Livereview: Freedom Call - Crown Of Glory - Dragonhammer

12. Dezember 2015, Wetzikon (ZH) - Hall Of Fame
By Roger W.

Es war ein schöner Abend, dieser 12. Dezember 2015! Die Wetziker "Hall Of Fame" hatte zu einem Konzert eingeladen, dessen Bands bereits im Vorfeld viel Spass und Liebe am Power Metal versprachen. Neben den Live-Killern Freedom Call als Headliner, konnten auch „unsere“ Crown Of Glory’s neue Fans dazu gewinnen. Gerade dieses Zweier-Ticket stellte sich als äusserst stimmig heraus. Beide Bands verfügen über eine eigene Identität, defininieren sich aber trotzdem über gewisse Ähnlichkeiten. Den frohen Reigen eröffneten Dragonhammer aus Italien. Obwohl musikalisch passend zu den anderen Gruppen, war sich hier das Publikum nicht einig, ob es das Gesehene und Gehörte nun gut oder schlecht finden sollte.

Dragonhammer

Ich oute mich klar hin zum Kontralager, denn wer sich einen Klischeenamen wie Dragonhammer zulegt, dem fehlt es entweder an eigenen Ideen oder er sieht sich selber als überdrehte Parodie auf die True-Power Metal-Szene. Der Auftritt sprach leider deutlich für die fehlende Fantasie. Dragonhammer standen auf der Bühne, spielten ruhig wie besonnen auf gutem Niveau und mimten die netten sowie etwas scheuen Metalfans von nebenan. Südländer sollen ja gerüchte-weise über feuriges Temperament verfügen. Dieses war hier weder sicht- noch hörbar. Die Kompositionen unterstrichen den langweiligen Durch-schnitt, als wüsste die Band genau was sie ist und was nicht. Hier hätte ich mir deutlich mehr Engagement und Leidenschaft gewünscht. Verstecken braucht sich die Band definitiv nicht, hat sie doch neben vier Alben bereits viele Konzerte im Vorprogramm von Freedom Call gespielt. Diese Erfahrung war leider nur Schlagzeuger Andrea Gianangeli anzusehen, welcher permanent am Lachen war. Wie erwähnt, teilte aber nicht das ganze Publikum diese Meinung. Dennoch klappten die Mitsingparts bereits erstaunlich gut und der Applaus zum Schluss war entsprechend gross. Zudem sah man im Verlauf des Abends einige Leute, welche von Dragonhammer CDs unterschreiben liessen oder sich mit den oft am Merchstand stehenden Italienern fotografieren liessen.


Crown Of Glory
Kann ich über diese Band überhaupt neutral berichten? Muss ich überhaupt neutral bleiben oder zählen bei einem Livebericht nicht eher die damals empfundenen Emotionen? Tatsache ist, dass ich zusammen mit unzähligen aber bekannten anderen Fans die in Willisau probenden Schweizer bestimmt t….-Mal live erleben durfte. Zuletzt auf einem Teil der Deutschland-Tour mit Axxis. Nun genoss ich also wieder einen Auftritt vor Schweizer Publikum. Und tatsächlich: Crown Of Glory haben die vielen Konzerte und zwei Tourneen (unter anderem in Spanien mit Jaded Heart) in diesem Jahr sichtlich gut getan. War die Bühnenpräsenz und das Zusammenspiel bereits seit Langem auf hohem Niveau, konnten sie dies in der "Hall Of Fame" nochmals steigern. Dazu kamen frenetische Fans, welche die Band von Anfang bis zum Ende abfeierten, als wären Crown Of Glory selber die Hauptband. Diese Reaktionen kamen natürlich bei Kusi, Hungi, Hene, Burgo, Jonas und Philipp an, so dass Sänger Hene immer wieder ein „Läck isch das geil!“ von den Lippen rutschte. Bereits der Opener «Keep The Flame» wurde von den Fans mit überaus herzhaften „Hey-Hey-Rufen“ eingeleitet. «Inspiration» widmete Hene all jenen Leuten, welche für die Szene herumkaspern. Ebenfalls kündigte er an, dass die Band bald mit den Aufnahmen für den Nachfolger des zweiten Albums «King For A Day» beginnen würde. Zum König des Tages wurde Gitarrist Kusi gekürt, welcher heute seinen 30(?)-Geburtstag feierte. Zum Abschluss des Konzertes wurde ihm gar lautstark ein "Happy Birthday" gesungen. Der Höhepunkt bildete aber, wie so oft «The Calling», bei welchem sich Philipp mit dem Handkeyboard an den Bühnenrand stellte. Crown Of Glory spielten ein headlinerwürdiges Konzert und empfehlen sich definitive für höhere Aufgaben.

«Keep The Flame» - «Savior» - «One Fine Day» - «The Hunter» - «Save Me» - «Once» - «Inspiration» - «The End Of The Line» - «The Calling».


Freedom Call
Es ist mir ein Rätsel, warum die seit 1998 aktive Band den Durchbruch nie richtig geschafft hat. Vielleicht liegt es an den Alben, welche nach dem Drittwerk «Eternity» niemals mehr richtig überzeugen konnten. Am Line-Up liegt es jedenfalls nicht, denn dieses ist relativ stabil. Und live sind Freedom Call sowieso über jeden Zweifel erhaben. Die gut gefüllte "Hall Of Fame" feierte dementsprechend ihre Helden vom ersten Ton an ab. Leute, welche sämtliche Chöre und Keyboards live hören möchten, waren vermutlich gar nicht erst nach Wetzikon gekommen, denn das immer wieder dominierende Keyboard kam ohne Musiker auf der Bühne natürlich von Band. Optisch bot das Quartett rohen Rock'n'Roll. Dieser Eindruck passze erstaunlich gut zu den teilweise arg kitschigen Liedern. Chris Bay bedankte sich bald namentlich bei den Vorbands und liess den Fans ein „Ihr macht uns fertig!“ zukommen. „Ihr seid ja eher ein ruhiges Volk“, leitete Bay in ungewöhnlicher Manier das progressive «The Quest» ein. „So vor Weihnachten, lasst uns über Liebe reden.“ Eine Gruppe junger Männer dachte dabei bereits an ein kommendes Liebeslied und legte eine WC- und Bierholpause ein. Selber schuld, denn «The Quest» ist und bliebt für mich DER Song von Freedom Call.

Überhaupt war Bay heute in super Stimmung. Als das Publikum plötzlich ein wenig Abstand hielt, drohte er mit „kommt ein bisschen näher, sonst erzähle ich euch von meiner schweren Kindheit!“ Die Warnung wirkte und so klebten die vordersten Fans bald an der Bühnen-absperrung. Bei «Power & Glory» feierten die anwesenden tatsächlich die besungene „Happy Metal-Party“. Nur um beim darauffolgenden „Babylon“ kräftig mitzu-hüpfen. Nach dem grandiosen «Freedom Call» war aber erstmals Schluss, doch nur kurz, denn bald darauf betraten Bay und seine Gruppe die Bühne für das nächste und diesmal richtige Liebeslied «Bleeding Heart». Die anschliessenden Zugaberufe konnte Chris Bay nur mit einem „Das geht heute runter wie Öl“ kommentieren. Zum anschliessenden «Warriors» hatte er eine Ansage vorbereitet, die gefühlt doppelt so lange wie das Lied selber dauerte. Im Repeat-Verfahren versuchte er verschie-dene Versionen der Ansage „Guten Abend Wetzikon! Haben wir hier heute Krieger des Lichts?“. Das geforderte Gejohle wurde dann vom Publikum sowohl in der englischen wie auch in der deutschen Version prompt erwidert. Mit weiteren Versuchen stachelte Bay die Fans an, so zu tun, als wären erst 5‘000, dann 15‘000 und schliesslich 50‘000 Leute anwesend.

Schliesslich spielten Freedom Call sogar das angekündigte «Warriors» und verabschiedeten sich endgültig mit «Land Of Light». „Wetzikon, ihr habt in der "Hall Of Fame" gerockt”, bedankte sich Chris und mit einem Lächeln fügte er an: „Wir sehen uns im nächsten Jahr mit viel Power und Glory und einem neuen Studioalbum!“ Sichtlich gerührt und erschöpft klatschte die Band die vorderen Reihen ab und war bereits kurze Zeit danach am Merchstand anzutreffen. Freedom Call rocken definitiv immer noch, und wenn ich dazu extra ein vor zwölf Jahren gekauftes «Eternity»-Tour T-Shirt trage, weiss ich einerseits, wie alt ich geworden bin und anderseits, dass mein Geschmack schon damals richtig gut war!

Setliste: «Union Of The Strong» - «Eyes Of The World» - «Heart Of A Warrior» - «Farewell» - «Island Of Dreams» - «Metal Invasion» - «Beyond» - «The Quest» - «666 Weeks» - «Power & Glory» - «Babylon» - «Freedom Call» - «Bleeding Heart» -- «Warriors» - «Land Of Light».