Livereview: Crashdïet - The Cruel Intensions - Highride

08. Oktober 2019, Solothurn – Kofmehl (Raumbar)
By Tinu
Aha! Im Kofmehl gibt es bekanntlich auch eine kleine Bühne, die vom Flair her ans Böröm Pöm Pöm in Oberentfelden erinnert. Kuschelig war es somit in der Raumbar des Solothurner Konzertlokals, was für mich trotzdem erschreckend war, da ich mit einem bedeutend grösseren Aufmarsch rechnete. Schliesslich bot der Schweden-Vierer Crashdïet anfangs August in Brienz eine sensationelle Vorstellung, die beste Werbung in eigener Sache war und somit ein Garant für mehr Publikum hätte sein können/sollen/müssen, aber es schien die Massen nicht in Scharen anziehen zu wollen.

Highride
Der Beginn an diesem Abend war den Jungs von Highride vorbehalten. Die Schweden boten eine coole Show, die klar von der Präsenz des singenden Gitarristen Peter Waljus lebt. Backyard Babies gemischt mit Hanoi Rocks und Michael Monroe, so in etwa könnte man den Sound der Jungs beschreiben, die mit Bassist Kriss Keyes den Bruder des Crashdïet-Sängers in den eigenen Reihen haben. Die punkige Attitüde und der Rotz einer Strassengang liess einiges an Authentizität versprühen und das Einzige was die Truppe stoppen konnte, war der Amp von Peter und die bescheidenen Platzverhältnisse auf der Bühne. Man sah es den Jungs an, dass sie einen Siegeszug starten wollten, aber ihre Bühnenperformance immer wieder durch die wenigen Quadratmeter ausgebremst wurde. Mich überraschten Highride sehr positiv und entpuppten sich bedeutend "ehrlicher" als die nachfolgenden The Cruel Sensations. Und dies lag nicht nur an den vielen Tattoos, sondern ganz einfach an der fühlbaren Ehrlichkeit, wie sich die Jungs auf der Stage präsentierten.



The Cruel Intensions

Grundsätzlich wartete ich voller Vorfreude auf die Norweger, die am Ende des Abends aber zu den Verlierern gehörten. Auch wenn ich vielleicht der Einzige im Kofmehl war, der sich mit der Präsentation von The Cruel Sensations nicht anfreunden konnte, aber das Ganze wirkte bei der Truppe zu aufgesetzt. Während mir die Stimme von Lizzy DeVine noch vorzüglich auf CD gefiel, nervte mich der schreiende Gesang mit zunehmender Spielzeit. Auch die Songs kickten meinen Allerwertesten nicht, wie ich es mir wünschte und die Hardcore Superstar-Vibes blieben weit hinter meinen Erwartungen zurück. Diese Spritzigkeit, diese Wildheit und diese ungebremste Power kamen kaum zum Tragen, was vielleicht auch hier an den zu kleinen Bühnenverhältnissen lag. Was auf «No Sign Of Relief» noch als grosses Plus heraus stach, war der punkige, wilde und ungezügelte Wahnsinn. An diesem Abend zumindest blieben die Tracks hinter dem, was man im Studio ans Tageslicht zauberte und somit konnte der Vierer auch nicht am Thron von Hardcore Superstar sägen. So blieb es dann Crashdïet vorbehalten, den Abend zu retten…



Crashdïet
…und das gelang den Herren ziemlich gut, wenn auch der Hammer-Gig am Brienzer Rockfest nicht übertroffen werden konnte. Die Schweden rockten ohne Ende als gäbe es kein Morgen und standen sich immer wieder auf den Füssen rum. Auch wenn Peters blonde Haarpracht dieses Mal nicht so wie bei vergangenen Konzerten toupiert war, versprüht er den Sleaze-Appeal wie kein anderer. Okay, vielleicht so wie sein Gitarre spielender Kumpel Martin, der erneut wie ein kleiner Gott poste. Dazwischen stand der nicht mehr so neue Sänger Gabriel Keyes, der mit seinen Sebastian Bach (ehemals Skid Row) Gedenkschreien und seiner animierenden und mitreissenden Art punkten konnte. Bei Crashdïet wurde sehr schnell klar, dass die viel zu kleine Bühne den Herren die Luft zum Atmen nahm. So wurde «Cocaine Cowboys» mit einem wirkungsvollen Standbangen vorgetragen. "How the fuck you're doing tonight, Switzerland?" brachte das Eis definitiv zum Brechen, und mit den neuen Hits «Dust» und dem ruhigeren «In The Maze» punkteten die Nordländer auf der ganzen Linie. Daneben konnten einmal mehr «Tikket», «Riot In Everyone», «Breakin' The Chainz» und logischerweise die unglaublich unter die Haut gehende (Halb-) Ballade «It's A Miracle» überzeugen. Wie auch der Klassiker «Chemical», beim dem ganz Solothurn mitsang oder zumindest was am diesem Abend im kleinen Kofmehl anwesend war. Der Opener «Reptile» mit dessen anspringenden Frechheit und Schnelligkeit, war der passende Einstieg, wie «Generation Wild» der typische und korrekte Rausschmeisser war. Wenn es an diesem Konzert noch etwas zu bemängeln gab, dann die Spielzeit. Sorry, aber von einem Headliner erwarte ich heute einfach mindestens neunzig Minuten, und es ist ja nicht so, dass die Herren nicht genügend Material in der Hinterhand hätten, das sie noch hätten spielen können.

Ansonsten, wie schon erwähnt, ein cooler Gig, der aber einerseits mehr Publikum und somit andererseits die grosse Bühne im Kofmehl verdient hätte. Den Anwesenden schien dies aber völlig egal zu sein. Crashdïet auch, denn die spielten, als würden sie im Zürcher Hallenstadion auflaufen.

Setliste: «Reptile», «Tikket», «Riot In Everyone», «Down With The Dust», «We Are The Legion», «Cocaine Cowboys», «Rust», «Queen Obscene», «In The Maze», «Breakin' The Chainz», «Idiots», «Chemical», «Falling Rain/Die Another Day», «It's A Miracle» - «Generation Wild»