Livereview: Buckcherry - Hardcore Superstar - Venrez

13. November 2013, Zürich - Plaza
By Lynn - All Pics by Dizzy Leijon / LionphotoZ
Die Erwartungen werden enorm hoch gesetzt, wenn zwei energetische Bands wie die Amerikaner Buckcherry und Hardcore Superstar aus Schweden auf Co-Headliner Tour gehen. Bis zwei Tage vor dem Konzert schien es jedoch nicht so, dass diese Kombination das Interesse des Schweizer Publikums geweckt hätte, bis plötzlich die Meldung publiziert wurde, dass das Plaza in Zürich ausverkauft ist. Ursprünglich wären als Support-Act The Last Vegas geplant gewesen, welche jedoch aus terminlichen Gründen eine eigene kleine Europatour rockten und früher wieder in die Staaten zurück kehrten. Als Ersatz holte man die kalifornischen Hardrocker Venrez. So oder so, für das Plaza war dieser Abend ein Volltreffer. Die beiden Headliner haben den Ruf, dem Publikum so richtig einzuheizen - vorallem wenn man bedenkt, dass die Schweizer nun lange genug auf die Rückkehr von Hardcore Superstar gewartet haben (man bedenke das Debakel im Dynamo vor einigen Jahren.)


Venrez

In unseren Breitengraden sind die Kalifornier Venrez nicht wirklich namhaft, was es für sie umso schwerer machte, einen erwartungsvollen Abend wie diesen zu eröffnen. Vom Gesamtbild her sind Venrez ein bunt gemischter Haufen von klassischen LA-Stereotypen, wobei der Sänger schwer an einen Howard Stern für Arme erinnerte. Musikalisch gesehen boten sie soliden Hardrock ohne Kompromisse, Störfaktor war jedoch ganz klar die Backingvoice des Leadgitarristen, welche viel zu laut war für die Tatsache, dass der Herr definitiv besser nur die Seiten geschreddert hätte. Trotz jeglicher Motivationsversuche des Sängers und Textvorgaben wurde das Publikum einfach nicht warm. Man kann auch nicht erwarten, dass die Masse die Songtexte einer, bei uns, beinahe unbekannten Band kennt. Wobei auch spürbar der Sympathiefaktor fehlte, die Distanz zwischen Band und Publikum war zu offensichtlich. Schade, denn wie gesagt, der typische freche Hard Rock aus Los Angeles hätte wirklich Potenzial, jedenfalls wenn man das Mikrophon des Leadsaitenzupfers ausstöpseln würde.

Hardcore Superstar
Die wilden Schweden waren ganz klar in Topform und die heimlichen Sieger dieses spektakulären Abends, was sie dem Schweizer Publikum nach Konzertabsagen in letzter Minute und jahrelangem Warten definitiv 'schuldig' waren. Um der wartenden Masse im vollen Plaza einen ersten Kick zu verpassen, eröffneten Hardcore Superstar mit dem melodiösen Ohrwurm «Moonshine», bei welchem der ganze Saal auch sofort miteinstimmte. Weiter prasselte es mit der ersten Singleauskopplung des aktuellen Albums, begeistert stimmte das Publikum auch bei «One More Minute» ein. Die Energie, welche von Jocke allein schon ausging, elektrisierte den ganzen Saal und die Tatsache, dass die Jungs ihre Instrumente zu beherrschen wissen, machte Hunger auf mehr. Vic hatte an der Gitarre einen gewissen Unterhaltungswert, abgesehen von mitreissenden, nicht übertriebenen Soli, war seine Mimik Comedy pur - sehr wahrscheinlich eher unfreiwillig, aber dennoch sehr unterhaltsam. Jocke beeindruckte nicht nur durch Publikumsnähe un Wahnsinns-Charisma, sondern auch mit einer starken Stimme, welche trotz hyperaktivem Rumgehopse auf der engen Bühne keinen Einbruch erlitt. Hardcore Superstar schmissen mit ihren bekanntesten Hymnen, wie «Guestlist», «Into Debauchery» oder «My Good Reputation», nur so um sich und gönnten bis auf «Long Time No See» ihren Fans keine Pause bis zum Ende des Sets. Das Plaza entwickelte sich mehr und mehr zu einer Sauna, welche der Partystimmumg jedoch ganz und gar keinen Dämpfer versetzte. Um eine Rockshow, welche das Publikum nicht nur metaphorisch zum Kochen brachte, noch würdig zu beenden, gab es eine Zugabe, die es in sich hatte. Die Hymne «Last Call For Alcohol» durfte ja schliesslich nicht fehlen und um die Message des Songs zu verdeutlichen, wurden einige glückliche Fans auf die Bühne geholt und mit Jägermeister versorgt, während der Leadsänger frech auf der Bar weiter performte. Das Warten auf die Göteborger hat sich somit auf jeden Fall gelohnt, das Publikum war nun auch auf den zweiten Headliner eingestimmt, dessen Aufgabe es nun war, diese Performance zu toppen. Einziger Mängel an der ganzen Show war jedoch eindeutig die Schuld des Mischers: Es fehlte einfach an Saft, die sonst schon leise 100 Dezibelgrenze wurde nicht ausgenutzt. Lautstärke hin oder her, Hardcore Superstar boten optisch wie auch musikalisch einen absoluten Leckerbissen.


Buckcherry
Optisch gesehen haben Buckcherry nur schon dank Josh Todd gewonnen, aus weiblicher Sicht jedenfalls. Nur ist ein Konzert nicht nur durch gutes Aussehen zu bestehen sondern auch, falls vorhanden, mit musikalischem Talent. Unbestreitbar, die Amitruppe hat beides, was sie auch nach ein wenig zögern bewiesen. Mehr oder weniger jedenfalls. Die Setlist war an und für sich gut gemixt mit ihren bekanntesten Songs. Grundlegender Fehler an der ganzen Sache war jedoch, dass sich vom Tempo her ein zu starkes Auf und Ab entwickelte und sich somit keine Dynamik zu bilden vermochte. Man konnte sich nicht zwischen hüpfen, mitwippen oder einfach nur lauschen entscheiden, zu stark war der Kontrast zwischen den Songs. Okay, genug gewettert, denn Buckcherry lieferten rein musikalisch gesehen ein sauberes Set ab und bewiesen ebenfalls aktive Interaktion mit dem begeisterten Publikum. Der heimliche Held war jedenfalls der jüngste Fan im Haus, welcher am Rand der Bühne die Show geniessen durfte und von der Band reichlich beschenkt wurde und mit Josh das Tamborin schütteln durfte. Diese Tatsache steigerte den Sympathiefaktor enorm, denn mal ehrlich: Solche Kids sind die Zukunft der Schweizer Rock- und Metalszene und werden durch solche Aktionen motiviert uns nicht zu 'entwachsen'. Zurück zu einem mittlerweile mehr oder weniger entblössten Leadsänger..., seltsam, die Luftfeuchtigkeit nahm bei jedem entblätterten Kleidungsstück zu, was wohl unbestreitbar am weiblichen Publikum liegen musste. Gegen Ende des Sets drohte die Situation kurz zu eskalieren, da das Plaza mit seinen Stufen effektiv nicht zum Pogen geeignet ist und dank einigen Übermütigen ein Grossteil der ersten drei Reihen auf der Fresse landete. Trotz einiger zerbrochener Gläser und kleineren Blessuren liessen sich weder Buckcherry noch das Publikum die Laune verderben und feierten zusammen feucht-fröhlich weiter, wobei man ehrlich zugeben musste, dass richtig Stimmung nur dank eines gewissen Promillewerts aufkam. Dann eine bluesige Brücke, ein kurzes Linsen auf die Setlist versprach nun «Crazy Bitch», der Song von Buckcherry, welcher die Paarungswilligkeit der weiblichen Zuschauer, zum Glück für einige männliche Begleiter, zum Maximum steigern würde. Die Vorfreude juckte schon und das Tanzbein wollte geschwungen werden, doch die Brücke schien sich ewig zu ziehen und Josh laberte und laberte, wobei sich bei mir die Frage aufdrängte, ob er wohl den Text vergessen hatte? Dann endlich, die erlösenden Worte, nicht gerade wahnsinnig charmant, aber hey, der Song heisst «Crazy Bitch», so fuck off: 'And I see some crazy bitches here and I bet they'll get fucked tonight!'. Irgendwie passend, dass dieser Song am Ende des Sets gespielt wurde, da es effektiv der Höhepunkt des Konzerts war. Die Zugaben rockten, doch der Saal leerte sich für die Zigarette danach. Leer war das alte Kino bei Weitem nicht, doch von der Bewegungsfreiheit in der Masse her spürte man, dass Buckcherry leider nicht ganz bis zur letzten Minute überzeugen konnten wie ihre Co-Headliner aus Schweden - trotz besserer Soundabmischung.


Stimmungstechnisch war dieser Abend auf jeden Fall schlichtweg einfach geil, die Erwartungen an die zwei Bands, deren Sänger man einfach nur als Rampenschweine bezeichnen kann, wurden grösstenteils erfüllt und teilweise sogar übertroffen. Einziger wirklicher Wermutstropfen war jedoch, dass The Last Vegas als Support definitiv besser gepasst hätten als Venrez.