Interview: Dream Theater
By Crazy Beat & Michi
Bei Interviews mit Dream Theater ist man immer etwas nervös, handelt es sich meiner Meinung nach um die momentan beste Prog-Metal-Band der Welt. Was die New Yorker mit ihrem aktuellen Album "Black Clouds and Silver Lining" mal wieder mehr als bewiesen haben. Und so traf man sich bei blendendem Wetter am Samstagnachmittag in den Katakomben der Wettinger Tägerhardhalle. Die Stimmung war extrem relaxt und ein sehr freundlicher James LaBrie empfing uns mit kräftigem Händedruck zu einem ca. 20-minütigem sehr interessanten Inti in der Garderobe, aber lest selbst.

MF: Hey James, erstmal Gratulation zum neuen Album, meiner Meinung nach eines der Besten eurer Karriere überhaupt.

JLB: Oh, Dankeschön. Nun, ich glaube wir waren alle ein wenig befangen am Anfang, aber auch wir denken, dass dies eines unserer stärksten Alben geworden ist, wenn nicht sogar das Beste bis anhin. Wir schauen immer vorwärts beim Komponieren und sind uns dabei auch bewusst, dass wir das Glück und auch die Freiheit haben unsere Kreativität so umzusetzen wie wir es wollen. Es gibt keine Hürden und keine Grenzen; nun, wir können bis ans Limit gehen um es so zu sagen ohne dafür kritisiert zu werden und das ist das Schöne daran, ein Teil in einer Band, wie Dream Theater zu sein. Die Leute erwarten, dass wir uns, um es mal so zu sagen, immer wieder neu erfinden ohne uns zu wiederholen. Aber es ist auch von Wichtigkeit seine Identität aufrechtzuerhalten, damit die Leute einem wieder erkennen. Weißt Du, auf dem Album findest Du alle diese Merkmale die uns als Band, resp. Dream Theater ausmachen. Nun ja, wir sind auf alle Fälle erfreut und stolz auf unser neues Werk.

MF: Wie geht ihr denn ans Komponieren ran, ohne Euch zu wiederholen, wie Du ja erwähnst?

JLB: Nun, ich glaube das wichtigste Element innerhalb einer Band ist die Kommunikation und Kommunikation kommt immer an erster Stelle bei uns. Wir sprechen uns miteinander ab und kommen zu einem Entschluss beim Songwriting. Auf der anderen Seite ist es auch ganz einfach, John Petrucci kommt in den Übungsraum schlägt ein "Riff" an oder Jordan Rudess spielt etwas auf seinen Keyboard und das kann schon der Auslöser für einen neuen Song bedeuten. (Jordan Rudess kommt rein und nuschelt etwas in seinem Gepäck rum: Oh James, spricht nur weiter, lass dich nicht stören)). Wie gesagt, oft entsteht ein Song zufällig aus einem "Riff", d.h. Mike oder sonst wer sagt dann vielleicht, "hey wartet eine Minute, wie wär’s wenn ihr eventuell das oder jenes auf dem "Riff" aufbaut und lasst und mal hören ob das gut rüber kommt oder nicht". Tja, so einfach ist das manchmal mit der Entstehung von Songs.

MF: "Whiter" ist meiner Meinung nach einer der schönsten Balladen die ihr geschrieben habt. Worum geht es denn in diesem Song?

JLB: Dieser Song hat John Petrucci geschrieben und am besten sollte man ihn fragen was er damit sagen will. Er hat die Grundidee auf dem Piano komponiert und ist dann damit zu uns gekommen: "Hey Jungs, ich habe hier eine Idee, wenn ihr wollt stelle ich es euch mal vor und wir können dann gemeinsam daran arbeiten". "Whiter" ist ein bisschen zweideutig. John kann jedoch sicherlich mehr zu Bedeutung sagen.

MF: Oft sind es ja sehr persönliche Texte wie die, auf dem neuen Album, von Mike Portnoy. Ist es für Dich daher nicht eher schwierig diese Texte zu singen?

JLB: Nein nicht im Geringsten. Ich habe da immer die gleiche Herangehensweise seit je her wenn es um Aufnahmen resp. Texte geht. Also, wenn nicht ich die Lyrics geschrieben habe sondern jemand anderes, interpretiere ich das Geschriebene nach meiner Vorstellung. Wenn ich dann alles verinnerlicht habe sitze ich mit der Person zusammen die den Text geschrieben hat um die wirkliche Bedeutung zu erfahren. Danach absorbiere ich das Gespräch und die Bedeutung des Textes und versuche so zu fühlen oder zu werden wie die entsprechende Persönlichkeit. Wir haben alle oft sehr ähnliche Gefühle und sind auch sehr miteinander verbunden. Dadurch haben wir ein klares Verständnis was gemeint ist und was wir fühlen und somit kann ich diese Emotionen auch dementsprechend überliefern.

MF: Ihr seid alles sehr begabte Musiker. Hand aufs Herz, kommt es da manchmal nicht zu Spannungen, wenn es um Umsetzung der Lieder geht – vor allem im Studio?

JLB: Oh, nein das ist sogar ein grosser Vorteil – es erlaubt und vieles umzusetzen. Nun, ich kann mich auf alle Fälle an keine Situation erinnern wo jemand von uns sagte: "das werden wir überhaupt nicht spielen". Es ist keine Frage ob wir fähig sind etwas zu spielen sondern wie wir es ausführen, aufnehmen und dann auch live rüberbringen werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass wir durch unseren Background und die Erfahrung mit dem Musikschreiben somit nicht blockiert sind.

MF: Hat es auch schon Situationen gegeben wo ihr ein Lied in einem sogenannten "First Take" aufgenommen habt. Ist das bei der Komplexität bei euren Songs überhaupt möglich?

JLF: Was meinst Du, stimmlich oder instrumental?

MF: Beides.

JLF: Stimmlich noch nie. Ich singe eine Strophe ein und singe diese danach nochmals mehrere Male ein, drei bis fünfmal sicherlich. Hier kann es dann schon sein, dass es die erste Aufnahme ist die verwendet wird. Jedoch ist es für mich wichtig mehrere Aufnahmen zu machen, da ich mich gesanglich verschiedentlich ausdrucken möchte. Dieselbe Prozedur gilt auch für die Gitarren-, Schlagzeug- und Bassparts. Ehrlich gesagt, kann ich mich nicht erinnern dass wir jemals einen Song in einem Take aufgenommen haben. Es gibt wahrscheinlich Augenblicke wo das passieren kann, aber sicher nicht mit der ganzen Band.

MF: Wird es in Zukunft weitere "Official Bootlegs" geben?

JLB: Ich glaube schon. Es ist halt einfach eine Frage ab welchem Zeitpunkt es für uns wieder Sinn macht solche Aufnahmen zu starten und ob wir dann auch genügend Zeit haben. Weißt Du, es braucht sehr viel Vorbereitung dafür, egal was für ein klassisches Rock Album man dann auch umsetzen will. Wir dürfen dabei einfach unser eigenes Material nicht vergessen, aber es wird wieder etwas in dieser Richtung geben.

MF: Wie wärs mit "Operation Mindcrime" oder "A Night At The Opera"? (schallendes Gelächter von James und uns)

JLB: Nun, dann schon eher "A Night At The Opera" (schmunzelt).

MF: Kannst Du Dich an die Zusammenarbeit mit Arjen Lucasson erinnern?

JLB: Yeah und wie. Arjen ist so talentiert und so bescheiden und seine Musik ist unglaublich fantastisch. Mit ihm zu arbeiten ist super und alles passiert in einem sehr entspanntem Umfeld, weißt du es ist sehr ähnlich wie bei uns – man ist sehr konzentriert und fokussiert sich auf seine Arbeit. Auf der anderen Seite ist es ganz wichtig auch die menschliche Seite beizubehalten, d.h. lustig sein und Witze reissen, das nimmt die Spannung weg und bereichert auch den ganzen Aufnahmeprozess. Genau so war es mit Arjen, beim Einspielen von "Human Equation". Wir haben wirklich sehr viel gelacht. Er ist so grossartig, bodenständig und sehr leidenschaftlich in dem was er tut. Einfach ein wunderbarer Mensch.

MF: Wie schützt Du eigentlich deine Stimme während einer Tour. Ihr spielt ja oft in verrauchten Hallen oder Räumen und dies ist ja nicht gerade förderlich für die Stimmbänder, zumal man diese ja nicht einfach ersetzten kann wie eine Gitarrenseite.

JLB: Tja, das ist schon so. Es gibt jedoch diverse Möglichkeiten seine Stimme zu schützen sowie die Kondition in Form zu halten. Ein ganz wichtiger Punkt meines Erachtens ist, dass man jede Nacht genug schläft – ich schlafe z.B. immer 8 bis 10 Std. Weiter nehme ich jeden Tag Vitamine und Proteine zu mir sowie sehr viel Flüssigkeit (hält eine Thermosflasche in die Höhe), dass ist heisses Wasser mit Honig. Ausserdem gibt es da ein Getränk von einer Firma die sich Xooma nennt. Das ganze sieht aus wie ein Tee-Beutel und wird auch so angewendet, mit Wasser und es tut dem Körper extrem gut und baut auch das Immunsystem auf und erhöht zudem den Sauerstoffgehalt im Blut. Ausserdem jogge ich jeden Tag 5 Kilometer und mache jeweils ca. 45 Minuten bevor ich auf die Bühne gehe, gesangliche "warmups". Ca. 15 Minuten nach der Show bringe ich meine Stimme dann wieder in die "Gesprächsposition" wie ich es nenne indem ich die Lippen zusammenpresse und Luft ausblase bis diese vibrieren (sogenannte lip bubbles – er demonstriert uns wie es funktioniert).

MF: Wie oft trainierst Du deine Stimme wenn ihr nicht auf Tour seid?

JLB: Nun, ich summe sicherlich jeden Tag vor mich hin. Manchmal singe ich natürlich auch richtig um die Stimme in Form zu halten, aber das ist es eigentlich schon.

MF: Hast Du noch musikalische Wünsche?

JLF: Im Augenblick arbeite ich an einem Soloalbum und ich hoffe dass die Veröffentlichung nächstes Jahr im März ist. Ja, dann wünsche ich damit eine kurze Tour absolvieren zu können.

MF: Wir danken dir ganz herzlich für dieses ausführliche Interview und wünschen dir noch viel Spass auf der folgenden Tour mit Dream Theater.

JLB: Ich danke Euch und viel Spass am Konzert.



Unser Crazy-Beat mit James LaBrie >>>





<<< James LaBrie mit Michi