Livereview: Haggard - Eluveitie - Excelsis - Hordak
18. November 2006, Winterthur Gaswerk
By Roger W. (Rog) & Yannick S. (Yan)
Es war ein denkwürdiger Abend, dieser 18. November. Und einer der bewies, dass man auch mit einem mutigen Billing die Hallen füllen kann. Mit Hordak, Excelsis, Eluveitie und Haggard standen Bands auf der Bühne, die sich musikalisch nur in einem Punkt schnitten: Alle benutzen Flöten und verbinden ihren jeweiligen Metal-Stil mit mittelalterlichen, keltischen oder Klassik-Elementen. So bunt gemischt wie die Musik war auch das Publikum, welches aus Death-, Heavy- und Gothic-Metallern bestand. Da Haggard alleine schon eine Halle wie das Gaswerk füllen können, war ich auch nicht besonders überrascht, als es hiess, dass das Konzert ausverkauft sei. So lasst uns also Hören/Lesen die Geschichten von weit gereisten spanischen Vagabunden (Hordak), von strammen Volksgesellen (Excelsis), von acht wilden Heiden (Eluveitie) und von zwölf durch die Zeit gewanderten kleinen Mozarts (Haggard). (Rog)

Hordak
Mit grosser Spannung stand ich direkt vor der Bühne und wartete auf die spanische Pagan-Furie Hordak. Ihre Musik wird ungewöhnlicherweise "Celtiberian Pagan Metal" genannt, was bestimmt nicht sehr oft zu finden ist in der heidnischen Metal-Szene. Allgemein sind die spanischen Landsmänner ja nicht sonderlich "heidnisch" ausgerichtet, dennoch und vielleicht genau aus diesem Grund, freute ich mich auf die Band. Da Hordak eigentlich nur aus einem Duo (Autumn & Winter) besteht, haben sie sich für die Tour extra noch zwei weitere Live-Musiker ausgesucht. Vor der Bühne gab es immer mehr Zuschauer, zwar traute sich niemand ausser ich selber ganz nach vorne, aber für eine Band, die ihren ersten Auftritt ausserhalb ihres Landes hatte, war es bestimmt ein Freudenfest. Als die Jungs dann endlich ihre Instrumente in Betrieb nahmen und anfingen, ihre Hits vom neusten Album "The Last European Wolves" wie auch vom Debüt-Album "War Has Just Begun" zu spielen, konnte ich mich kaum mehr einkriegen. Zwar hatte die Band etliche Probleme mit dem Sound (zum Beispiel kein Ton bei der Flöte), aber ihre Art von Musik, mit den äusserst starken Gitarrenwänden und einer beachtlichen Dudelsack-Leistung, hat mich sofort mitgerissen. Auch immer mehr Zuschauer kamen in Fahrt und genossen die erste Band des Abends, die ja für die Meisten vollkommen unbekannt war. Ich kannte immerhin ihre beiden Alben und konnte sogar bei bestimmten Songs mitsingen, was die Stimmung meinerseits noch verbesserte. Alles in allem ist Hordak eine Band mit überaus viel Potenzial und wenn sie so weitermachen, weitere Gigs im Ausland spielen können, dann werden sie im Pagan-Bereich nicht mehr wegzudenken sein. (Yan)

Excelsis
Als zweite Band des Abends stand mit Excelsis die einzige Truppe auf der Bühne, die keine Death Metal Einflüsse in ihrer Musik vereint. Da sie aber als verbindendes Element zu Hordak, Eluveitie und Haggard ebenfalls Flöte, Horn und ausser Englisch noch Berndeutsch einsetzen, war ihr Platz trotzdem berechtigt. Aber auch so fragte ich mich im Vorfeld, wie der von Blind Guardian beeinflusste Power Metal beim eher Death- und Black Metal lastigen Publikum ankommen würde. Und siehe da, es funktionierte! Mit "Mer sie Excelsis vor Bärn" eröffnete Sänger Münggu das Konzert im breitesten Berndeutsch und erntete dafür bereits grossen Applaus, der in "Hey, hey"-Rufe überging. War bei Hordak noch bewegungsmässig tote Hose vor der Bühne, verwandelten sich nun die ersten Reihen in ein kleines tobendes Menschenmeer, welches zu Liedern wie "House Of Healing", "We Are Kings" oder "Soldiers" headbangte und zum Teil pogte. Aber auch die hinteren Reihen genossen die Musik, die zumindest im Saal ziemlich gut abgemischt war, was auf die Bühne gar nicht zutraf. Die Band liess sich davon aber nur wenig anmerken und genoss den Auftritt vor vollen Reihen. Gut war dies immer wieder dann zu sehen, wenn die drei Gitarristen zusammen mit dem Bassisten in einer Reihe spielten und dabei um die Wette strahlten, was zudem noch sehr cool aussah. Mit "I Lost My Soul" des immer noch neuen Albums "Legacy Of Sempach" folgte schliesslich nach nur vier Liedern bereits der zweitletzte Song, bevor "Baphomets Oath" des "Kurt Of Koppigen"-Albums den gelungenen Auftritt abschloss. Excelsis hinterliessen ein zufriedenes Publikum, welches höchstens noch das eigentlich geplante, aber wegen Zeitmangels nicht gespielte "Annebäbeli" vermisste. Die Berner hatten alles richtig gemacht, und dass die Stimmung bei Eluveitie dann noch besser war, lag wohl daran, dass die Power Metal Fraktion tendenziell doch in der Minderheit war. (Rog)

Eluveitie
Der "New Wave of Folk Metal" hat es wieder einmal nach Winterthur geschafft. Die 8-köpfige Band der Stunde Eluveitie aus der Schweiz lockte tierisch viele Leute an und man konnte sich kaum mehr bewegen im ziemlich "warmen" Gaswerk. Bereits zum siebten Mal durfte ich Eluveitie live begutachten und ihre wunderbaren Töne lauschen. Nach einer relativ langen Umbauphase (typisch für Eluveitie) begann die Show mit einem herrlichen Intro. Die Kelten besprangen die Bühne, wie immer mit Dreck am Körper, und legten ein regelrechtes Feuerwerk hin. Ihre neuste Scheibe "Spirit" wurde fast vollständig durchgebrettert und auch von der Vorgänger-CD "Ven" wurden Stücke gespielt. Das Publikum war nicht mehr wieder zu erkennen, es wurde gemosht, getanzt und gejohlt. Eluveitie zeigte ganz klar, dass sie mehr und mehr zu den führenden Pagan-Bands gehören. Auch die Stimmung neben der Musik war einfach vorzüglich. Immer wieder rissen sie die Zuschauer mit Sprüchen und ihrem genialen Spielspass mit. Ganz besonders gefreut hat mich, die Tatsache, dass die Band ihre Lieder sozusagen erweitert hat und Meri ihr Scream, das absolut höllisch geil klang, auspackte. Das Pünktchen auf dem I war natürlich der neu präsentierte Song, der ziemlich hart daherkam, aber mir sehr gut gefiel. Dieser Auftritt war wortwörtlich ein Heidenspass. Auf die Zukunft dieser jungen Schweizer Band darf man auf jeden Fall gespannt sein, denn es gibt meines Wissens keine Band, die ihre nicht unbedingt alltäglichen Instrumente so genial mit Metal verschmelzen lassen. Einfach traumhaft! (Yan)

Haggard
Nach dem gefeierten Auftritt der Bühnen-Tiere Eluveitie kam es dann zum eigentlichen Höhepunkt des Abends: Haggard. Wer die Band schon mal live erleben durfte weiss, dass deren Mischung aus Klassik, Mittelaltermusik und ein wenig Heavy Metal mit Death Metal Growls eine ganz spezielle Stimmung erzeugt, die nicht jedermanns Sache sein kann. Wohl deshalb waren die Ränge bereits ab Konzertbeginn um einiges lockerer als bei Eluveitie. Dies beeinträchtigte die Stimmung aber keineswegs, sondern unterstrich sie eher noch. Ebenso aussergewöhnlich wie das Konzert selbst war auch die Konzerteinleitung oder das "Intro". Nach und nach bestiegen die einzelnen Musiker die Bühne, stimmten ihre Instrumente, absolvierten einen letzten Soundcheck und blieben dann dort. Nach 11 Leuten wartete das Publikum nur noch auf den Sänger und Gitarristen Asis, der das Konzert schliesslich eröffnete. Es folgten Hits wie "In A Fullmoon Procession", "Herr Mannelig" oder "Awakening The Centuries". Werden bei anderen Bands für die orchestralen Teile Keyboards und Sampler eingesetzt, so fehlten diese bei Haggard vollständig. Jeder Ton kam wirklich auch live von der Bühne, handelte es sich nun um Kontrabass, Violine, Viola, Klavier, Flöte oder Sopranstimme. Dass bei einem solchen Aufgebot der Death Metal eher im Hintergrund steht, versteht sich dabei von selbst. Haggard sind anders! Ihre Lieder sind lang, progressiv, verträumt, leicht, schwer, kurz, laut, leise, fein, grob oder schlicht anders als alles andere. Ab und zu wünschte man sich sogar, diese einmalige Mischung in einem grossen Opernhaus sitzend zu Gemüte zu führen, auch wenn die Stühle wohl beim Haare schütteln stören würden. Headbangen war nämlich während der kurzen harten Passagen trotzdem immer wieder angesagt und wurde auch von einem Teil der Musiker begeistert praktiziert. Besonders fiel dabei neben den beiden Gitarristen Asis und Claudio die Sopransängerin Susanne auf, die immer wieder Grimassen schnitt. Das Konzert verging wie im Fluge und als bei "The Final Victory" das Publikum lauthals singen durfte, wusste man wieder, dass man sich an einem Metal-Konzert und nicht in einem Opernhaus befand. Danach folgten als Zugabe die sehr langen "De la morte noir" und das endgültige Finale "Eppur Si Muove", die einen aussergewöhnlichen Konzertabend abschlossen, der bewies, dass man auch mit einem mutigen, bunt durchmischten Billing eine Halle ausverkaufen kann. Hordak, Excelsis, Eluveitie und Haggard zusammen auf einer Bühne? Ja gerne, immer wieder! (Rog)