Livereview: Grave Digger - Heavatar - Nitrogods - Wolfen

27. November 2014, Pratteln - Z7
By Tinu (tin) & Rockslave (rsl) – All Pics by Rockslave
 
Da war sie wieder! Die «German Metal Attack», präsentiert von Grave Digger und mit neuen aufstrebenden (?) Gruppen mit im Konzert-Gepäck. Auch im Rucksack war das neue, von den Fans heissgeliebte Wunderwerk «Return Of The Reaper», das diesmal den Zugang zur Fangemeinde bedeutend direkter fand. Was die Reviews und Verkäufe noch andeuteten, konnten Chris Boltendahl und seine Jungs allerdings nicht als gewinnbringend verbuchen. Anstelle von ausverkauften Häusern spielten die Herren vor weniger Besuchern als noch auf der letzten Konzertreise. Das Konzert-Überangebot mit Motörhead/Skew Siskin, Saxon, Edguy, Accept und Overkill schien im wahrsten Sinne des Wortes „der Overkill“ für den Geldbeutel der Fans zu sein. Vielleicht lag es auch an den Supportbands, die dem geneigten GD-Fan, neben Nitrogods, nicht gerade ein Begriff waren. Aber es zeigte sich einmal mehr, dass Grave Digger nach wie vor eine Truppe ist, die jeden Ort zum Rocken bringt, und so konnten sich Mister Boltendahl und seine Mannschaft am Ende des Abends, unter frenetischem Jubel der Besucher, an einem lautstarken Sieg auf der ganzen Linie erfreuen. (tin)

Wolfen

Der Abend wurde durch die Kölner Band Wolfen eröffnet und diese vermochte als Opener bloss vereinzelte Besucher vor die Bühne zu locken. Die mittlerweile schon seit zwei Dekaden existierende Combo konnte mit ihrer Version von Heavy Metal sicherlich Sympathiepunkte verbuchen, blieb aber gegenüber den anderen drei Bands, respektive unter dem Strich, sehr blass. Mit dem fünften Album «Evilution» in der Hinterhand und einer blonden unbekannten Schönheit, die ihre Bühnenmitstreiter lautstark wie tatkräftig unterstützte, steigerte sich das Interesse an Wolfen immerhin vorübergehend. Gemessen an den dürftigen Reaktionen des Publikums war jedoch nicht zu übersehen, dass mit dieser Darbietung keine wirklich dicken Stricke zerrissen wurden. Bei den Deutschen werden vermutlich auch die nächsten zwanzig Jahre in der gleichen Art und Weise vergehen, ohne dass man gross Notiz von ihnen nehmen wird. (tin)


Nitrogods
Der ehemalige Thunderhead-, Primal Fear- und Sinner-Gitarrist Henny Wolter liess seine Saiten rauchen und stand ab und zu auch als Leadsänger am Mikrofon. Nitrogods boten in der Folge eine verdammt coole Rock-Show, die stark von einem zentnerschweren Motörhead-Groove geprägt war, der den Jungs am Bein hing. Daneben stand der singende Bassist Claus «Oimel» Larcher, der mit seinen coolen und spassigen Ansagen die Lacher jedes Mal auf seiner Seite hatte. Hinter den Beiden sass Schlagzeuger Klaus Sperling, den man von Freedom Call, Sinner und Primal Fear her kennt. Mit seinem unglaublichen Groove und seiner tighten Spielart verleiht er dem Sound von Nitrogods genau das, was man sich von einem hart rockenden Trio wünscht. Nämlich einen wilden, rotzigen und alles niedermähenden Sound. Klaus spielte zur Erheiterung des Publikums auf einer leeren Bierflasche, animierte das Publikum und grinste sich einen ab, als Oimel tänzelnd den Elvis zum Besten gab. Ein Bild für die Götter! Das Publikum hatte sichtlich seine Freude, applaudierte von Song zu Song kräftiger und sang beim alten Thunderhead-Kracher «Take It To The Highway» laut mit. Daneben waren es die Nitrogods-Kracher «Lipsynch Stars», «At Least I'm Drunken» und «Damn Right (They Call It Rock'n Roll)», die für die entsprechende Laune sorgten und den verschworenen Haufen zum heimlichen Headliner, neben Grave Digger, machten. Hier könnte sich eine Band entwickeln, die locker die sich langsam aber sicher abzeichnende Lücke von Motörhead zu schliessen vermag. Mit einem noch breiteren Soundgemisch aus Country, Metal, Rock und Blues trafen die Jungs den Nerv der Besucher. Am Schluss des Sets konnten sie sich deshalb, nassgeschwitzt und breit grinsend, mit erhobenem Haupt vom angeheizten Publikum verabschieden. (tin)



Heavatar
Eigentlich hätte es nach den brillanten Nitrogods, respektive vor dem Headliner, keine weitere Vorband mehr gebraucht, doch die diesjährige «German Metal Attack» hatte mit Heavatar noch einen weiteren heimatlichen Pfeil im Köcher. Ob der spitz war und über eine gute Flugbahn verfügte, sollte sich schon bald erweisen. Zugpferd der 2012 gegründeten Band ist der Van Canto Mastermind Stefan Schmidt, eskortiert von Altmeister Jörg Michael (Ex-Saxon, Ex-Stratovarius, Ex-Laos und noch „hundert“ andere, darunter auch Grave Digger!). Wie der Bandname schon entsprechend enthüllt, frönen auch diese Germanen dem powervollen Heavy Metal. Zumindest ist diese Information dem Internet zu entnehmen. Ein Debüt-Album mit dem Titel «All My Kingdoms» gibt es ebenso, wurde allerdings bereits 2013 veröffentlicht. Wie Meister Tinu schon bei Wolfen (die ich selber zwar nicht gesehen und gehört hatte) wurde ich bei Heavatar schon von Anfang an nicht wirklich warm. Obwohl man die ganze Chose zusammengefasst soweit als Power Metal bezeichnen konnte, fehlte irgendwie der rote Faden. Man setzte sich durch das stilistische Wildern in verschiedenen Gefilden wie Thrash und düsteren Sounds bald einmal in die musikalischen Nesseln. Da konnte auch ein Jörg Michael nicht verhindern, dass das Ganze insgesamt ziemlich dröge rüber kam. Gar nervend waren die unpassenden Backing Vocals und somit war ich heilfroh, als die zumindest für mich total langweilige Darbietung endlich ihr Ende fand. Die mittlerweile etwas zahlreicheren Fans spendierten am Schluss immerhin etwas mehr als Höflichkeitsapplaus, aber bis auf Nitrogods war von wegen „Metal Attack“ bisher nichts zu sehen wie zu hören gewesen und der heutige Abend somit praktisch voll für’n Arsch! Keine Ahnung, ob dieses Tour-Billing in anderen Städten für mehr Resonanz sorgen konnte, aber eine Band weniger wäre bestimmt kein Nachteil gewesen, im Gegenteil. (rsl)

Setliste: «Introgobble» - «Replica» - «Abracadabra» - «All My Kingdoms» - «Luna Luna» - «Born To Fly» - «Long Way Home» - «Elysium» - «Look Above (Outro)».


Grave Digger
Wie in der Einleitung bereits erwähnt, fanden sich beim 2014er Schweizer Tour-Stopp von Grave Digger eher enttäuschend wenige Besucher in der heiligen Z7-Konzerthalle ein. Ob es dabei am Headliner alleine lag? Eher nicht, aber man stellt nun schon eine Weile fest, dass längst nicht mehr alle Konzerte für volle Häuser sorgen. Bei der Flut an Bands, die jeweils um ihr Publikum buhlen, ist das auch kein Wunder. Die Kaufkraft der Metalheads nimmt hier tendenziell (ausser bei Sabaton *sic*) eher ab als zu und somit wird die Anzahl der sich auf Tour befindenden Bands sicher nicht geringer in der nächsten Zeit. Meine Wenigkeit wusste mehr oder weniger schon, was sie nun erwartete, denn ich war im vergangenen Sommer mitunter auch an der Pre-Show des letztjährigen „BYH!!!-Festivals, wo Chris Boltendahl und seine Jungs ein mächtiges Brett zum damals gerade neu erschienenen Longplayer «Return Of The Reaper» auffuhren. Stimmungsmässig war das natürlich von einem anderen Stern und dennoch mussten heute Abend deutlich kleinere Brötchen gebacken werden. Nichtsdestotrotz wurde die Band freudig empfangen und legte nach dem Intro mit dem schnellen Opener «Hell Funeral» gleich heftig wie ziemlich optimal los. Der richtige Rahmen für dieses Metalfest war ebenso vorhanden, sprich ein opulentes Backdrop hinten und als Blickfang die sechs aufgestellten Särge mit den im Verlauf des Konzertes unterschiedlich angeleuchteten Totenköpfen. Zu dieser standesgemässen Kulisse liessen es Frontmann Chris Boltendahl und seinen Mannen richtig krachen. Da die Band sichtlich mit Freude und Spass agierte, übertrug sich das je länger je mehr auf die Fans. So kam dann trotz grosser Lücken in der Halle eine wirklich gute Stimmung zustande und so schloss sich der Kreis zwischen den Akteuren auf der Bühne und den Leuten davor.

Da der Backkatalog von Grave Digger inzwischen auf achtzehn Studio-Alben angewachsen ist, war natürlich interessant zu sehen, welche davon für die aktuelle Tour berücksichtigt wurden und welche nicht. Die fünf Vertreter des neuen Albums deckten auf jeden Fall den klassischen Sound zwischen galoppierenden und stampfenden Songs schon mal treffend ab. Interessanterweise schaffte es jedoch kein einziger Track des Vorgängeralbums «Clash Of The Gods» (2012) auf die Setliste. Und was eigentlich bis zur Vorstellung der Band niemand bemerkte (wie auch?), war der neue Tasten-Mann mit der Kutte und der kultigen Skullmaske, der die fast zwanzigjährige Zugehörigkeit von H.P. Katzenburg beendete. Derweil gaben die Deutschen einige ihrer weiteren Klassiker wie «Excalibur» und «Knights Of The Cross» zum Besten, die keineswegs Rost angesetzt haben. Man mag ja über die gesanglichen Fähigkeiten von Herrn Boltendahl streiten oder auch nicht. Fakt ist auf jeden Fall, dass Chris weder ein Rob Halford noch ein Ronnie James Dio ist, seine Stimme jedoch unvergleichlich wie die von Lemmy ist. Man hört sofort, wer da hinter dem Mikro steht und das kann beileibe nicht jede Band von sich behaupten. Im Zugabenteil bewies «Grave Desecrator» auf beeindruckende Weise, wie gut das neue Album, wenn nicht eines der besten der letzten Jahre, geworden ist. In Hochform befand sich einmal mehr auch Gitarrist Axel Ritt, der neben sich nur noch Bassist Jens Becker und hinter ihm Drummer Stefan Arnold brauchte, um mit ihnen gemeinsam ein Hammerbrett abzuliefern. Nicht fehlen durfte als allerletzter Song schliesslich das unverwüstliche «Heavy Metal Breakdown», wo nochmals alle Register gezogen wurden. In dieser bemerkenswerten Form dürfen Grave Digger ruhig noch ein paar Jährchen weiter machen und das nächste Mal an besagter Stelle dann aber mit mindestens doppelt so vielen Leute wie heute Abend! (rsl)

Setliste: «Return Of The Reaper (Intro)» - «Hell Funeral» - «The Round Table (Forever)» - «Witch Hunter» - «The Dark Of The Sun» - «Ballad Of A Hangman» - «Seasons Of The Witch» - «Lionheart» - «Wedding Day» - «War God» - «Hammer Of The Scots» - «Tattooed Rider» - «Excalibur» - «Knights Of The Cross» - «Rebellion (The Clans Are Marching)» -- «Highland Farewell» - «Grave Desecrator» - «Heavy Metal Breakdown».