Livereview: Brainstorm - Dawnless
28. Dezember 2010, Pratteln - Z7
By Rockslave
Für mein persönlich letztes Konzert des Jahres 2010 hatte ich mir was Feines in den Kalender eintragen können, denn Brainstorm sind live eine Macht und es ist schon wieder eine Weile her, seit ich Andy B. Franck und seine Truppe das letzte Mal habe spielen sehen. Da unsere Liane ja noch einen Interview-Termin wahr zu nehmen hatte und ich sie dabei begleiten konnte, gab es schon vor dem Auftritt ein herzliches Wiedersehen mit dem sympathischen wie redseligen Schwaben. Während von der Zweitband Symphorce mit «Unrestricted» erst gerade ein neues Werk das Licht der Welt erblickt hat, kam die aktuelle Brainstorm Langrille «Memorial Roots» 2009 auf den Markt, gefolgt von der «Best Of»-Scheibe «Just Highs No Lows», die den letzten 12 Jahren Bandgeschichte Rechnung trägt. Somit war der heutige Besuch in Pratteln in erster Linie eine Sache für die treue Fanbase, die sich Brainstorm kontinuierlich aufgebaut haben. Daran arbeiten Dawnless, der Schweizer Support, noch. Die Walliser haben es technisch jedoch absolut im Griff und waren überraschend gut in Form.

Dawnless
Ehrlich gesagt hatte ich keinen Schimmer davon, dass Dawnless als Support von Brainstorm gebucht worden waren, wobei diese eigentlich am Tag darauf mit Freedom Call hätten spielen sollen. Da die Deutschen aber ihr Konzert für eine DVD filmen liessen, musste die Sache verschoben werden. Unglücklich dürfte man darob aber kaum gewesen sein. Den Namen der Schweizer Band aus dem Kanton Wallis hatte ich freilich schon noch irgendwie präsent, aber länger nichts mehr von ihnen gehört. Die Recherchen zu Hause beförderten dann tatsächlich die blitzsaubere Demo-CD von 2007 wieder ans Tageslicht zurück. Die Promo von «A Way Of Escape», die gleich im DVD-Box Format daherkam, hinterliess damals einen mehr als guten Eindruck. Danach verabschiedeten sich die Walliser aber bald wieder aus meiner Wahrnehmung. Darum bekam ich in der Folge nicht mit, dass diese Langrille (eigentlich schon 2006 offiziell erschienen) erstens nicht mehr aktuell war, im Jahr 2008 der Nachfolger «While Hope Remains» raus kam und zweitens 2009 mit einem neuen Mix nochmals veröffentlicht wurde. Des Weiteren stellte ich erfreut fest, dass das Lineup bis heute unverändert geblieben ist. Sänger und Gitarrist Bertrand Ecoffey trägt allerdings entgegen älteren Bildern neu eine Kurzhaarfrisur. Das hatte allerdings keinerlei Einfluss auf die Qualität des Auftrittes und erinnerte dann und wann, vor allem wegem dem dominanten Keyboard-Sound, an die Innerschweizer von Crown Of Glory. Betrand teilte sich die Vocals mit Kollege Hervé (g) und zusammen wechselten sich so Growls und cleaner Gesang in einer guten Mixtur ab. Überhaupt waren die beiden Gitarristen die zentralen Figuren auf der Bühne. Bassist Samuel Michaud liess musikalisch zwar nichts anbrennen, war aber viel zu statisch im Gegensatz zu den anderen beiden Saiten-Derwischen. Tastenmann Lionel May, dessen Instrument ungewohnt nahe dem Bühnenrand stand, sorgte ebenfalls für optische wie handwerkliche Action! Die Cover-Version von «Love Machine», einem alten W.A.S.P.-Klassiker, wurde unerwartet gut interpretiert und entlockte dem Publikum dafür den verdienten Applaus und überhaupt gute Resonanz für insgesamt überzeugende 40 Support-Minuten.

Setliste: «The Planet's Dream» - «Trying To Get Away» - «Freedom's Gone» - «Winds Of Hate» - «Shadow And Pain» - «Love Machine» - «The World We See» - «We're All The Same».

Brainstorm
Die Flut an neuen Alben wie die Menge an guter Musik allgemein bringt es mit sich, dass man einfach nicht immer alles zur gleichen Zeit am Ohr haben kann. Nur so kann ich es mir erklären, dass ich zum heutigen Konzert das aktuelle Album «Memorial Roots» überhaupt nicht präsent hatte. Die Kontrolle des heimischen Tonträger-Bestandes erbrachte sogar, dass bislang immer noch nur das digitale Promo-Material vorliegt! Punkt 21.45 Uhr stiegen Brainstorm auf die Bühne und wählten als Opener «World's Are Comin' Through» vom Hammer-Album «Liquid Monster» (2005), gefolgt von «Blind Suffering», das «Metus Mortis» (2001) ziert. Das top eingespielte Lineup fährt stets innert kürzester Zeit hoch und es ist einfach nur Genuss pur, dieser geilen Mucke zu lauschen. Sänger Andy B. Franck, den ich eigentlich noch nie auch nur ansatzweise mürrisch oder schlecht gelaunt gesehen wie erlebt habe, suchte sofort den Kontakt zu den Fans verbreitete sogleich eine gute Laune. Und dies, obwohl mit rund 200 bis vielleicht knapp 250 Leuten eine für das Z7 recht spärliche Kulisse aufmarschiert war. Mag sein, dass viele über Weihnachten und Neujahr ferienhalber weg waren oder sich an diesem Abend halt anderweitig beschäftigten und leider keinen Bock auf eine der besten (deutschen) Power Metal Bands hatten. Mit «Shiver» und «Forsake What I Believed» fanden zwei neue Songs den Weg in die Setliste und fügten sich bestens ins bestehende Repertoire ein. Dabei zog Master Franck wieder alle Register und untermauerte abermals seinen ausgezeichneten Ruf als Ausnahmeshouter. Obwohl Brainstorm natürlich als Kollektiv voll punkten, würde ohne den charismatischen Frontmann einiges fehlen. Dieser trieb das gut antizipierende Publikum immer wieder von Neuem an und sorgte permanent für Bewegung.

Eigentlich spielte es gar keine Rolle, welcher der Songs gerade zelebriert wurde, denn die Schwaben powerten ohne Ende und liessen die Wände erzittern. «Falling Spiral Down» zum Beispiel kam mega brachial aus der PA geschossen und brachte zahlreiche Matten zum Schwingen. Darüber hinaus bewies der gute Andy sein komödiantisches Talent, als er unter anderem mit Gitarrist Todde das Thema des "Feiertage-Specks" ansprach und dieser dann weiter zum Gelächter beitrug, als er dazu meinte, dass er schon seit August dran sei. Aktives Mitsingen war mehr als einmal erforderlich, doch bei «All Those Words» ist es immer speziell und klang auch bei zahlenmässig geringerem Zuspruch einfach nur geil! Dass sich Andy zwar vorne hinstellt, was er ja als Sänger zwangsläufig muss, heisst aber nicht, dass er sich in den Vordergrund stellt. Bei der Vorstellung der Bandmembers wurde er nämlich ausgelassen, warum auch immer. Ein gigantisches «Shiva's Tears» kündigte dann langsam aber sicher das Ende des regulären Sets an, der mit optimalem Z7-Licht und Trockeneis veredelt wurde. Die lautstark geforderten Zugaberufe wurden schliesslich mit «Painside» und «Under Lights» belohnt. Nach 100 schweisstreibenden Minuten ging somit für meine Wenigkeit ein unglaubliches Konzertjahr 2010 zu Ende, das eigentlich nur durch den beklagenswerten Tod einiger sehr geschätzter Musiker wie Ronnie James DiO (R.I.P.) und Steve Lee (R.I.P.) getrübt wurde. Damit einher ging aber gleichzeitig die Freude darüber, dass es 2011 nicht minder laut zu und her gehen wird!

Setliste: «World's Are Comin' Through» - «Blind Suffering» - «Highs Without Lows» - «Shiver» - «Hollow Hideaway» - «Forsake What I Believed» - «The Leading» - «End In Sorrow» - «Falling Spiral Down» - «Doorway To Survive» - «All Those Words» - «Fire Walk With Me» - «Shiva's Tears» - «How Do You Feel» -- «Painside» - «Under Lights».