Interview: Mike Terrana (Axel Rudi Pell, Tarja, Masterplan...)
By Crazy-Beat
Ich hatte schon einige Male das Vergnügen, Mike Terrana zu treffen, und jedes Mal war es ein ganz besonderes Erlebnis, einem der besten Live-Drummer dieser Erde zu begegnen. Wer schon mal ein Drumsolo des amerikanischen "Drumanimal" gesehen hat, versteht, was ich meine. Mit seinen 52 Jahren ist Mike immer noch fit wie ein Turnschuh und hat auch noch lange nicht genug vom Touren und Schlagzeug spielen. Mit wie vielen Bands der Amerikaner bereits gespielt hat, ist kaum nachzuzählen. Ich traf Mike im Tourbus von Axel Rudi Pell, mit dem er schon seit fast 15 Jahren tourt und Alben macht. Mike, einer der wirklich letzten Rockstars ohne Allüren, war wie immer super gut gelaunt und hatte sehr viel zu erzählen, aber lest selbst…

Mike: Hey, dich kenn ich doch, hallo komm doch rein!

MF: Hallo Mike! Schön, dich wieder zu sehen.

Mike: (zum Busfahrer) Hey, siehst du das Girl mit der blauen Jacke, sie ist das hübscheste Girl, das ich heute gesehen habe, die wird mir gehören, ha ha... (Der Tourbus stand beim Z7 ja gerade seitlich vom Eingang, Anm. d. Verf.) Nachdem sie mein Solo gesehen hat, gehört sie mir. Hey, hast du sie gesehen?

MF: Ja klar, nettes Girl.

Mike: Bist du verheiratet?

MF: Nein.

Mike: Ok.

MF: Ok, lass uns anfangen: Wo bist du geboren und aufgewachsen?

Mike: Ich bin geboren auf dem Planeten Erde (grinst); in Buffalo, New York, bekannt als die "Steel Town"; lässt Dortmund wie Disneyland aussehen. Ich habe dort 27 Jahre lang gelebt, Schlagzeug gespielt, diverse Jobs ausgeübt, Eishockey und Fussball gespielt – ja, das war mein Leben, da in Buffalo. Aber es war sehr hart als Berufsmusiker in dieser Gegend. Übrigens, Billy Sheen stammt auch aus Buffalo.

MF: Kennst du ihn denn persönlich?

Mike: Ja ja, meine damalige Band hat für seine Band damals an Konzerten eröffnet. Es gibt hier recht viele talentierte Musiker in dieser "Stahl-Stadt".

MF: Warst du eigentlich ein guter Schüler?

Mike: Ich hatte wirklich gute Momente als Schüler... Als ich jünger war, war ich voll aufgedreht und ich war sehr am Lernen und der Schule interessiert, und ich war auch ziemlich gut in der High School, aber dann sank das Interesse und ich wollte die Schule verlassen, um mich auf das Schlagzeugspielen zu konzentrieren. Jedoch landete ich schlussendlich auf dem College und irgendwie schaffte ich den Abschluss als Elektroingenieur. Ich habe es zwar gemacht, aber nie gebraucht - mein Vater wollte, dass ich diesen Abschluss eigentlich mache. Mir hat Schlagzeug spielen immer mehr Spass bereitet als in der Schule zu büffeln. Jedoch finde ich es wichtig, diverse Sachen zu lernen. Ich habe mir selber viel beigebracht und ich habe grundsätzlich nichts gegen das Lernen, jedoch nicht in öffentlichen Institutionen. Meine Lehrer sagten mir immer: „Du kannst nicht Drummer werden.“ Aber das hat mich reichlich wenig interessiert. In den 70ern war das nicht wirklich ein Job, und mein Vater fand, ich sei komplett verrückt: „Was, willst du umher reisen, dir die Haare lang wachsen lassen, Konzerte geben und Sex mit "Chicks" haben?!“ Und ich erwiderte: „Ja genau, das will ich.“ Yeah, und das mache ich auch heute noch alles, ausser Drogen.

MF: Was sagt denn dein Vater heute dazu?

Mike: Nun, er ist nicht wirklich daran interessiert, was ich mache (bricht in lautes Gelächter aus). Ich glaube, er hat das nie wirklich verstanden.

MF: Ja sicher, es ist ja dein Leben, oder?

Mike: Sicher, ich bin 52 Jahre alt und ich glaube, ich bin zu alt, um mich darum zu kümmern, was mein Vater oder jemand anders denkt. Aber weisst du, mein zweiter Vater (zeigt auf den Tourbus-Fahrer), den interessiert es wirklich, was ich mache - er ist der Vater, den ich nie hatte (Gelächter). Er ist ein cooler Vater, er liebt mich. Er trägt meine Koffer etc., aber letzte Nacht wollte er mich berühren (lautes Lachen des Bus-Chauffeurs).

MF: Wie hast du die Liebe zur Musik entdeckt?

Mike: Ich bin mit den Rolling Stones und den Beatles aufgewachsen, und zudem spielten meine Eltern immer Musik zu Hause, darum kann ich nicht verstehen, wieso dass sie nicht verstehen konnten, dass ich Musiker werden wollte. Wie gesagt, es gab da Frank Sinatra, The Mamas And The Papas und all den "Shit", cooler "sixties stuff" halt. Eines Tages habe ich dann festgestellt, dass ich Schlagzeug spielen kann. Ich trommelte immer auf das Armaturenbrett des Autos meiner Mutter zu einem Rolling Stones-Song - oh, ich kann Schlagzeug spielen und sogar den Takt halten. Von meinen Onkel habe ich ein professionelles Schlagzeug erhalten, mit einem echten Tierfell auf dem Snare.

MF: Was, Tierhaut?

Mike: Ja, das ist wirklich "old school". Ich wünschte, ich hätte es noch, aber leider habe ich es nicht mehr. Mein Onkel Phil war wirklich cool, er war voll dabei in der Musik und er hat mich ermutigt, Schlagzeug zu spielen. So spielte ich die Lieder auf den Platten jeweils mit dem Schlagzeug mit. So mit 14 -15 Jahren hat mich dann das Virus voll gepackt. (Johnny Gioeli kommt zu uns und begrüsst mich).

Johnny Gioeli: Hey hallo! Schön, dich wieder zu sehen.

MF: Hi Johnny. Schön, auch dich wieder zu sehen!

(Johnny fummelte gerade mit seinem Laptop rum und verlor dauernd die Verbindung mit seinem Sohn via Skype, Anm. d. Verf.).

Mike: Nun, wo war ich? Ja, ich spielte immer Drums mit den Songs der Platten mit. Obwohl mein Vater meinem Schlagzeugspiel sehr kritisch gegenüberstand, sagte er mir: „Hey, du musst nicht nachspielen, sondern deinen eigenen Stil zu entwickeln lernen.“ So habe ich dann das Schlagezeug als eigenes Instrument wahr genommen.

MF: Kannst du dich an deine erste Band erinnern?

Mike: Ja, sicher! Die erste professionelle Band, in der ich spielte, nannte sich Zilion. Es war eine coole Rockband, und wir spielten ziemlich viele Covers. Dann machten wir eigene Songs, und mit 19 hatten wir einen Musikwettbewerb, genannt Starhunt", gewonnen. Dafür haben wir Studiozeit und Equipment erhalten. Im Studio haben wir dann eine Platte aufgenommen, die dann auch im Radio gespielt wurde. Wir sind dann auf Tournee gegangen und haben einen Plattenvertrag erhalten. Ich war damals so überwältigt. Tja, so ist dann das Ganze ins Rollen gekommen.

(Johnny kam mit dem Laptop zurück und hatte immer noch Probleme mit der Verbindung) Piece of shit. Fucking stupid. Fuck, fuck! (typisch Amerikaner halt, Anm. d. Verf.))

Mike: Danke vielmals, das ist jetzt alles auf meinem Interview. Aber das ist ok, das ist Rock'n'Roll (Mike beugt sich nahe ans Aufnahmegerät): FUCK YOU, FUCKERS, fucking son of a fucking bitch! Weisst du, ich bin ein hyperaktiver, 52 jähriger Maniac, also wenn ich nicht Schlagzeug spielen würde, wäre ich wahrscheinlich im Knast (lacht). Zurück zur Frage: Nach Zilion tourten wir dann als Vorgruppe von Saxon durch Kanada, 1984. Ich war damals 24, und es war die erste richtige Tour in einem Bus mit allem, was dazugehört. Nun, es ist nicht immer einfach als Vorgruppe, denn keiner kümmert sich um dich, das heisst, du hast keinen Soundcheck usw. Aber ehrlich, ich war einfach super happy, dass ich dabei sein durfte.

MF: Welche Bands haben dich beeinflusst?

Mike: Oh..., das waren viele. Vor allem Led Zeppelin, Deep Purple, Rainbow, Whitesnake, Rush. Weisst du, die 70er Jahre waren musikalisch sehr inspirierend und interessant. Als Schlagzeuger haben mich vor allem John Bonham und Ginger Baker, Cozy Powell, Ian Paice und Mitch Mitchel von Jimi Hendrix geprägt. Oh, schau mal, da ziehen schon wieder hübsche Girls vorbei (grinst). Ok, ähm, wie war die Frage nochmals? (lautes Gelächter) Ach ja, die musikalischen Einflüsse, da war noch Tommy Aldrigde. Den habe ich letzthin mit Whitesnake gesehen, und der Typ kickt immer noch "Ass". Ich hoffe, ich kann das in seinem Alter auch noch.

MF: Das hoffe ich für dich.

Mike: Ja ich auch, danke dir. Es gibt noch viele Drummer, die viele wahrscheinlich gar nicht kennen. Zum Beispiel der Typ von Mother‘s Finest, B.B. Queen. Er war so cool, ich habe die Band als Vorgruppe von Aerosmith 1977 gesehen, diese Show werde ich nie vergessen. Weisst du, Schlagzeug spielen ist für mich wie Magie. Musik ist Magie. Darum kommen wohl all die Leute zu den Shows, um für zwei Stunden den Alltag zu vergessen. Weisst du, ich spiele oft - ich hatte erst gerade 52 Shows zusammen mit Tarja in 22 Ländern, und ich werde nie müde dabei. Ich sitze hinter meinem Schlagzeug und bin einfach glücklich.

MF: Ist es ein grosser Unterschied zwischen dem Spielen mit Tarja oder einer Show mit Axel Rudi Pell?

Mike: Nun, mit Tarja zu spielen ist doch etwas anders. Wie soll ich sagen: Es ist viel kontrollierter, du hast zum Beispiel die Orchestrierung mit drin. Von einem Rocksong, geht es danach in einen Popsong, und dann spielst du wieder eine Ballade, es ist ziemlich herausfordernd. Ich spiele wirklich sehr gerne mit ihr zusammen, seit fünf Jahren schon. Sie ist sehr nett und smart, zudem spricht sie vier Sprachen, und die fünf Jahre, die ich mit ihr zusammen spielen durfte, waren ein wirkliches Vergnügen und haben Spass gemacht. Tja, und Axel ist ein Rocker. Seine Wurzeln sind Rainbow und Deep Purple. Er jammt sehr gerne ist sehr locker drauf mit der Musik. Aber wenn ich mit Axel spiele oder im Studio bin, denke ich nicht an Tarja oder Masterplan. Axel lässt mich Drum-Soli spielen, wie Tarja auch.

MF: Ja, das finde ich sehr gut. Wir wollen ein Drum-Solo hören.

Mike: Bei Rage wollte man das nicht, da man dachte, dies sei für die Zuhörer zu langweilig. Nun, ich zwinge jedoch niemanden dazu, mir Raum zu geben für ein Drum-Solo. Tarja sowie Axel fanden dies jedoch gut. Ich liebe es einfach, zu spielen und die Soli auch jedes Mal etwas zu verändern. Dafür habe ich, als ich in Los Angeles wohnte, jeden Tag gut sechs Stunden pro Tag geübt. Viel Zeit hinter dem Schlagzeug zu verbringen ist meine Leidenschaft.

MF: Wo lebst du im Moment?

Mike: Momentan in Italien.

MF: Immer noch in der Nähe von Pisa?

Mike: Ja, in der Nähe, in einem schönen Dorf am Strand. Wo genau, möchte ich nicht sagen.

MF: Wie oft probst du zu Hause, wenn du nicht auf Tour bist?

Mike: Nach ein paar Wochen Pause nach einer Tour so circa zwei bis drei Stunden pro Tag auf meinem Pad-Kit in meinem Wohnzimmer. Ich lebe alleine und habe keine Frau, darum kann ich mir das mit dem Wohnzimmer erlauben, ha ha.

MF: Wie sieht ein ganz normaler Tag bei dir aus?

Mike: Ich stehe früh auf, so um halb neun oder neun, trinke einen Kaffee und checke meine E-Mails, packe mein Fahrrad und fahre ins Fitnesscenter. Nach dem Gym esse ich etwas und verbringe dann Zeit am Strand, vor allem am Abend. Höre dann Musik oder geniesse den Sonnenuntergang. Ich fahre viel Fahrrad und boxe auch gerne, zudem macht es mir auch Spass, zu kochen. Ich geniesse einfach die Ruhe und das Leben. Niemand kennt mich da, und so kann ich es auch dementsprechend geniessen.

MF: Deine DVD „Rhythm Beast“ hast du Cozy Powell gewidmet. Wieso gerade ihm?

Mike: Damals kannte ich nur Neal Peart und Tommy Aldrige, die Double Bass-Drum spielten, und dann kam Cozy. Cozy hatte eine so enorme Power wie John Bohnham. Zudem hatte sein Schlagzeugspiel auch einen "Swing", der vom Jazzspielen kommt. Zudem hat er viele Soloplatten mit diversen Musikern und Jeff Beck aufgenommen, und das hat mir wirklich sehr gefallen, diese 70ies-Fusion. Definitely one of the coolest guys to ever pick up a pair of sticks. Übrigens, sein bürgerlicher Name war Colin Flooks, das wissen die wenigsten.

(Johnny Gioeli kommt zurück, immer noch mit seinem Laptop in der Hand) Fuckin bitch, fuckin piece of shit! Oh, sorry. (wieder mal grosses Gelächter)

Mike: This man is crazy! (lacht)

MF: Wer organisiert eigentlich all deine vielen Aktivitäten?

Mike: Ich hatte früher einen Manager, der das alles machte, aber da gab es immer wieder Probleme, so dass ich jetzt alles selber organisiere, das ist zwar eine Menge Arbeit, aber auf mich kann ich mich wenigstens verlassen.

MF: Kannst du dich noch an den ersten Kontakt mit Axel erinnern?

Mike: Ja, natürlich! Axels damaliger Drummer, Jörg Michel, hatte gerade die Band verlassen, um bei Stratovarius einzusteigen, und Axel suchte einen neuen Drummer für die „Ballads 1“-CD. Mein Freund Roland Grapow rief dann Axel an und stellte den Kontakt zu mir her, das war's. Und nun bin ich schon seit 14 Jahren bei Axel.

MF: Was denkst du, wieso seid ihr schon seit 14 Jahren im gleichen Line-Up zusammen?

Mike: Wir haben einfach alle Spass, kommen gut miteinander aus, es gibt nie Streit.

MF: Ok, zum Schluss mochte ich gerne noch wissen: Wie sehen deine nächsten Pläne aus?

Mike: Oh, da ist ganz schön viel los, ich habe in Polen und Tschechien einige Drum-Clinics, arbeite dann mit Tarja an einem Projekt mit klassischer Musik, darauf freue ich mich sehr. Dann arbeite ich aktuell an einer Sache, die ich noch geheim halten möchte, sollte aber auch noch in diesem Jahr umgesetzt werden, und es warten noch einige andere Dinge auf mich - du siehst, es wird mir in Zukunft sicher nicht langweilig.

MF: Mike, ich danke dir ganz herzlich für dieses tolle Gespräch und wünsche dir viel Spass bei der Show heute Abend.

Mike: Ich danke dir, es war mir eine Freude, und auch dir viel Spass an der Show.