Livereview: Alice Cooper

09. Juni 2016, Pratteln – Z7
By Tinu
Ausverkaufte Hütte im Z7, was anderes war nicht zu erwarten, wenn Alice Cooper Pratteln beehrt. Die Frage war nur, wie der Meister des Schock-Rocks all seine Requisiten auf der sicher nicht kleinen Bühne unterbringen wollte. Denn neben der Guillotine, war es noch der grosse Experimentierstuhl des Herrn Frankenstein und das dazugehörende Monster, wie auch die sechs Musiker, die ihren Platz neben all der gruseligen Bühnendekoration auf der Stage finden sollten. Dem ganzen Bühnenaufbau war es dann auch zu verdanken, dass keine zweite Band aufspielen sollte.

Warum man sich dann aber für einen der langweiligsten Komiker entschied… Die Krönung des Ganzen, neben all den peinlichen und unnötigen Witzen war, dass man den Helden auf der Bühne nicht fotografieren durfte. Also seid mir nicht böse, wenn ich das Deckmäntelchen des Schweigens über diese völlig überflüssigen dreissig Minuten lege und die kommenden Zeilen der Person widme, die es auch verdient hat.

Mit einer fantastischen Lichtshow und vielen Showelementen ist Alice in dieser Verfassung kaum zu schlagen. Sind es die Seifenblasen und die mit Konfetti gefüllten Ballone («School's Out»). Die Papierschlangen («Elected») oder das aus Alice Cooper entstandene Riesenmonster beim Versuch von Dr. Frankenstein aus sich selber etwas Unsterbliches zu kreieren («Feed My Frankenstein»). Der fast explodierende Experimentierstuhl. Die Puppe, die zum Leben erweckt wird («Only Woman Bleed»). Die durchgeknallte Krankenschwester, die Mister Cooper mit einer Riesenspritze ruhig stellen will, um dann vom sich aus der Zwangsjacke befreienden Alice fast erdrosselt zu werden («Ballad Of Dwight Fry»). Der geköpfte Alice («Killer»). Der abgeschnittene Kopf von Alice, der viel Blut speit («I Love The Dead»). Seine Wiederauferstehung («Under The Bed»). Die immer wechselnden Bühnenklamotten. Der an Krücken gehende Alice («I'm Eighteen»). Die unzähligen Billion Dollar Noten, die ihren Weg vom Säbel zu den Fans finden («Billion Dollar Babies»). Der zur Show gestellte US-Wahlkampf zwischen Hillary Clinton und Donald Trump («Elected»). Die Pyroshow («The Black Widow») oder die musikalische Huldigung an verstorbene Musiker wie Keith Moon (The Who), Jimi Hendrix, David Bowie, die mit einem grossen Banner geehrt wurden und Lemmy von Motörhead, es war eine Offenbarung, was uns Mister Cooper bot. Auch wenn man die meisten Elemente schon von den letzten Shows her kannte, es macht immer wieder Spass, Alice bei einer Show zuzusehen.

Lassen wir die ganze Show auf der Seite, bleiben die Evergreens, welche uns Alice an die Gurgel wirft. Dabei glänzten logischerweise die Smash-Hits «Poison» - «Feed My Frankenstein» und «School's Out» am besten, weil sich jede mit Musik beschäftigende Person sich mit diesen Tracks schon zig-mal im Radio konfrontiert sah. Der Rest war nicht einfach ein Rahmenprogramm, sondern Teil einer ausgeklügelten Show, bei der Song und Show aufeinander abgestimmt waren. Waren dies dann für sich alleine stehende Lieder wie «No More Mr. Nice Guy» - «Under My Wheels» oder «Billion Dollar Babies». Die Show in der Show mit den Stücken von «Cold Ethyl» bis «I Love The Dead», wo die ganze Verwandlung von Alice bis zu seinem Tod dargestellt wird. Oder die mit vielen Effekten garnierten «Feed My Frankenstein» und «Elected», Alice weiss schon beim Komponieren, wie man neue Songs in eine Cooper-Show einbinden kann. UND! Alice hat das Flair aus jeden Song, und klingt er noch so modern und hart wie «The Black Widow», einen sofort ins Ohr gehenden Refrain einzubauen oder eine Melodie, die man nie mehr vergisst. Der fast 70-jährige Sänger ist auf der Bühne noch immer der grosse Mann, singt nach wie vor souverän und bindet seine Mitmusiker mehr denn je ein. Neben Alice, der Show und den Songs, ist die Begleittruppe das vierte grosse Fundament einer Show von Herrn Cooper.

Mit Glen Sobel am Schlagzeug findet sich ein powervoller, aber auch mit vielen Showelementen versehener Trommler in der Band wieder. Einer, der sichtlich Freude hat bei dieser Truppe mitspielen zu können. Zusammen mit Chuck Garric am Bass bilden die Beiden das feste Rhythmusgespann, welches keine Löcher zulässt. Chuck präsentiert sich nicht nur als Kotletten tragender Biker, sondern auch als famoser Sänger, der eine unglaublich wuchtige Version von Motörheads «Ace Of Spades» sang. Die Gitarrenfront verbindet das Sleaze-Potenzial von Ryan Roxie, mit den metallischen und technisch versierten Parts von Nita Strauss und der rockigen Attitüde von Tommy Henriksen. Anders als bei Iron Maiden, wo man sich immer wieder fragen muss, spielen wirklich alle Saitenakrobaten, beweisen die drei bei Alice, dass jeder auch seinen stetigen Teil beiträgt. Dabei duellieren sie sich ebenso gerne, wie sie sich auch gegenseitig den Freiraum zugestehen und sich die Solos zuspielen. Alice überlässt den Platz an der Bühne auch oft seiner Saitenfront, präsentiert sich viel mit ihnen und baut sie in seine Show ein. Arroganz und ein überdrehtes Ego überlässt der Sänger anderen. Bei einer Gitarristin wie Nita wäre es auch eine Schande, ihr nicht den Platz einzuräumen, der ihr zusteht. Die Lady sieht nicht nur unverschämt gut aus, lächelt und flirtet mit den Besuchern, sondern legte auch eine verdammt geile Bühnenpräsentation hin und spielte, als ginge es um ihr Leben. Tommy stellt sich da ein bisschen mehr in den Hintergrund, während Ryan klar auf seine Parts wartet und dann mit seinem Charisma den Platz füllt. Alice ist sich der Stärke seiner Gitarristen bewusst und dirigierte sein Saitenensemble locker bei «Halo Of Flies». Ein weiterer Hingucker und Spassfaktor während des Konzertes ist, wenn Alice mit Frack und Diktierstock das Zepter in die Hände nimmt.

Ansagen sind Mister Furnier fremd, ausser er animiert die Leute mit «...raise your hands if your poison…» bei dem die Halle komplett ausrastet. Die Stimmung war ebenso heiss, wie die Temperatur in der Halle. Das Z7 kochte, nein es brodelte. Bei der Vorstellung seiner Bandmitglieder («School's Out») liess es sich Alice nicht nehmen zu erwähnen, dass Tommy aus Zürich kommt und stellte sich selber mit den Worten: «…ans who played Alice? ME!!!», unter tosendem Jubel vor. «Switzerland, thank you!» Nein Alice, wir danken dir für eine erneut geile, packende und nie langweilige 105 Minuten dauernde Show! Wer sich mit so viel Spass in den Backen und einer dermassen ansteckenden Spielfreude präsentiert, darf gerne jeden Tag im Z7 auftreten!

Setliste: «Vincent Price (Intro)» - «The Black Widow» - «Public Animal #9» - «No More Mr. Nice Guy» - «Under My Wheels» - «Billion Dollar Babies» - «Long Way To Go» - «Woman Of Mass Distraction» - «Solo Nita Strauss» - «Poison» - «Halo Of Flies (mit Solo Glen, begleitet von Chuck)» - «Feed My Frankenstein» - «Cold Ethyl» - «Only Woman Bleed» - «Guilty» - «Ballad Of Dwight Fry», «Killer» - «I Love The Dead» - «Under The Bed» - «Pinball Wizard (The Who)» - «Fire (Jimi Hendrix)» - «Suffragette City (David Bowie)» - «Ace Of Spades (Motörhead)» - «I'm Eighteen» -- «School's Out (with Another Brick In The Wall)» - «Elected».