Livereview: Excentric (letztes Konzert)

22. September 2012, Sissach - Limberg Festival
By Rockslave
Es ist nun fast zehn Jahre her, seit mir ein Brief aus Zunzgen (BL) zugestellt wurde. Darin befand sich die neue 5-Track CD «Imprisoned» der Baselbieter Nu-Rockband Excentric. Obwohl sich mein persönlicher Geschmack eher nicht in dieser Ecke tummelt(e), hatte der fett produzierte Sound auf dem Silberling was an sich, das mein Interesse an den Jungs umgehend weckte. Bereits das erste Treffen etwas später, legte den Grundstein zu einer feinen Freundschaft mit der ganzen Gruppe, die ich nicht mehr missen möchte. So verfolgte ich die Geschicke der Baselbieter in den vergangenen Jahren und stellte bald fest, dass hier sehr viel Herzblut an den Tag gelegt und laufend Fortschritte gemacht wurden. Der erste richtige Longplayer «Take This!» erschien 2008 und war die logische Konsequenz des überzeugenden Vorgängers. Erneuert war hingegen das Lineup an den beiden Gitarren, wo Phil Schelker und Marc Waldmeier die Nachfolger von Boris Gisler und Chris Furer wurden. Im Herbst 2005 stand mit Kevin Flum genau genommen wie kurzzeitig allerdings noch ein Gitarrero zwischendrin. Nach der Live-Flaute von 2009 und vor allem 2010 kam im Frühsommer 2011 endlich wieder Bewegung in die Sache, sprich das bisherige Meisterwerk «White Knuckle Ride» erschien und da dachte ich noch, dass es nun so richtig los gehen werde. Doch heuer kam es anders und mit der offiziellen Ankündigung bei Facebook vor einem Monat war der Mist geführt. Excentric lösen sich nach 14 Jahren auf und gehen nun anderen Dingen wie Familie und dem Reisen nach. Zu Hause in der Heimat spielten Pivi (b), Raff (d), Phil (g) und Marc (g) zum Abschied aber noch ein letztes Mal gross auf.

Excentric

Sie waren die Headliner des erstmals durchgeführten Openairs auf dem Limberg und der Wetter-Gott hatte zumindest in der zweiten Tageshälfte sein Einsehen. Am Morgen regnete es noch Bindfäden runter, was das Terrain entsprechend aussehen liess. Zum Glück war der Schlamm nicht allzu tief, doch vor allem das Schuhwerk sah bald wie der Untergrund aus. Da ortsunkundig, wusste ich nicht, auf welchem Berg oben gerockt wurde und wurde deshalb, wie die meisten anderen Besucher, die auch mit dem Auto anreisten, in einen Steinbruch geleitet! Na prost..., zuerst die Karre in den Dreck gesetzt und ich watete nach einem gut 15-minütigen Marsch den Berg rauf selber ebenfalls im Matsch. Das trübte meine Stimmung vor Ort zunächst mal gleich gewaltig, zumal dann an der Kasse niemand was von einem Presse-Pass wusste. Der Organisator des Festivals stand aber zum Glück gleich in der Nähe und so kam ich dann nach kurzer Erklärung ziemlich flugs ins Gelände rein. Dort tummelten sich etwa rund 400 Leute, von denen ein guter Teil wohl schon das ganze Tagesprogramm mit quasi vier "Vorbands" gesehen und gehört hatte. Das waren Vorwärts, Crossroad, Eleven36 und Almost Famous. Die interessierten mich aber nicht und so fuhr ich erst auf den Auftritt des Headliners hin ins Baselbiet. Mit etwas Verspätung ging es dann um etwa 23.20 Uhr los. Eigentlich kam es mir überhaupt nicht so vor, aber ich wohnte nun offensichtlich dem letzten Konzert von Excentric bei, zumindest für längere Zeit und in diesem Lineup. Die Start-Triplette mit «Hold On», «Still Standing» und «So Long!» stammte geschlossen vom aktuellen Album, legte schon mal amtlich vor und sorgte bereits für viel Bewegung im weitgehend jugendlichen Publikum. Die Band war ebenfalls auch zack und Frontmann Pivi konnte zur letzten Sause auf seine Stimme zählen. Nach drei akustisch vorgetragenen Songs, von denen vor allem der Ohrwurm «Save Me» voll punktete, unterstrichen drei weitere neue Songs von «White Knuckle Ride», dass sich hier eine etablierte wie spielfreudige Band auf ihrem kompositorischen Zenit aus dem Musik-Zirkus verabschiedete. Man konnte und wollte es auch nicht richtig glauben, dass die Jungs wirklich an ihrem Entscheid festhalten.

Nicht fehlen durfte natürlich auch der Red Hot Chili Peppers Cover «Under The Bridge», der von Anfang an wirklich gut zur Band passte und stets vortrefflich interpretiert wurde. Weniger passend war dafür (vor allem für die Fotographen!) die fast permanente Trockeneiswolke, mit der die kleine Bühne eingedeckt wurde. Ich war nahe dran, einfach den Stecker zu ziehen. Erheiternd war hingegen ein übereifriger (Festival-) Fotograph, der offenbar nicht mehr ganz Herr seiner feinmotorischen Fähigkeiten war und wiederholt ziemlich ungelenk über die Bühne stapfte. Der unqualifizierte Blitzeinsatz dürfte überdies zu kaum was Brauchbarem geführt haben und ich wunderte mich sowieso, warum man den Typ nicht umgehend zurück gepfiffen hat. Nach einer viel zu schnell vergangenen Stunde, während der auf dem Dach unter anderem ein paar Feuerlanzen in den Himmel gestossen wurden, verteilten Pivi, Raff, Phil und Marc massig T-Shirts und CDs. "Alles muss weg!" hiess die Devise und hinterliess irgendwie einen schalen oder besser betrüblichen Eindruck. Das Ganze nahm in der Tat etwas Kehrausstimmung an, doch bevor die endgültig (?) letzte Ton angespielt wurde, verlangte das optimal in Stimmung gebrachte Publikum nach Zugaben, die dann auch prompt folgten. Mit «4 PM» gab es den besten Song der früheren Jahre, ehe das lautstark geforderte «7even» nochmals alle Register ziehen liess. Nach für meinen Geschmack zu kurzen, aber überzeugenden 75 Minuten war der definitive Moment des Abschiednehmens gekommen und wird eine schmerzliche Lücke in die regionale Musik-Szene reissen. Doch wie heisst es so schön: Sag niemals nie! Ich wage an dieser Stelle eine Prognose und freue mich jetzt schon auf den ersten Reunion-Gig, ungeachtet dessen, wie lange die selbst verordnete Pause andauern wird. In diesem Sinne sage ich "danke" für Eure tolle Musik, die langjährige Freundschaft und alles Gute für die anstehenden Lebensabschnitte mit Nachwuchs, Familie und Reiseplänen. Ich werde auf jeden Fall an den Jungs dran bleiben und hoffe wirklich, dass das noch nicht alles gewesen ist, was Excentric der Nachwelt hinterlassen haben, respektive wollen! So "Take This!"

Setliste: «Hold On» - «Still Standing» - «So Long!» - «Bossa Nova» - «Part Of Me» - «Watch Over You» - «Save Me» - «Maybe Tomorrow» - «KMA Goodbye» - «Take Me Away» - «Under The Bridge» - «Now Way Out» -- «And Then Sun...» - «4 Pm» - «7even».