Crown Of Glory - Prelistening
By Roger W.
Welche Band träumt nicht von einem Platten-Deal und von langen, ausgiebigen Europa-Tourneen als Support einer Szenegrösse? Wohl jede. Und dies umso mehr, wenn sich sowohl die musikalische Leistung wie auch die Live-Performance auf internationalem Niveau befindet und es trotzdem nicht wirklich vorwärts geht. Was bleibt, ist vor allem Frust. Es sei denn, man macht das Beste daraus. Also investiert man die mit Alben-Verkäufen und Live-Auftritten verdiente Kohle in einen 3½-wöchigen Aufenthalt mit Dennis Ward im House Of Audio Studio Deutschland und nimmt ein weiteres Meisterwerk auf. So geschehen bei Crown Of Glory, die das Ergebnis Mitte März einer ausgewählten Anzahl Fans und Journalisten vorstellten.

„Raven’s Flight“ heisst die 4 Track-Single, welche vorab schon mal den Fans verkauft wird und die Wartezeit auf’s Album „A Deep Breath Of Life“ verkürzen soll. Obwohl alle Songs bereits fixfertig aufgenommen sind, möchten Crown Of Glory mit deren Veröffentlichung noch warten. Plattenfirmen- oder Vertriebspartner-Suche ist damit angesagt. Den Anwesenden wurden aber bereits alle Songs vorgespielt.

“Raven’s Flight” – Die Single:
„Raven’s Flight“ ist sinngemäss der erste Song dieser Single. Er beginnt mit einem Krähenruf, auf dem folgend sofort die Instrumente einsetzten. Sänger Heinz doppelt danach mit einer tiefen Stimme nach, welche man sich in dieser Konsequenz von Crown Of Glory nicht gewohnt ist und die das Lied hart wirken lässt. Beim anschliessenden Refrain darf Heinz dann wieder in gewohnten Höhen singen. „Raven’s Flight“ bietet alle Elemente der Band, geht aber noch einen Schritt weiter: Die Chöre klingen mächtiger denn je, die Melodien sind progressiv und doch eingängig und kurzweilig. „Prophecy“ ist danach wieder ein eher typischer Power Metal-Song der fröhlich drauflos ballert, beim Refrain mit tiefen Zwischen-Shouts Akzente setzt und das Niveau hält. Gleiches gilt für die Ballade „Save Me“, welche den gleichnamigen Edguy-Song um Längen hinter sich lässt. Ob dieser Track allerdings je im Radio laufen wird (mit Ausnahme von Rockstation und Radio Kanal K natürlich) ist mehr als fraglich, ist er doch trotz aller Eingängigkeit sehr hart und mächtig. Besonders die Chöre, welche von Jean Marc Viller (Sänger von Daydreamer und Neverland) unterstützt werden, machen diesen Track zu einem besonderen Erlebnis. Auf dem kommenden Album bringt es „Save Me“ auf beachtliche 7½ Minuten, auf der Single wurde er auf knapp 4 Minuten editiert. Crown Of Glory sehen dieses Glanzstück denn auch als Versuch, mal eine Ballade kurz zu halten. Als Bonustrack gibt es zum Schluss dieser Single eine spezielle Version von „Art Of Payback“ vom Vorgänger-Album „Spirit“, welche Teile enthält, die von Evergrey-Mastermind Tom S. Englund eingesungen wurden. Obwohl es sich beim Rest um im 2003 im Bandraum eingespielte und gesungene Spuren handelt, fällt dieser Qualitativ gegenüber den anderen Songs kaum ab.

Das Artwork der Single greift den Rabenflug („Raven’s Flight“) genial auf, indem eine der beim Abflug verlorenen Federn in der CD liegt. Aber auch musikalisch überzeugt die Single. Das Niveau der Vorgänger-Alben „Destiny“ und „Spirit“ wird sogar erhöht. Dass man mit der Album-Veröffentlichung noch wartet, hat mehrere Gründe. Zum einen sind Crown Of Glory mit dem Eigenvertrieb ihrer CDs bisher sehr gut gefahren. Zum anderen wurde der Band auch von Seiten des Studios als auch von diversen anderen Leuten aus der Musikbranche nahegelegt: lieber keinen Deal einzugehen und selber vertreiben als einen schlechten Deal abzuschliessen, denn davon gibt es mehr als genug! Bands, die mit ihrem Label wirklich zufrieden sind, sind ziemlich rar gesät… Wie sich Crown Of Glory auch immer entscheiden werden, mit „A Deep Breath Of Life“ haben sie schon jetzt ein Album in der Hand, das jedem Power Metal-Fan die Tränen in die Augen treiben wird, soweit man das nach einem Hördurchgang schon beurteilen kann.

“A Deep Breath Of Life” – Das Album:
„The Calling“ ist der Eröffnungstrack, welcher einen zu Beginn mit Schlagzeug-Geballer wie auf Judas Priest’s „Painkiller“-Album weckt und danach sphärisch wird, bevor er wieder losrockt und in einen mit Chören unterlegten Refrain wechselt. Danach rauscht „Pathfinder“ los, stampft zwischendurch schleppend und wird im Mittelteil durch einen ruhigen Keyboardteppich dominiert. Zum Schluss gibt’s eine kleine Überraschung, die ich an dieser Stelle nicht verraten möchte. Track Nr. drei ist „Raven’s Flight“ in der Single-Version, welchen ich bereits oben ausführlich besprochen habe. Ein typischer Crown Of Glory-Song und Sänger Henes’ Lieblingsstück auf diesem Album, eine richtige Headbanger- und Live-Granate wartet mit „Inspiration“ auf den Hörer, welche durch die verschiedenen Stimmungen progressiv wirkt, mit herausragenden Gitarrensolis überzeugt und mit femininem Sopran-Gesang à la Nightwish von Aline Bühler (Gates Of Oblivion) endet. „Inspiration“ ist ebenfalls der einzige Song auf „A Deep Breath Of Life“, welcher zum Schluss ausgefadet wird. Der Single-Song „Prophecy“ leitet danach über zur 7½-minütigen Version von „Save Me“. Insgesamt wirkt die Album-Version stimmiger als diejenige auf der Single, weil man dem Song Zeit gibt, sich zu entwickeln. Markus Muther meint denn auch, dass es ein Song für einen ruhigen Moment mit Wein und Kerzen ist. Wobei er meiner Meinung nach nur bedingt recht hat, denn „Save Me“ wirkt für sich so geschlossen, dass die Zeit wie im Flug vorbei geht und man (zu) schnell beim nächsten, von den Fans oft gewünschten Song ist: „Anthem Of The End“ ist ein altes Lied mit netten Melodien und einem typischen Power Metal-Refrain. Im Studio wurden dem Song auf hartnäckiges Drängen von Sänger Hene noch ein Satz mit Hörnern eingebaut. Ein weiteres Highlight folgt danach mit „Mirror Mirror“, welcher den politischen Aspekt des Irak-Öl-Kriegs behandelt. Er beginnt mit viel Hall auf Heinz Stimme, und im Mittelteil hört man einen Nachrichtensprecher. „Mirror Mirror“ ist der neueste Song und wurde erst kurz vor dem Studiotermin geschrieben. Der endgültige Refrain entstand dann auch erst während der Aufnahmen im Studio. Der Schluss von „A Deep Breath Of Life“ bildet der bereits zum Live-Klassiker avancierte Dreiteiler „Ikarus“, welcher für die Fans endlich aufgenommen wurde. Der Song „Ikarus“ beginnt den Reigen mystisch, wechselt in einen harten Teil mit tiefen Vocals und endet in einem unwiderstehlichen Refrain. Ein Gassenhauer mit Party Metal-Teil stellt danach „I See You Rise“ dar, welcher in „Lament Of The Wind“ übergeht. Dieser wird mit dem Geräusch einer Brandung eingeleitet und geht insgesamt in eine ähnliche Richtung wie „Save Me“, mit dem Unterschied, dass er als einziger Song nur auf Keyboard und Stimme setzt. Ein epischer Song, bei dem Sänger Hene aus den Vollen schöpft und alle Nuancen seiner gewaltigen Stimme darbietet. Danach fällt man erstmal in andächtiges Schweigen, womit das Album perfekt abgeschlossen ist.

„A Deep Breath Of Life“ ist ein Album, welches viele Überraschungsmomente aufweist, den eigenen Stil der Band zementiert und sie für höhere Aufgaben empfiehlt. Bleibt zu hoffen, dass dies endlich auch die taubstummen Plattenfirmen einsehen und der Band einen vorteilhaften Vertrag anbieten und sie angemessen unterstützen. Bleibt nur noch die Frage, wie lange wir denn auf den Silberling noch warten müssen. Gitarrist Markus nochmals: „Wir sind vom Material überzeugt und möchten es deshalb nicht zu lange unter Verschluss halten. Release wird wahrscheinlich spätestens im Herbst sein.“ Wer bis dahin nicht warten will oder kann, darf sich bereits die Single (schönes, limitiertes Digi-Pack mit 20 Min. Spielzeit!) für CHF 10.- auf der Crown Of Glory-Homepage bestellen.