Interview: Ghost Brigade
By Toby S.
Ghost Brigade waren schon seit ihrem Debüt «Guided By Fire&» (2007) eine Band, bei der von Anfang an klar gewesen war, dass sie sich nicht einfach so schubladisieren lassen würde. Gewisse Elemente konnte man zwar rudimentär bestimmten Genres zuordnen, wie beispielsweise der eher im Death Metal verwurzelte Gesang (mit cleanen Einschüben, die nachfolgend immer deutlicher zu Tage traten), aber das Ganze an sich entzog sich gekonnt jeglicher Stilisierung. Spätestens seit dem zweiten Output «Isolation Songs» war mehr als nur deutlich zu erkennen, dass die Finnen ihren eigenen Weg noch weiter abseits jeglicher Mainstream Definitionen mit konse-quenter Beharrlichkeit gingen. So war es denn nun nicht weiter verwunderlich, dass die neueste Scheibe «Until Fear No Longer Defines Us» ebenso eigenwillig wie auch genial geworden ist und dass die Jungs ihre eigene Nische in der grossen, weiten Metalwelt etabliert haben. Manne Ikonen (MI), seines Zeichens Frontmann von Ghost Brigade, nahm sich freundlicher-weise die Zeit, der Metal Factory einige Fragen zu beantworten.

MF: Hallo Manne, danke dir, dass du dir Zeit für mich und meine Fragen nimmst.


MI: Kein Problem, Ich habe mich dazu entschlossen, dieses Interview zu führen, da Wille (Naukkarinen, guit., Anm. d. Verf.) zur Zeit schwer beschäftigt ist und deshalb doch keine Zeit hatte.

MF: Ok, lass uns doch ein wenig über die neue CD sprechen. Kannst du mir etwas über den Fortschritt erzählen, den ihr als Band gemacht habt, als ihr euch von «Isolation Songs» hin zum neuen Album bewegt habt?

MI: Nun, zum Thema Fortschritt: Es sind dazwischen zwei Jahre vergangen, und wir sind auch zwei Jahre älter und hoffentlich auch weiser geworden (lacht). Wir haben uns in dieser Zeit weiter entwickelt, sowohl als Musiker wie auch als Menschen, sind besser geworden, haben einige Gigs gespielt… Ja, das wär’s eigentlich, es hat diese Zeit gebraucht, um das neue Album zu kreieren, und es kam, wie es kam.

MF: Es gibt ja dieses Klischee, dass die finnische Bevölkerung doch eher melancholisch sein kann. Was meinst du, stimmt dies und wenn ja, wie hat sich dies auf euren Sound ausgewirkt?

MI: Nun ja, man mag es vielleicht ein Klischee nennen, aber da Steckt auch ein Körnchen Wahrheit dahinter. Ich weiss auch nicht, wieso wir eher düsterer oder melancholischer als andere sind, aber wir sind keine absolut traurigen Leute. Ich persönlich gebe dem Klima die Schuld für diese eher dunklere Einstellung, weil wir ja sehr starke Kontraste innerhalb des Jahres haben, also der Wechsel von wirklich sehr dunklen zu sehr hellen Tagen ist schon ausgeprägter als sonst wo. Und das mag ein Grund sein, weshalb der Sound eher düsterer ausfällt. Ich kann es natürlich schlecht beurteilen, wie das Leute aus anderen Ländern sehen, ich bin ja Finne, also habe ich das alles in mir drinnen (lacht).

MF: Eure Musik kann man ja am Ehesten mit der von beispielsweise Katatonia oder auch Opeth vergleichen. Wie siehst du das, beziehungsweise, was denkst du über solche Vergleiche?

MI: Hmm gute Frage, keine Ahnung. Ich habe uns nie so gesehen, dass man uns jetzt mit diesen von dir genannten Bands vergleichen müsste, aber ich weiss, dass die Leute dazu tendieren. Ich denke, was wir auf jeden Fall gemein haben, ist, dass wir alle aus skandinavischen Ländern stammen, und dass wir gewisse Gemeinsamkeiten in unserer Musik haben, Katatonia haben ja auch beispielsweise derbere und langsamere Parts – jetzt nicht bei den Vocals, aber in der Musik selber. Und Opeth auch. Es ist schwierig für mich, da eine gute Antwort zu geben, aber ich persönlich würde uns jetzt nicht mit anderen Bands vergleichen.

MF: Aber das stört dich jetzt nicht sonderlich, oder doch?

MI: Das ist wirklich sehr schwer zu sagen, also ich weiss, dass die Leute uns, wenn sie Reviews oder ähnliches über uns schreiben, mit eben Katatonia oder Opeth vergleichen, das ist nichts Neues. Für mich ist es ok, wenn sie es so sehen, aber ich tue es eher nicht.

MF: Also sind diese Vergleiche nicht wirklich von euch gewollt?

MI: Nein, also wie gesagt mich persönlich stört das jetzt eher weniger. Denn wir sind Ghost Brigade und wir klingen so, wie Ghost Brigade eben klingen. Das wär’s dann auch schon (lacht).

MF: Kannst du mir ein wenig mehr über den Bandnamen erzählen, was für eine Idee dass dahinter steckt beispielsweise?

MI: Im Jahre 2005 haben wir ja Ghost Brigade ins Leben gerufen, und dazu haben wir quasi zwei Bands zusammen geworfen. Janne (Julin, bass), Veli-Matti (Suihkonen, drums) und Wille (Naukkarinen, guit.) haben zuvor bei Sunride gespielt, und ich sowie Tommi (Kiviniemi, guit.) haben zuvor bei Zero Charisma Musik gemacht. Wir haben uns vorher schon gekannt, und da beide Bands quasi auseinander drifteten, haben wir uns dazu entschlossen, gemeinsam weiterzumachen. Hinter dem Namen Ghost Brigade steckt eine kleine Geschichte: Unser Bass-Spieler Janne wollte, dass im Band-Namen unbedingt das Wort ‚ghost’ vorkommt, und das ‚brigade’ kommt von einer dänischen Band namens Mew, welche einen Song namens «Snow Brigade» kreiert hatte. So haben wir dann einfach das ‚brigade’ genommen und zusammen gefügt, und daraus entstand dann Ghost Brigade. Das ist auch schon die Story hinter dem Namen.

MF: Ok, kommen wir doch nochmals auf das neue Album selber zurück. Wie steht’s mit den Reaktionen darauf, seid ihr selber zufrieden damit?

MI: Oh ja, wir sind sehr zufrieden mit dem Album. Ich habe bisher einige Rezensionen in Europa und natürlich auch hier in Finnland gelesen, und die Reaktionen darauf waren alle ziemlich gut. Natürlich mögen nicht alle das Album, aber so im Grossen und Ganzen gesehen kann man die Reaktionen als gut betrachten, und die Fans mögen es, wie es aussieht. Ich persönlich bin auch sehr zufrieden damit, es war auch das Album, das bei uns am leichtesten von Hand ging, im Vergleich dazu war «Guided By Fire» eine echt schwere Sache.

MF: Wie kam es, dass dieses Album jetzt leichter zu erschaffen gewesen war?

MI: Nun, wir waren ganz einfach erfahrener, wir wussten genauer, was und wie wir es wollten. Zuvor, das war mehr eine Art ‚lernen’, wie man an so Alben und an die Produktion herangeht, wie man im Studio arbeitet, wie man gute Riffs kreiert und so weiter – wir waren schlussendlich einfach ‚erwachsener’, und deswegen ging alles viel einfacher.

MF: Es gibt ja jetzt auch eine so genannte limited edition von eurem neuen Album, wie kam es dazu? Und wird es darauf zusätzliche Tracks zu hören geben?

MI: Hmm nein ich denke nicht, dass es da zusätzliche Songs drauf geben wird. Es sind insgesamt 10 Songs, und die stehen für sich und das neue Album. Das war vor allem eine Idee von unserem Label, Season Of Mist, dass wir ja eine collector’s box rausbringen sollten. Darin wird ja sowohl ein T-Shirt, ein Leder-Armband, die CD natürlich und Postkarten zu finden sein. Ob jetzt da noch mehr drin ist, weiss ich nicht, aber die Postkarte haben alle Mitglieder von Ghost Brigade unterschrieben. Wir wollten die Box sehr simpel halten, weil es viel zu viele solcher Boxen im Handel gibt, die mit Blödsinn vollgestopft sind. Das Label hat uns dass nahegelegt, doch eine zu machen, und wir haben uns dann darüber beraten und schlussendlich dies, was jetzt im Handel ist, erschaffen.

MF: Ihr werdet ja bald auf Europa-Tournee gehen. Leider habe ich da kein Datum in der Schweiz entdecken können…

MI: Ja das ist leider so, also der Ort, welcher der Schweiz am nächsten ist, dürfte Wien sein. Die Tour startet am 08. Oktober und dauert bis zum 22. Oktober, somit bestreiten wir 15 Shows nacheinander. Das wird eine kurze, aber harte Tour werden, und es wird nur eine kurze Tour werden, weil einige von uns ja Familie und reguläre Jobs haben, somit können wir nicht länger als diese Zeit auf Tour sein. Wir planen aber, nächstes Jahr nochmals eine solche Tour zu machen, und der Plan sieht auch vor, dann in die Schweiz zu kommen – wir haben euch nicht vergessen!

MF: Kannst du mir den Titel «Until Fear No Longer Defines Us» erklären?

MI: Das ist ein Teil von Wille’s Lyrics, er schreibt ja ebenfalls Texte für uns. Und diese Zeile kann man im Song «Breakwater» finden, es stellt quasi ein Eckstein innerhalb des Ganzen dar. Als ich die Zeilen für diesen Song eingesungen hatte, fehlte noch ein kleiner Teil, und Wille kam dann zu mir und meinte: Hier, sing das! Was den Titel selber betrifft: Ich denke, dass in uns allen sehr viel Furcht steckt, und das kann grauenhafte Dinge bewirken. Wenn du Angst hast, machst du schlimme Dinge, und wenn du sehr viel Angst hast, dann machst du gar nichts mehr. Es ist quasi wie ein Wunschgedanke, dass wir eines Tages keine Angst mehr haben müssen und dafür einstehen können, was wir wirklich sind.

MF: Das kann man definitiv wunderbar als Schluss-Satz stehen lassen. Manne, wir sind jetzt am Ende des Interviews angelangt: Möchtest du all den Metalheads da draussen und natürlich speziell den Lesern der Metal Factory etwas mit auf den Weg geben?

MI: Ich hoffe, dass den Leuten da draussen unsere Musik gefällt und sie deswegen die CD kaufen. Auch hoffe ich, dass wir bald wieder in die Schweiz kommen können, das wär echt schön. Wir waren ja schon mal bei euch, mit Amorphis oder Paradise Lost, ich weiss es leider nicht mehr. Aber wir werden auf jeden Fall versuchen, wieder zu euch zu kommen.

MF: Da muss ich glaub ich nichts mehr hinzufügen. Manne, danke dir nochmals für das Interview, und wir sehen uns hoffentlich mal on the road.

MI: Danke dir auch für das nette Interview, mach’s gut.