Interview: Doro

By Tinu
 
Alles für die Fans!


Die Metal-Queen steht kurz vor ihrer nächsten Tournee. Im Gepäck das brandneue Album «Für immer», auf welchem sie nur (meist schon bekannte) deutschsprachige Songs vorstellt. Als ob dies nicht schon genug wäre, steht auch schon das nächste Studioalbum in den Startlöchern. Bei Doro Pesch hat sich nichts verändert, sprich, sie steht nach wie vor unter Strom. Die umtriebige Sängerin hat in der nahen Vergangenheit mit ihren Jubiläumsshows zum 30-jährigen Bestehen ihres Meisterwerkes «Triumph And Agony» spezielle Konzerte gespielt. So kamen zum Beispiel die Besucher des «Sweden Rock-Festivals» in den Genuss, das komplette Werk zu hören.

Während die Musiker aus den achtziger Jahren ihre Lebensgeschichten alle in Buchform veröffentlichen, findet das Leben der Düsseldorferin im Hier und Jetzt statt. Dabei waren, sind und werden ihre Fans immer das Wichtigste für Doro sein. Und sollten sich dann Dinge aus der Vergangenheit zum positiven wenden, wie im Falle von Joey Balin, dann läuft Doro mit einem noch breiteren und zufriederen Grinsen auf die Stage. Also, es gab viel zu besprechen und die Shouterin erzählte während einer Autofahrt, was gerade so alles in ihrem Leben passiert. Und das ist, wie könnte es auch anders sein, einiges…

Doro: Martin, ich bin gerade im Auto, komme von einer Autogrammstunde und es geht gleich zum nächsten Termin. Kommende Woche treffe ich meine Jungs, und dann proben wir für die anstehende Tour.

MF: Und soeben hast du das neue Album «Für immer» veröffentlicht.

Doro: Wir haben das 30-Jährige für «Triumph And Agony» gefeiert. Aus diesem Grund wollten wir etwas Spezielles in Angriff nehmen. Zudem sind die Rechte der alten Alben an uns zurück gefallen, also all die Scheibem, die wir bei AFM und SPV veröffentlichten. Gewisse CDs gibt's nicht mehr zu kaufen, und so wollten wir, dass den Fans gewisse Songs wieder zugänglich gemacht werden sollten. "Es wäre ja total schade, wenn die alten Tracks in die ewigen Jagdgründe gehen würden", dachte ich (lacht). Aus der Not gründeten wir ein eigenes Label. Nach all den Jahren wollten wir ein Album veröffentlichen, das nur aus deutschen Liedern besteht. Da es doch einiges Material davon gibt, war ich der Meinung, jetzt ist der richtige Zeitpunkt für «Für immer» gekommen. Es sind ein paar spezielle Versionen zu hören und natürlich die David Bowie Coverversion von «Heroes», die bei mir «Helden» heisst. So als Appetitanheizer für die Tour ist «Für immer» gedacht, bis dann nächstes Jahr die ganz neue Scheibe im August 2018 veröffentlicht wird.

MF: Wie kam's zur Coverversion von David Bowie?

Doro: Mir hat der Song immer supergeil gefallen. Das war noch zu meiner Schulzeit (lacht). Es sollte für die Fans, die schon alles von mir haben, zumindest noch etwas Spezielles, Unveröffentlichtes auf dem neuen Album vorhanden sein. Als ich dieses Jahr in Wacken war, hörte ich die «Heroes»-Version von Motörhead. Das war lustig, dass Lemmy die gleiche Idee hatte wie ich. Als wir «Helden» aufnahmen, hat die Nummer von Beginn weg gut funktioniert. Mit einem schönen Video, bei dem wir all unseren Helden huldigen, runden wir den Song schön ab. Für Deutschland, Österreich und die Schweiz, welche auch die deutschsprachigen Songs mögen, wird «Für immer» sicher etwas sehr Schönes werden. Dies tut auch der neuen CD keinen Abbruch (grinst). Aber! Die neue Platte ist in der Mache (grinst). Zu 80% steht das Album. Wir fiebern alle der ganz neuen Scheibe entgegen. Die wird dann wieder bei Nuclear Blast erscheinen.

MF: Was kannst du schon zum neuen Werk sagen? Wird es härter, softer, moderner oder traditioneller?

Doro: Ja Martin (grinst). Es werden viele Hymnen zu hören sein. Es stehen 23 Lieder zur Auswahl. Da muss ich dann leider zwölf bis dreizehn davon auswählen, die aufs Album kommen (lächelt leicht gequält). Das tut mir jetzt schon auf der Seele weh und verursacht Bauchweh, da ich alle Tracks schön finde. Es hat Metal- und Rock-Songs dabei und einen Song für Lemmy. Schnelles Zeugs und auch Balladen, wie man es sich von mir gewöhnt ist (grinst). Vielleicht könnte man es aus einer Mischung zwischen «Triumph And Agony» und «Raise Your Fist» sehen. Einfach ein schönes Gemisch zwischen hart und gefühlvoll (grinst). Ich kann mir gut vorstellen, dass die Fans die neuen Lieder hören und sofort mitsingen werden (grinst).

MF: Wurdet ihr beim Songschreiben auch durch die Jubiläumsshows für die «Triumph And Agony» beeinflusst?

Doro: Da war schon alles fertig. Mit Joey Balin (Produzent von «Triumph And Agony») haben wir zwei Lieder geschrieben. Da herrschte sofort wieder eine sehr gute Chemie, und es hat tierisch Spass gemacht bei der Zusammenarbeit. Tommy Bolan (Gitarrist auf «Triumph And Agony») hat uns auf der Jubiläums-Tour begleitet. Da war klar, dass er uns auf der neuen Platte unterstützen muss. Die Zusammenarbeit hat sich sehr gut angefühlt, ein richtiges Traumteam, wie damals. Der ganze, alte Knatsch ging ja nicht von uns aus, dass wir nicht mehr zusammen gespielt haben. Es tut gut, wenn man nach so vielen Jahren diese Power und Energie wieder zusammen erleben kann (grinst zufrieden).

MF: Was geht dir schneller von der Hand? Schnelle Songs zu schreiben oder Balladen?

Doro: Das kann man so nicht sagen. Beides… Was immer aus dem Herzen kommt (grinst). Ich setz mich nicht hin und schreibe bewusst eine Ballade oder einen Speed-Track. Das sprudelt aus mir heraus, aus tiefster Seele und aus tiefstem Herzen. Natürlich ist man offener, wenn man bewusst an einem neuen Album arbeitet, als wenn gerade die neue Scheibe veröffentlicht wurde oder man den Fokus auf die Tour legt. Wenn ich auf der Bühne stehe, denke ich grundsätzlich nur an meine Fans. Vor zwei Jahren wollte ich wieder neue Lieder schreiben, ich war offener und habe mich auf das Songwriting fokussiert. Das Bewusstsein ist anders. Die Ideen fliessen… Keine Ahnung, ob sie aus dem Universum kommen (lacht), aber die Ideen habe ich meistens kurz vor dem Einschlafen. Wenn ich völlig entspannt bin, sind es Musik und Text, die sofort zusammen raus schiessen. Da muss ich schnell sein, die Ideen aufnehmen, sonst habe ich sie bis am folgenden Morgen schon wieder vergessen (lacht). Aber die Grundidee für ein neues Lied, der Chorus oder die Melodie sind dann meistens schon vorhanden. Das passiert meistens, wenn man nicht daran denkt (grinst). Wenn es ein magischer Moment ist, habe ich immer gleich Herzklopfen und bin total aufgeregt (lacht). Das lässt mich körperlich nicht mehr los und ist ein schönes Gefühl. Wenn man denkt: "Das könnte was sein und das könnte ich meinen Fans anbieten" (grinst).

MF: Dann schreibst du die Lieder mit dem Hintergedanken, dass sie in erster Linie den Fans gefallen und nicht unbedingt dir?

Doro: Eigentlich (überlegt)… Mit meinen Fans bin ich eh verbunden und verwurzelt (lacht). Die Fans sind immer im Hinterkopf! IMMER!!! Da brauche ich gar nicht bewusst an sie zu denken. Klar schreibe ich die Musik, die ich selber liebe. Es sind Melodien, die mir gefallen. Aber aus der Erfahrung heraus überlege ich mir immer, wie die Fans darüber denken könnten (grinst). Da spielt es keine Rolle, ob es ein Metal-Track oder eine Ballade wird. Ich komponiere und spiele die Musik, die ich selber mag, aber auch was die Fans von mir erwarten, das ist klar. Die Fans sind immer das Allerwichtigste.

MF: Wer hat die neuen Lieder des kommenden Albums geschrieben?

Doro: Ja, Andreas Bruhn war wieder im Boot und wir haben viel in Hamburg gearbeitet. Wie gesagt war Joey Balin dabei. Bei «Raise Your Fist» war «Hero» der erste Song, den wir schrieben, für Ronnie James Dio, und auf dem kommenden Werk war es der Track für Lemmy. Der kam richtig aus dem Herzen. Dieses Lied wurde auch durch die Beerdigung von Lemmy inspiriert. Auf der einen Seite war dieser Moment so ergreifend und traurig, und auf der anderen Seite waren alle Leute in L.A. da, das war sehr emotional.

MF: Du hast vorhin dein eigenes Label (Rare Diamond Records) erwähnt. Wie kam es zu dieser Umsetzung?

Doro: Viele Platten von mir sind nicht mehr erhältlich, und die Rechte fielen an mich zurück. Alles von 2000 bis 2009, sei es nun eine CD oder eine DVD. Geplant sind nun die Re-Releases dieser Werke. Mit schönen Booklets (grinst) und hoffentlich auch wieder als Vinyl. Damit es diese Scheiben weiterhin gibt, wurde das Label gegründet. Die Compilation «Für immer» erscheint als erste Veröffentlichung dort. Wahrscheinlich wird der Soundtrack des zweiten Teils des Films «Anuk» auch auf Rare Diamonds Records erscheinen. Einfach, dass wir die Möglichkeit haben, wieder alles raus zu bringen, was es im Moment nicht mehr zu kaufen gibt. Aber zuerst ist jetzt «Für immer» erschienen, dann kommt das neue Album auf Nuclear Blast raus und anschliessend müssen wir sehen, wie der weitere Veröffentlichungsplan aussehen wird (grinst). Alles ist in Planung, aber wie gesagt, jetzt kommt die Tour, dann das neue Album, und so folgt die nächste Konzertreise (lacht). Was jetzt genau, wann von diesen Re-Releases erscheinen wird, steht noch nicht fest.

MF: Du hast die kommende Tour angesprochen. Was dürfen wir erwarten? Wird es der zweite Teil der Jubiläums-Shows zu «Triumph And Agony» sein oder ein buntgemischtes «Best Of»-Programm?

Doro: Sicher werden alle Highlights meiner Karriere zu hören sein. Dann werden ein paar Songs von der «Triumph And Agony» zum Zuge kommen, die wir nicht immer spielen, wie «Three Minute Warning» oder «Make Time For Love» (grinst). In den deutschsprachigen Ländern vielleicht zusätzlich ein bis zwei deutsche Songs mehr. Es kommt auch drauf an, was die Fans gerne hören möchten. Wir proben an die 50 Lieder und schauen dann, was die Besucher bei den Zugaben gerne hören möchten (grinst). Es kann gut sein, dass wir bei jedem Konzert eine andere Setliste spielen werden (grinst zufrieden). Vielleicht gibt's auch ein paar Überraschungen. Sollte es bei der Probe klappen, werden wir vielleicht einen ganz neuen Song einüben. Ich weiss noch nicht, welche Lieder auf die neue Platte kommen, aber zumindest einen würde ich den Fans sehr gerne vorspielen. Ob dieser Track dann aber schlussendlich auf die neue Scheibe kommt, werden wir sehen (lacht). Manchmal hat man die Qual der Wahl.

MF: Wie wichtig ist für dich die Balance zwischen der Musik und dem Privatleben?

Doro: Da gibt es keinen Unterschied (lacht). Es gibt in meinem Leben nichts anderes als die Musik. Tournee, Songs schreiben, Platte aufnehmen und dann auf Promotour gehen. Das wiederholt sich in regelmässigen Abständen.

MF: Wie hast du dich über all die Jahre verändert?

Doro: Ich denke, ich bin die Gleiche geblieben. Man hat sicher viele Erfahrungen gemacht, die heute helfen schneller zu entscheiden (grinst). So weiss ich jetzt aus dem Bauchgefühl heraus, was wir machen und was wir lieber sein lassen. Einfach, nach dem Herzen und dem Bauchgefühl entscheiden. Ansonsten lässt man es besser sein. Früher habe ich mich da von anderen Leuten bequatschen lassen und dachte: "Okay, der ist älter, der wird schon wissen, was er mir rät. Der hat mehr Erfahrung und man sollte dies mal ausprobieren". Heute weiss ich mehr, was richtig und was falsch ist. Da lasse ich mich von meinem Gefühl leiten. Wenn man älter ist, kennt man sich auch besser aus. Dieser Erfahrungswert fehlt dir einfach als junger Musiker. Auch wenn man wusste, dass man Dinge tat, die einem gegen den Strich gingen, hatte man nicht den Mut, oder die Erfahrung sich dagegen zu entscheiden. Mit 18 oder 20 Jahren ist alles neu. Da ist das Abenteuer Musik die grosse Verlockung.

MF: Was war dann für dich früher wichtig, und was ist es heute?

Doro: Immer noch dasselbe (grinst)! Die Fans, die Musik. Alles zu geben und die Leute glücklich zu machen. Alles was damit zusammenhängt, dass dies reibungslos läuft. Dass man die Dinge tun kann, für die man tagtäglich kämpft. Dass man die Freiheit hat, dies auch weiterhin zu machen. Dass man die Band zusammenhalten kann, das ist heute schwerer denn je. Die Band, die Crew, das Management, dass alle an einem Strang ziehen. Es ist alles so unsicher geworden. Schaltet man den Fernseher ein, sieht man nur Horrormeldungen. Ami-Bands haben schon ihre Tourneen gecancelt, alles ist gefährlicher geworden. Du hast heute fast keinen sicheren Ort mehr. Da braucht es ab und zu schon Überzeugungskunst, dass man seine Truppe mit auf Tour nehmen kann. Das ist nicht mehr so einfach und war früher überhaupt kein Thema!

MF: Dann wünsche ich dir weiterhin viele tolle wie sichere Momente und alles Gute für die Zukunft.

Doro: Danke dir Martin, alles Gute und danke für deinen jahrelangen Support. Wir sehen uns bestimmt im Z7 am 14. Dezember. Pass auf dich auf.