Livereview: Crucified Barbara - Supercharger - Junkstars

07. Oktober 2014, Pratteln – Mini-Z7
By Rockslave
 
Die zur Zeit wohl heisseste Allgirl-Band kommt (woher denn auch sonst?) aus Schweden, heisst Crucified Barbara und mischt die Hard & Heavy-Szene schon seit einer Weile auf. Seit dem beachtlichen Debüt «In Distortion We Trust» von 2005 sind bis heute nicht weniger als vier Alben erschienen. Knackiger Heavy Metal mit hardrockigen Versatzstücken wurde nach einer kurzen Punkzeit zum Markenzeichen der langjährigen Freundinnen. Dass die Mädels aber nicht nur nett anzuschauen sind, sondern auch schon an grossen Festivals bewiesen haben, wie gut sie abrocken können, trägt zum aktuellen Status bei. Dass es dabei heute Abend „nur“ zu einer Mini-Z7 Show gereichte, ist weniger der Leistung des Quartetts als dem Überangebot anzulasten. Gleichzeitig weiss man mittlerweile, dass gerade diese Shows oft das gewisse Etwas mit sich bringen und das sollte sich erfreulicherweise zum Tourhalt in der Schweiz wiederholen. Als Anheizer fungierten gleich zwei Bands, wovon Supercharger aus Dänemark bereits im vergangenen Mai mit H.E.A.T zu Gast im Z7 waren, nota bene auch auf der Mini-Z7 Bühne. Als Erste durften Junkstars als Landeskollegen des Headliners ran und diese liessen nicht lange bitten.

Junkstars

Es ist schon eindrücklich, wie viele gute Combos aus dem hohen Norden stammen und das ist nicht erst seit ABBA der Fall. Vor allem im Bereich der harten Klänge gibt es unzählige Perlen und es war nicht zu übersehen, respektive überhören, dass die Junkstars auch einen Teil des Kuchens abhaben möchten. Das lärmige Stockholmer Trio um Max "Max" Malmquist (v/g), Tobbe "Bronxen" Ljungqvist (b/v) und Mathias "Matte" Wanneberg (d) rockte gleich von Anfang an ziemlich tight darauf los, als gäbe es beim ihrem allerersten Auftritt in der Schweiz kein Morgen mehr. Der mit mächtig Rotz aufgepeppte Rock’n’Roll war auf jeden Fall tanzbar wie unterhaltend zugleich. Allerdings offenbarte Gitarrist Max ein paar spielerische, sprich technische Defizite. Die wurden jedoch mit mächtig viel „Arschtritt-Attitüde“ wieder wett gemacht. Mehr für das Auge des Betrachters war dann der ziemlich krass tätowierte Tobbe, der so zu sagen als wandelndes Kunstobjekt gehandelt werden konnte. Derweil vergoss Drummer Mathias mit seinem unerbittlich nach vorne abgehenden Drive mächtig viel Schweiss. Die für das Mini-Z7 ansehnliche Fanschar war darob in guter Laune und obwohl das Ganze noch einen Tick „mehr Eier“ hätte haben dürfen, zogen sich Junkstars als erste Band mehr als nur achtsam aus der Affäre und heimsten mit ihrer positiven Energie deshalb einen überaus verdienten und lautstarken Schlussapplaus ein.

Supercharger
Ob man das nun für essenziell hält oder nicht, aber der erste Blick bei der für Supercharger hergerichteten Bühne wanderte erstmal in die Mitte des vergleichsweise grossen Backdrops, wo sich ein barbusiges Pinup-Girl lasziv darauf räkelte. Davor versammelte sich der nächste wilde Haufen Musiker und der war dann ein anderes Kaliber. Zwei Gitarristen (Thomas Buchwald und Staffan Österlind) sorgten für deutlich mehr Schub als zuvor und durch den Tastenmann Lars Rygaard wurde der Sound entsprechend bereichert. Angeführt wurde das Sextett durch Frontmann Mikkel Neperus, der mich von seiner Art her schon bald oder besser gesagt abermals an Rampensau Toschie von Audrey Horne erinnerte. Obwohl Mikkel nur so vor Energie sprühte, hatte er das Mini-Z7 durch seine sympathische Ausstrahlung ziemlich schnell auf seine Seite gezogen und gab sich als sackstarker Performer. Dazu gehörte auch der zwischenzeitliche Einsatz einer Mundharmonika, die sehr versiert bedient wurde. Das förderte die eh gute Stimmung noch zusätzlich und beflügelte die ganze Band sichtlich, die, trotz der halt bescheidenen Platzverhältnisse, voll vom Leder zog. Die ganze Chose kam dann auch noch eine ganze Spur rotziger als beim Opener Junkstars daher. Einmal mehr entpuppte sich der Rahmen des Mini-Z7 für kleinere Publikumsresonanzen als ideal, anstatt dass sich die gleiche Menge an Fans vor der grossen Bühne regelrecht verliert. So wurden einem überaus unterhaltsame wie spritzige 45 Minuten Rock’n’Roll geboten, die songwriterisch jedoch keine wirklich grossen Stricke zerrissen.

Crucified Barbara
Diese Konstellation, also dass die Girls als Headliner nach den Jungs die Bühne entern können, gibt es in der Rock- und Metalszene nicht oft. Früher, also noch in den 70ern, schafften das zum Beispiel die grandiosen Runaways oder in den 80ern Girlschool. Nun ist die Reihe an Crucified Barbara, bestehend aus der Frontfrau Mia Coldheart (v/g), den Saiten-Girls Klara Force (g/backing v) und Ida Evileye (b/backing v) und der Drummerin Nicki Wicked. Dass dies offensichtlich alles Pseudonyme sind, hat noch nie jemand gestört, zumal die richtigen Namen der rockenden Ladies ja ebenso bekannt sind. Die aktuelle Tour steht unter dem Banner des neuen vierten Studioalbums «In The Red», das heuer am 12. September veröffentlicht wurde. Darauf zeigen sich die vier Schwedinnen von einer sehr kompakten Seite und beweisen zudem ein gutes Gespür für catchy Refrains. Damit einher geht auch eine gehörige Portion Power, die schon auf den früheren Alben losgetreten wurde. Titel wie «Pain & Pleasure» oder «Sex Action» (beide von 2009) lassen denn auch keine Fragen mehr offen und rocken die Bude gehörig. Genau das war es, was die etwa gut 200 Fans natürlich hören wollten und kaum auf der Bühne angekommen, legte das Quartett mit dem Opener «The Ghost Inside» schon mal ordentlich los. Beim nachfolgenden «The Crucifier» war dann aber bereits fertig mit lustig und die Späne flogen in bester W.A.S.P. meets Motörhead Manier daher.

Die allesamt ansehnlichen Musikerinnen wandelten sich hierbei zu heftig posenden Rock-Monstern, die das Ding gnadenlos runter holzten. Das stachelte die eh gut antizipierende Meute (darunter natürlich vornehmlich die Männer) spürbar an und die Antwort von der Mini-Z7 Bühne folgte prompt. Es reihte sich in der Folge quasi Hit an Hit und immer gab es dabei voll eins an die Glocke. Erst bei der „Halbballade“ wurde das Gaspedal etwas weniger durchgetreten, doch auch dieses Lied schnitt mehr als nur gut ab. Das galt auch für den Sound, der trotz der kleineren PA genug Druck entwickelte. Allerdings fehlte mir der auf den Alben so herrlich röhrende Bass von Ida Evileye. Vom neuen Album wurden nicht weniger als fünf neue Songs geboten, die das Level der vorangegangenen Kracher locker mitgehen konnten. Dazu gehörten mitunter auch alte Perlen wie «In Distortion We Trust» und «My Heart Is Black», die mehr in die Hardrock-Richtung gehen. Nach wirklich schweisstreibenden neunzig Minuten und dem Killer-Track «Into The Fire» verabschiedeten sich Crucified Barbara nach drei Zugaben von ihren sichtlich zufriedenen Fans und kamen danach, ganz in der neu geschaffenen Tradition des Mini-Z7, an den Merchstand und erfreuten ihre Fans mit Unterschriften und gemeinsamen Fotos. Herz, was willst Du mehr?!

Setliste: «The Ghost Inside» - «The Crucifier» - «Play Me Hard» - «Sex Action» - «To Kill A Man» - «Everything We Need» - «In The Red» - «Rock Me Like The Devil» - «Jennyfer» - «Count Me In» - «Lunatic #1» - «In Distortion We Trust» - «Sell My Kids For Rock’n' Roll» -- «My Heart Is Black» - «Electric Sky» - «Into The Fire».