Interview: In Flames
By Xenia S.
Nach dem langen und interessanten Interview mit dem gesprächigen Joe von Gojira, bin ich dann etwas verspätet wieder im Backstage-Bereich gelandet, wo Jesper schon mit Zigarette und Bier auf mich gewartet hat. Er nahm es aber ganz gelassen, hat mir ein Bier besorgt und dann haben wir uns in einen kleinen Raum hinter der Bühne gezwängt, wo es ab und an ziemlich laut wurde. Am Anfang wurden einige Reisetipps über Schweden ausgetauscht und eine kleine Bierdiskussion gestartet, bevor es dann ans eigentliche Interview ging. Jesper war ziemlich gut drauf und hat mehr gesprochen, als ich es von Skandinaviern eigentlich gewohnt bin, was mich natürlich sehr gefreut hat. (JS = Jesper Strömblad)

MF: Ihr habt vor ein paar Tagen in Fribourg gespielt. Ich hoffe ihr habt das Konzert und Fribourg genossen. Was erwartest du von heute Abend? Es ist schliesslich der erste Auftritt von euch in Zürich.

JS: Ich habe keine Ahnung. Wir haben bis jetzt immer in Pratteln gespielt und ich weiss auch nicht wirklich wo wir uns geographisch gerade befinden in der Schweiz. Die Schweiz war aber immer sehr nett zu uns. Seit unseren Anfängen haben uns die Schweizer immer sehr unterstützt und wir hatten dadurch immer geniale Shows. Ich hoffe natürlich, dass es auch heute Abend so sein wird wie sonst in Pratteln.

MF: Letztes Jahr habt ihr für Iron Maiden eröffnet. War das etwas besonders für dich, auch wenn ihr es euch wohl nicht mehr wirklich gewohnt seit als Opener zu agieren?

JS: Ja sicher, das war der Hammer, aber da wir schon so viele Shows gespielt haben, war das Konzert an sich nicht anders als alle anderen auch. Aber wir konnten die Jungs von Iron Maidon im Umziehraum besuchen und als wir dort so mit der ganzen Band standen, musste ich mich kneifen. Ich meine, wir haben schon Metallica, Judas Priest und andere grosse Bands getroffen, aber Iron Maidon war für mich etwas ganz spezielles. Sie sind der Grund wieso ich mal ne Gitarre in die Hand genommen habe und jetzt mit meiner eigenen Band toure. Es war also ein wirklich tolles Erlebnis!

MF: Schön zu hören, dass auch Leute wie ihr noch überwältigt seit andere Bands zu treffen.

JS: Haha, ja es war wirklich toll. Die Jungs sind so nett und auch ihre Crew. Sie haben uns erlaubt all ihre Lichter und all den anderen Kram zu gebrauchen. Normalerweise wenn du für eine Band eröffnest, darfst du die Lichter nicht gebrauchen und sie schrauben die Verstärker runter, aber Iron Maiden hat uns alles benutzen lassen. Das ist wirklich selten und wirklich cool.

MF: Ihr spielt in dieser Konstellation jetzt seit mehr als 10 Jahre, wie würdest du eure Beziehung beschreiben?

JS: Nun, wir sind mehr zusammen als mit unseren Familien. Die Band ist eigentlich wie eine Familie. Wir sind zusammen im Bus, schlafen zusammen dort, essen zusammen und vertreiben unsere Freizeit. Deswegen ist es sehr wichtig, dass wir uns gut verstehen und auf der gleichen Wellenlänge sind. Klar, auch wir haben teilweise Konflikte, aber die gibt es in jeder Beziehung, aber wir haben wirklich selten Streit.

MF: Und wie geht ihr damit um, wenn es mal Streit gibt? Ihr müsst ja dann wieder auf die Bühne und dort sollte man solche Dinge ja nicht bemerken.

JS: Wenn wir mal Streit haben, dann meistens nach den Auftritten, weil irgendetwas nicht so lief wie es sollte. Nach den Auftritten sind wir auch müde und dadurch natürlich schneller angepisst. Wir regeln das aber dann immer sofort und warten nicht bis zu der nächsten Show. Wir wollen den Leuten ne gute Show zeigen und das ist kaum möglich wenn man irgendwelche Probleme innerhalb der Band hat.

MF: Es gab da ein Gerücht, dass du zurück zu ESP wechseln möchtest. Ist da was Wahres dran?

JS: Nein, ich würde nie zurück zu ESP wechseln. Nicht weil die nicht gut sind, aber meine Gibsongitarren sind einfach die besten der Welt. Es ist einfach grandios! Ich habe einen super Kontakt mit den Leuten von Gibson. Wenn ich denen sage ich möchte diese und diese Gitarre, dann senden die mir einfach das gewünschte Stück zu. Natürlich gratis. Ich habe so um die acht Gitarren zu Hause momentan….das ist echt geil! Etwas vom Besten wenn man in einer Band ist.

MF: Haha, ja das kann ich mir vorstellen. Ich möchte auch ein paar gratis Bässe nach Hause geschickt bekommen. Was ich mich immer frage ist wie ihr euch Live so wahnsinnig kraftvoll anhören könnt wie auf den Alben? Ihr benutzt ja teilweise doppelte Gitarrenlayers auf den Alben.

JS: Ja genau. Ich denke es ist einfach weil Björn und ich schon so lange zusammen spielen. Wir haben so viel Übung darin und so schaffen wir es einfach perfekt zusammen zu spielen, das hilft für den starken Gitarrensound. Während den Auftritten fügen wir nie etwas hinzu im Hintergrund, das sind nur ich und Björn…am Spass haben.

MF: Seit zwei Jahren habt ihr ein einiges Studio in Göteborg und ihr habt euer letztes Album dort aufgenommen. Wie war das so? War es ein Traum für euch ein eigenes Studio zu besitzen?

JS: Es war teuer (lacht). Nein es war echt cool ein eigenes Studio zu kaufen, weil wir jetzt diesen Zeitdruck nicht mehr haben. Wir konnten arbeiten, wann immer wir wollten und wir machten eine richtige Vorproduktion. Für die gingen wir schon drei Wochen vor den eigentlichen Aufnahmen ins Studio um alles vorzubereiten und die Einstellungen genau abzuklären. Wir waren also im gesamten etwa zwei Monate im Studio und dann wurde das Album noch in Los Angeles gemixt. Wenn wir nicht im Studio sind, benutzen es andere Bands. So sparen wir auch etwas Geld.

MF: Dann konntet ihr wohl mehr zu Hause bei euren Familien sein?

JS: Ja genau, das war schön. Denn als wir zum Beispiel „Soundtrack To Your Escape“ aufgenommen haben, waren wir in Dänemark. Wir waren über fünf Wochen von zu Hause weg, am Arsch der Welt. Es war also wirklich toll so nahe zu Hause zu sein. Ich hatte gerade mal fünf Minuten um in mein eigenes Bett zu kommen.

MF: Wie sieht denn so ein Studiotag so aus?

JS: Nicht wirklich so spektakulär. Es ist natürlich immer unterschiedlich von Produzent zu Produzent, aber normalerweise kommen wir so um die Mittagszeit im Studio an, essen gemeinsam und dann spielen wir so lange wie wir mögen. Teilweise die ganze Nacht, kommt JS: immer ein wenig darauf an welchen Teil wir gerade aufnehmen. Wenn die Rhythmusgitarre dran ist, dann eher weniger lang, denn das ist ein sehr technischer Teil, der viel Konzentration braucht. Für die Leads und Melodien bleiben wir über Nacht, trinken ein paar Bier, das geht dann viel besser. Es ist also sehr unterschiedlich von Tag zu Tag aber es macht auch viel Spass.

MF: In den letzten paar Jahren habt ihr euren Musikstil ziemlich verändert. Deswegen haben sich eure Fans quasi in zwei Gruppen aufgeteilt. Wie ist das für euch? Fühlt ihr das während den Shows?

JS: Ja, wir haben unsere Fans wirklich in zwei Gruppen aufgeteilt. Die Old School Fans und die neuen Fans. Seit dem „Soundtrack To Your Escape“ Album haben sie die Fanzahlen extrem gesteigert. Seit dann spielen wir vor einer immer grösser werdenden Audienz und unsere Fans werden immer jünger. Vor allem in Schweden sind die meisten zwischen 15 und 17 Jahre alt, die waren noch nicht mal geboren als wir unser erstes Album raus gebracht haben. Wir haben uns schon innerhalb der Band darüber unterhalten, wie wir die Setlist machen sollen, bei diesen unterschiedlichen Fans. Sollten wir mehr ältere Lieder spielen? Ich denke schon, aber das Problem ist, dass die meisten Leute dann kaum reagieren. Viele kennen unsere alten Lieder kaum, da die Fans so jung sind. Zum Beispiel der Unterschied wenn wir „The Hive“ spielen oder „Mirrors Truth“, das ist echt ein riesiger Unterschied. Ich denke aber, dass wir eine gute Setlist für heute Abend haben. Wir haben einige ältere Songs reingepackt und natürlich spielen wir auch neue Lieder, da wir schliesslich immer noch unser neues Album promoten. Wir spielen sogar etwas von „The Jester Race“, etwas was wir bis jetzt nie gemacht haben. Wir haben zwar unseren Style etwas geändert, sind aber immer noch In Flames und das hört man nach den ersten paar Sekunden sofort raus. Mit „Come Clarity“ haben wir sogar einen Schritt zurück gemacht im Gegensatz zu den eher modernen Alben wie „Soundtrack To Your Escape“ und „A Sense Of Purpose“.

MF: Nun nicht nur euer Style hat sich verändert, auch euer Songwriting hat sich stark verändert in den letzten Jahren. Die Texte sind viel emotionaler. Wie denkst du darüber?

JS: Wir mögen die neuen Texte sehr. Anders schreibt echt super Lieder und ich bevorzuge emotionale und persönliche Texte gegenüber dem ganzen Gesinge über Tod, Dämonen und Satan. Es ist auch toll zu sehen wie die Leute auf Anders zu gehen und ihm sagen, dass sie sich wiedererkennen in den Texten. Das hilft den Leuten ihre Probleme zu verarbeiten und somit ist die Musik umso mehr wert. Anders hat eine unglaubliche Stimme und nutzt sie auf verschiedene Weise, ausserdem hat er es drauf die Emotionen richtig rüber zu bringen.

MF: Was sind die nächsten Schritte für In Flames? Ihr seit nun eine solch bekannte Band jetzt, beleiben da noch Ziele oder lasst ihr euch ein wenig treiben um zu sehen wo hin es geht?

JS: Wir lassen uns mehr oder weniger treiben. Klar haben wir Ambitionen aber wir wollen nicht die nächsten Metallica werden. Wir sind nun auf einem hohen Level, recht bekannt auf dem gesamten Weltmarkt und wir haben erfolgreiche Touren in Japan, den Staaten und Europa. Wir verdienen genug um unsere Familien zu unterstützen, deswegen sind wir glücklich. So lange es langsam aber stetig weiter wächst, sind wir zufrieden. Falls es mal aber nicht mehr so gut läuft, dann würden wir wohl nicht allzu viele Anstrengungen unternehmen und das Ganze wieder zum wachsen zu bringen. Wir denken aber nicht, dass dies in der nahen Zukunft passieren wird.

MF: Was aber wenn? Ich kann mir schwer vorstellen, dass sich ein Musiker pensionieren lässt wie Leute die ihren Bürojob machen.

JS: In einer Band zu sein ist wie ein Elitesportler zu sein. Du weisst immer, dass es schon morgen vorbei sein kann oder aber auch noch 20 weitere Jahre weiter geht. Wenn ich denke, dass ich nicht in dieser Band wäre, dann würde ich wohl tot irgendwo in der Gosse liegen. Musik ist das Einzige was ich kann, wenn das mit In Flames also vorüber wäre, dann würde ich weiter spielen. Entweder Musik komponieren oder produzieren, das wäre etwas was ich mir vorstellen könnte.

MF: Ich weiss natürlich, dass du ein ziemlicher World Of Warcraft Fan bist und das Addon kommt ja in ein paar Wochen. Freust du dich schon?

JS: Ja, aber sicher! Ich habe schon die Beta Version gezockt und es ist echt genial. Ich habe aber in den letzten paar Wochen nicht so viel gespielt, deswegen bin ich etwas zurück mit meinem Charakter (Troll / Schurke). Diese Woche werde ich noch eine menge Daily Quests machen und mein episches Flugreittier holen. Dann muss ich noch nach Karazan um mein Equipment zu verbessern. Mein Schurke ist also noch nicht wirklich so gut, obwohl er schon 70 ist, fehlt ihm einfach die Ausrüstung. Ich habe noch einen Magier (45 / Untoter), ein Jäger (30) und ich hatte noch einen Krieger (60 / Untoter). Du spielst also auch? Welche klasse?

MF: Ja, ich habe sehr lange gespielt. Mein 70er Magier existiert immer noch.

JS: Ah, dann hast du sicher ein Blutelf?

MF: Nein, sicher NICHT! Ich habe eine Untote. Ich habe schon ganz am Anfang mitgespielt, da gab es die Blutelfen noch nicht und ich mag die eh nicht. So gehen wir mal zur letzten Frage über….

JS: Nein, lass uns über World Of Warcraft reden!

MF: Ok, aber erst nach dieser Frage. Also, was möchtest du gerne noch unseren Lesern und den Schweizer Fans mitteilen?

JS: Nun, ich hoffe ihr mögt unser neues Album und danke für euere Unterstützung. In Flames ist immer glücklich zurück in der Schweiz zu sein, weil wir immer super Shows hier haben. Aber ihr solltet definitiv Euros haben!

Das Gespräch ging dann noch eine Weile weiter, aber da wir uns nur über World Of Warcraft unterhalten haben, erspare ich euch das lieber...


Jesper mit unserer Xenia >>>