Interview: Powerwolf
By Roger W.
„Metal ist Religion!“ So heulen die deutschen Powerwölfe nun bereits seit vier Alben. Ihr neuestes Werk „Blood Of The Saints“ bietet wiederum hervorragende Heavy Metallische Hausmannkost mit herausragenden Texten, knackigen Melodien und dem gewohnten Werwolfe-Vampire Image. Dass diese Kombination auch Live funktioniert, bewiesen die Wölfe auf der diesjährigen Power Of Metal-Herbsttournee zusammen mit Skull Fist, Grave Digger und Sabaton. Metal Factory nutzte die Gelegenheit, um mit Organist Falk Schlegel und Gitarrist Matthew Greywolf über das Album, Besetzungswechsel und die Dreifaltigkeit des Heavy Metals zu sprechen.

MF: Gratulation zum Billing, mit dem ihr spielt. Wie habt ihr es auf dieses Hammerbilling mit Grave Digger, Sabaton und Skull Fist geschafft?


Falk S.: Wir sind gefragt worden.

Matthew G.: Ja, wir sind gefragt worden. Unsere neue Platte ist jetzt erst vor kurzem erschienen. Und da haben wir nicht lange gezögert, und gesagt, da fahren wir mit.

Falk S.: Das hat perfekt gepasst. Also sowohl vom Zeitpunkt, wie auch vom Line-Up her. Einen Monat nach der Veröffentlichung des Albums, ist ein wunderbarer Zeitpunkt für eine Tour. Und ich finde auch dieses Line-Up auf der Tour eine sehr gelungene Zusammenstellung. Du hast vier Bands, die im groben Sinne Powermetal machen, aber jede einzelne Band hat irgendwie ihre ganz eigene prägnante Nische. Und wenn ich mir das Line-Up anschaue, was ich jetzt des öfters getan habe, stelle ich fest, dass das einfach auch eine sehr spannende Zusammenstellung ist. Es spricht eine ähnliche Zielgruppe an, aber du hast nicht den Effekt, dass du die gleiche Band vier mal auf der Bühne siehst. Es ist einfach ein sehr rundes Programm, ist sehr gelungen und macht absolut Spass.

MF: Ihr habt ja mittlerweile fast selbst einen Headliner-Status. Ihr spielt jetzt aber als zweite Band des Abends.

Matthew G.: Ja, das finde ich aber auch ganz angenehm. Wir können unser Set spielen und danach Party machen. Das ist nicht das unangenehmste. Davon abgesehen hat die Tour ja auch so ein Bisschen Festival-Charakter, was sich auch im Umgang der Bands untereinander zeigt. Auch im Tagesablauf, und das passt schon alles super. Natürlich wäre es auch ganz schön, wenn wir anstelle der 45 Minuten ein wenig mehr Zeit hätten. So wird es natürlich immer schwierig. Es gibt jeden Nachmittag Kämpfe, weil jeder seine Lieblingssongs unterbringen möchte. Und bei 45 Minuten muss natürlich zwangsläufig einiges raus fallen. Aber das ist auch schon der einzige Hacken. Ansonsten passt es absolut super.

MF: Heisst das, dass ihr das Set jeden Abend neu anpasst?

Falk S.: Ich würde eher sagen, dass es da um einzelne Songs geht. Das Set steht soweit und dann gibt es halt den einen Song „Komm, heute ist Samstag, da musst Saturday Satan her“ (lacht). Aber es sind dann Nuancen. Aber man diskutiert immer, was man spielt. Wir können ja quasi auch theoretisch auf Zuruf spielen (lacht).

Matthew G.: Wir variieren halt leicht von Abend zu Abend.

Falk S.: So kann man das zusammenfassen.

MF: Ihr könntet also die meisten eurer Songs spielen?

Matthew G.: Ob wir das können, ist was anderes vielleicht (lacht). Wir haben aber keine Skrupel, dass zu probieren.

Falk S.: Ja, das ist richtig.

MF: Ihr habt keine Angst zu versagen?

Falk S.: Nö, ach. Wir haben die Songs ja eingespielt. Dann sollten wir die auch Live spielen können.

Matthew G.: Und der Wolf ist ja auch ein alter Hase sozusagen.

MF: Zum neuen Album. Der Albumtitel „Blood Of The Saints“ wurde wiederum von der Bibel inspiriert. Aus welcher Textzeile?

Matthew G.: Das ist eine Passage aus der Offenbarung von Johannes. Genau genommen aus Kapitel 17, Vers 6. Darin heisst es: „Und ich sah die Frau betrunken vom Blut der Heiligen und der Martyrer Jesu“. Ich war damals darauf gekommen, weil ich eine theologische Abhandlung gelesen hatte, in der diese Passage von Theologen sehr kontrovers diskutiert wurde. Was ich super spannend fand, war, dass es Theologen gibt, die in dieser Passage eine Form von Kirchenkritik sehen. Das Blut der Heiligen von dem die Frau betrunken ist. Heiligenverehrung ist ja jetzt nicht gerade die Grundlage einer Religion. Das ist ja schon ein Auswuchs. Und das Betrunkensein, das Berauschtsein vom Blut der Heiligen kann Interpretiert werden als eine sehr frühe Form von Kirchenkritik. Was ich sehr interessant finde. Die Johannes-Offenbarung ist, wenn ich richtig informiert bin, so grob zweites bis drittes Jahrhundert. Also auch aus einer Zeit, in der sich das Christentum als Institution gefestigt hat. Das war einfach super spannend zu überlegen, dass in der Bibel selbst schon eine Form von zeitgenössischer Kritik an der Entstehung von Religion beinhaltet ist. Und den Gedanken trug ich eine Weile mit mir rum. Und irgendwann dachte ich mir, dass das eigentlich eine perfekte Grundlage ist, um ein paar Texte darauf aufzubauen. Und irgendwann war dann der Albumtitel da. Er klingt auch gut, passt perfekt. Deswegen heisst das Album jetzt „Blood Of The Saints“.

MF: Das klingt so, als seit ihr ziemlich Bibelfest.

Matthew G.: Bibelfest ist relativ. Die Bibel ist natürlich sehr umfassend. Wir sind einfach alle spirituell, religiös interessierte Menschen. Und man liest natürlich das ein oder andere. Gar nicht unbedingt, um jetzt in erster Linie etwas für den Wolf zu machen, sondern einfach weil es uns jetzt eben interessiert. Man mag jetzt religiös ausgerichtet sein, wie man will, aber Fakt ist jetzt mal, dass die Bibel eines der wichtigsten Werke der Geschichte ist. Auf der Bibel basieren sehr viele unserer Moral- und Wertvorstellungen. Selbst wenn ich jetzt der fieseste Satanist wäre, der die Bibel bestenfalls zum Anzünden in die Hand nimmt, müsste ich mir ja eingestehen, dass ich da doch was in der Hand halte, dass irgendwie sehr gewichtig ist. Deswegen finde ich es auch interessant, mich damit zu befassen.

MF: Wie schwer ist es denn, diese Liedtitel zu kreieren. Als Beispiel vom neuen Album sind das „Sacrified With Dynamite“, „All You Need Is Blood“, „Die, Die Crucified“? Kommen die einfach beim rumexperimentieren raus?

Matthew G.: Ja, das ist eigentlich spielerisch. Das sind so Titel… Natürlich kommst du nicht jeden Tag mit einer Idee wie „Sacrified With Dynamid“ um die Ecke. Aber es ist jetzt auch nicht so, dass wir krampfhaft nach solchen Sachen suchen. Dass sind Titel, die einfach irgendwann mal da sind. Wir führen ein Bisschen Buch mit möglichen Titeln. Wir haben immer eine Liste mit möglichen Songtiteln. Weil es in unserem Songwriting auch oft so ist, dass ein Songtitel der Ausgangspunkt für einen Song ist.

Falk S.: Der Refrain eigentlich.

Matthew G.: Und der Refrain entsteht meist um den Songtitel herum. Ich glaube wir haben noch nie einen Refrain geschrieben und erst hinterher überlegt, welche Worte man da rein singen könnte. So funktioniert der Wolf nicht. Wir brauchen den Titel. Wir brauchen eine Stimmung, die der Titel vorgibt und dann schreiben wir um den Titel herum einen Song.

MF: Das ist spannend. Die Songs kommen also nicht von einem Anfangsriff sondern vom Titel her.

Falk S.: Das kommt eigentlich in erster Linie von einer Gesangsmelodie, würde ich sagen. Man hat oft eine Melodie, die wie bei „Sacrified with Dynamite“ oder „Panic In The Pentagram“ vom letzten Album, dass wir da ein Bisschen drum rum stricken. Weil das meistens auch Songs sind, die sehr eingängig sind, was aber unsere Songs generell auszeichnet. Und darauf kann man immer gut aufbauen. Ein Lied ist für mich dann gut, wenn es zu einem guten Refrain hinführt. Wenn man trotzdem die Strophe mitpfeifen kann, und dann diesen Singalong im Refrain hat, dann ist das für uns eigentlich so der perfekte Song. Und bisher haben wir auch viele Sachen weggeworfen, von denen wir dachten, dass sie nicht rund genug sind. Von daher ist das schmissige auch live zum Mitsingen gut, wenn man einen prägnanten Titel hat.

MF: Bei den Titeln habt ihr auch eine gewisse Savatage-Affinität. Die Bonus-CD heisst ja „The Sacrilege Symphony – And Still The Orchestra Prays“. Bewusst eine Homage an Savatages “And Still The Orchestra Plays”?

Matthew G.: Ja, ganz klar. Ein Wortspiel, das in Richtung Savatage geht. Die sind einer meiner persönlich grössten Einflüsse und wir lieben es auch einfach, in dieser Form Tribute zu zollen.

MF: Ich fand es auch cool bei den Blog-Titeln, wo es hiess „Madness Rains, In The Hall of The Fredman King“

Matthew G.: (Lacht) Das war Fakt. Da hat der Wahnsinn regiert. Aber wir sind alle seit Jahrzehnten riesige Metalfans. Du trägst einen Haufen Metal in dir mit. Und es macht auch Spass hin und wieder solche Zitate einzubauen - seih es musikalisch oder in Form von einem Studio-Teilbericht oder sonst wie.

MF: Die Bonus-CD generell ist ja etwas ganz spezielles geworden. Wann habt ihr daran gedacht, dass eure Songs auch rein orchestral funktionieren könnten?

Matthew G.: Den Gedanken tragen wir eigentlich schon sehr lange mit uns rum. Eigentlich bereits fast seit dem ersten Album. Wir wollten schon immer irgendwann so was machen. Allerdings muss sich dazu natürlich auch die Gelegenheit ergeben. Und in dem Fall hat so ein Bisschen der Zufall reingespielt als wir die Schlagzeugaufnahmen im Kohlekellerstudio angefangen haben. Da waren am Abend vorher gerade die Portugiesen Heavenwood mit dem Mix ihres Albums fertig geworden. Und man hat so zusammengesessen, hat ein Bisschen reingehört in den fertigen Mix. Und da waren diese Orchestralen Sachen drin, die mich völlig umgehauen haben. Und so haben wir die Jungs einfach mal gefragt, wer dass denn gemacht hat. Dann kamen sie mit der Story um die Ecke, dass sie mit einem klassischen Komponisten aus Moskau zusammenarbeiten. Wir haben kurzerhand nach der E-Mail-Adresse von Dominic G. Joutsen gefragt und drei Tage später, haben wir bereits eifrig E-Mals hin und her geschickt und angefangen, mit ihm zusammen dieses Projekt zu planen. Und so ist das entstanden. Es war für mich ein sehr spannender Prozess. Ich musste bei diesem Projekt sehr viel lernen. Ein klassischer Komponist arbeitet einfach ganz anders als eine Rockband. Da gab es Situation wie… ein bestimmtes Arrangement an dem wir gearbeitet haben und ich habe dann halt kommuniziert, wie ich das auch in der Band machen würde, „Ne, spiel mal hier die Melodie ein Bisschen höher“ und dann kam als Antwort „No, I just can’t, because the violines don’t do this“. (lacht) Okay, da musste ich zuerst… Das war sehr interessant, weil er mit Metal und Rockmusik überhaupt nichts am Hut hat. Er ist ein reiner orchestraler Filmmusik-Komponist. Und es war absolut spannend mitzukriegen, dass der in ganz anderen Massstäben denkt. Und die Art und Weise wie Dinge arrangiert werden ist komplett anders. Das war sehr, sehr spannend und das Ergebnis ist auch sehr interessant geworden.

MF: Wer hatte denn bisher eure orchestralen Arrangements gemacht? Du Falk als Organist?

Falk S.: Auch, aber das haben wir auch mit unserem Co-Produzenten gemacht. Der David Buballa, der fährt auch mit ins Studio Fredmann und sagt dem Herrn Nordström, was er zu lassen hat. (lacht) Das sind immer sehr witzige Diskussionen. Und da ziehen dann immer die Nächte ins Land, wo wir irgendwelchen Kram zusammen arrangieren.

Matthew G.: Bei „Blood Of The Saints“ war es am extremsten. Da haben wir tagsüber mit Frederik Nordström gemixt und nachts haben wir im Studio nebenan noch die letzten Intros und orchestralen Arrangements fertig gebaut bis uns die Augen zugefallen sind.

Falk S.: …und sind dann um sieben Uhr wieder aufgestanden, weil die früh mit der Arbeit beginnen. Die hören aber auch wieder früh auf zu arbeiten. Deshalb konnten wir auch ruhig unsere eigenen Sachen noch ergänzen. Aber so ist es irgendwie bereits seit allen Alben.

MF: Ihr hattet also 18 Stunden Tage, oder so was?

Matthew G.: Ja, also die letzte Woche, in der wir in Göteborg gemixt haben, war sehr, sehr anstrengend. Was ein Bisschen auch auf unsere eigene Kappe gegangen ist, weil wir eben einfach nicht früher mit allen orchestralen Arrangement fertig geworden sind.

Falk S.: Wir hatten den Flieger nach Göteborg gebucht. Und dann haben wir gemerkt, dass wir doch noch was tun müssen, sprich Keyboards einpacken, etc und dann sind wir mit dem Auto hochgefahren. Das war natürlich sehr weit. Wie viele Kilometer waren das?

Matthew G.: 1‘600 km. Wir haben also die Flüge geknickt und sind mit unserem ganzen Equipment da hoch gefahren und haben noch fertig gearbeitet. Wir machen uns die Sache ja auch nicht ganz leicht. Die klassischen Chöre haben wir Beispielsweise in einer Kirche aufgenommen. Das sind solche Sachen, die man auch nicht minutiös planen kann, weil natürlich eine Kirche zu mieten, als Metalband sowieso schon schwierig ist, und du musst dich dann natürlich nach den Terminen richten, die du vorgegeben kriegst. Und unser Zeitplan wurde halt wegen solchen Eskapaden einige mal ganz bös über den Haufen geworfen. Das war es uns aber Wert. Und letztendlich war es ein Marathon und Sprint gleichzeitig.

Falk S.: So ist es irgendwie immer bei den CD-Produktionen. Man fängt langsam an, dann wird es rasanter und irgendwann macht man nichts mehr anderes (lacht).

MF: Der Wolf ist also sehr spontan oder geht sehr gut mit solchen schwierigen Situationen um?

Falk S.: Ich sage mal so: Es ist oft so, dass wenn es um die Wurst geht, der Wolf da ist. (lacht) Nein. Also wenn es wirklich darauf an kommt, dass das Ding klappen muss, dass es fertig werden muss, dann werden wirklich die Arschbacken zusammengefetzt und es geht wirklich zur Sache. Ich glaube wir sind keine Band, die jetzt Jahrelang an einer Platte schreibt und dann irgendwann sagt: „So jetzt machen wir das Ding da und dort.“ Ich glaube, da sind wir schon recht spontan. Weil wir wollen auch zeitnah veröffentlichen. Das sind wir unseren Fans auch schuldig, denke ich.

Matthew G.: Zudem finde ich es persönlich auch wichtig, auf einem Album auch eine gewisse Spontaneität und Spielfreude zu hören. Das ist uns auf Blood Of The Saints ganz gut gelungen, dass man auch hört, dass das jetzt keine Songs sind, welche die Band jetzt bereits seit einem Jahr immer wieder umarrangiert. Ich persönlich mag es auch immer, wenn ich mir ein Album höre und denke: „Okay, das klingt jetzt, als würde da gerade eine Band spielen. Und die haben jetzt auch grad Spass.“ Und das entsteht bei uns ganz oft auch dadurch, dass wir ziemlich spontan agieren können.

MF: Kommen wir zum Image. Ihr habt ja ein klar erkennbares. In wie fern fühlt ihr euch diesem Image verpflichtet? Also ihr macht jetzt das Interview gerade ohne Schminke.

Matthew G.: Das Image ist natürlich ein ganz wichtiger Teil von Powerwolf. Ich trenne das auch nicht. Ich könnte auch nicht die Musik vom Image trennen. Es ist ein Gesamtkonzept, ein Gesamtwerk, im Prinzip. Du kannst ja auch schlecht im Theater das Stück als solches von den Kostümierungen trennen. Bei Powerwolf war das Image, das Auftreten, der visuelle Aspekt von vornherein immer ein ganz wichtiger Bestandteil. Und insofern fühlen wir uns diesem auch verpflichtet.

MF: Euer Sänger Attila spricht ja eigentlich akzentfrei Deutsch. Auf der Bühne hat er aber immer noch diesen Akzent drin. Gehört das ebenfalls zum Image, dass man da eine Atmosphäre auch mit den Ansagen aufbaut?

Matthew G.: Natürlich auch. Aber der Akzent kommt auch von der Nervosität (Lacht).

Falk S.: Ja, Attila mit seiner ganzen Persönlichkeit, das hat sich mit der Zeit auch ein Stück weit entwickelt. Aber du hast schon recht. Er ist auf der Bühne auch ziemlich nervös.

Matthew G.: Er weiss mittlerweile auch, dass es nicht „Vielen Dankeschön“ heisst sondern „Vielen Dank“. Er ignoriert dies aber einfach. Und das ist auch Kult geworden. Das gehört zu Attila Dorn dazu.

MF: Ansonsten wäre es bei euch auch uncool.

Falk S.: Es wäre ungewohnt. Wir warten darauf, dass er gewisse Dinge auf der Bühne sagt. Wenn er das nicht tut, verspielen wir uns (lacht).

Matthew G.: Das gehört zum Gesamtwerk einfach dazu. Das ist so entstanden. Es ist jetzt auch nicht so, dass wir dieses Gesamtkonzept in allen Einzelheiten erdacht oder geplant hätten. Sondern das entsteht. Das hat sich über die Jahre und über die Alben so entwickelt. Aber es ist ein Konzept, mit dem wir uns wohl fühlen, und in dem wir immer wieder neue Aspekte entdecken. Und es passt einfach.

MF: Ihr macht diese Image-Sachen also auch komplett selber?

Matthew G.: Ja. Wir sind sowieso eine ziemliche „Do It Yourself“-Band. Alles was du heute auf der Bühne sehen wirst, die Backdrops, die Sidedrops, die T-Shirts, was auch immer, kommt von uns selbst.

Falk S.: Das Artwork kommt von dir. Das kannst du ruhig sagen.

Matthew G.: Das Artwork mache ich auch komplett selbst. Wir geben im Prinzip nichts aus der Hand. Das ist natürlich auch sehr anstrengend, das ist sehr viel Arbeit. Aber es gestattet uns natürlich auch eine gewisse künstlerische Freiheit. Nämlich dieses Image genauso visuell umzusetzen, wie wir das auch machen wollen.

Falk S.: Wir hatten für die neuen T-Shirts auch verschiedene Design-Vorschläge bekommen. Da siehst du dann hinten einen Wolf auf einer Kutsche… Das passt nicht. Also das passt nicht zu Powerwolf.

MF: Das kommt schlussendlich wohl auch günstiger. Oder verrechnest du deine Stunden?

Matthew G.: Naja, da hast du wohl… Also günstiger ist relativ. Manchmal wäre es für meine Nerven und meinen Lebenswandel wesentlich günstiger, wenn wir ein Bisschen Geld ausgeben würde, und jemand anderes das machen lassen würden. Aber so denken wir eben einfach nicht. Es wäre natürlich auch viel günstiger statt in einer Kirche einen Chor aufzunehmen, einfach den Chor ins Studio zu schleppen, wo wir sowieso schon sind. Aber so denken wir nicht.

Falk S.: Und zum Mixen nach Göteborg fahren.

Matthew G.: Aber so denken wir definitiv nicht. Das hat auch etwas mit Leidenschaft zu tun. Und mit Hingebung zu der Sache. Wir werden niemals ein Album aufnehmen, nach dem Motto: „Mit möglichst wenig Aufwand“. Nein im Gegenteil! Wir machen immer alles, was irgendwie geht. Und das sind Momente, welche man auch selbst zelebriert. Du nimmst einen Chor in der Kirche auf und stehst da, der Chor singt da deine Songs. Das sind einfach Gänsehautmomente, welche ich nie missen möchte. Das sind Momente, die du dein ganzes Leben nie vergisst. Und im Grunde genommen ist es auch so ähnlich, wie wenn man zum ersten Mal das Backdrop auf der Bühne hochgezogen wird, das du selbst gestaltet hast. Das sind Sachen, die gehören einfach dazu.

MF: Der Wolf hatte beim letzten Mal ja nicht so Glück mit dem Schlagzeuger. Ihr habt mir mal bei einem anderen Interview gesagt, dass euch dieses Zusammensein, dieses Gang-Sache vielleicht, sehr wichtig ist. Wie sehr hat dies jetzt durch den Schlagzeugerwechsel Kratzer bekommen?

Matthew G.: Das ist sehr relativ. Nach aussen wirkt das glaube ich wesentlich Zerfahrener als es eigentlich ist. Denn diese Familie, wie wir dem immer gesagt haben, die gibt es eigentlich immer noch. Stephane Funèbre, unser erster Schlagzeuger, ist nicht im Streit ausgestiegen. Ich möchte auch gar nicht den Begriff ausgestiegen benutzen. Er ist mittlerweile zweifacher Vater und hat eben einfach andere Prioritäten als mit uns hier in Zürich im Tourbus zu sitzen. Das verstehen wir absolut. Er ist zum Beispiel immer noch ein Teil des Rudels. Er ist aber Live einfach nicht mehr dabei, weil es seine Zeit einfach nicht mehr gestattet. So gesehen ist er immer noch dabei. Sein Nachfolger Thom Diener kam ursprünglich nur als temporärer Ersatz in die Band. Das Temporär wurde dann eben sehr lange und plötzlich waren wir in der Situation, dass wir zusammen ein Album geschrieben haben. Nun war es so, dass mit ihm als temporärer Ersatz auf Tour alles super funktioniert hat. Wir haben uns auch toll mit ihm verstanden. Er kommt aber musikalisch aus einer anderen Ecke. Er ist ein Prog-Schlagzeuger. Und als wir das Album geschrieben haben, haben wir einfach gemerkt: „Naja, so wirklich funkt das nicht auf der der musikalischen Ebene.“ Man muss jetzt sehen, dass das, was Powerwolf machen, etwas ist, was man sehr, sehr konsequent machen muss. Entweder spielst du einen Powerwolf-Song zu 100 Prozent. Und wenn da ein alberner Brake hinmuss, dann gehört er da hin, weil es so geschrieben steht im Buch des Heavy Metals, um den Herrn Nordström zu zitieren. Und wenn jemand das dann nicht macht, weil er lieber etwas Originelles machen will, dann funktioniert das einfach nicht.

Falk S.: Manchmal muss die Snare gespielt werden. Noch schlimmer, als Nicko McBrain (Iron Maiden) es jemals tun würde. Die muss da hingesetzt werden. Und dann war auch schon die Diskussion: „Oh nein. Bitte nicht die Snare dort hin!“ Und wir sagen: „Doch! Night Of The Warewolves braucht dieses Snare-Drum an dieser Stelle. Und dann wird auch nicht diskutiert.“ (lacht) Das war dann ein Bisschen problematisch.

Matthew G.: Ja, aber wir kamen einfach an einen Punkt wo wir gemerkt haben, dass das Album darunter leiden würde. Und letztendlich auch die zwischenmenschliche Ebene. So dass wir dann die Notbremse gezogen haben. Wir hatten dann mit Roel van Helden das grosse Glück…

Falk S.: …einem Holländer…

Matthew G.: …in kürzester Zeit jemanden zu finden, der bisher absolut perfekt ins Rudel passt. Er hat auch das Album eingespielt. Er hat einen unglaublichen Job abgeliefert. Er hat das Album in drei Tagen eingespielt. Die Songs kannte er zuvor eine Woche lang. Und Roel ist jetzt mit uns hier in Zürich, wir verstehen uns blendend…

Falk S.: Und wir werden sehen, wie es weitergeht.

MF: Er ist also kein Prog-Drummer?

Falk S.: Doch schon. Aber er kann unterscheiden. Er spielt auch noch bei einer anderen Band. Aber er kann unterscheiden, was nötig ist. Und er ist ein grosser Iron Maiden-Fan. Und wenn man Maiden als Grundlage hat, kann man bei uns eigentlich nicht so viel verkehrt machen.

MF: Hört man Maiden bei euch raus? Na?

Falk S.: Nur sehr selten.

Matthew G.: Ganz manchmal.

MF: Ihr habt ebenfalls mal gesagt, dass der Wolf auf der Bühne am Besten ist, wenn er wütend ist. Wie macht ihr euch heute richtig wütend?

Falk S.: Wir machen das Licht aus.

Matthew G.: Es gibt bei uns ein Ritual. Wenn wir merken, und das wir heute auch wieder der Fall sein… Es ist alles super. Die Stimmung hier auf Tour könnte schöner eigentlich nicht sein. Alle verstehen sich blendend. …Irgendwann hast du aber das Problem, dass es Richtung Abend geht, alle sind relaxt und du denkst jetzt scheisse, ich muss jetzt irgendwie mal den Kreislauf hochkriegen. Und dann wird das Licht im Backstage-Bereich ausgemacht und wir schreien. Das ist so ein Ritual, dass wir innerhalb einer Stunde so alle fünf Minuten wiederholen. Und irgendwann sind wir auf einem gewissen Level, dass es uns erlaubt auf die Bühne zu gehen.

Falk S.: Genau so ist es. Wir müssen uns manchmal auch gegenseitig ein Bisschen anscheissen. Damit wir in die richtige Stimmung kommen. Aber…

Matthew G.: Für aussen stehende ist das immer ein Bisschen irritierend. Da gibt es dann immer verdutzte Gesichter. Manche meinen, wir hätten jetzt den dicksten Krach oder so.

Falk S.: Die Grave Digger-Jungs sind manchmal erschrocken, als wir das Licht ausgemacht haben.

Matthew G.: Mittlerweile kennen sie uns, und wissen, was das ist. Aber wir haben so unsere Rituale.

MF: Das letzte mal seid ihr in Dietikon in diesem Baumarkt (Sounddock14) aufgetreten. Wir war es?

Matthew G.: Super. Wir haben heute noch darüber gesprochen. Ich fand es absolut faszinierend, das ein Club mitten in einer Lagerhalle war. Dass da eine Bühne und ein Club ist. Das war absolut Hammer und die Show hat uns damals auch tierisch Spass gemacht. Wir waren zum ersten Mal in der Gegend. Hatten überhaupt nix erwartet…

Falk S.: Wir waren verunsichert, ob das überhaupt der Club ist. Weil von aussen ist das eine Lagerhalle. Aber Reto D'Amelio (Rock Rainbow), der das da gemacht hat, kann auch super kochen.

Matthew G.: Stimmt. Ich erinnere mich. Es gab perfektes Catering . Das war wirklich ein sehr gelungener Abend.

Falk S.: Was gab es da zu essen? Risotto?

Matthew G.: Stimmt. Es gab sehr leckeres Risotto. Es war eine sehr tolle Show. Ein perfekter Tourabend damals. Das Sounddock14. Richtig?

Falk S.: Ja, das Sounddock14.

MF: Ja, das ist nicht so weit von hier entfernt.

Matthew G.: Ja, ich habe heute Mittag noch mit Daniel von Sabaton darüber gesprochen. Er kannte ihn nicht. Also habe ich ihn ihm empfohlen.

MF: Die sind mittlerweile wahrscheinlich eine Spur zu gross. – Ihr hattet auf der ersten CD im Booklet auf der letzten Seite dieses „Vive le vrai metal“. Seither habt ihr die Franzosen nicht mehr berücksichtigt?

Falk S.: Die haben das bei der Tour damals mit Gamma Ray nicht verstanden (lacht). Nein, das stimmt natürlich nicht. Ich weiss auch nicht. Aber ich glaube wir haben mittlerweile auch stärkere Slogans. „Metal is Religion“ ist stärker. Weil da weiss wirklich jeder auf der Welt, was los ist. „Vivre le vrai metal“ ist..

Matthew G.: „Metal est religion!“

Falk S.: Ja, das wäre auch okay. Aber man muss ja nun mal sagen, dass ausserhalb von Frankreich ja kaum jemand französisch spricht.

Matthew G.: Also in der Schweiz gibt es auch noch die französisch Sprachigen.

MF: Und wir in der Deutschschweiz müssen es lernen.

Falk S.: Wir können bei der nächsten Headliner-Tournee für jedes Land einen eigenen Spruch machen.

Matthew G.: Das wäre natürlich eine coole Sache. Was heisst „Metal is Religion“ auf Schweizerdeutsch?

MF: Metal isch Religion.

Falk S.: Metal isch Religion! Naja.

MF: Wahrscheinlich würde es in Österreich ähnlich klingen. Ansonsten müsstet ihr schon fast für jedes Bundesland einen Slogan entwerfen.

Falk S.: Dann wird es schwierig.

MF: Bleiben wir beim Metal ist Religion. Was sind die 10 Gebote des Heavy Metals?

Falk S.: Joh…

MF: Ich weiss: Scheiss Frage…

Matthew G.: Puh

Falk S.: Matthew, you can start.

Matthew G.: Ja gut, ich würde mal sagen, da muss man wirklich warten bis Rob Halford von einem Berg herunter steigt und die Lade mit den zehn Geboten ausrollt.

MF: Und wer ist denn die Dreifaltigkeit des Heavy Metals?

Matthew G.: Das ist mit Sicherheit Rob Halford, Bruce Dickinson und Ozzy Osbourne.

Falk S.: Hmm.

MF: Und für dich, Falk?

Falk S.: Das ist schwierig, weil er bereits die wichtigsten genannt hat. Man könnte jetzt noch Dave Mustaine erwähnen, aber der kommt da nicht ran.

Matthew G.: Der hat heute Geburtstag. Dave Mustaine, wenn du mir zuhörst. Herzliche Glückwünsche zum Geburtstag.

Falk S.: Ja gut, ich kann die Frage übergehen. Herzlichen Glückwunsch Dave!

MF: Jon Oliva vielleicht noch in das Dreigestirn?

Matthew G.: An den hatte ich ehrlich gesagt ebenfalls gedacht. Aber ich hatte so ein Bild vor Augen, wie die drei dann irgendwie da in ihrer Dreifaltigkeit über den Wolken schweben, und Jon Oliva… ich weiss nicht…

Falk S.: …ist die Dreifaltigkeit mit seiner Körperfüllung in Personalunion.

Matthew G.: Eben, er war schon zu sehr…. Er hat für mich nicht in dieses Wolkenbild hineingepasst. Der Mann mit dem langen Bart.

Falk S.: Steve Harris. Für mich wäre noch Steve Harris zu erwähnen.

Matthew G.: Ach…

Falk S.: Doch! Ich war immer grosser Steve Harris-Fan.

Matthew G.: Okay. Deine Dreifaltigkeit. Da fehlen aber noch zwei.

Falk S.: Steve Harris, Dave Mustaine und Cronos.

MF: Wir könnten das natürlich noch weiterführen mit den 12 Metal Aposteln, aber wir lassen das. – Wir sind am Ende des Interviews. Was möchtet ihr euren Fans noch sagen?

Matthew G.: Wir möchten uns bedanken, dass wir in der Schweiz in die Charts eingestiegen sind. Das ist für uns völlig überraschend. Wir hatten eigentlich nur die deutschen Charts im Visier, und waren völlig überrascht, als wir dann hörten, dass wir in der Schweiz auf Platz 75 sind. Das hat uns total uns total gefreut. Deshalb in Attila's Worten: „Vieles Dankeschön!“



Unser Roger (mitte) mit Falk und Matthew >