Livereview: Glenn Hughes - Adrenaline 101
28. Mai 2008, Pratteln Z7
By Rockslave
Nächstes Jahr im Frühling ist es satte 35 Jahre her, seit ein junger Bassist mit Namen Glenn Hughes zusammen mit Deep Purple vor unglaublichen 200'000 Leuten am «California Jam» auf dem Ontario Speedway als Headliner auf der Bühne stand und Frontgaul David Coverdale glatt an die Wand sang. Ein Jahr darauf, also 1975, kam das einzigartige Album «Come Taste The Band» heraus, das irgendwie komplett anders klang, als alle Alben zuvor und danach. Der Grund dafür war, nebst Hughes, natürlich Gitarrist Tommy Bolin (R.I.P.), der eigentlich nichts mit seinem Vorgänger Ritchie Blackmore gemein hatte. Obwohl glühender Fan seit den seligen «Made In Japan» Zeiten, begleitete mich auch die Coverdale-Ära (lange vor Whitesnake) einige Zeit und dazu gehörten bis auf den heutigen Tag alle Songs von «Come Taste...». Glücklicherweise blieben diese Classics während all den folgenden Jahren regelmässig erhalten und markierten jeweils die Höhepunkte eines jeden Konzertes. Heuer, um es gleich vorweg zu nehmen, blieben diese Sound-Perlen leider aussen vor, aber auch so ist es einfach ein absolutes «Must», wenn Master Hughes, «The Voice Of Rock, abermals die Schweiz besucht. Dieses Jahr war es die Tour zum neuen Album «First Underground Nuclear Kitchen». Als Support spielte die Schweizer Combo Adrenaline 101 auf, die ich zuvor noch nie gesehen hatte.

Adrenaline 101
Es ist immer wieder interessant, eine neue Band kennen zu lernen und wenn es obendrein noch eine waschechte Schweizer Combo ist, um so mehr! Die Band aus dem Raum Zürich wurde 2003 von Hens Grubenmann (g), Pascal Luder (b) und Reto Wild (d) gegründet. Nach etlichen Auditions für den Posten am Mikro fand man 2006 Delon Cyclon, der zuvor bereits bei Bonafide eine gute Figur gemacht hatte. Im gleichen Jahr entstand die EP «I Should Be The One», die ein gewisser Freddie Kjellin masterte, der unter anderem auch schon für Mother's Finest und Überraschung..., Glenn Hughes gearbeitet hat. Somit wäre das Zustandekommen dieses Packages gewissermassen erklärt. Damit das Ganze, das heisst per eigener Definition «New Rock» auch auf der Bühne funktioniert, wurde das Line-Up noch mit Gitarrist Mack Schildknecht aufgestockt. Diese fünf Jungs kamen dann also auf die Bühne des Z7 und legten darauf gleich mal unbekümmert los. Auch wenn Sänger Cyclon äusserlich eher wie ein Metalcore Sänger aussah, klang dieser dann und wann jedoch mehr nach Vince Neil (Mötley Crüe) als nach irgend einem wild gewordenen Brüllwürfel. Der Sound war soweit ganz ordentlich und durch zwei Gitarren entsprechend raumfüllend. Dazu fanden sich gute Melody-Lines und kernige Gitarren-Soli. Wenn auch nicht gerade überhart, hörte sich das Ganze recht kompakt an, was zweifellos der Verdienst aller versiert wirkenden Musiker war. Das Publikum schrie sich zu dieser Performance zwar nicht gerade die Seele aus dem Leib, sondern spendete zumindest den verdienten Applaus. Als weiteres Plus konnte die Tatsache abgehakt werden, dass Adrenaline 101 nur eigene Songs spielten und nicht auf die Hilfe eines zugkräftigen Covers zählen mussten. Diese typische Liveband sollte man künftig wenn möglich nicht ignorieren, sondern ansehen/anhören und weiter bringen!

Setlist: «Seek The Lane» - «Blow Out» - «Golden Frame» - «Simply Your Touch» - «In The Mix» - «When I'm Gone» - «Push Comes To Shove» - «Homicide» - «Flush Nights» - «I Should Be The One».

Glenn Hughes
Einleitend zuerst mal die nüchterne und sachliche Feststellung, dass dieser Kult-Musiker im August 56 Jahre alt wird und sich körperlich immer noch wie ein drahtiger Jüngling präsentiert. Ganz zu schweigen von der unnachahmlichen Stimme, die nach über drei Dekaden kaum etwas von ihrer Ausdruckskraft, wenn überhaupt, eingebüsst hat. Nebst der längst nostalgisch angehauchten Zeit bei Deep Purple, veredelte Glenn in den Jahren danach bis heute ungezählte Heavy-Scheiben mit seiner aussergewöhnlichen Stimme und beteiligte sich auch rege am Songwriting, wie zuletzt bei Quiet Riot. Die Bandbreite zwischen Rock, Blues und Funk ist da zeitweilen fliessend, oft aber das führende Thema einer jeweiligen Scheibe. Dies trifft aktuell auch auf die neue Langrille «First Underground Nuclear Kitchen» zu, wo der «Funk-Master» abermals seiner liebsten Stilrichtung frönt. Dass dem wirklich so war, bewiesen die ersten vier Songs des Sets, die gleich allesamt aus neuem Material bestanden und natürlich groovten wie Sau. Das lag in erster Linie nicht nur am Bass spielenden Sänger, sondern vielmehr dem exzellenten Line-Up, das diesmal aus dem langjährigen Mitstreiter JJ Marsh (g), Jungspund Luis Maldonado (g) sowie Anders Olinder (keys) und Matt Goom (d) besteht. An letzterer Stelle wäre, wenn er denn Zeit gehabt hätte, Red Hot Chili Peppers Schlagwerker Chad Smith gesessen, der mitunter ja bereits ein paar der letzten Alben von Glenn Hughes im Studio eingetrommelt hat. Sein Ersatz liess jedoch ebenso wenig anbrennen, sodass man hier relativ locker über diese Vakanz hinweg sehen konnte. So ganz ohne Klassiker ging es heute Abend zum Glück nicht, und es bedarf an dieser Stelle keiner grossen Worte um nachzureichen, dass der Purple Übersong «Mistreated» bereits den ersten Höhepunkt des Abends markierte. Wohl spielte die Band nicht die allerrockigste Version, aber was Glenn dazu für einen meisterlichen Gesang beisteuerte, entschädigte für alles! Mann war das geil!! Der Rest dieses Hammer Konzertes war dann wiederum ziemlich funklastig, was nicht allen (mich eingeschlossen) gleich gut gefiel. Nichtsdestotrotz zelebrierte «The Voice of Rock» die hohe Gesangs-Kunst, wie man es von ihm all die Jahre über gewohnt ist. Leider waren diesmal zu meiner persönlichen, kleinen Enttäuschung wie gesagt keine Tracks vom eingangs zitierten «Come Taste...» Album mit dabei. Dieses Manko wurde aber durch eine ganz passable Version vom Purple Smasher «Burn» (als letzte Zugabe) in Grenzen gehalten. Da dringt unweigerlich durch, dass ich den hart rockenden Mr. Hughes halt bedeutend mehr mag. Auf jeden Fall kann dieses Konzert bereits jetzt als eines der Z7 Jahres-Highlights abgebucht werden!

Setlist: «Crave» - «Funk» - «Never Say Never» - «Oil And Water» - «Mistreated» - «You Got Soul» - «We Shall Be Free» - «Don't Let Me Bleed» - «Love Communion» - «Steppin' On» - «Soul Mover» - «Burn».