Interview: Die Apokalyptischen Reiter
By Roger W.
„Moral & Wahnsinn“ heisst das neuste Album der Apokalyptischen Reiter. Auf diesem zelebrieren sie, dass was sie bereits seit vielen Jahren tun: Einen eigenständigen Mix aus verschiedenen Musikrichtungen, garniert mit intelligenten deutschen Texten. Obwohl ihre Shows sehr unterhaltsam sind, fürchten die Reiter den Klamauk wie der Teufel das Weihwasser. Denn die Reiter sind eine Band, die sich nicht hinter hohlen Phrasen versteckt, sondern echte Botschaften verkündet. Wie ernst es den Deutschen damit ist, erzählte mir Bassist Volk-Mann.

MF: Ihr hattet heute Probleme mit dem Tourbus. Was ist passiert?

VM: Na, der Tourbus machte keine Probleme, aber der LKW hatte einen Plattfuss. Es hat sechs Stunden gedauert bis wir Ersatzreifen auftreiben konnten. Es ist ja heute Sonntag. Und die Autovermietung hat uns löblicherweise noch zwei kaputte Ersatzreifen und einen kaputten Wagenheber mitgegeben. Zum Glück ist dann aus Freiburg eine Firma gekommen. Die hatte im LKW einen mobilen LKW-Refenwechsel-Service. Also so eine richtig grosse Maschine. Schliesslich sind wir mit vier Stunden Verspätung hier angekommen. Es war heute also relativ stressig und knapp, aber jetzt steht alles, der Soundcheck ist durch und das Konzert kann beginnen.

MF: Reist ihr alle mit demselben Tourbus?

VM: Ja, Akrea, Turisas und die Reiter sind plus Crew alle hier im Bus. Also 24 Personen. Das ist schon eine grosse Familie.

MF: Das heisst, ihr macht nicht einen auf Rockstar im Stile von „Wir können uns einen eigenen Tourbus leisten“?

VM: Das ist immer so eine grundsätzliche Frage. Denn ein einziger Bus ist bereits teuer genug. Man könnte sich sicher noch einen zweiten dazu nehmen. Aber letztendlich schlägt sich das alles auch auf die Ticketpreise. Wir fühlen uns so aber wohl. Weil es ist über diese drei bis vier Wochen sicher nicht so einfach mit all diesen Leuten unterwegs zu sein. Aber dadurch dass die Rute relativ gut ist und wir meistens nicht so lange fahren, geht es. Meistens ist der Tourbus tatsächlich nur ein fahrendes Hotel, und wenn du aufwachst bist du meistens schon beim nächsten Club. (Original eigentlich: meistens ist der Tourbus tatsächlich nur ein schlafendes Hotel, und wenn du ankommst bist du meistens schon beim nächsten Club). Und die Clubs sind meistens auch relativ gross mit grossen Backstage-Räumen. Sprich man hockt dann nicht wie in einer Ölsardine hier drin. Und deshalb empfinde ich diese 24 Personen auch gar nicht als so dramatisch. Zumal wir die Bands auch alle kennen.

MF: Mit Turisas seid ihr ja bereits 2005 auf Tour gewesen.

VM: Ja. Und das war auch Zufall, dass die am selben Tag wie wir ihr neues Album raus gebracht haben. Insofern ist es für die Labels natürlich immer interessant, wenn solche Supportanfragen da sind, und man Bands auf Tour schicken kann, die gerade ein neues Album draussen haben. Ja, und Turisas passte damals bereits musikalisch zu uns, und tut es auch heute noch. Und man merkt es auch anhand der Fanreaktionen, dass das ein sehr rundes Package ist. Akrea spielen Melodic Death Metal und Turisas sind irgendwas im Pagan-Bereich. Auf jeden Fall trifft sich das gut und an jedem Abend sind die Clubs voll. Das zeigt, dass das ein gutes Konzept gewesen ist, die Bands so auszuwählen, auf jeden Fall.

MF: Ihr habt also selber „Ja“-sagen dürfen?

VM: Ja. Wir sind als Headliner auch die Band, die letztlich entscheidet, wer da mitgeht. Weil es soll ja auch ein schlüssiger Abend werden und wir hatten in der Vergangenheit vielleicht nicht immer ein ganz so glückliches Händchen beim Auswählen von Supports. Der war vielleicht auch mal zu bunt und zu chaotisch. Aber ich glaube, so klappt es. Und man hat ja in der Regel nicht nur eine Lieblingsband, sondern verschiedene. Turisas haben im Vergleich zu andern Bands wie Finntroll oder Ensiferum den Vorteil, dass sie in den letzten Jahren sehr, sehr wenig hier gespielt haben, und so noch eine gewisse Attraktivität haben. Dazu kommt, dass wir sie auch musikalisch sehr gut finden. Gerade das neue Album hat für mich einen grossen qualitativen Schritt nach vorne gemacht. Es ist sehr episch und gut arrangiert. Da hat man auch Spass, wenn man natürlich das Tourpackage jeden Abend hört. Das ist besser, als wenn man eine Band hat, wo man denkt: „Oh Gott, was ist denn das für ein Sound!“. Also man kann sich zu Turisas super warm machen und so ein Bisschen fürs Konzert in Stimmung kommen.

MF: Ihr habt ja sowieso den Vorteil, dass ihr musikalisch zu vielen Bands passt…

VM: Ja, die Reiter sind sicherlich ein Unikum. Es haben ja schon viele versucht, die Reiter in irgendeine stilistische Richtung rein zupressen, und sind daran grandios gescheitert. Die Reiter sind halt so wie sie sind. Und es gibt jetzt auch keine andere Band, die das geben kann, was die Reiter einem geben. Also diesen grossen musikalischen Umschlag von sehr heftigen Parts bis sehr epischen verträumten Geschichten. Da ist eigentlich alles dabei. Und insofern ist es auch immer wieder schön zu sehen, wenn so viele Leute zu den Shows kommen und wenn das Feedback fürs neue Album gut ist. Wir haben eigentlich schon immer die Erfahrung gemacht, dass die Fans eigentlich viel toleranter sind, als es in manchen Foren oder manchen Zeitschriften so beschrieben wird. Weil der Mensch lebt auch selten nur strikt nach einer Devise. Bei den Reitern kriegst du eine Bandbreite an musikalischer Vielfalt geboten, bei der du sonst drei, vier verschiedene Bands brauchst. Und das macht sicherlich auch den Reiz der Band aus.

MF: Zwischen dem neuen und dem letzten Album habt ihr den Posten an der Gitarre neu besetzt. Das ging ja sehr unspektakulär von statten, in dem ihr den neuen Mann einfach auf der Homepage angekündigt habt. Was ist da passiert?

VM: Die Geschichte fängt eigentlich bereits da an, als uns Petrone nach dem Riders On The Storm-Album verlassen hat. Dann hatten wir die Lady-Catman in der Band. Was allerdings nicht so funktioniert hat, wie wir uns das vorgestellt haben. Und der Ady war dann die perfekte Besetzung für den Posten und ist jetzt bereits seit über zwei Jahren dabei. Das harmoniert wunderbar, und das sowohl im Proberaum wie auch auf der Bühne, und auch zwischenmenschlich. Wenn man so lange zusammen unterwegs ist, ist das schon entscheidend. Und ich denke, dass die Reiter noch nie so ein starkes Line-Up hatten wie zurzeit. Das wirkt sich sicherlich auch positiv auf die Show aus. Wir hatten damals auch keine Lust auf die üblichen Schlammschlachten. Wir hatten das da im Kleinen geklärt. Und das sollte dann auch nicht so Yellow-Press-mässig abgehen.

MF: Das heisst, ihr habt euch da auch gütlich geeinigt? Es war also eine natürlich Entwicklung?

VM: Es gibt keinen Stress oder so. Man hat sicherlich gemerkt, dass es eine gewisse Disharmonie im Bandgefüge gibt. Und dann kann man nur ein offenes Wort finden. Es muss in einer Band einfach immer rund laufen, weil es ansonsten viele Reibungspunkte gibt, und immer viele Emotionen im Spiel sind. Man hat dann auch einen Anspruch an die Show: Man will einen guten Sound haben und das Best mögliche Erreichen. Man will sich gut präsentieren und da müssen auch alle in eine Richtung marschieren. Es kommt bereits von aussen sehr viel auf eine Band zu, wogegen man als Band als eine Einheit darstellen muss. Und es wir dann schwierig, wen es nach innen auch nicht harmonisch ist. Aber wie gesagt, gab es keine bösen Worte oder so was.

MF: Ihr verzichtet ja als Band auch auf sehr viele Dinge. Sonntag abends bei der Familie und so weiter…

VM: Ja, na gut. Das ist das Leben, dass wir uns auch so ausgesucht haben. Das ist so ein Bisschen verdrehte Welt. Wir haben ja eigentlich einen Full-Time-Job. Das Konzertspielen und auf Tour-sein, das macht nur so ein kleines Fenster aus dem Leben einer Band aus. Weil es unheimlich viel zu klären und zu besprechen gibt. Vor allem weil wir die Band eigentlich komplett selbst betreuen. Uns obliegt in der Regel alles, was zu den Bereichen wie Show-Entwicklung oder Bau von Bühnenelementen, Merchandising, Design-Auswahl, Homepage- und Fan-Betreuung gehört.

MF: Ihr habt das also alles innerhalb der fünf Musiker aufgeteilt?

VM: Genau. Wir haben so eine gewisse Aufgabenteilung innerhalb der Band, wo jeder seine Stärken einbringen kann. Wir proben zwei bis dreimal in der Woche und haben davor eigentlich auch immer so Business-Stunden oder manchmal auch Business-Tage, weil viele Dinge im Vorfeld zu klären sind, damit man dann nicht auf die Nase fällt. Es ist schon ein grosser Aufwand, den wir jetzt betrieben haben. Wir haben jetzt einen grossen Nightliner gemietet, einen riesen grossen LKW, der bis unters Dach mit Technik vollgeladen ist. Wir haben für die Tour Techniker engagiert. Und unter dem Strich musst du davon auch deinen Lebensunterhalt bestreiten können. Sprich man muss dann im Vorfeld auch Rechnen, ob sich das dann auch auszahlen kann. Weil die Entscheidung tatsächlich zu sagen, dass man Musik jetzt nicht mehr nur so ein Bisschen nebenbei Hobby-Mässig machen will, sondern Fulltime-Musiker sein möchte, ist schon ein einschneidender Schritt. Nicht nur für einen selbst, sondern auch für den Partner, der Zuhause ist. Das betrifft auch die Kinder, die dann eine Zeitlang ohne ihren Vater auskommen müssen. Aber auf der anderen Seite gibt es auch viele Sachen, die dann auch positiv sind. Wir gehen halt einfach meistens von Freitag bis Sonntag arbeiten und die anderen gehen von Montag bis Freitag arbeiten. Wir spielen ja auch sehr viele Einzelshows an Wochenenden. Aber ich sehe das eigentlich ganz und gar nicht negativ sondern eher als Privileg, so zu leben und auch den Support jeden Abend von den Fans erfahren zu können. Und dieser Zuspruch ist etwas, was man auch nicht vergessen darf. Deswegen ist es an jedem Abend auch das Ziel, die Leute wieder aufs Neue zu begeistern. Und wenn es die Zeit erlaubt und wir nicht zeitig mit dem Bus wegfahren müssen, dann geben wir auch mal Autogramme und Small-Talken mit den Fans. Die schätzen es, dass wir nicht so abgehoben sind. Das wären ansonsten auch nicht wir.

MF: Das ist also wie ein Kleinunternehmen, das seine Beziehungen zu den Kunden, den Fans, pflegt?

VM: Ich mag in diesem Zusammenhang nicht in dieser Business-Sprache darüber zu sprechen. Weil es bei Musik vor allem um Emotionen und Gefühle geht und um viel Energieaustausch. Ich denke, was wir von der Bühne ins Publikum geben, das kriegen wir vom denen genauso zurück. Und deswegen ist es auch möglich eineinhalb bis zwei Stunden Shows zu spielen, in denen du dich physisch völlig herausgabst, aber wo einem die Leute auch pushen. Aber andersherum gilt das auch. Wenn die sich eineinhalb Stunden lang die Köpfe einschlagen und danach alle komplett geschlaucht aber glücklich da sitzen. Das ist ja irgendwie auch wichtig an einer Live-Show. Man geht weg von zu Hause, weil man etwas erleben möchte. Man will ja auch nicht den Alltag auf dem Konzert erleben. Deswegen ist unser Anspruch als Band tatsächlich auch etwas Unterhaltsames zu machen ohne, dass das jetzt klamaukisch ist oder humoristisch. Wir finden, dass Live spielen mehr ist, als nur die Songs von der Platte runter zu spielen. Man muss das auch mit Show verknüpfen. Und da haben wir auf dieser Tour jetzt auch sehr viel im Vergleich zu letzte Tour ausgetauscht. Also sprich, viele Sachen die jetzt so Standard im Set gewesen sind, sind jetzt teilweise auch rausgeflogen. Wir spielen zum Beispiel das gesamte neue Album live, was auch ungewöhnlich ist. Aber das Feedback ist grossartig und ich bin gespannt wie heute die Schweizer mitsingen. Also bisher haben wir die Erfahrung gemacht, dass die Fans extrem Textsicher gewesen sind. Und gerade die neuen Songs, die jetzt gerade Mal eineinhalb Monate auf dem Markt sind, beherrschen die schon sehr gut. Es ist auf jeden Fall eine tolle Zeit auf Tour zu sein.

MF: Euer neues Album ist ein gutes Stichwort. Beim Titelsong singt ja Fuchs: „Moral ist eine Hure, und wechselt gern das Kleid.“ Wie schon bei früheren Liedern spricht auch aus diesen Zeilen eine gehörige Portion Lebenserfahrung.

VM: Das ganze Thema Moral oder Doppelmoral ist auf dem neuen Album sehr, sehr präsent. Es war ein relativ langer Weg ein Albumtitel zu finden. Das ist bei einem achten Album aber auch nicht so einfach. Aber als er dann stand, merkte man auch, wie in der Band eine rege Diskussion entstanden ist, für was Moral in der Gesellschaft eigentlich steht - Wer gibt eigentlich moralische Werte vor? Welche moralischen Instanzen sind da und wer kontrolliert die Leute, die Normen und Werte? Das ist dann zum Teil auch wirklich sehr philosophisch geworden. Das ist natürlich klar, weil sich gerade die Geisteswissenschaftler bereits seit Jahrhunderten mit moralischen Werten auseinander setzen und versuchen, was Schlüssiges aufzuschreiben. Es gibt ja keine universale Moral, die in allen Ecken der Welt Gültigkeit hat. Das ist ja das erstaunliche. Obwohl man natürlich immer wieder daran glauben könnte, wenn man einige Leute sieht, die hier mit dem erhobenen Zeigefinger da stehen. egal aus welcher Ecke die auch immer kommen. Es ist eine gefährliche Geschichte, dass man sagt, man könnte ein Wertesystem, welches hier sicherlich seine Berechtigung hat, auf einen anderen Teil der Welt übertragen. Weil das meistens zur Verwerfung führt. Die Apokalyptischen Reiter sind letztlich eine Band, die einen inhaltlichen Anspruch hat. Wir wollen die Leute auch zum Nachdenken anregen. Dazu haben wir jetzt auf Facebook einen Wettbewerb gestartet, bei dem sich die Leute zum Thema „Moral & Wahnsinn“ visuell Gedanken machen können.

Die Fans haben nun Fotomontagen gemacht und uns Bilder geschickt. Man merkt, dass das Thema ganz nah an den Leuten ist. Ich meine, schau nur nach Nordafrika oder nach Japan. Das sind alles Sachen, die irgendwas mit „Moral & Wahnsinn“ zu tun haben. Das ist einfach eine sehr, sehr verlogene Gesellschaft in einer sehr verlogenen Zeit. Was war aber früher sicherlich auch so. Moral & Wahnsinn ist glaube ich auch ein sehr guter Aufhänger für das Album. Es ist zwar nicht das Ziel, aber ich glaube dass wir uns auf jedem neuen Album sowohl musikalisch wie auch inhaltlich neu erfunden haben. Obwohl das wohl der falsche Ausdruck ist. Aber auf jeden Fall sind die Reiter etwas anders als letztes Jahr, obwohl es noch die Reiter sind. Es ist in gewisser Weise mehr Ernsthaftigkeit da, obwohl die Unterhaltung immer noch vorhanden ist. Wir wollen einfach nur nicht nur in eine satirische oder Klamauk-Ecke abdriften. Das würde dem Thema auch nicht gut tun. Ich glaube das Thema muss man schon sensibel anpacken, weil es bei bestimmten Formulierungen schon Gratwanderungen sind, die man betreibt. Wo man sicherlich… Natürlich will man auch anstossen. Und mit einer drastischen Aktion oder einem drastischen Wort kann man das natürlich auch provozieren, dass die Leute sagen: „Pah, was hat er da gerade gesungen? Oder was hat er da gerade gemacht?!“ So sehe ich eigentlich auch Kunst im gesamten gesellschaftlichen Kontext. Kunst darf für mich immer mehr als Politik. Politik ist immer sehr rational obwohl es in der Wirklichkeit verhaftet ist. Und Kunst darf ausbrechen und muss eigentlich immer Impulse geben, um Dinge weiterzudenken, als es vielleicht auch möglich ist. Aber letztlich wäre eine Welt ohne Vision auch eine verlorene Welt.

MF: Klamauk und Moral ist auch so ein Thema, dass Beispielsweise Knorkator sehr gut verarbeiten. Zuerst lacht man und dann denkt man darüber nach.

VM: Knorkator ist für mich so eine Paradebeispiel, wo die Band natürlich nach aussen dieses chaotische teilweise auch vollkommen humoristische Bild abgibt. Aber wenn man das mal beiseite tut und sich tatsächlich auch mal ein paar Texte anschaut, dann merkt man, dass da verdammt viel Leben drinsteckt. Sehr viel Wahrheit eigentlich. Sie verarbeiten es halt einfach nur anders. Das ist auch okay. Das ist aber genau dass, was wir auf dem neuen Album vermeiden wollten. Weil Knorkator immer wieder Steilvorlagen geben um zu sagen: „Das ist ja alles nicht ernst gemeint.“ Oder „Das ist ja irgendwie humoristisch.“ Was sicherlich auch okay ist. Aber genauso in diese Ecke sind die Reiter immer wieder gepackt worden, was uns nicht immer unbedingt gefallen hat. Ich denke, wir haben in unserer Karriere vielleicht nur eine Handvoll Songs gemacht, die auch mit einem Augenzwingern zu verstehen, eher nicht so ernst gemeint waren, rein von der textlichen Botschaft. Wir möchten aber auch nicht die ganze Zeit darauf reduziert werden. Deswegen muss man das auch nicht weiter fördern, in dem man das immer wieder tut.

MF: Ihr geht insofern noch einen Schritt weiter, in dem ihr auf der Homepage eine Ecke habt, wo ihr Links zur Vertiefung der Themen habt. Das ist etwas, was andere Bands nicht machen, was ich bei euch auch sehr speziell und spannend finde.

VM: Ja, das ist tatsächlich so, dass es über die Band hinaus auch immer Themen gibt, wo wir denken, da müsste man mal irgendetwas dazu sagen. Wenn man als Band eine gewisse Aufmerksamkeit hat, viele Leute jeden Tag die Homepage besuchen, und man so im Kleinen Denkimpulse geben kann, dann finde ich das auch wichtig. Es prangt jetzt auch nicht überprominent auf der Homepage, so von wegen „ich bin prominent! Charity! Ich spende für Thailand, Japan und irgendwas!“ Es ist stattdessen eher dezent, aber der, der sich dafür interessiert, der kann dann immer mal… Es ist ja ein Wechselspiel. Das heisst, dass die Leute dann auch Kommentare schreiben, wo man dann sagt: „Okay, da hat er ja auch noch einen Link gepostet, den ich vorher vielleicht noch nicht gesehen habe. Insofern möchte ich das auch nicht nur bei der Musik belassen und sicherlich noch ein paar Schritte weiter gehen.

MF: Zur Musik habe ich gelesen, dass es von der Licht-Session noch den Titel „Ich bin der Teufel“ gab. Da war der Kommentar zu lesen, dass es der vielleicht aufs neue Album schaffen wird. Ist der jetzt auf dem neuen Album in irgendeiner Form verarbeitet?

VM: Der Text ist mittlerweile glaube ich weggeflogen. Die Musik gibt es wahrscheinlich noch. Der Song ist nicht gerade halbfertig, aber er schwebt schon im Raum. Es gab dieses Mal vor dem Aufnahmeprozess ein gewisses Auslesen von Songs, die einfach nicht zu „Moral & Wahnsinn“ gepasst haben. Und das ist so ein relativ leichter flockiger tanzbarer Song, der genau das wieder torpediert, was wir mit „Moral & Wahnsinn“ zu vermeiden versuchten. Das Album ist in der Ernsthaftigkeit und den Songs wie sie angeordnet sind, einfach sehr schlüssig. Es sollte passieren, dass man gepackt ist und einfach auch dem zuhört, was da passiert. Und gerade der besagte Song, der nicht auf dem Album ist, der wäre mir dafür auch eine Spur zu leicht gewesen. Wir haben dann so beim letzten viertel Jahr, wo die Songs dann richtig fertig geworden sind, an dem auch nicht weiter gearbeitet. Jeder hat gespürt, dass der sicherlich mal ein toller Song wird, weil er einen tollen Refrain und eine coole Melodie hat, aber er hätte für das neue Album nicht richtig gepasst.

MF: Der wartet also noch darauf, dass die Zeit für ihn Reif ist?

VM: Der wird bestimmt nochmals angefasst. Wir hatten ja noch einen Song, der mit aufs Album kommen sollte, und der auch komplett im Studio aufgenommen worden ist, der dann aber irgendwie von allen das Handzeichen bekommen hat. Und ja, das Album ist deswegen auf keinen Fall schwächer. Im Gegenteil. Ich finde, wenn man sich nicht sicher ist, ob es der Song ist oder nicht, dann sollte man ihn im Zweifel lieber weglassen, weil das Album dann für alle Ewigkeiten so bleiben wird. Also sollte man in diesem Fall lieber nochmals an den Song rangehen und ein paar Sachen ausmerzen, weil er einfach sicherlich ebenfalls ein sehr interessantes Stück ist, aber vielleicht einfach noch nicht genau so ist, wie er letztlich sein sollte.

MF: Ihr wartet also darauf, dass er die nötige Reife erlangt hat.

MV: Genau. Also wie ein gutes Stück Käse, das jetzt ins Lager gekommen ist.

MF: Ihr habt das Album „Adrenalin Live“ als Beilage vom Metal Hammer getan. War das eine Promo-Sache?

VM: Ja, das war sowas. Zeitschriften haben ja auch das Problem, dass immer weniger Leute diese kaufen. Und das ist so ein Synergie-Effekt. Mit so einer Aktion erreichst du als Band natürlich eine unheimliche Menge Menschen, die vielleicht sonst nie ein Reiter-Album auch nur angucken würden. Und insofern, war das eine klassische Win-Win-Situation für uns alle. Das Heft hat sich extrem gut verkauft und wir hatten auf alle Fälle ein extrem grosses Promo-Tool. Wir hatten auch die Aufnahmen ordentlich abgemischt und noch ein Booklet dazu gemacht. So dass es auch einen gewissen wertigen Charakter hat. So dass man sich das tatsächlich auch in die Sammlung stellen kann. Und ich finde, dass das eine sehr schöne Sache gewesen ist.

MF: Ich finde die Aufnahmen sehr gut. Besonders die Stimmung kommt toll.

VM: Wir hatten da Publikumsmikrofone mit am Start. Weil ich denke, das macht ja eigentlich Live auch aus, dass man was von der Atmosphäre mitkriegt. Weil wenn man nur die Band hört, dass ist es irgendwie auch nicht live. Das funktioniert nicht.

MF: Ihr schreibt das Moskau für euch unvergesslich war. In wie fern?

VM: Moskau war damals die erste Show in Russland. Man hat in Russland immer einen sehr intensiven Eindruck der Fans, weil die Russen nicht so verwöhnt sind wie die Mitteleuropäer, wo jede Woche drei Bands um die Ecke spielen. Also wenn da jemand hingeht und die Strapazen mit dem Transport, dem Visum und den Behörden geschafft hat und dann auch da ist. Ich glaube die wissen das auch zu schätzen. Da war die Stimmung einfach toll, und ein sehr interessantes Erlebnis vor und hinter der Bühne.

MF: Wie sieht es dieses Jahr aus mit Festivals. Da ist ja noch nicht sehr vieles bestätigt.

VM: Wir spielen in diesem Sommer auf nicht so vielen Festivals. Wir spielen nur am White Full Force und in Lichtenfels. Es ist jetzt erstmals Tour. Man muss auch in dem Jahr, in dem man tourt, nicht unbedingt auf jedem Festival spielen, weil man natürlich will, dass die Leute erst mal zur eigenen Show kommen. Am Metalcamp in Slowenien spielen wir noch, und es liegen noch ein paar andere Angebote da. Ich glaube, dass erst 2012 Openair mässig wieder mehr passiert.

MF: Heisst das, dass ihr im nächsten Herbst oder Frühling nochmals auf Tour geht? Oder kümmert ihr euch da bereits wieder ums nächste Album?

VM: Nein, nein, nein. Das auf keinen Fall. Ich glaube 2012 ist auch noch touren angesagt. Wahrscheinlich im Winter oder im Frühjahr. Möglicherweise kommt auch in der Schweiz noch was dazu. Momentan ist relativ viel telefonieren und relativ viel Termine checken ob was geht, ob die Band kann oder nicht.

MF: Wir sind am Ende. Was möchtest du deinen Fans noch sagen?

VM: Vielen Dank all denjenigen, die die Reiter seit so vielen Jahr unterstützen. Wir freuen uns immer sehr, wenn wir in die Schweiz kommen um zu spielen. Ich freue mich jetzt aufs Konzert heute Abend. Ansonsten, wer wissen will, was bei den Reitern immer abgeht, der soll die Facebook-Seite der Reiter besuchen. Das ist facebook/reitermania. Da posten wir fast täglich irgendwelche News. Das passiert auch jetzt auf Tour. Das kann man da relativ nah erfahren. Und wenn es irgendwelche Fragen gibt, kann man uns auch dort sehr schnell erreichen.