Interview: Thundermother

By Tinu
 
«Music comes first!»



Die schwedischen Thundermother haben mich von Beginn weg an eine jüngere Version von Girlschool erinnert. Das liegt nicht nur daran, dass es sich bei den «Donnermamis» um eine reine Frauenband handelt, sondern weil die Attitüde in die gleiche Richtung geht. Die Ladys um Gitarristin Filippa Nässil gehen seit Sommer 2017 runderneut ins Rennen. Neben der blonden Saitenakrobatin sind Guernica Mancini (Gesang), Sara Pettersson (Bass) und Emlee Johansson (Drums) mit an Bord und kamen mit dem neusten Streich «Thundermother» etwas von ihren AC/DC-Anfangstagen weg. Noch immer aber treten die Damen kräftig Arsch und haben nichts von ihrem Charme verloren. Nicht die komplette Truppe stand zum Interview bereit. Leider musste Sara aus "geschäftlichen" Gründen zu Hause bleiben und konnte die Tour nicht mitspielen. Guernica, Emlee und Filippa lösten sich aber im Redefluss harmonisch ab, und so entwickelte sich ein tolles Gespräch mit Thundermother, das mit einigen "Randnotizen" gefüllt wurde.

MF: Wie haben sich das erste Bandmeeting und die erste Probe für euch zusammen angefühlt?

Filippa: Oh, die erste Probe, ich kann mich nicht mehr daran erinnern (grinst), wisst ihr noch, was vorgefallen ist?

Guernica: Filippa, Sara und ich trafen uns im Süden von Stockholm. Es klang von der ersten Sekunde an verdammt gut.

Filippa: Es standen zwei Konzerte vor der Türe, und es machte durchaus Sinn, dass wir vorher zusammen probten (grinst).

Guernica: Genau (lacht), zwei Tage vorher sah ich Emlee und Sara zum ersten Mal.

Filippa: Für mich war diese Probe etwas ganz Normales, da ich die anderen schon vorher kannte und somit wusste, was ich mir in die Band geholt habe (lacht). Das sind alles unglaubliche Musikerinnen. Sie bereiteten sich perfekt auf diese Proben zu Hause vor. Wir trafen uns und traten zusammen allen in den Arsch (lacht).

Emlee: Guernica stieg aus dem Bus, alleine in Stockholm, nahm ihr Handy in die Finger und rief mich an: «Hol mich hier bitte ab!!! (alle lachen) Ich habe verdammt nochmal keine Ahnung, wo ich bin».

Filippa: Es war mitten in der Nacht…

Emlee: …der Tag danach, das war doch dieses komische Fotoshooting?

Guernica: Genau, ich kam für dieses Wochenende nach Stockholm und alles war zeitlich vollgepackt.

MF: Gibt es eine Bandleaderin oder ist die Band der Leader?

Filippa: Die Band ist der Leader, auch wenn ich als Einzige von Beginn weg dabei bin. Aber wir leben nach der Demokratie, und da hat es keinen Platz für Egos.

Emlee: Freundschaft in einer Band ist sehr wichtig…

Guernica: …noch wichtiger ist es, dass wir zusammen Spass haben. Wir haben lange Fahrzeiten, wenn wir auf Tour sind, und wenn du dir dabei auf die Nerven gehst, kann das übel enden.

Filippa: Diese Konzerte sind unglaublich, wir lachen den ganzen Tag und geniessen die Zeit zusammen.

Emlee: Wir haben auch verdammt viel Fun auf der Bühne. Wir geniessen was wir zusammen machen, sei dies auf oder neben der Bühne.

MF: Welches sind die Unterschiede vom neuen Album hin zu den alten Records?

Filippa: Das erste Album war stark von AC/DC geprägt und darum war die Order…

Emlee: …«NO AC/DC»! (alle lachen).

Filippa (lachend): Für das zweite Album wollten wir schnellere Lieder schreiben, darum hört sich das Werk mehr nach Motörhead an. Beim neuen haben wir reingepackt, was uns gefällt. Alles kommt aus dem Herzen, sei es Pop, Rock…

Emlee: …genau, du hörst noch immer die AC/DC-Einflüsse, aber es klingt durchaus nach Led Zeppelin. Es ist der Classic-Rock, der uns noch immer beeinflusst.

Filippa: Es hat aber auch Einflüsse von den Backyard Babies.

Guernica: Wir haben vieles vermischt zum Thundermother-Sound. Damit sind wir den nächsten Schritt gegangen, auch was den Sound betrifft.

Filippa: Es klingt dynamischer. Sollte ein Song danach schreien, dass wir ein Bass-, ein Schlagzeug- oder ein Gesangssolo machen, dann werden wir es auch verwenden. Wir können auswählen, und das Beste kommt aufs Album (grinst).

MF: Ist es schwierig, in einer reinen Frauenband zu spielen?

Emlee: Wir sehen uns nicht als Frauenband. Wir beweisen uns jeden Tag, dass wir in der Musik-Szene überleben können. Ebenso gut wie eine Männer-Truppe.

Guernica: Es macht unglaublichen Spass mit diesen Mädels auf der Bühne zu stehen und Musik zu spielen. Auch wenn Sara diese Konzertreise nicht mitmachen kann, es ist ein unglaubliches Gefühl!

Filippa: Wir setzen uns keine Grenzen, wieso sollten wir uns welche auferlegen, nur weil wir eine Frauenband sind?

Emlee: "Let the music do the talking!" Bist du talentiert genug, musst du nicht deinen Körper zur Show stellen, um auf dich aufmerksam zu machen. Kannst du mit deiner Musik überzeugen, ist das sexy genug. Das ist meine Sichtweise!

Filippa: Genau, ich will meine Technik dazu verwenden, dass ich Gefühle ausdrücken kann. Gestern Abend hatte ich Mühe, ruhig zu sein, weil ich meinen Gitarrensound nicht hörte auf der Bühne. Zudem schmerzte mich mein Finger (zeigt ihre Wunde auf der Fingerkuppe, an welcher Haut fehlt), ich hatte kein Gefühl und nichts funktionierte.

Guernica: Das ist aber eine verdammt gute Antwort. Wir brauchen die Technik, um Gefühle ausdrücken zu können.

Emlee: Fühlst du deine Musik nicht, wirst du auch die Fans nicht mit deiner Musik erreichen können.

Filippa: Ich kann dir Metal runter schreddern, aber ich wählte den einfacheren Stoff, weil die Gefühle hier viel wichtiger und dominanter sind. Ich hasse es nur schnell zu spielen. Wo bleibt da das Gefühl? Es sind deine Gedanken, welche von den Gefühlen beeinflusst werden und diese in Töne umzuwandeln ist grossartig.

Guernica: Als Sängerin ist es mir wichtig, dem Publikum zu vermitteln, was ich fühle, wenn ich singe. Ihm zu übersetzen, was in mir abgeht, das ist sehr wichtig für mich. Klar brauchst du eine Technik, um alles umsetzen zu können, aber das Gefühl ist viel wichtiger.

Filippa: Genau, ich will fähig sein, Gefühl zu vermitteln "Yeah, yeah, yeah, ich bin eure Sängerin, fühlt mich» (alle lachen). Nein, ich weiss was du meinst und verstehe dich völlig!

Guernica: Wir haben alle die Musikschule besucht…

Emlee: …es ist wichtig für mich in einer Band zu spielen. Du weisst gar nicht, wie schön es war, als ich angerufen wurde, ob ich bei Thundermother einsteigen will. Ich bin sehr glücklich, diese Möglichkeit erhalten zu haben und mit diesen Girls dieses Abenteuer einzugehen. Zudem liebe ich diese Musik (lacht)…

Filippa (lachend): …Schwein gehabt (lacht). Für mich war es nie eine Frage, ob ich eine Soloartistin sein will. Für mich stand immer die Band im Mittelpunkt. Ich bin eine Teamplayerin und will Teil einer Familie sein. Es macht viel mehr Spass zusammen all dies geniessen zu können. All diese Gefühle und diese Erfahrungen zusammen teilen zu können, das ist wundervoll!

Guernica: Mit vierzehn Jahren wusste ich, dass etwas schief in meinem Leben läuft (grinst). Ich vermisste etwas, darum wurde ich Sängerin und stieg in einer Band ein…

Filippa: …ich habe für die Musik sogar meinen Job hingeschmissen. Zehn Jahre hatte ich den gleichen Job. Ich rief meine Mutter an und fragte: "Hey Mam, soll ich meine Arbeit für die Musik hinschmeissen?" Ihre Antwort war: "Music comes first!"

Emlee: Oh, wirklich! Das ist ja toll!

Guernica: Meine Eltern sagten immer, dass ich meinem Herzen folgen soll. Bedenke dabei aber, dass das Musikbusiness hart ist. Aber wenn du dich verwirklichen willst, tu es! Meine Eltern sind sehr glücklich und stolz, dass ich bei Thundermother spiele. Sie geniessen es und verfolgen in den sozialen Medien, was über mich und die Truppe berichtet wird (grinst).

Filippa: Ab und zu verstehen sie nicht was passiert, aber hey, es sind Eltern (lacht).

Emlee: Meine Eltern sind Musiker und sie geniessen es, durch mich ein Teil der Szene zu sein (grinst). Mitzubekommen, was es heisst auf Tour zu sein, auch wenn ich ihnen nicht alles erzähle, was passiert (grinst). Sie sind sehr stolz und unterstützen mich jeden Tag!

MF: Ihr habt die "Kiss Cruise" gespielt. Welche Erinnerungen habt ihr mitgebracht?

Guernica: Das sind sehr viele…

Filippa: …oh mein Gott…

Emlee: …ich stand auf der Bühne und jammte mit anderen Musikern, als ein völlig blöder Typ auf die Bühne kam…

Filippa: …und dir sagte, wie du was zu spielen hast…

Emlee: …genau (lacht). Er fragte mich, ob er mitspielen könne. Es machte mich wütend, dass er unsere Jam störte. Wenig später kam eine Person zu mir und fragte: "Wie hat es sich angefühlt, zusammen mit Eric Singer (Drummer von Kiss) zu spielen?" Oh mein Gott, ich wusste nicht, dass dies Eric Singer war. Ich hatte keine Ahnung, wer das war. Später traf ich ihn, stellte mich vor und entschuldiget mich für mein Verhalten (lachend). Das ist definitiv die verrückteste Erinnerung, die ich an die Cruise habe (lacht).

Guernica: Es war unglaublich, wie viele Leute man auf dem Schiff traf. War es Eric Singer, der von den Musikern nicht erkannt wurde (alle lachen) oder viele andere, die sich alle als sehr nett und zuvorkommend entpuppten. Nach der Cruise wurde ich zum grossen Kiss-Fan.

Filippa: Ich war schon vorher ein grosser Kiss-Fan und wurde zu einem noch grösseren (lacht). Das liegt an diesem kleinen Koffer. Es ist ein Louis Vuitton. Als ich auf das Boot stieg, ging mein Koffer kaputt. Ich ging ins Produktionsbüro und sagte, dass sich mein Koffer in Einzelteile auflöse (lacht). Sie meinten, dass noch ein Ersatzkoffer vorhanden sei. Es war dann eben dieser Vuitton von Paul Stanley (Sänger und Gitarrist von Kiss). Jetzt gehört er mir! Also, der Koffer (lacht).

MF: Dann bedanke ich mich für das unterhaltsame Interview…

Guernica: …wir danken dir, endlich mal nicht ein 08/15-Gespräch, sondern eines das richtig Spass gemacht hat…

Emlee: …ja, absolut, schade startet jetzt die Vorband…

Filippa: …es gibt ein nächstes Mal, dann haben wir die Weltherrschaft (lacht), haben vierzig Alben veröffentlicht und unzählige Gold- und Platinalben erhalten. Ehrlich, es waren verdammt coole Fragen! Danke!