Interview: Van Canto
By Roger W.
Heavy Metal ist was für Freigeister. Diesen Eindruck bekommt man jedenfalls, wenn man versucht eine Übersicht über all die unzähligen Varianten und Stile zu bekommen. Seit einigen Jahren wird dieser Strauss an verschiedenen Metall-Legierungen durch eine weitere bereichert: Dem A-Cappella-Metal. Die Deutschen Van Canto setzen dabei eigene und gecoverte Power-Metal-Lieder geschickt in ein fast reines Gesangsgewand. Nur ein Schlagzeuger sorgt für den zusätzlichen Druck. Mit «Tribe Of Force» veröffentlichten sie in diesem Frühling bereits ihr drittes Werk. Zeit für ein Interview also. Dies habe ich nach dem tollen Auftritt am Fiesta Pagana mit einer freundlichen und symphatischen Sängerin Inga Scharf gemacht. Lasst uns also lüften, das sagenumwobene Geheimnis um Mundgitarren und Vitamin B.

MF: Herzliche Gratulation zum Auftritt. Waren das für euch so die Standard-Reaktionen, die ihr vom Publikum erhalten hat? Kriegt ihr diese tollen Reaktion immer auch bei wenigen Leuten?

Inga: Ich glaube Standard-Reaktionen gibt es nicht. Also es ist schon so, dass man sofort merkt, wer uns schon kennt. Da ist natürlich die Reaktion super. Aber es ist immer schön zu sehen, wie Leute reagieren, die uns noch nicht kennen. Die gucken dann erst skeptisch, lehnen sich ein Bisschen zurück, warten ab und irgendwann tauen sie auf und merken, okay es funktioniert, und die machen sich nicht lustig über den Metal. Von daher ist es schon cool, wenn da solche Reaktionen kommen und wenn alle Leute die Hände oben haben. Das ist sehr schön.

MF: Ich kenne euch jetzt ab CD und habe euch live gesehen. Ich habe aber immer noch nicht rausgefunden, was das Geheimnis der Mundgitarren-Soli ist. Kannst du mir weiterhelfen?

Inga: Das sind im Grunde gesungene Soli mit „Uiuiui, wawawa“. Und dann wird das Ganze durch einen Gitarren-Verzerrer geschickt. Das ist alles (lacht). Das ist kein Geheimnis.

MF: Ihr könnt da also auch mit verschiedenen Effekten arbeiten?

Inga: Ich weiss gar nicht, in wie weit das der Stef mit den Effekten macht. Aber das mit den verschiedenen Effekten könnte man natürlich theoretisch machen. Das würde funktionieren. Das ist kein Geheimnis.

MF: Ihr habt mal gesagt, dass ihr die Songs theoretisch auch auf richtigen Instrumenten spielen könntet. Ist das immer noch so?

Inga: Ich glaube ja. Vor allem weil die Songs auch an den Instrumenten entstehen. Die ersten Songideen entstehen am Keyboard oder an der Gitarre. Und dann erst kommt es langsam auf die Van Canto-Schiene. Von daher müssten die genauso gut von Instrumenten gespielt funktionieren.

MF: Also seid ihr nach wie vor fit auf den Instrumenten? (sie sieht mich ahnungslos an) - Du spielst selber kein Instrument? Oder kein Metal-Instrument?

Inga: Nein, nur Klavier (lacht).

MF: Naja, das geht aber auch im Metal.

Inga: Stimmt, als Keyboard.

MF: Könntet ihr die Songs auch auf den Instrumenten spielen? Oder kommt man da mit der Zeit aus der Übung?

Inga: Ich glaube schon, dass man da mit der Zeit aus der Übung kommt. Wir waren erst kürzlich für 2 ½ Wochen auf Deutschland-Tournee und da spielen wir so ein Medley, wo sich dann der Sly und ich als Leadsängerin ein wenig zurück nehmen konnten. Da haben dann der Ike und Stef Gitarren gespielt und der Ross hat gesungen. Von daher sind sie wahrscheinlich noch auf der Höhe und könnten das noch.

MF: Gibt es Unterschiede im Songwriting, wenn man einen Song für A-Capella anstelle einer normalen Band schreibt?

Inga: Ich glaube, da gibt es keinen grossen Unterschied. Der Sly, der das Meiste von uns schreibt, fängt auch mit einer Melodie an der Gitarre oder am Klavier an oder schreibt Riffs. Und dann wird halt geguckt. Okay jetzt habe ich das Riff, wie übersetze ich das in die Van Canto-Sprache? Dann wird geguckt bei den Gitarren. Brauchen wir eher harte Vokale oder brauchen wir mehr Konsonanten, damit es weicher klingt. Wir schauen das ähnlich an, wie auch ein Gitarrist das angucken würde. Also wie er die Anschläge machen würde. Eigentlich ist es wahrscheinlich gleich (lacht).

MF: Wie geht man vor, wenn man so wie ihr keine Vorbilder hat und haben kann?

Inga: Also Vorbilder haben wir ja schon, jetzt einfach nicht auf A-Capella-Metal-Ebene. Aber das ist schon schade, dass es keinen Punkt gibt, wo wir uns etwas abgucken könnten. Das hat auch eine Menge Erfahrung gebraucht. Man sieht schon, dass wir uns von der ersten bis zur dritten Platte verändert haben. Aber mehr hinsichtlich der Technik, die eingesetzt wird. Also welche Technik brauche ich auf der Bühne, damit sich wirklich fünf Sänger hören, trotz Schlagzeug, welches hinten bolzt. Von daher mussten wir alle Erfahrungen selbst machen. Wir warten tagtäglich, dass sich andere A Cappella-Metal-Bands bilden. Dann könnte man zusammen etwas ausdenken und auch Erfahrungen austauschen. Also es wäre schön, wenn andere kommen würden und sich mit uns austauschen.

MF: Gab es bei der neuen Platte neue Arten zu singen, die ihr ausprobiert hat, oder die ihr jetzt eingeführt oder erfunden habt?

Inga: Bei der neuen Platte jetzt nicht so. Die ähnelt schon eher der zweiten, der „Hero“. Der grösste Bruch war wohl zwischen der ersten und der zweiten Platte. Weil da aus dem Van Canto-Projekt eine richtige Band mit Konzerten wurde. Wir hatten ja Van Canto nicht als Live-Projekt gesehen. Das war ein Studioprojekt. Und als dann die Live-Anfragen kamen, haben wir erst mal probiert, ob es überhaupt live geht. Funktioniert es überhaupt? Und wir haben uns die ganze Technik angeschafft. Mit den 70 Konzerten, die wir irgendwann mal hatten, haben wir gemerkt: „Okay, das und das funktioniert live, und das nicht“. Und so schiebt man natürlich auch das Songwriting rum, zu gucken, okay das müssen jetzt die fünf Leute auf der Bühne schaffen und nicht die so und so vielen Spuren, die wir im Studio eingesungen haben. Von daher hat sich da etwas geändert. Das hört man auch. Wir haben ziemlich viele von den harten Vokalen runtergelassen. Damit ein bisschen mehr Teppich da ist und es ein bisschen mehr bolzt.

MF: Ihr seid ja eine Art Power Metal Band. Viele dieser Gruppen greifen bei ihren Konzerten auf Backing-Vocals ab Band zurück. Bei euch hatte ich jetzt das Gefühl, dass alles live gesungen wurde. Stimmt das?

Inga: Ja, also was von uns kommt, ist dann auch von uns. Das merkt man dann, wenn einer angeschlagen und krank ist (lacht). Dann hört man es. Das ist ganz schön.

MF: Hattet ihr keine Angst, dass damit der Druck zusammen fällt, den man auf Platte hin kriegt? Ich meine, ihr hört euch bei Konzerten ja nicht so, wie es vorne im Publikum klingt.

Inga: Ja, klar, das ist bei jeder Band so und es klingt live anders, wenn man das Backing nicht mitlaufen lässt. Aber ein Gitarrist spielt normal auch fünf Spuren ein und spielt dann live eine. Von daher gibt es immer einen Unterschied. Aber ich glaube live, macht einfach viel die Lautstärke, das Schlagzeug, das bolzt und die Präsenz von uns auf der Bühne aus. Das gibt dann auch viel Druck, der sonst von den Spuren her fehlen würde, glaube ich.

MF: Es hat ziemlich gebolzt.

Inga: Das wollte ich jetzt hören, ja (lacht). Vor allem, weil man es von der Bühne her ja nie weiss, wie es unten ankommt. Aber so ist das gut.

MF: Ihr habt mit Chris Boltendahl (Grave Digger) und Tony Kakko von Sonata Arctica zwei bekannte Metalsänger auf der neuen CD. Wie habt ihr sie dazu gekriegt oder überzeugt, bei euch mitzusingen?

Inga: Das war gar nicht so schwer. Also bei Chris Boltendahl war es halt so, dass wir das Grave Digger-Cover vorhatten und das auch so durchziehen wollten. Da hatten wir das Glück, dass Grave Digger beim gleichen Label sind und so ist auch der Kontakt zustande gekommen. Chris hat auch gleich zugesagt. Und bei Tony Kakko war es auch es auch so. Ich bin ein sehr grosser Sonata Arctica-Fan. Und ich glaube, dass mir Stef einen Gefallen tun wollte. Er hat da angefragt. Der Toni war auch sehr offen und hat das gleich gemacht. Das war gar keine schwierige Sache. Ich glaube, dass da die Metaller sehr austauschfreudig sind, was sehr schön ist (lacht).

MF: Es gibt ja auch sehr viele Projekte, bei denen verschiedene Sänger singen.

Inga: Genau, von daher ist das schon sehr verbreitet. Also mal hier, mal dort. Das ist ganz gut.

MF: Ihr werdet Grave Digger auf dem Wacken Open Air unterstützen. Die feiern dort ihr 30-jähriges Jubiläum. Ist das so der Gefallen, den man dann halt auch tut oder seht ihr das mehr als Ehre, dass man überhaupt dabei sein darf?

Inga: Also ich glaube, dass das eine Ehre ist. Das ist sicher kein Gefallen, im Stile dass wir das jetzt tun müssten. Für das, was wir von Chris Boltendahl bekommen haben auf der Platte, müsste er nichts zurück kriegen. Also wir müssten nicht mehr… also ich weiss auch nicht. Wenn ich an Grave Digger und das Wacken Open Air denke, dann ist das einfach der absolute Oberknaller. Da kann man gar nichts mehr dazu sagen. Dass wir da teilhaben dürfen, ist super.

MF: Werdet ihr da vorallem den Song „Rebellion“ singen oder auch noch bei anderen Songs dabei sein?

Inga: Also wir werden das komplette Album unterstützen. Als Chor.

MF: Cool. Da müsst ihr auch wieder neue Songs lernen.

Inga: Ja, richtig. Wir machen dann gemeinsame Proben und dann wird das hoffentlich klappen. Wir werden es sehen (lacht). Bei Van Canto ist immer alles ein bisschen offen, aber ich denke mal, dass das schon gut wird.

MF: Es ist alles offen. Könnt ihr euch vorstellen, «Tunes Of War» mal komplett gecovert auf CD zu bannen?

Inga: Gut, okay. Das wäre dann schon sehr anstrengend, aber… Bei allen Covers, die wir als Lob und als Ehre an all die grossen Metalbands machen, wollen wir eigentlich nicht als reine Coverband gesehen werden. Von daher werden immer noch eigene Songs und eigene Stücke von uns raus kommen.

MF: Stimmt es, dass ihr auch Kirk Hammett angefragt habt, bei eurer Version vom «Masters Of Puppets» mitzusingen?

Inga: Nein. Das wäre an mir vorbei gegangen. Das sagt mir jetzt nichts und ich denke, dass mir die Jungs schon alles erzählen. Von daher sage ich mal nein.

MF: Gab es andere Sänger, die abgesagt haben oder die meinten „jetzt noch nicht, aber vielleicht später“?

Inga: Nein, eigentlich nicht. Das ist das Tolle. Wir haben zwei Sänger angefragt und die haben wir auch bekommen. Das ist eine 100-prozentige Ausbeute (lacht). Und darauf sind wir auch sehr stolz.

MF: Bei «Magic Taborea» sind auch Streicher zu hören. War das ein Schritt in die Richtung, dass ihr euch nicht in dieses reine A-Cappella-Gewand drängen lassen möchtet, sondern dass ihr auch weiter offen für neue Einflüsse und Möglichkeiten bleibt?

Inga: Also für mich ist ganz klar: Wer Metal-Acapella macht, ist sowieso für alles offen. Aber das mit «Magic Taborea» war wieder so ein Seitenschritt. Wir hatten bereits auf dem ersten Album, auf der „Hero“, einen Song zu dem Computerspiel „Runes Of Magic“ beigesteuert. Und dann war das halt jetzt, dass die gesagt haben, dass wir noch ein Stück brauchen. Da hiess es: „ Wir haben das Brandenburger Staatsorchester gemietet und wir würden gerne einen Song mit euch zusammen machen.“ Und wenn jemand dir das ganze Orchester bezahlt, dann sangst du natürlich nicht nein. Es ist glaube ich was ganz Schönes daraus geworden. Natürlich wäre es auch toll, mal ein ganzes Orchester-Album zu machen. Aber… Wir sind für alles offen und man kann gucken, was bei uns am Ende noch alles raus kommen wird.

MF: Ihr habt ebenfalls dieses Gitarrensolo mit Victor Smolski von Rage drauf. Wie schwer ist es, sich da zu duellieren und diese Mundgitarren so hinzukriegen, dass man sich mit diesem Meistergitarristen messen kann?

Inga: Ich glaube, dass man sich mit ihm gar nicht messen kann. Es ist nur deswegen vergleichbar, weil das keine Gitarre ist. Ich glaube, wenn jetzt einer von uns Gitarre gespielt hätte, hätten wir gnadenlos versagt. Aber so war es einfach etwas Lustiges, was Victor auch mitgemacht hat und sich mit Stef zu Gitarrensoli duelliert hat. Das ist schon cool. Das hat er gut gemacht. Und er spielt göttlich.

MF: Im Deutschen sagt man der Sache ja „Gitarren-Duell“. Wer hat gewonnen?

Inga: Das darf der Stef jetzt nicht hören, aber ich glaube der Victor hat gewonnen (lacht). Aber psst.

MF: Ihr macht jetzt im Sommer vor allem Festivals. Okay im Sommer sind ja vor allem Festivals…. Öhm…

Inga: Ja, richtig. Wir sind auf dem Rock Hard Festival, dann die Sache mit Grave Digger beim Wacken. Die restlichen Daten habe ich jetzt gar nicht so im Kopf. Dann kommen die Metalfeste jetzt in zwei Wochen. Aber ansonsten…. Ich muss ganz ehrlich zu meiner Schande gestehen, dass ich ziemlich uninformiert bin, wenn es darum geht, wo wir spielen werden. Ich guck immer das lieber erst kurz vorher an, weil ich sonst viel zu aufgeregt bin. Das ist so die Verdrängungstaktik. Ich weiss, dass da irgendwas kommt. Aber was genau da kommt, tue ich mir vorher nicht an. Weil sonst geht bei mir nichts mehr.

MF: Ich habe nachgesehen und festgestellt, dass ihr mit Ausnahme der Südamerika und Mexiko-Sache vor allem im deutschsprachigen Raum spielt.

Inga: Das ist halt bisher so die sichere Seite. Man weiss, wenn man eine Tour startet, dass da auch Leute kommen. Man muss ja auch erstmals schauen, wie der finanzielle Aufwand wird. Wenn man ins Ausland geht und da dann keiner kommt, lohnt sich das auch nicht. Aber wir werden uns langsam von Deutschland nach aussen tasten, den Kreis erweitern und die Welt überschwemmen (lacht).

MF: Das andere Thema das damit zusammenhängt ist ja, ob ihr das mit der normalen täglichen Arbeit zusammenbringen könnt. Ich denke, bei eurer Grösse werdet ihr wohl alle noch nebenbei normal arbeiten?

Inga: Genau. Wir haben alle noch normale Jobs. Dadurch ist einfach gewährleist, dass wir Van Canto aus Spass machen können und das Ganze finanzieren können. Es ist zwar jetzt bereits so, dass wir nicht drauf legen müssen und sogar noch was raus kriegen. Aber Metal ist einfach kein kommerzielles Ding. Von daher ermöglichen uns die Jobs unverkrampft und ohne Hintergedanken wie in etwa „kann ich meine Miete ende Monat bezahlen?“ Musik zu machen. So wie wir es wollen. Und das ist ganz geil.

MF: Dafür müsst ihr bei dem grossen Tourplan sehr tolerante Arbeitgeber haben.

Inga: Ja, wir haben aber hauptsächlich Freiberufler und Selbstständige. Von daher geht das ganz gut.

MF: Ihr könnt es euch also einrichten?

Inga: Genau, so muss das sein.

MF: Bis im Juli spielt ihr noch zweimal in der Schweiz, einmal davon mit Apocalyptica zusammen. Ist das so der nächste logische Schritt?

Inga: Gut, das war natürlich ganz am Anfang immer der Vergleich. Van Canto machen das mit Stimmen, was Apocalyptica mit den Celli machen. Mit ihnen aufzutreten ist sicher ganz cool. Und diese Verbindung und diese Konstellation kann auch Sinn machen. Ich freue mich darauf. Das wird geil. Das seien ja auch sehr musikalisch offene Leute. Das wird bestimmt sehr witzig.

MF: Ist das das erste Mal, dass ihr mit Apocalyptica zusammen spielt?

Inga: Genau. Das ist das erste Mal.

MF: Kommen wir noch zu Blind Guardian, mit denen ihr im Herbst auf Tour geht. Hansi Kürsch hat bei euch beim Song «Take The Sky» mitgesungen und ihr Stammproduzent Charlie Bauerfeind hat zwei CDs von euch aufgenommen. Wurden da auch die Kontakte geknüpft, die dazu beitragen, dass ihr im Herbst mit ihnen auf Tour geht?

Inga: Genau. Unsere Plattenfirma hat damals die Twilight Halls-Studio von Blind Guardian für die zweite Platte «Hero» gemietet. Wir haben auf dem Weg natürlich Charlie Bauerfeind als Produzenten kennen gelernt und dann natürlich auch die Blind Guardian-Mitglieder. So kam der Kontakt zustande und der Hansi hat dann auch mitgesungen auf der Platte. Irgendwie finden sie es wohl geil und wollten uns dabei haben. Und da haben wir „ja“ zur Tour gesagt. Das machen wir. Das ist für uns die grösste Ehre. Weil Blind Guardian für uns die Helden des Metal sind. Damit haben fast alle von uns angefangen Metal zu hören. Das sind die Götter.

MF: Ihr seid in diesem Falle alle Fans von eher klassischem Heavy Metal?

Inga: Ich muss ganz ehrlich gestehen, dass ich das gar nicht weiss. Ich glaube der Basti hört auch manchmal andere Metal-Stilrichtungen. Sly kommt eigentlich nicht aus dem Metal. Der kommt eher aus dem Rockbereich, hat aber jetzt den Zugang gefunden. Er ist glaube ich schon voll auf der Metalseite und kommt da auch nicht mehr weg. Wenn es dich einmal gepackt hat..., der bleibt das ganze Leben Metaller.

MF: Wenn man euren Frage und Antworten Katalog im Internet zu Gemüte zieht, sind da auch Stellungsnahmen zu durchaus kritischen Bemerkungen. Sie machen auf mich den Eindruck, als ob ihr zum Teil doch heftig kritisiert werdet.

Inga. Oh ja. Also gerade am Anfang war das sehr intensiv. Mittlerweile geht es. Wenn halt 500 Leute vor der Bühne es geil finden, dann ist es egal, wenn da einer steht und uns die ganze Zeit den Stinkefinger zeigt. Dann blickt man schon rüber. Aber natürlich kommen immer wieder Sachen wie „das was ihr macht ist kein Metal“. Oder „das ist schwul“ wird auch gerne gesagt. Das ist eigentlich schade, weil Metal eigentlich durch die Offenheit entstanden ist, was anderes zu machen. Metal war ja immer ein bisschen Rebellion. Und jetzt macht man was anderes und dann wollen plötzlich alle ganz konservativ sein. Der Metal darf sich plötzlich nicht mehr ändern. Aber eigentlich haben wir das jetzt hinter uns. Also die Menge der Leute, die dann in Foren Gegenattacken startet und für uns spricht, ist jetzt schon bedeutend grösser. Das ist schön.

MF: Nimmt man das auch persönlich oder hakt man das einfach ab?

Inga: Wir haben am Anfang schon lange gebraucht, um es nicht mehr persönlich zu nehmen. Weil gerade Musik etwas ist, was sehr aus dem Innersten kommt und mit Herz gemacht wird. Und gerade das Singen, ich meine die Stimme kommt aus dem Innersten. Das ist das Persönlichste was man so hat als Musiker. Und wenn dann jemand sagt, das ist blöd, gefällt ihm nicht und dann manchmal auch richtig dagegen schiesst, ist man natürlich erst einmal persönlich betroffen. Das hat auch hart an uns genagt. Aber mittlerweile haben wir es glaube ich abgelegt, weil wir genug Zuspruch kriegen und merken, dass das ankommt. Ich glaube, wir haben uns jetzt ein einigermassen dickes Fell angeschafft. Man muss ja auch.

MF: Dann wünsche ich euch, dass ihr das dicke Fell bald wieder abstreifen könnt und nur noch freudige Fans habt.

Inga. Das ist wirklich die Ausnahme, dass jetzt wirklich jemand offen seine Abneigung gegenüber uns zeigt. Weil normalerweise ist es auch so, dass wenn mir etwas nicht gefällt, ich dann weggehe und es mir nicht angucke. Die Leute, die Zeit investieren um was runterzumachen und um rumzumeckern, die können einem eigentlich nur leid tun, weil die nichts haben, wo sie Herzblut reinstecken können.

MF: Das andere Positive ist natürlich, dass ihr damit überhaupt wahrgenommen werdet. Die Bands, in der ihr vorher gespielt habt, waren ja nie so bekannt wie Van Canto.

Inga: Das stimmt. Also lieber polarisieren, als im Mittelstrom zu schwimmen. Lieber Leute haben, die das geil finden, die sich für einem einsetzen, und auch wiederkommen. Und dann gibt es halt auch welche, die das Kacke finden. Das ist in Ordnung. Wir hatten halt alle vorher Bands wo alle gesagt haben: „Naja, ist in Ordnung und gut.“ Aber es hat halt keinen so richtig vom Hocker gehauen. Deswegen lieber polarisieren als die graue Masse zu sein.

MF: Wir sind am Ende, gibt es noch etwas Wichtiges, das die Fans über euch wissen müssen?

Inga. Oje… Also wir haben Spass an der Musik, versuchen auf der Bühne immer alles zu geben und uns untereinander auch immer treu zu bleiben. Von daher hoffe ich, dass noch ganz viele Fans dazukommen. Bleibt schön open minded und guckt euch das Ganze mal an. Und Ratatatataka!