Interview: Soilwork
By El Muerte
Am 29. April hatte ich im Rahmen der "Neckbrakers Ball"-Tour endlich die Gelegenheit, den Sänger einer meiner Lieblingsbands zu interviewen: Björn «Speed» Strid der schwedischen Combo Soilwork erwies sich dabei als äusserst freundlich und zugänglich, schien aber etwas müde zu sein - ich vermute einfach mal spontan, dass deshalb die Antworten streckenweise so kurz ausfielen. Am Ende des Interviews platzte noch Soilwork-Drummer Dirk Verbeuren in den Interview-Raum - Eine Gelegenheit, die ich natürlich nicht auslassen konnte. Und so nutzte ich darauf die Möglichkeit, ein paar wenige Worte mit dem unscheinbaren kleinen Franzosen zu wechseln. Doch zuerst zu Speed Strid? (SS = Björn Strid, DV = Dirk Verbeuren)

MF: Wie geht's dir, wie läuft die Tour?

Speed Strid: Danke! Sehr gut, denke ich. Man kann sie nicht mit der letzten In Flames-Tour vergleichen, aber es läuft definitv prima. Ist immerhin ein super Package?

MF: Was hältst du denn von Amorphis mitten im Package?

SS: Ich denke, die passen da verdammt gut rein, sie spielen ja genau in der Hälfte. Scar Symmetry sind ebenfalls sehr melodisch, aber Amorphis haben zudem noch einen sehr guten Mix aus alten und neuen Songs am Start. Ich mag sie wirklich, eine sehr gute Band!

MF: Bedeutet viel Zeit auf der Strasse zu verbringen eine Menge Aufopferung für dich?

SS: Mmh. Nun, wenn du das aufs Privatleben beziehst? Ich habe eine Frau, zum Glück respektiert sie was ich mache und kann damit leben - sie hat nie reklamiert, sie liebt Musik. Aber logischerweise muss man gewisse Dinge dem Tourleben unterordnen - trotzdem ist es der beste Job den ich haben kann.

MF: Welche Musik hörst du denn privat?

SS: Alles mögliche, wirklich. Meistens jede Menge alten Hardrock, alten Metal. Aber ich höre auch viel anderes - ich habe mir vor zwei Wochen eine Folk/Jazz-Scheibe gekauft!

MF: Von wo holst du denn die Inspiration für all diese grossartigen Melodie-Bögen in den Soilwork-Songs?

SS: Genau die selbe Sache: Von überall. Schwer, irgendwelche Beispiele zu nennen? Letzte Woche hat mich zum Beispiel ein Elvis Costello-Track inspiriert, der schreibt geniale Refrains. Das selbe auch mit einer alten Rainbow-Aufnahme. Es spielt keine Rolle, es ist alles Musik.

MF: Ist es dir schon mal passiert, dass du nach langer Arbeit an etwas feststellen musstest, dass es das schon gibt?

SS: Ja, das kenne ich leider. Normalerweise entscheide ich mich dann, den Teil zu verwerfen. Manchmal denkt man «Nein, das ist zu gut, das muss es schon geben». Aber offensichtlich habe ich ein gutes Gespür für diese Melodie-Sachen, ich arrangiere die meisten Vocals selber. Ich war wirklich ein Musik-Freak als Kind, ich hörte jede Menge Metal, Pop, alles mögliche. Ich war ein Melodien-Freak.

MF: Wenn wir schon gerade über Gesangsarrangments diskutieren, in wie fern hat Devin (Townsend, kanadischer Vorzeige Musiker- und Produzent, hauptsächlich bei Strapping Young Lad tätig) dich bei den Aufnahmen zu «Natural born chaos» nach vorne gebracht?

SS: Er brachte mich dazu, Dinge zu tun, die ich nicht für möglich hielt. Er zeigte mir, was ich alles machen kann - er hat mir
viel Selbstvertrauen gegeben. Tatsächlich werde ich den Gesang für die nächste Scheibe wieder mit ihm aufnehmen. Das wird sehr interessant, wenn nicht gar wirklich krank oder auf jeden Fall durchgeknallt. Seit wir das letzte Mal zusammen gearbeitet haben, habe ich nochmal ein grosses Stück dazu gelernt, also wird er mich vielleicht noch einen Schritt weiterbringen können.

MF: Wie ist es, mit ihm zu arbeiten? Ist der wirklich der Freak, den die Leute behaupten, gesehen zu haben?

SS: Er ist durchgeknallt, aber von der guten Sorte. Er ist kein absoluter Freak, weisst du. Er ist verdammt nett, sehr warmherzig in allen erdenklichen Wegen. Aber er ist definitv nicht der Standart-Typ, er ist einzigartig. Dort, wo die Leute einen bestimmten Weg gehen würden, würde er einen anderen wählen. Ich respekiere ihn sehr, für was er tut.

MF: Wie funktioniert das Songwriting bei Soilwork?

SS: Wir haben alle Cubase oder Protools zu Hause, wir setzen uns hin, schreiben Songs. Und wenn wir Zeit haben, fliegen wir alle ein - weil wir halt ziemlich verteilt leben. Dazwischen verteilen wir auch mal Idenn übers Internet oder sonstwie.

MF: Also sind die Song schon beinahe fertig, wenn die Band zusammen kommt?

SS: Nun, ich schreibe oft Riffs, nicht nur Vocal-Arrangments, aber ich mache selten komplette Songs. Dann picken wir vielleicht was von Ola's Material und fügen es zusammen, oder eben Sven's Material oder sonstwie. Aber Ola schreibt oft komplette Tracks.

MF: Wird Dirk beim Songwriting für die neue Scheibe involviert sein?

SS: Jetzt, Ja. Letztes Mal stiess er erst bei den Aufnahmen zu uns, aber jetzt ist er von den ersten Song-Skizzen an dabei, den ganzen Prozess. Das wird sehr interessant.

MF: Wie hält man die Kreativ-Maschine am Laufen, wenn man bereits sechs Platten veröffentlicht hat?

SS: Manchmal ist es verdammt schwer. Wir versuchen uns halt selber zu inspirieren. Du weisst schon, wir kucken zum Beispiel, was wir besser machen könnten. Und natürlich ist das Touren schon eine Menge Inspiration an sich, das stimmt. Für die Texte hole ich Inspiration von überall - Beziehungen, dämliche Reality-Shows oder sonstwas.

MF: Wie schwer ist es für eine Band weiter zu machen, wenn eines Gründungsmitglieder und der Hauptsongwriter (Peter Wichers) gerade ausgestiegen sind?

SS: Am Anfang dachten wir, dass es nun verdammt schwer sein wird, Songs zu schreiben. Aber trotzdem wussten wir immer, was den Soilwork-Sound ausmacht. Es ist nur eine Frage des Willens. Wir haben nun mit dem Schreiben begonnen und es klingt toll! Immerhin war es eine sehr grundlegende Entscheidung für ihn, und natürlich auch für die Band. Er war nicht mehr glücklich mit der Situation, vielleicht war auch die Kommunikation nicht mehr so gut wie früher. Es war ein Entscheid, um die Band nach vorne zu bringen - Ich denke wir schaffen es, ich glaube daran.

MF: Du hast erwähnt, dass ihr alle an unterschiedlichen Orten lebt - hat dieser Fakt dabei auch eine Rolle gespielt?

SS: Schwer zu sagen. Ich meine, er ging nach Amerika und heiratete, aber ich denke, dass er schon weit vorher mit dem Gedanken gespielt hat.

MF: In verschiedenen Fan-Foren ist schon lange die Rede von einer Live-DVD - wie schaut's aus, kannst du mir dazu etwas verraten?

SS: Ja, wir versuchen da was zu organisieren. Es wird im Oktober eine weitere US-Tour geben, wir werden da eine Art Road-Movie machen, eventuell einige Konzerte mitschneiden und das ganze dann voraussichtlich vor der neuen Platte veröffentlichen. Das ist der Plan, um Weihnachten sollte das Teil in den Läden stehen. Wir beenden diese Tour, dann stehen eine Menge Festivals an, gefolgt von einer
kurzen England-Tour und dann eben das gerade genannte Package, und das wäre es dann gewesen für die aktuelle Scheibe. Wir wären dann fünf Mal in Amerika und dreimal in Europa unterwegs gewesen - verrückt?

MF: Wie lief eigentlich die Ozzfest-Tour?

SS: Es war definitiv eine coole Erfahrung! Es war schwer, weisst du. Die Reihenfolge wechselte ständig, wir hatten jeden Tag andere Spielzeiten. Wir sind es uns nun mal nicht gewohnt, morgens um 9:20 eine Metal-Show abzuziehen, aber es war natürlich trotzdem cool. Das Publikum hat uns toll unterstützt!

MF: Eine weitere Frage, die mir schon lange auf der Zunge liegt: Wie fühlt es sich eigentlich an, ein Dasein im Schatten von In Flames verbringen zu müssen?

SS: Es ist frustrierend, verdammt frustrierend. Sogar In Flames halten es für absolut überfällig, die Fronten zu klären. Immerhin sind wir ziemlich unterschiedliche Bands, zwar verbindet uns ein ähnlicher Stil, und tatsächlich denke ich auch, dass wir nie die gemeinsamen Clips hätten drehen sollen (In Flames und Soilwork unterstützen einander in gleichzeitig gedrehten Clips für die Songs «Trigger» und «Rejection Role»). Natürlich war es verdammt cool, das kann und will ich nicht bestreiten, aber es ist halt nach hinten los gegangen?

MF: Ok, das war's auch schon meinerseits - Besten Dank für die Antworten, ich wünsche dir eine gute Show heute Abend!

SS: Danke ebenfalls, geniess es!

(Genau in diesem Moment platzte wie erwähnt Dirk Verbeuren in den Raum und installierte seinen Laptop in der Ecke?)

MF: Dirk, kann ich dir kurz ein paar Fragen stellen?

Dirk Verbeuren: Klar, gerne!

MF: Du wirst die nächste Scheibe mit den Schweizer Industrial-Metallern von Sybreed eintrommeln, wie kamst du dazu?

DV: Wir (Scarve - seine Original-Combo, in der er parallel zu Soilwork trommelt) haben mal zusammen mit Rain in Frankreich getourt - das war die Vorgängerband des Sybreed-Gitarristen; Wir kannten uns von damals. Und eines Tages habe ich halt eben eine Mail gekriegt, ob ich nicht eventuell Lust dazu hätte?

MF: Kanntest du ihre akutelle Musik?

DV: Ich habe einige Sachen im voraus gehört, und wir haben dann auch mal mit ihnen gespielt, da konnte ich mir einen guten Eindruck holen. Aber eigentlich bin ich sowieso immer offen für alles Mögliche. Ich werde zum Beispiel eine Woche vor den Sybreed-Aufnahmen mit einer französischen Grind-Band etwas aufnehmen. Eigentlich mache ich alles, was halt so Spass macht!

MF: Ok, besten Dank für die Infos!

DV: Gern geschehen, einen schönen Abend noch!