielleicht drei neue Lieder haben. Vielleicht mehr oder auch weniger. Es gibt aber noch so viele Tracks von Gotthard, die man wieder entdecken kann. Zudem liegen noch einige in der Schublade… Es wird ein drittes Album von CoreLeoni geben, wenn die Zeit reif ist. Es sind alle enthusiastisch, und darum denke ich, dass es einen Nachfolger zur letzten Scheibe geben wird. Ich habe den Luxus, dass ich auf der Bühne stehen, Songs schreiben und auch produzieren kann. Alle drei Welten sind für mich spannend und interessant. Ich liebe es auf der Bühne zu stehen, aber ohne ein Lied wird es ziemlich schwierig (lacht). Darum musst du auch komponieren.

MF: Hattest du immer die Unterstützung deiner Eltern?

Leo: Gute Frage… Sie haben mich nicht aufgehalten, das ist ganz wichtig. Unterstützt hat mich meine Schwester. Es war immer klar, dass ich Musiker werden wollte. Logisch, ohne die Resultate, die sich nach und nach einstellten, wäre das Ziel auch nicht so klar gewesen (grinst). Für meine Eltern war es vielleicht ein Kampf (lacht). Es war doch zu unserer Zeit so, dass du als Langhaariger immer mit Gewalt und Drogen gleichgesetzt worden bist. Ich hatte aber weder mit Drogen noch anderem Scheissdreck was am Hut. Ich wollte nur Musik spielen! Meine Eltern haben mir vertraut, das war sehr, sehr wichtig! Logisch wollten sie, dass ich eine Arbeit ausübte, mit der ich mich absichern und meine Rechnungen bezahlen konnte. Ich bin mir aber sicher, wenn sie von oben auf mich runter schauen, dann sind sie stolz auf mich (grinst zufrieden). Zu 100%.

MF: Wie hast du damals den Erfolg von Gotthard miterlebt, mit den ersten beiden Scheiben?

Leo: Wir spielten schon vor Gotthard jedes Wochenende in der ganzen Schweiz. Dazwischen haben wir neue Lieder komponiert. Lange haben wir mit Chris von Rohr zusammen gearbeitet. Der Unterschied zwischen Gotthard und den anderen Bands war, dass wir einen Weltklassesänger und super Songs hatten. Die Schweiz brauchte zu der Zeit etwas Neues, das sie unterstützen konnte. Ich bin mir sicher, da wir aus dem Tessin und nicht aus Zürich kamen, war wie ein exotisches Element. Ein Sympathiebonus. Jeden Abend standen wir voller Energie auf der Bühne. Die Leute merkten dies, und so kam der Erfolg. Erwartet haben wir ihn nicht, aber darauf gehofft. Es war der Lohn für unsere harte Arbeit. Mit dem Debütalbum spielten wir drei Tourneen.

MF: Danke dir für das Interview!

Leo: Danke dir, auch dass du so lange gewartet hast, aber ich musste zuerst meine Gitarre reparieren… Sorry, war vielleicht alles ein bisschen hektisch (grinst).