Es geht auch ohne
Soziale Medien.

Trivium – Lange war es still um Matt Heafy & Co.
Überraschend und schnell, wie etwa das Corona-Virus über
Europa, fegten dann plötzlich die vier Kalifornier
unsere Gehörgänge durch. Zuhause und zur Knechtschaft
verdonnert, war es eine willkommene Abwechslung, mit
Corey Beaulieu von Trivium über ihr neues musikalisches
Werk zu plaudern. Trotz schlechter Telefonverbindung
reichte es für ein abwechslungsreiches und
unterhaltsames Gespräch mit dem Gitarristen der Band.
MF: Der Titel der neuen Platte ist «What The Dead
Men Say»? Was bedeutet dieser?
Corey: Wir haben uns einfach hingesetzt und neue Songs
gemacht. Einen Titel für die Platte hatten wir noch
nicht, aber wie es ebenso ist mit dem Schreiben, auf
einmal sieht man alles in einem grösseren Zusammenhang.
Es ergibt ein gesamtes Bild, zu dem sich mit der Zeit
auch der passende Titel heraus kristallisiert. «What The
Dead Men Say» passt in die heutige Zeit! Es wird vieles
gesagt, aber nicht gelebt. Es sind tote Worte, von
"toten" Menschen. Der Titel hat dann schliesslich auch
geholfen, dem Album einen roten Faden zu geben. Wir
konnten uns als Band damit identifizieren und Songs, die
noch nicht ganz ausgearbeitet waren, unter
Berücksichtigung dieses Aspekts fertig stellen.
MF: Nach der letzten Tour hattet ihr eine offizielle
Pause von zwei Jahren angekündigt. Es war wirklich still
geworden und dann – Überraschung – die erste Single kam
heraus. War das von euch so geplant?
Corey: Eigentlich nicht. Wir hatten nach
der Tour wirklich Erholung nötig, und besonders Matt
(Heafy, Sänger Gitarrist) wurde ja schon während der
Tour abberufen, da er Vater von Zwillingen wurde. Wir
spielten also die letzten Gigs ohne ihn, um im Anschluss
wirklich die Beine hochzulegen. Wie es aber manchmal so
geht, mit der Zeit für sich kommen auch die Ideen. So
fingen wir schon bald an, uns Musikdateien hin und her
zu schicken. Mitbekommen hat man nach aussen vermutlich
nichts, da Trivium nicht eine Band ist, die alles was
sie tut, in den Sozialen Medien postet. Wir haben keinen
Bock, ständig Bilder aus dem Studio und Ausschnitte von
den Aufnahme-Sessions zu präsentieren. Es erschien uns
richtig, diesen Weg einzuschlagen.
MF: Mit
«The Sin And The Sentence» habt ihr viele neue Fans
gewinnen können, vielleicht aber auch einige der ersten
Stunde für immer verloren. Worin siehst du den grössten
Unterschied zwischen «The Sin…» und «What The Dead Men
Say»?
Corey: Ich denke, die neue Platte
knüpft ziemlich genau da an, wo wir mit «The Sin…»
aufgehört haben. Wir haben uns für «The Dead Men…»
nichts vorgenommen, sondern uns von den Gefühlen leiten
lassen. Uns war es wichtig zu zeigen, dass viel Kraft in
diesem Album steckt. Mit Kritik von aussen leben wir ja
schon länger, und seit «In Waves» wurde sowieso jedes
folgende Album ganz genau unter die Lupe genommen. Vom
Gefühl her würde ich sagen, dass wir doch noch eine
Schippe "Härte" aufs neue Album gepackt haben. Gerade
die Vocals haben den Grad des Klargesangs nochmals
reduziert, weil es anders nicht gepasst hätte. Dass Fans
auf so einem langen Weg auch teilweise verloren gehen,
ist vermutlich normal. Es ist zum einen schade, zum
anderen aber auch toll zu sehen, dass unsere
musikalische Entwicklung auch positive Seiten hat und
wir viele neue Fans für unseren Sound begeistern können.
Grundsätzlich würde ich aber sagen, dass die
Unterschiede zwischen den beiden Alben gar nicht so
gross ausfallen, wie es zwischen anderen
Veröffentlichungen schon der Fall war.
MF: «What The Dead Men Say» habt ihr an einer Schule
aufgenommen? Was ist die Geschichte dahinter?
Corey: Oh… (lacht), das kam mehr oder weniger per Zufall
zustande. Es ist eine eher künstlerisch ausgerichtete
Schule, die sich in verschiedenen Abteilungen mit der
Produktion von Spielen, Filmen und Musik befasst. Ich
kenne Absolventen, die auch für «Game Of Thrones» oder
ähnliche Projekte arbeiten durften. Das ist megacool.
Ich selbst habe an dieser Musikschule meinen Abschluss
gemacht, und sie liegt hier bei Orlando (Florida), ganz in
meiner Nähe. Wir haben unsere Aufnahmen dort als
Möglichkeit für die Studierenden bereit gestellt, Dinge
direkt in der Praxis zu erfahren. Auch das Albumcover
haben wir schrittweise mit den Studierenden vor Ort
entworfen. Das war eine sehr tolle, inspirierende
Erfahrung. Ein weiterer Pluspunkt dieser Session war
auch, dass wir kaum von unseren Familien und Freunden
getrennt waren. Die Aufnahmen fanden gefühlt im
heimischen Garten statt, und es konnte auch einmal
vorkommen, dass die Kids im Studio vorbei kamen. Gerade
während den Aufnahmen sind wir als Band und Personen
noch enger zusammen gerückt. So oft, wie während dieser
Zeit essen wir normalerweise nie zusammen (lacht).
MF:
Für die neue Platte habt ihr wieder mit Josh Wilbur
zusammengearbeitet. Welche Qualitäten bringt er mit, und
was ist seine Rolle bei Trivium?
Corey: Josh ist schon fast ein fünftes Mitglied von
Trivium. Er spornt uns an und versucht immer das Beste
aus uns heraus zu holen. Er bringt uns auf neue Ideen oder
drängt uns teilweise auch fast dazu, Dinge
auszuprobieren, an die wir nie gedacht hätten. Wenn wir
uns allerdings im Anschluss gegen seine Vorschläge
entscheiden, ist das absolut ok für ihn. Wir haben es
probiert, und manches funktioniert und manches eben
nicht. Er ist auch, was den Sound betrifft,
experimentierfreudig. Josh weiss mittlerweile genau, wie
Trivium zu klingen haben, aber trotzdem versucht er stets
das Beste aus allen Instrumenten raus zu holen, ohne den
gewohnten Sound zu sehr zu verändern. Josh und Trivium
sind das "Perfect Match".
MF: Hatte
diesmal auch Alex Bent (Schlagzeug) einen Einfluss auf
die neue Platte? Er stiess ja während den «The
Sin-Sessions» frisch zur Band und konnte damals nicht
allzu viel beitragen.
Corey: Oh ja,
ganz klar! Während und nach den Aufnahmen haben wir uns
immer besser kennengelernt. Wir waren zusammen auf Tour
und haben gesehen, was alles an Kreativität in Alex
steckt. Sein Spiel ist frisch wie präzise, und er
beherrscht viele Schlagzeug-Stile. Er hat ein sehr gutes
Gespür dafür, was in einem Song passt und was nicht. Wir
haben beim neuen Album dank Alex komplett auf die Arbeit
mit Drum-Computern verzichten können. Er wollte immer
alles und zu jeder Zeit eigenhändig einspielen. Er
braucht das, um sich die Songs zu eigen zu machen.
MF: Sind dann also die Blast-Beats oder die
Latino-Rhythmen bei «Sickness Unto You» zum Beispiel
seine Beiträge?
Corey: Das ist ganz klar
die Handschrift von Alex (lacht). Vermutlich hinterlässt
er auch künftig vermehrt seine Spuren… (lacht)
MF: Hatte das Covid19-Virus negativen Einfluss auf
die neue Platte, und was bedeutet die aktuelle Situation
für die kommende Zeit bei Trivium?
Corey: Wir haben die Platte glücklicherweise noch im
Oktober 2019 komplett aufgenommen und im Verlauf des
Jahres fertig gestellt. Somit sind wir etlichen
Verschiebungen gerade noch entgangen. Für die kommenden
Konzerte sieht es schon böser aus. Auf die Spielpraxis
hat die momentane Situation sehr einschneidende
Auswirkungen. Wenn wir es genau betrachten, haben wir
nämlich zwei Platten draussen, die wir noch nicht so oft
live performt haben. Natürlich haben wir uns sehr auf
die Gigs und Tourneen im Sommer 2020 gefreut, aber das
muss nun erst einmal ruhen. Ich werde versuchen das
Beste daraus zu machen und mich den Dingen zu widmen,
für die ich normalerweise keine Zeit habe oder die ich
bewusst hinaus schiebe (lacht). Verzweifeln bringt ja
nichts. Die Situation ist nun mal so, wie sie ist.
MF: Gibt es noch etwas, das ich nicht gefragt habe
aber wichtig zu wissen wäre?
Corey: Nun,
eigentlich nicht. Ich würde einfach vorschlagen, dass du
dich gemütlich mit unserer neuen Platte hinsetzt und dir
ganz viel Zeit zum Anhören nimmst. Diese haben wir jetzt
nämlich alle mehr als genug. Und wenn das ganz viele
andere auch noch tun, dann passt das doch ganz gut
(lacht laut)… bleib gesund, und ich hoffe, dass wir uns
vielleicht auch einmal bei einem Liveauftritt persönlich
treffen und reden können.
MF: Das wäre
toll! Also, dann ist hiermit unsere Zeit abgelaufen. Ich
danke dir vielmals für das offene und lustige Gespräch
und bleib ebenso gesund!
Corey: Danke, du
auch!

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