Livereview: Axel Rudi Pell - Powerworld
01. Februar 2011, Pratteln - Z7
By Rockslave
Wer auf Rainbow, Deep Purple, Whitesnake und Konsorten steht, kennt mit Sicherheit auch den deutschen Gitarristen Axel Rudi Pell. In den 80ern hatte er seine erste Band Steeler am Start. Nach dessen Auflösung im Jahre 1989 kam mit «Wild Obsession» bereits das Debüt-Album als Solo-Künstler (mit Band) auf den Markt. In den folgenden Jahren gaben sich dann Axels Mitstreiter oft die Klinke in die Hand. Unter anderem war auch ein gewisser Jeff Scott Soto immerhin sechs Jahre mit dabei. Der typische, stark an Rainbow angelehnte Sound kam dann eigentlich erst so richtig mit dem 98er Album «Oceans Of Time» zum Tragen, wo mit dem damals ehemaligen Hardline-Frontmann Johnny Gioeli der Glücksgriff schlechthin getan wurde. Gleichzeitig stiessen Keyboarder Ferdy Doernberg (Rough Silk) und Drum-Ikone Mike Terrana (Ex-Rage, Tarja) zum Lineup und zusammen mit Ur-Bassist Volker Krawczak (der schon bei Steeler dabei war) fand die Gruppe ihre optimale Besetzung, die bis heute anhält. Powerworld als Support mussten auf Andy McDermott (Ex-Threshold) verzichten, der privat bedingt abkömmlich war, durch Michael Bormann jedoch vorzüglich ersetzt wurde.

Powerworld

Bei allem Respekt für den alten, respektive wieder zu Threshold zurück gekehrten Damian Wilson kann ich dem Lineup mit Andrew "Mac" McDermott einfach mehr abgewinnen. Seit dieser 2007 (mitten auf der Tour!) ausgestiegen war, wurde es ziemlich ruhig um den charismatischen Sänger. Zwei Jahre später werden Aktivitäten für die Bands Yargos und Swampfreaks registriert. Irgendwann standen dann mal in einem Metal Magazin ein paar Zeilen drin zum Einstieg bei Powerworld, dessen Zweitwerk «Human Parasite» (mit Mac) 2010 das Licht der Welt erblickt hatte. Das ist bekanntlich die Combo von Ex-Freedom Call Bassist Ilker Ersin. Leider war der gute Andrew heute Abend aber nicht zugegen und darum musste für ihn ein Eratz verpflichtet werden. Das war dann freilich kein Unbekannter, sondern vielmehr eine veritable Szene-Grösse: Michael Bormann! Nebst diversen Solo-Aktivitäten und unzähligen anderen Engagements war er ja unter anderem auch mal Sänger von Bonfire. Etwa um 20.10 Uhr kam die Band für den allerersten CH-Auftritt auf die Bühne und zelebrierte dann in erster Linie die Songs des neuen Albums und des Debüts von 2008. Von den ersten Tönen an wurde knackiger Hardrock mit etwas progressiver Ausrichtung gezockt. Trotz der Vakanz des Ex-Threshold Shouters erinnerte mich der Sound immer wieder mal an die genialen Briten. Die Musiker wirkten routiniert und spielten ziemlich taff auf. Leider kamen alle Keyboard-Sounds, und davon gab es zeitweilen eine ganze Menge, allesamt ab Band. Normalerweise würde dieses Instrument von Nils Neumann bedient. Grandios vom Leder zog hingegen Gitarrist Barish Kepic, der es als einzelner 6-Stringer bestens verstand, stets einen fülligen Sound mit seinen Riffs und Soli gleichermassen zu erzeugen. Die Rhythm-Section, bestehend aus Achim Keller (d) und Ilker Ersin (b) stand dem Ganzen in Nichts nach und bereits eine stattliche Anzahl von mehreren hundert Fans spendete verdienten Szene-Applaus. Natürlich wäre es mit Herrn McDermott noch geiler gewesen, aber mit diesem grundsätzlich beindruckenden Auftritt war für mich klar, dass ich nachher zwingend an den Merchstand gehen musste! Nach knappen vierzig Minuten war die Schweiz-Premiere von Powerworld viel zu schnell vorbei und ich hoffe schwer, dass ich das richtige Lineup (inkl. Keyboarder!) bald wieder einmal zu Gesicht bekomme. Michael Bormann lieferte aber auf jeden Fall ein gute Show ab und womöglich haben es viele Leute eh nicht gecheckt, dass hier gleich zwei Dinge nicht so waren, wie sie hätten sein sollen. Sei's drum..., in der Zwischenzeit hält die starke, neue CD «Human Parasite» das Interesse an dieser überzeugenden Truppe bestimmt nicht nur mich aufrecht.

Axel Rudi Pell
Im Grunde genommen lautet die Formel ganz einfach: Wo Pell drauf steht, ist auch Pell drin und obwohl sich die letzten paar Alben kaum voneinander unterscheiden, ist das Niveau immer überdurchschnittlich hoch. Das ist in erster Linie, nebst dem überzeugenden Songwriting des Chefs, vor allem der Verdienst von Sänger Johnny Gioeli, der wie geschaffen ist für diese Art Musik. Trotz der unüberhörbaren Affinität für Rainbow und Ritchie Blackmore im Speziellen, hat sich Bandboss Axel Rudi Pell eine eigenständige Nische geschaffen und wirkt deshalb sehr authentisch und kaum bis gar nicht als Plagiat. Das erklärt im Wesentlichen den zwar nicht riesengrossen, aber konstanten Erfolg und eine treue Fanbase, die längst nicht nur aus dem Alters-Pool 40+ besteht. Dazu kommt natürlich noch der Drum-Irokese Mike Terrana, der immer für mächtig Dampf hinter seinen Kesseln sorgt und Keyboarder Ferdy Doernberg, der seine eigentlich klobigen Instrumente zwischendurch unvermittelt unter den Arm klemmt und weiter spielt, als wäre es das Normalste der Welt. Zusammen mit Tieftöner Volker Krawczak ergibt das eine supertighte Band, die heute Abend mit «Too Late» und «Fool Fool» gleich ordentlich einheizte. Johnny hatte spürbar Hummeln im Arsch und stiefelte ständig auf der Bühne herum, sodass ich ihn kaum recht vor die Linse kriegte. Die gut 1'000 Fans antizipierten rasch und schon bald war eine tolle Stimmung auszumachen. Axel setzte derweil bereits zu den ersten, ausufernden Soli an und war bald in seine eigene Welt abgedriftet. In diesem Momenten lauschte das Publikum den Klängen des Meisters jeweils fast andächtig. Dass dabei die Stimmung gegen Null zurück ging, war nicht zu verhindern, aber Smasher wie «Mystica» und Neuware der Marke «Glory Night» (geile Halbballade!) brachten den Motor wieder spielend zum Laufen. Zuvor gelang das schon starken «Dreaming Dead» als zweitem Teil des ersten Medleys, das mit «Tales Of The Crown» eröffnet wurde. Normalerweise mag ich die Medley-Geschichten überhaupt nicht, aber wenn man die richtigen, respektive zueinander passenden Songs verbindet, entstehen regelrechte Epen, die dann gut und gerne eine Viertelstunde dauern können. Nicht ganz so lange dauerte das obligate Drum-Solo von Herrn Terrana, der einmal mehr zeigte, dass er einfach zu den Besten seiner Zunft gehört und so für all seine Wirkungsstätten unentbehrlich ist. Was aber niemand ahnen konnte, aber es womöglich dennoch bemerkte, war, dass Mike offenbar Schmerzen hatte und darum auf die Zähne beissen musste. Sein humpelnder Gang von der Bühne runter sprach Bände, doch sein Schlagzeugspiel war zum Glück kaum bis gar nicht betroffen davon. «Carousel» mit einer angehängten Jam-Session beendete erstmal den regulären Set. Vor dem grossen Banner mit dem klassischen ARP-Motiv bekamen die sichtlich zufriedenen Fans mit «Masquerade Ball/Casbah» und dem finalen «Rock The Nation» nochmals das volle Brett serviert. Kurz nach 23.00 Uhr und somit knappen 100 Minuten verabschiedeten sich Axel und seine Kumpels ein weiteres Mal im Z7 und hinterliessen wiederum den erwarteten, guten Eindruck. Dabei gehörte die töfte Cover-Version vom Rainbow-Classic «Temple Of The King» zu den Highlights des Abends und entschädigte dafür, dass man das Original wohl nie mehr sehen und hören wird.

Setliste: «Intro/Too Late» - «Medley: Tales Of The Crown/Dreaming Dead» - «Drum Solo» - «Mystica» - «Piano Intro/Glory Night» - «Temple Of The King» - «Strong As A Rock» - «Carousel/Jam» -- «Masquerade Ball/Casbah» - «Rock The Nation».