Bang Your Head !!! - Festival 2019
Freitag, 12. Juli 2019 (Zweiter Tag) / Balingen (D) - Messegelände
By Rockslave (rsl), Oliver H. (oli) & Tinu (tin) - All Pics by Rockslave & Tinu
Traitor
Die deutschen Thrasher, die 2014 an gleicher Stelle für die ausgefallenen Warrant (D) ran durften, hatten von allen Bands mit Sicherheit die kürzeste Anreise! Der Grund liegt auf der Hand, denn die Combo stammt aus Balingen und versuchte die von der ersten Regennacht durchnässten Fans, oder zumindest einen guten Teil davon, möglichst rasch aus der Lethargie heraus zu holen und für Bewegung zu sorgen. Das gelang im Verlauf des Auftritts auch mehr oder weniger, aber der leider wieder einsetzende Regen sollte dann noch für den Rest des Tages ein hartnäckiger Begleiter bleiben. Traitor, die inzwischen seit einer Dekade unterwegs sind und insgesamt drei full lenght Alben am Start haben («Knee-Deep In The Dead» als aktuelle Scheibe erschien 2018), liessen es genretypisch scheppern, aber unter dem Strich wurde bald klar, warum sich die Stellung der Band in der Szene kaum bis gar nicht verbessern wird. Dazu ist die Mucke über weite Strecken zu einfach gestrickt, und wenn man die Songs nicht kennt, respektive auseinander halten kann, wird es schwierig zu wissen, welcher Song gerade gespielt wird und auf welchem Album dieser jeweils zu finden ist. Zudem bin ich der Meinung, dass Thrash Metal als Festival-Opener nicht passt. Da würde man besser auf eine junge knackige Hardrock-Band mit Schmackes setzen. (rsl)
 
 
Picture
Die in die Jahre gekommenen Herren haben für ihren Auftritt erst einmal ein paar hundert Kilometer aus Nordholland hinter sich bringen müssen. Am Freitag, zur Mittagszeit wollten sie ein dickes Ausrufezeichen setzen. Mit Frontmann Ronald van Prooijen, Bassist Rinus Vreugdenhill, Gitarrist Jan Bechtum und Schlagzeuger Laurens Bakker sind noch alle Gründungsmitglieder an Bord, die schon in den Siebzigern und den ersten beiden Alben «Picture» und «Heavy Metal Ears» dabei waren. Verstärkt wird der Tross mit dem zweiten Gitarristen Appie de Gelder. Die reifen Herren rockten das Balinger Messegelände nach alter Manier. Ehrlich, erdig und mit einer unglaublichen Spielfreude führte der Sänger durchs Programm. Seine Ansagen, die er allesamt auf Deutsch mit holländischen Akzent machte, trafen voll ins Schwarze. Direkt in die Herzen des Publikums trafen auch seine Sprüche, mit denen er die Wettergötter beschwor, dem Regen zürnte oder einfach nur die Leute zum Mitmachen animierte. In Sachen Songauswahl begegneten uns - wie bei diesem Line-up nicht anders zu erwarten - natürlich einige Hits aus dem Frühwerk, wie etwa «Heavy Metal Ears», «Nighttiger» oder «Bombers». Aber einen Picture-Gig ohne Kracher wie «Eternal Dark», «Diamond Dreamer», «You're All Alone» und «Lady Lightning» wäre ja undenkbar. Bei Picture stimmte einfach alles, das Publikum bekam die ersehnte Oldschool 80er-Vollbedienung mit zünftig rockendem Heavy Metal, Nieten, Stirnbändern, Vokuhilas und jeder Menge gut gelaunter Altrocker. In dieser Form darf man sich aufs kommende Album «Wings» der sympathischen Band aus den Niederlanden schon jetzt freuen. (oli)


Enforcer
Muss man die Schweden mögen? Wenn man auf Judas Priest steht, wahr-scheinlich nicht unbedingt. Auch wenn Enforcer nach wie vor den "New Wave Of British Heavy Metal" zelebrieren, ihn mit schwedischen Zutaten würzen und daraus etwas Eigenes entstehen lassen. Wild, aggressiv und sehr agil wurden die Songs vorgetragen, aber spätestens beim Gesang scheiden sich die Meinungen, respektive die Geister. Für die einen zu schrill und zu monoton, für die anderen das passende i-Tüpfelchen auf "i". Es ging zwar Power ohne Ende von der Band aus, und vielleicht liegt gerade darin das Problem, dass man den Fans keine Zeit zum Verschnaufen gewährt. Trotzdem erntete der Fünfer genügend Applaus, auch wenn in meinen Augen wenigstens ein Midtempo-Track dem Ganzen sehr gut getan hätte. Da aber das Gaspedal praktisch über die gesamte Spieldauer durchgedrückt wurde, schlich sich bald einmal eine gepflegte Langweile ein. Trotzdem, an der Einsatzfreude lag es nicht, und das Fazit, dass die Jungs so spielten als ginge es um ihr Leben, beeindruckte die anwesenden Fans sichtlich. Frontmann und Gitarrist Olof Wikstrand wusste dabei genau, wie er es anstellen musste, dass er die Fans auf seine Seite ziehen konnte. Der immer noch überbetonte Oberlippenbart (für Schweizer: "Schnauz") von Leadgitarrist Jonathan Nordwall tat da allerdings nichts zur Sache. (tin)

   


Ektomorf
Petrus schien vom künftigen Line-up überzeugt und entschied sich für eine längere Regenpause, die viele Festivalbesucher nutzten, um sich ein wenig im Gelände umzusehen. Anderen war es eher ein Anliegen, sich körperlich zu betätigen und zwar im Freien vor der Bühne! Diejenigen sind ein gefundenes Fressen für die ungarische Truppe Ektomorf, die schon beim Einstieg ins Geschehen mehrfach zum „Jumpen“ aufforderten und auf mehr als nur respektable Resonanz stiessen. Die sollte im Verlauf sogar noch besser werden, vielleicht auch weil Frontmann Zoltan Farkas seine Ansagen etwas überdacht hatte und nur noch selten das berüchtigte „F“-Wort ins Publikum brüllte. In seinen Texten kommt es ja genug oft vor, sodass er nun stattdessen auf sehr persönliche und ergreifende Statements setzte. Die Menge schien zumindest nach seiner Ansage vor «Gypsy» oder «Holocaust» emotional tiefst berührt zu sein. Schliesslich hat er absolut recht damit, dass Musik Menschen verbindet und weder Rassen, noch Hautfarbe und auch keinerlei Religionen in diesem Konsens ihre Gültigkeit haben. Grosse Worte eines inzwischen offenbar gereiften Bandleaders! Musikalisch regierte bei den Magyaren dagegen immer noch Härte und Brutalität, wobei man hinzufügen muss, dass die aktuelle Besetzung ein echter Glücksgriff für Farkas darstellt. Dermassen homogen wie in der aktuellen Formation (seit 2017), zu der Szebasztián Simon (Gitarre), Dániel Szabó (Drums), Attila Asztalos (Bass) und Zoltan zählen, klangen Ektomorf nämlich noch nie. Es war eine furiose Darbietung, geprägt von hammerharten Riffs und knallenden Songs, die bis zum Finale mit «Outcast» für hüpfende Banger und rotierende „Pits“ sorgten! (oli)
     


Beast In Black
Da das Festival-Billing soweit brüderlich unter uns drei Schreiberlingen aufgeteilt wurde, bleibt jeweils nach dem Rauspicken der Präferenzen immer wieder mal eine Arschkarte oder -bombe übrig. In meinem Fall waren das die unsäglichen Beast In Black, die ich schliesslich "freiwillig" übernommen habe. Dies ganz im Wissen darum, dass es mir abermals die Zehennägel aufrollen wird, und so kam es denn auch! Ungeachtet der sehr ansprechenden Fanreaktionen war für Unsereins, sprich die Fotographen, die Arbeit im Foto-Pit wenigstens angenehm. Das war dann aber auch schon alles, denn einerseits der Eunuchen-Gesang von Frontsirene Yannis Papadopoulos und andererseits das überwiegend vorherrschende Speedgeballere wie das obernölende Keyboard ab Band nagten hart an meiner Aufmerksamkeit für diese Band. Allerdings vermitteln die Streaming-Werte auf Spotfy einen einen ganz anderen Eindruck, denn da geht die Post gleich millionenfach ab! Nur Sabaton vermögen da zu kontern und das dann aber gleich lockerst! Vielleicht liegt es an meinem Alter, respektive dem daraus resultierenden "personal taste of music", wo aktuell erfolgreiche Acts wie eben Beast In Black oder Sabaton keine Chance haben und auch nie haben werden! Das sah das zahlreich vor der Bühne stehende und zu einem guten Teil jüngere Publikum freilich anders und feierte die Finnen lautstark ab. Seis drum. (rsl)
     


Cirith Ungol
Kult besass an diesem Tag einen Namen: Cirith Ungol. Auf diese Truppe warteten viele, gehören sie doch zu den Bands, die sich auf dem Live-Sektor über viele Jahre mehr als nur rar machten. Der Kult-Faktor war aber kein guter Wetterprophet, denn der Gig musste wegen dem einsetzenden Regen gar kurz unterbrochen (!) werden. Aber nicht nur deswegen zog der Fünfer wenige Leute vor die Bühne, sondern auch wegen ihres ziemlich sperrigen Sounds. Es stand eine Combo auf der Bühne, die eher nach Metal-Rentnern aussah, denn nach einer Truppe, welche die Möglichkeit nutzen wollte, sich im besten Licht zu beweisen. Diese Chance wurde Cirith Ungol klar geboten, aber dafür hätten sie sich mit mehr Spass in den Backen auf die Stage stellen und eine Kampfbereitschaft an den Tag legen sollen, dass sich alle Combos an ihnen hätten messen lassen müssen. Für die eingefleischten Fans war es dennoch eine Offenbarung, zumal das aktuelle Line-up seit 2016 durch Night Demon Frontmann Jarvis Leatherby am Bass und Backing Vocals live unterstützt wird. Für alle anderen bot sich der passende Zeitpunkt den Hunger und/oder Durst zu stillen sowie einmal den Metal-Market abzuschreiten, der in diesem Jahr optisch wie physisch bedeutend weniger Händler bot. (tin)
   


Dark Tranquillity
Auf der Hauptbühne ist Abwechslung angesagt, auf der es mit Dark Tranquillity und schwedischem Melodic Death Metal eine Runde weiter ging. Die Band hat sich von den tödlich schmetternden Früh-werken etwas distanziert und musikalisch eine Weiterentwicklung hingelegt. Teil-weise erinnerte nur noch der Gesang von Mikael Stanne an Death Metal, ansonsten gab es Rock-, Metal- und Gothic-Elemente, die sich zu einem sehr unterhaltsamen Mix zusammenfanden. Dazwischen aber immer wieder ein paar Abrissbirnen mit Double-Bassdrum-Parts und kraftvollen Growls. Ich würde mich jetzt nicht als Experte für die Göteborger definieren, sondern vermochte anhand der Mitsingquote der Fans zu erkennen, ob gerade ein Klassiker oder ein neuer Titel aus den Boxen rauschte. So starteten sie mit eher neuem Material, das aber doch ganz schön heftig einfuhr. Melodischer, aber nicht weniger hart ging es dann während der zweiten Hälfte zu Gange. Jedenfalls war der Gitarrensound beeindruckend und Stanne bestach mit seinen Vocals, die sowohl guttural als auch clean immer passend zum Song waren. Ich nahm mir während des Auftritts bewusst vor, zuhause den Jungs etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Spätestens beim Rausschmeisser «Misery's Crown» gab es für die Fans kein Halten mehr, denn der Track ist eine verdammte Hymne. So ging der Gig der Schweden zu Ende und während sie noch winkten und Pleks verteilten, realisierte ich, dass ich Evergrey in der Messehalle verpasst hatte. Nun ja, es hat sich gelohnt bei Dark Tranquillity dran zu bleiben. (oli)

Krokus
Zuerst haderte ich schon mit der Tatsache, dass es für Krokus heuer mit der fünften Teilnahme am BYH!!!-Festival nicht doch noch zu einem der Tages-Headliner gereichte, denn dann wäre der Set nicht siebzig, sondern mindestens neunzig, wenn nicht gegen hundert Minuten lang gewesen! Auf der anderen Seite bot sich auf der "Adios Amigos"-Tour der grössten Schweizer Rockband die letzte Gelegenheit, nochmals aufzuzeigen, was für geniale Songs die Combo in petto hat oder hätte, wie dem auch sei. Da ich Krokus beim "Rock The Ring" in Hinwil (CH) verpasst hatte, lag der Fokus vor dem CH/Europa Abschluss-Konzert in Zürich am 07.12.2019 klar hier in Balingen, da Wacken im August terminlich bedingt keine Option darstellte. Somit war ich spitz wie Anton auf dieses Konzert. Das Anflehen bei Wettergott Petrus hielt immerhin zu Beginn bestand und liess trockene Bedingungen im Fotopit zu. Nach den Fotos platzierte ich mich mittig vor der Bühne und durfte die erhoffte Hammer-Performance geniessen! Schon nur der Beginn mit dem live vorher noch nie verwendeten Instrumental «White Din» und als Mega-Opener «Headhunter» wie überhaupt, wurde von vielen Fans seit Jahren vermisst. Dass «Long Stick Goes Boom» als langjähriger Set-Opener auf dem Fusse folgte, war sonnenklar. Zu einem erfreulich metallisch klingenden Sound und Frontmann Marc Storace (67) in Topform, lieferten die Eidgenossen Pflicht und Kür in beeindruckender Art und Weise ab! Den einzigen Kritikpunkt lieferte letztlich aber die weitgehend gute Setliste ab. Angesprochen sind unnötige Coverversionen, für die dann natürlich eigene Songs geopfert werden mussten. Bei allem Respekt für die künstlerische Freiheit der Musiker und Einfluss nehmende Bands der früheren Jahre ist es absolut unverständlich, dass die wertvolle Spielzeit auf der letzten Tour mit an sich undiskutablen Klassikern der Musikgeschichte wie «Rockin' In The Free World» (Neil Young) und vor allem «The Mighty Quinn» (Bob Dylan/MMEB) vergeudet wird! Bessere Alternativen und für Marc stimmlich stemmbare Songs hätte es zuhauf gehabt. Das sah Petrus wohl auch so und schickte während «Heatstrokes» abermals Regen vom Himmel herunter. So zog ich mich ans Trockene zurück und verzichtete auf den Schlusssong. Der Rest war aber mega und bewies, dass Krokus erhobenen Hauptes abtreten werden. (rsl)
     


Steel Panther
Wer schon mal eine Show der Amis miterlebt hat, weiss, was ihn erwartet. Songs mit vielen Mädels auf der Bühne und ebenso viel Gequatsche, welches die Jungs in ihrer Heimat wohl nicht annähernd so preis geben könnten. Natürlich musste wieder ein Mädel dem Aufruf folgen ("Mathilda! How old are you? It doesn’t matter! Mathilda, your eyes are so blue, I wanna fuck you") und die «17 Girls In A Row» waren natürlich einmal mehr als nur siebzehn an der Zahl. Logisch wurde erneut erwähnt, dass Lexxi Foxx in einer Sex-Entziehungskur war, was Selbiger mit seinem Schmink-spiegel und einem verächtlichen "Shut Up!" abtat. Logisch wurden die «Fat Girls» als Sexmaschinen bezeichnet und erwartungsgemäss legte sich Gitarrist Satchel verbal mit Sänger Michael Starr an, um ihn aber auch sogleich als Sohn von David Coverdale und David Lee Roth zu loben. Neu war, dass sich Drummer Stix Zadinia einen Arm im Shirt versteckte und dann einarmig Schlagzeug spielend «Photograph» von Def Leppard anstimmte. Nicht mehr ganz so neu war, dass sich Michael kurz von der Bühne entfernte, weil sein Mikrofon "nicht mehr funktionierte" und Satchel die Gunst der Stunde nutzte. Dabei beschrieb er sich als besten Tribut an Randy Rhoads, stimmte «Crazy Train» an, als plötzlich Ozzy auf die Bühne tapste. Ozzy in Reinkultur, verstrahlt und sich kaum mehr bewegen zu können, als er die kleinen Stufe auf die Bühne vom Laufsteg hochsteigen wollte. Es trieb einem die Lachtränen in die Augen, was die Jungs wieder alles auf die Schippe nahmen, und selbst wenn man die Herren schon zum fünften Mal sah, man fand die Show einfach unterhaltsam. Vorausgesetzt man gehörte nicht dem Verein der emanzipierten Frauen an, welche sich auf die Fahnen geschrieben haben, dass Sex und nackte Haut etwas Verwerfliches ist. Steel Panther polarisieren noch immer und bewegen gewisse Kreaturen dazu, sich auch wirklich daneben zu benehmen. Aber wer den Schalk erkennt und weiss, dass sich die Jungs selber nicht allzu ernst nehmen, hatte an diesem Auftritt, auch wenn sich vieles wiederholte, seinen Spass. Ganz ehrlich, mir ist eine Steel Panther Headliner-Show bedeutend lieber als ein seelenloser Vince Neil, der leider schon vor einer Weile damit angefangen hat, das musikalische Erbe von Mötley Crüe auf verwerfliche Art und Weise eigenhändig zu verspielen. (tin)
 
 


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