Livereview: Blind Guardian - Steelwing
15. Oktober 2010, Pratteln - Z7
By Tinu & Kissi - Pics by Tinu
Es gibt Konzerte, da ist der „Ausverkauft!“-Stempel vorprogrammiert. Wenn Blind Guardian über die Grenze nach Pratteln kommen, dann sind Warteschlangen vor den Eingängen vorprogrammiert. Was mich also ins Staunen versetzte, als ich vor dem Z7 stand, war nicht die Menge der Leute, die mit Vorfreude Schlange standen, sondern mit welcher Ruhe sie dies machten. Zwei 40 Meter lange Reihen, eine für Starticket-, eine andere für alle übrigen Tickets und dabei kein Drängeln, Pöbeln, Ausscheren. So zurückhaltend Blind-Guardian-Fans vor der Show sein mögen, so euphorisch sind die Damen und Herren zu den Klängen ihrer grossen Helden. Ob neues Material oder die immer wieder gern gehörten Klassiker, das proppenvolle Z7 sang, feierte und genoss die neu gestaltete Bühnenshow so oder so, was nur für den letzten Guardian-Streich „At The Edge Of Time“ sprach. (kis)

Steelwing

Bevor die Fans aber auf zur „Ende der Zeit“ wandern konnten, nahmen Steelwing die schon zahlreich Anwesenden mit auf einen Trip zurück in die 80er. Mit dem Opener „Headhunter“ ihres Debüts „Enter The Wasteland“ starteten die schwedischen Newcomer ihr energiegeladenes Set. In Spandex- und Lederhosen und mit Nieten bewehrt lässt der Fünfer die New Wave of British Heavy Metal wieder auferstehen und posen dabei was das Zeug hält. Schade nur, dass das Publikum bei einer solch spielfreudigen Performance und Songs wie „The Nightwatcher“ oder „The Illusion“ nicht stärker mitmachen. Bis auf die ersten fünf, sechs Reihen könnte sogar von Teilnahmslosigkeit gesprochen werden. Beim Mid-Tempo-Stampfer „Sentinel Hill“ bemerkt man zwar, dass das eine oder andere Solo nicht ganz sauber gezockt wird, doch machte das Sänger Riley mit seinen Screams und an Bruce Dickinson erinnernden Gebärden mehr als wett, sodass die „Oh-oh-oh“-Passagen doch noch den einen oder anderen zum Mundöffnen verführen können, bevor mit Polizeileuchten am linken und rechten Rand der Bühne und einem Solo von Robby Rockbag der finale Schlag in Form von „Roadkill (or Be Killed)“ eingeleitet wird. Auch wenn es den Geschmack der meisten Fantasy-Metaller getroffen haben mag: Steelwing präsentierten sich an diesem Abend in Topform und verteidigten die Ehre des 80er-Metals mehr als würdig. (kis)

Setlist Steelwing: „Enter the Wasteland“ (Intro) - „Headhunter“ - „The Nightwatcher“ - „The Illusion“ - „Sentinel Hill“ - „Roadkill (or Be Killed)“

Blind Guardian
Da standen sie nun auf der Bühne. Die Krefelder, die dafür sorgten, dass ein weiteres Mal das Z7 aus den Nähten zu platzen drohte. Mit ihrem letzten Werk «At The Edge Of Time» stimmten die Herren um Sänger Hansi Kürsch ihre alten Fans wieder versöhnlich. Diejenigen, welche mit den immer vertrackter werdenden Scheiben ihre grosse Mühe hatten. So konnten Blind Guardian auch vom 14. Tabellenplatz der Swiss Charts grüssen. Eine Platzierung, die für die Deutschen in der helvetischen Rangierung noch nie so hoch ausgefallen ist. Mit diesem Bewusstsein im Rücken und einem breiten Grinsen auf den Backen, begrüsst dann auch Mister Kürsch seine Fans mit den Worten: «...schön wieder im Land unserer Bankkonten zu sein. Es ist uns immer wieder eine Freude!», um dann gleich hinterher zu werfen, dass sie sich hier ja nicht mit Geld, sondern mit Esswaren bezahlen lassen. Tja, wer den Erfolg hat, braucht sich um das leibliche Wohl nicht zu sorgen. Speziell dann nicht, wenn man die eigene Küchenmannschaft im Tourtross mitfahren lässt. – Wer schon mal eine Tour mitgefahren ist weiss, dass ein solcher Luxus sich an speziellen Orten als sehr förderlich entpuppt, da nicht alle Veranstalter wissen, wie man sich um das kulinarische Wohl einer Band kümmert. Glaubt mir, da wurden renommierte Truppen schon mit einem Sixpack Bier und einer Tüte Chips zum Frühstück begrüsst... – Anyway, gut gestärkt standen Hansi, seine beiden Gitarristen André Olbrich und Marcus Siepen, sowie Tourbassist Oliver Holzwarth plus Schlagzeuger Frederik Ehmke und Keyboarder Michael Schüren auf der Bühne, um die nächsten knappen zwei Stunden in Angriff zu nehmen.

Nach dem Opener «Sacred Worlds» lud Hansi alle mal zum Sterben ein. «Welcome To Dying» wurde von den Anwesenden lautstark mitgesungen und schon bei dieser zweiten Nummer wurde klar, dass die Fans an diesem Abend dem Sänger aus der Hand fressen würden. Es war ein cleverer Schachzug der Truppe, dass sich die Setlisten immer wieder an ihrer musikalischen Vergangenheit orientierten. Denn mit «The Quest For Tanelorn», «A Past And Future Secret», oder «Majesty» liessen Blind Gurdian nichts anbrennen. Mit einer famosen Lichtshow und einer spielfreudigen Präsentation der BG-Hits zog das Sextett alle in ihren Bann. Hansi diktierte dazu den Chor der Fans, liessen seinen Schalk immer wieder aufblitzen und unterhielt damit «sein» Publikum nach Belieben. Dabei wurden selbst komplexere Tracks zu süffisanten Smash-Hits und die Hitze im Z7 glich einem überhitzten Dampfkochtopf. Die «blinden Gardinen» liessen mit dieser Vorstellung den einen oder anderen, für die Band mittelmässigen Auftritt, glatt vergessen und retablierten sich mit dieser Vorstellung von Kopf bis Fuss, sofern dies bei den loyalen Fans überhaupt nötig war.

Mit «Imaginations From The Other Side» und einem lauten Chor verabschiedeten sich die Jungs. Mit der Gewissheit alles richtig gemacht zu haben und einem breit grinsenden und zufriedenen Frederik, der schon lange nicht mehr das unbekannte Küken der Combo ist, haben Hansi und seine Gesellen einen Trommler in die Reihen geholt, der den langjährigen Schlagzeuger Thomen Stauch doch tatsächlich vergessen lässt. Mister Ehmke technisch versiertes Spiel und seine unbändige Power überzeugten ebenso wie das gewohnt solide, unscheinbare und doch vertrackte Spiel der beiden Gitarristen. Mit «Wheel Of Time» wurde der Zugabeblock eröffnet. Einer, der mit den sehnlichst gewünschten «The Bard Song», «Valhalla» und «Mirror Mirror» seinen finalen Abschluss fand und eine völlig kaputte Fangemeinde in die nächtliche Kälte entliesse. Blind Guardian haben an diesem Abend alles richtig gemacht. Vom Spielerischen her, von der farbig untermalten Lichtgestaltung bis zur idealen Miteinbeziehung der Anwesenden und den kollektiven Feiern einer annähernd perfekten Metal-Show. Was will man mehr? (tin)

Setliste Blind Guardian: «Sacred Worlds» - «Welcome To Dying» - «Born In A Mourning Hall» - «Nightfall» - «Fly» - «Time Stands Still (At The Iron Hill)» - «The Quest For Tanelorn» - «Majesty» - «A Past And Future Secret» - «Punishment Divine» - «Tanelorn (Into The Void)» - «Imaginations From The Other Side» - «Wheel Of Time» - «The Bard’s Song» - «Valhalla» - «Mirror Mirror»