Livereview: Blind Guardian - Astral Doors
7. September 2006, Pratteln Z7
By Rockslave (Rsl) & Kissi (Kis) - All Pics by Kissi
Nach dem Interview mit Marcus Siepen und der CD-Review nun Teil 3 meiner Berichterstattung über die momentan grösste Metalband Deutschland's: Blind Guardian. Lange ist es her, seit sich die Krefelder Fantasy Metaller das letzte Mal in der Schweiz blicken liessen und so verwunderte es nicht, dass auf der Homepage des Z7 wenige Tage vor dem Stattfinden des Konzerts ein "ausverkauft" zu lesen war. Dennoch staunte ich schon ein wenig, als ich eine Stunde vor Türöffnung, ja auch ich hatte mich brav in die ellenlange Schlange im Media Markt zwecks Autogramme gestellt, vor der Halle ankam und sich dort schon mehrere hundert BG-Fans tummelten, mehr Leute also, als ich sonst im Z7 während des Headliners anzutreffen gewohnt war. So musste ich mich wohl oder übel auf einen heissen, verschwitzten und engen Abend einstellen, der sich dann auch in Realität verwandelte und der es auch noch schaffte, meine hochgesteckten Erwartungen fast gänzlich zu erfüllen. (Kis)

Astral Doors
Im Februar 2005 spielten die Schweden als Support von Grave Digger erstmals in der Schweiz. Und nun war es endlich wieder soweit: Astral Doors are back! Eine der interessantesten Newcomer Bands der jüngeren Vergangenheit hat es geschafft, die Fans mit ihrem Retro-Sound der Dio/Black Sabbath (mit Tony Martin) Ära zu begeistern. Vor allem Sänger Patrik Johansson wurde mit einem unverwechselbaren Organ gesegnet, das von Anfang der Aufhänger war. Keines der bisherigen drei Studio-Alben fällt musikalisch ab und es wird sich zeigen, ob dieses Level auch weiterhin gehalten werden kann. Tendenziell liegen mir ja eher groovigere Nummern, wie zum Beispiel „Evil Is Forever" oder "Of The Son And The Father". Kracher der Sorte „Cloudbreaker“, „Pull The Break“ oder „In Rock We Trust“ gehen aber genau so runter wie Öl. Gleiches gilt für all die Songs mit ausgeprägtem Hymnen-Charakter: „Man On The Rock“, „Fear In The Eyes“ oder „From Satan With Love“. Diese Attribute lassen sich aber locker untereinander austauschen und untermauern damit das Potenzial dieser Hammer-Band aus dem hohen Norden. In der (hinten geöffneten) Halle befanden sich bereits ordentlich Fans, als Astral Doors die Bühne enterten und mit „Black Rain“ vom neuen Album „Astralism“, gefolgt von „Bride Of Christ“, wuchtig loslegten. Die Zuschauer-Reaktionen waren erstaunlicherweise nicht gerade übermässig, obwohl das Animieren zum Klatschen zu Beginn eines Songs jeweils ganz zufriedenstellend ausfiel. „Evil Is Forever“ avancierte dann zum ersten Höhepunkt des Abends! Leider verflüchtigte sich die Magie des Keyboard-Intros gegenüber den Gänsehaut-Vibes, die die CD-Version verströmt, ziemlich deutlich. Nichtsdestotrotz fühlte sich jeder aktive Air-Gitarrist nahe dem Metal-Himmel und gab entsprechend alles. Der Zuspruch des Publikums wäre mit Sicherheit grösser gewesen, wenn die Band sich nicht so statisch verhalten hätte. Wenn von oben her kaum was an Bewegung auszumachen ist, überträgt sich das meist auch nach unten. "Of The Son And The Father" liess meine darob leicht getrübte Miene jedoch wieder postwendend aufhellen und „Cloudbreaker“ kam einer Versöhnung gleich. Insgesamt hatte ich jedoch etwas mehr erwartet und mit zwei bis drei anderen, respektive noch griffigeren Songs wäre sicher mehr drin gelegen. Die Freude über diese persönlich erlebte Live-Premiere wog aber alles Negative auf und nun mussten sich Blind Guardian (ich kenne echt keinen einzigen Song von denen! *sic*) mächtig anstrengen, um meine Gunst ebenfalls zu erobern. (Rsl)

Set-Liste: „Black Rain“, „Bride Of Christ“, „Time To Rock“, „Evil Is Forever“, „London Caves“, „Fire In Our House“, „Of The Son And The Father“, „The Hungry People“ & „Cloudbreaker“.

Blind Guardian
Zwar hatten mich die von Herrn Rockslave immer wieder in den Himmel gelobten Astral Doors nicht wirklich vom Hocker gehauen, den Job des Anheizers erfüllten sie jedoch mit Bravour. Dennoch machten Sprechchöre, die sogleich nach der A.D.-Show aufbrandeten, klar, dass es für die Meute heute nur eine Band gab: Blind Guardian. Nach einer auch für das Publikum nötigen Umbaupause (das Thermometer war gerade von "unmenschlich" auf "höllisch" geklettert) erklang dann endlich das wohlbekannte Intro "War Of Wrath", mit welchem wohl schon seit einem Jahrzehnt jede Show der Krefelder eingeläutet wird. Klammheimlich schlich sich dazu das Quartett mitsamt Tourmusiker (Oliver Holzwarth am Bass und Michael Schüren hinter den Tasten) auf die äusserst spärlich und leer wirkende Bühne. Keine Monitorboxen (weil Ear-In Monitoring), keine Pyros, kein Nebel, nicht einmal ein Banner im Hintergrund, sondern lediglich ein einfaches weisses Tuch. Was zuerst, zumindest für mich, enttäuschend wirkte, da Marcus Siepen im Interview doch von bombastischen Videoproduktionen geschwärmt hatte. Aber schon vor den ersten Klängen von "Into The Storm", dem furiosen Opener der Show, besänftigte die beeindruckende Lichtshow mein skeptisches Gemüt mindestens teilweise. Wie zu erwarten, drehte auch das Publikum sogleich auf und so konnten die blinden Gardinen gar nicht anders, als gleich mal mit grinsenden Gesichtern ihr erstes Konzert der Tour zu starten. Bevor man dann mit "Born In A Mourninghall" fortfuhr, brandeten sogleich die ersten Sprechchöre auf. Dabei kamen nun auch die versprochenen Video-Einspielungen, die auf den weissen Hintergrund projiziert wurden (und mal aus dem Cover-Motiv, mal aus Mustern oder aus neuen Zeichnungen bestanden) zum Zuge, die zudem klar machten, dass es für eine Fantasy-Show nicht unendlich viel Kitsch braucht, klasse Show! Doch auch die Band zeigte sich äusserst spielfreudig, Hansi Kürsch sang wie ein junger Gott und peitschte das Publikum an, während die Saitenfraktion zwischen Bangen und coolen Posen ihre Riffs und Licks zockte. Und auch Neuzugang Frederik Ehmke, der zum ersten Mal auf einem regulären Konzert (vor ein paar Monaten absolvierte man erste Probe-Gigs) Gründungsmitglied Thomen Stauch vertritt, trommelte den Vorgänger zu Stücken wie "Time For My Requiem" in Vergessenheit. Mit "Fly" bekam man den ersten neuen Song zu hören, die progressive Vorab-Single von "A Twist In The Myth". Zwar waren die Reaktionen darauf nicht ganz so frenetisch, wie eben noch beim Klassiker "Nightfall", dennoch funktionierte der Song äusserst gut. Leider war dabei der Sound nicht gerade hilfreich, denn der konnte dem Bombast der Nummern nicht wirklich gerecht werden, was die Fans jedoch wenig störte, gab es für die Fantasy Metaller bei "Valhalla" doch kein Halten mehr. Bis in die hintersten Reihen wurde gebangt, mitgesungen und die Hände in die Höhe gereckt, was sich auch bei "Times Stands Still" nicht änderte. Die verdiente Verschnaufpause hiess "Skalds And Shadows", der neuen Akustik-Nummer im Stile vom "Bard's Song", wo das Mitsingen zwar noch nicht ganz klappte, aber sicherlich in Zukunft genauso frenetisch bejubelt werden wird. Noch auffallender wurden die Soundprobleme bei "Punishment Devine" vom Vorgängeralbum "A Night At The Opera", das mit seinen orchestralen Stücken natürlich geradzu auf einen glasklaren Sound angewiesen ist. Doch bei einem solchen Backkatalog dürfen aber auch die Klassiker nicht zu kurz kommen und so liess man schnell mal "Bright Eyes" und das folkige "Lord Of The Rings" auf's Publikum los, bevor man mit "Another Stranger Me" wieder zum neuen Material zurückkehrte. Der Song wurde dabei optisch von dem eben erst kürzlich dazugedrehten Video untermalt, welches jetzt schon als das mit Abstand beste Video von Blind Guardian bezeichnet werden kann. Nach "Lost In The Twilight Hall" gab das Quartett unerwarteter Weise noch "And Then, There Was Silence" von der "Opera"-Scheibe zum Besten, das längste und epischste Stück, welches von der Formation je geschrieben wurde. Während fast 15 Minuten zockte man sich dabei durch alle BG-Trademarks, wobei einigen Fans das zu lange zu sein schien, da das "Opera"-Album unter Fans der ersten Werke als zu bombastisch und überladen gilt, der Sound leistete dabei natürlich auch keine grosse Hilfe. Als die Band dann verkündete, dass das der letzte Song gewesen sei, glaubte dies natürlich keiner und so kehrten die Jungs mit "Imaginations From The Other Side" zurück, um gleich darauf mit "And The Story Ends" wieder zu verschwinden. Doch noch immer warteten die Fans auf zwei ganz spezielle Songs, die bei keinem Gig der blinden Gardinen fehlen durften, konnten. Nummer 1: "The Bard's Song (In The Forest)" wurde sogleich (wie immer sitzend) vorgetragen und wie zu erwarten war, sang dabei die ganze Halle mit voller Kraft mit. Selbst dann noch, als die Band längst zu spielen aufgehört hatte. Jetzt konnte nur noch eines kommen: "Mirror, Mirror". Noch einmal drehte das vollkommen gemischte, sowohl aus älteren und jungen Metalheads, wie Goths und Folk-Anhänger bestehende Publikum völlig durch und nach mehr als 2 1/4 Stunden war dann endgültig Schluss mit der schweisstreibenden und fesselnden Vorstellung. OK, die Band bewegte sich nicht gerade viel und auch der Sound liess zu wünschen übrig, doch ein solches Weltklasse-Set, voll von Klassikern und mindestens so guten neuen Songs konnte, kombiniert mit einer superben Videoshow, ohne Weiteres über solche Punkte hinweg trösten. (Kis)

Set-Liste: "War Of Wrath" (Intro), "Into The Storm", "Born In A Mourninghall", "Nightfall", "Time For My Requiem", "Fly", "Valhalla", "Times Stands Still (At The Iron Hill)", "Skalds And Shadows", "Punishment Devine", "Bright Eyes", "Lord Of The Rings", "Another Stranger Me", "Lost In The Twilighthall", "And Then, There Was Silence" - Zugaben: "Imaginations From The Other Side" & "And The Story Ends" - 2. Zugaben: "Bard's Song" & "Mirror, Mirror".