Livereview: Ice Rock Festival 2015

09. Januar – 10. Januar 2015, Wasen i. E. – Nussbaumschachen
By Rockslave
 

Für die diesjährige Ausgabe des längst mit Kultstatus versehenen „ICE ROCK“-Festivals lockte das Veranstalter-Duo Fridu Gerber und Marco Forster zusammen mit ihrer motivierten Crew abermals mehrere Hundertschaften nach Wasen ins schöne Emmental. Auch wenn der Winter zu dem Zeitpunkt optisch nicht präsent war, herrschten durchaus winterliche Temperaturen, die die aufmarschierten Fans relativ rasch in Richtung Vorzelt und Hauptareal verschieben liessen. Drinnen angekommen wurde man sogleich von der angenehmen Wärme und dem unvergleichlichlichen wie heimeligen Ambiente gefangen genommen. Nebst ausreichendem Platz für das leibliche Wohl, wurden natürlich auch wieder die Haupt- und Nebenbar hergerichtet. Nicht fehlen durfte auch diesmal der finnische hölzerne Badkessel mit bester Sicht auf die Bühne. Der wichtigste Ort für das Festival war ebenso wieder bereit, wie auch zahlreiche Leute, die sich und hinter Bühne um Technik, Licht und Sound kümmerten. Ich war am zweiten sowie dritten Tag zugegen und freute mich besonders auf Dynamite, Eclipse und Brainstorm. Die so nicht erwartete Überraschung lieferten aber Morgana Lefay ab!

Freitag, 09.01.2015 (Erster Tag)

Da ich den Weg ins Emmental rechtzeitig unter die Räder nahm, war ich pünktlich auf den Beginn vor Ort, wo mich Chef Fridu Gerber gleich von der Bühne herab „öffentlich“ mit „Rockslave von Metal Factory ist auch da“ begrüsste! Diese Ehre blendete sogleich, zumindest für ein paar Stunden, meine (berechtigte) Befürchtung aus, dass mein halbwegs im Morast geparktes Auto bei dem Wetter Probleme beim Wegfahren machen wird. Und so kam es denn auch, doch dazu später mehr. Dögz, die erste Band des zweiten Festivaltages, war bereit und betrat die Bretter, die die Welt bedeuten.

Dögz
Vor der im kommenden Frühling anstehenden Plattentaufe der ersten CD demonstrierten Mainman und Gitarrist Philipp „Bluedög“ Gerber, Keyboarderin Brigitte Geiser, Bassist J. C. Wirth und Schlagzeuger Freddy Steady, wie fetziger Bluesrock mit Herz und Seele zelebriert wird. Letztgenannter Musiker ist natürlich, und das wussten vor Ort womöglich doch nicht ganz alle, der Ur-Felldrescher von Krokus. Was früher in die Kategorie Spass gehörte, hat sich mittlerweile zu einer festen Einheit heraus gearbeitet. Dögz wollen nun klar als gefestigtes Kollektiv wahr genommen werden und das gelang ihnen eigentlich von Anfang an recht gut. Im Vordergrund stand vor allem der agile wie versierte Axeman „Phippu“, der, kaum hatte er angefangen zu spielen, schon bald klitschnass war! J.C. sorgte derweil für den richtigen Groove, den Freddy von hinten prompt mittrug. Eher etwas blass agierte Tastenfrau Brigitte, deren Einsätze live kaum mehr über ein Begleiten im Hintergrund hinaus gingen. Da würde sich vielleicht mal der eine oder andere Solo-Part anbieten, damit dieses Instrument besser zum Tragen kommt. Insgesamt können Dögz, inklusive Guest Schörä Müller von Span den Erwartungen jedoch gerecht werden, spielten bereits einige neue Songs der kommenden CD wie «Cleveland», «Down In Pieces», «Wang Dang Doodle» oder «Still Going Wild» und interpretierten auch Zep’s «Rock’n’Roll» sowie den ZZ Top Klassiker «La Grange». Nach dem Auftritt kam „Bluedög“ als Stagetech das eine oder andere Mal wegen technischen Mätzchen wiederum etwas zum Schwitzen.


Dynamite
Kurz nach 22.00 Uhr kamen vier Schweden auf die Bühne, die ganz auf der Linie von Kollegen wie Bullet, '77 oder der Hamburger Combo Hardbone stehen, die ja letztes Jahr hier zu Gast war. Vielfach und berechtigt kann man sich bekanntlich fragen, ob es denn die gefühlte 137. Version einer AC/DC Cover- oder von mir aus halt auch Tribute-Band der legendären Originale aus Australien wirklich braucht. Im Fall von Dynamite lautet die Antwort ganz klar „ja“!! Obwohl die Ur-Suppe ein weiteres Mal mit einem Monsterbesteck gelöffelt wird, kommt es einfach auf die Art und Weise an, wie eine Band an dieses Thema ran geht. Und solange das Ganze, wie zu Beginn bei den Spaniern '77 spürbar Eier hat, kommt es gut, aber nur dann! Dynamite wurden erst 2012 gegründet und haben in der Zeit zwei Alben veröffentlicht. Die aktuelle zweite Langrille «Blackout Station» kam letztes Jahr im Mai heraus und musste gegen das sackstarke Debüt «Lock n‘ Load» antreten. Mit dem heutigen Opener «Talk Is Cheap», einem neuen Song und tempomässig etwas gedrosselter als der Debüt-Killer «Bullseye», mussten Mattis Karlsson (v/g), Sebastian Hed-Plikas (g), Adam Butler (b) und Jonas Hagström (d) zu Beginn gleich mächtig Gas geben. Erst bei «Damn You Woman» wurde die Temposchraube ein bisschen angezogen, was umgehend für mehr Bewegung im Publikum sorgte und auch der Titeltrack des Zweitlings ging gut und zielstrebig in die Knochen. Hierzu lässt es sich optimal headbangen, was in den vorderen Reihen zahlreich zu sehen war. Hinten raus merkte man dann aber doch, dass der Erstling einen spürbaren Zacken heftiger daher kommt. «Ride Alone» und «Big Bang» waren zudem offenbar die jüngsten „Non Album“- Kompositionen, an die ich mich jetzt im Einzeln nicht mehr genau erinnern kann. Fakt ist aber, dass Dynamite eine verdammt geile Live-Band sind und es bleibt zu hoffen, dass die Jungs kompositorisch nicht nachlassen und das irgendwann kommende dritte „make it or break“-Album ein oberfetter Knaller wird! Die gute Stimmung am „ICE ROCK“ führte schliesslich dazu, dass sich zur Freude der Fans mit «Midnight Lady» eine zusätzliche Zugabe ins Set schlich.

Setliste: «Talk Is Cheap» - «Stone Heart Rebel» - «Burn It Down» - «Damn You Woman» - «It's a Long Way Home» - «Blackout Station» - «Wild Wild Woman» - «Street Fighting Blues» - «Highroller» - «Work Hard For The Money» - «Diamond Vagabond» - «Ride Alone» - «Lock n' Load» -- «Wild And Untame» - «Big Bang» - «Gone Wild» --- «Midnight Lady».

Sister Sin
Eigentlich stand felsenfest fest, dass ein guter Kollege von mir (M. F. aus B.) eigentlich schon nur wegen dieser Band Emmental ins pilgern wollte. Leider kam ihm kurzfristig etwas Privates dazwischen, und so musste ich quasi, stellvertretend, seine Begeisterung für Sister Sin mittragen. Meine Wenigkeit war bei der persönlichen Live-Premiere zumindest gespannt auf diesen Auftritt, da mir mehrfach gesagt wurde, dass die 2002 gegründete Truppe auf der Bühne eine Wucht sein soll. Nebst dem harten und stellenweise etwas an alte Motörhead erinnernden Sound liegt das in erster Linie an der sexy Frontlady Liv Jagrell, die nicht nur eine schneidende Stimme, sondern auch ansehnliche Kurven besitzt. Das dabei recht eng getragene schwarze Bustier verfehlte seine optische Wirkung in der Tat nicht! Doch das alleine macht in der Regel den Braten nicht fett und in meiner Tonträgerwelt hatte bisher zumindest mal das 2008er Album «Switchblade Serenades» gewisse musikalische Spuren hinterlassen, ohne aber täglich gespielt worden zu sein. Darauf erinnerte rhythmisch Vieles mitunter an die frühen Mötley Crüe, während die aktuelle, im Herbst 2014 erschienene Langrille «Black Lotus» breiter gefächerten Heavy Metal hervor brachte. Kaum auf der Bühne, ging es dann auch gleich ordentlich mit dem schwedischen Quartett aus Göteborg los. Während sich Liv umgehend mächtig ins Zeug legte und dabei einen Grossteil der Bühnenfläche beanspruchte, lieferten Jimmy Hiltula (g), Andreas Strandh (b) und Dave Sundberg (d) eine ebenso beherzte Show ab. Der persönlich undiskutabel und professionelle Einsatz der ganzen Band konnte heute Abend jedoch keinen Flächenbrand am „ICE ROCK“ auslösen. Es war bezeichnend, dass in der Mitte des Sets mit dem U.D.O.-Cover «24/7» der bis anhin „beste Song“ an der Reihe war. Das nachfolgende «Desert Queen» (das auf dem Studio-Album mit den Keyboards wie Lordi klingt) gefiel mir dann aber ebenso und «Desert Queen» passte soweit auch. Ganzen hinten raus und unter dem Strich genügte dies aber nicht, um mich wirklich beeindruckt zu hinterlassen. Der Gesang wirkte weitgehend sehr angestrengt und vielen Songs fehlte das gewisse Etwas, um aus der Masse heraus zu stechen.

Setliste: «Food For Worms» - «Outrage» - «Chaos Royale» - «One Out Of Ten» - «Fight Song» - «Heading For Hell» - «24/7 (U.D.O. Cover)» - «Desert Queen» - «On Parole» - «Sail North» - «Hearts Of Cold» - «End Of The Line» - «Better Than Them» - «Sound Of The Underground».


Dezperadoz
Vor deutlich gelichteten Reihen betrat mit den Deutschen von Dezperadoz die letzte Band des zweiten Festivaltages die „ICE ROCK“-Bühne. Orts-Chef Fridu liess es sich natürlich auch jetzt nicht nehmen, das Publikum zu den voran gegangenen Sister Sin mit dem mittlerweile legendären Spruch „Isch das öppis gsi?“ (auf Deutsch: „Na, war das was?“) zu konfrontieren. Die Antwort fiel natürlich lautstark aus, auch wenn nicht mehr aus gleich vielen Kehlen wie noch zu Beginn. Nichtsdestotrotz musste die Show weiter gehen. Da die Uhr jedoch schon gegen 01.30 Uhr marschierte, waren zumindest meine Batterien langsam aber sicher auf dem Weg in Richtung „low performance“. Dennoch wollte ich mir diesen Set natürlich in voller Länge zu Gemüte führen, da ich eigentlich nie vorzeitig aus einem Konzert davon laufe, ausser die Darbietung wäre wirklich mies. Das Gegenteil war bei Dezperadoz der Fall, obwohl für meinen Geschmack das Western-Thema, falls es allenfalls zu fest in Richtung Country gehen würde, tatsächlich ein Grund sein könnte, sich vorzeitig vom Acker zu machen. Glücklicherweise beschränkte sich dieses Attribut des lärmigen Trios weitestgehend auf die Optik, denn der Opener «OK Corral» war ein fetter Hardrock-Groover vor dem Herrn, wo am Schluss gar noch ein kurzes Double Bass-Drum Gewitter über die Köpfe der Besucher hinweg geschmettert wurde. Auch «Rattlesnake Shake» entpuppte sich als optimaler Saloon-Rocker, und spätestens bei «Hate» und dem noch härteren «Yippie Ya Yeah (More Than One Good Reason)» war allen Anwesenden in den frühen Morgenstunden klar, dass hier auf der Bühne kein Kindergeburtstag stattfand. Das Festival-OK hatte einmal mehr ein glückliches Händchen bei der Bandauswahl bewiesen. Anders als bei Sister Sin vorher, passte hier das legendäre Doors Cover «Riders On The Storm» perfekt als Kontrast in den Set rein. Dafür hätte man sich den Lady Gaga Hit «Pokerface» sparen können, ja müssen, auch wenn die Version von Dezperadoz gegenüber dem Original immerhin noch etwas Eigenes her gab. Eigen, respektive auffällig, war auch der muskulös gebaute Drummer J.R, der nebst seiner wuchtigen Spielart unentwegt Fratzen riss. Gegen 3.00 Uhr morgens hallten schliesslich letzten die Klänge durchs Tenn im Nussbaumschachen. Bevor ich mich danach auf den Heimweg machen konnte, sah ich meine anfängliche Befürchtung bald bestätigt: Das Auto steckte fest!

Setliste: «OK Corral» - «Rattlesnake Shake» - «Hate» - «Yippie Ya Yeah (More Than One Good Reason)» - «Riders On The Storm (The Doors Cover)» - «March To Destiny» - «Rawhide» - «Saloon No. 10» - «Pokerface» - «Rebelheart» - «Hellbilly Square» - «Just Like Cowboyzz Do» -- «Ghostriders».




Samstag, 10.01.2015 (Zweiter Tag)
Dank der aufmerksamen und hilfsbereiten Street-Crew des „ICE ROCK“ wurde ich gegen halb vier Uhr morgens (!) mit einem Jeep aus dem Morast gezogen, nachdem ich zuvor noch mehrere Getränke-Marken erhielt und die Wartezeit aufgrund eines ambulanten Einsatzes vor Ort (eine junge Lady hatte ziemlich getankt) mit einem Kaffee überbrücken konnte. Sowas nenne ich eine Top-Organisation und möchte hiermit allen Beteiligten meinen aufrichtigen Dank aussprechen, dass ich, trotz des anbrechenden Morgens, nach der Heimkehr dennoch ein paar Stunden Schlaf in meinem Bett fand!

The MinX
Pünktlich um 15.00 Uhr stand ich wieder frisch und munter auf der Matte, sprich vor der Bühne des „ICE ROCK“, wo Zeremonienmeister Fridu die ersten Gäste des letzten Festivaltages der Ausgabe 2015 begrüsste und herzlich willkommen hiess. Die erste Band des Tages war ein Quintett und wies ein eher jüngeres Durchschnittsalter auf. The MinX stammen aus dem Berner Seeland und zocken frischen Alternative Rock. Auf dem Papier kann mich solche Mucke in der Regel kaum bis gar nicht hinter dem Ofen hervor locken, aber kaum hatten die Jungs angefangen, hellte sich meine Miene zusehends auf. Nebst dem prägnanten Gitarren-Sound von „T-Rod“ (Thomas Roder) und „Lukii“ (Lukas Bühlmann) war es in erster Linie die überzeugende Gesangsstimme von Frontmann Tobi, die den Unterschied ausmachte. Dazu kam noch etwas Lokalkolorit, sprich Heimvorteil, und diesen wussten The MinX gekonnt auszuspielen. Obwohl sich vor der Bühne noch nicht so viele Leute aufhielten, bekamen diejenigen, die bereits da waren, eine feine Rock-Show geboten. Innerhalb der zur Verfügung stehenden Stunde spielten die Jungs nicht weniger als siebzehn Songs! Das hiess nichts anderes, als dass Vieles direkt und ohne viel Drumherum auf den Punkt gebracht wurde. Das UFO-Cover «Doctor Doctor» erhielt jedoch höchstens das Prädikat „nett, aber nicht zwingend. Am Schluss standen eigentlich noch drei Songs als Zugaben auf der Setliste, doch der bisher eigentlich ziemlich gut eingehaltene Zeitplan der beiden Vortage wurde weiterhin hochgehalten und so musste der ganz ordentliche Opener mit einem feinen Schlussapplaus das Feld räumen.

Setliste: «Get What You Need» - «First Date» - «Against The Mainstream» - «Never Dies» - «Cold Hard Bitch» - «Slave» - «The Middle» - «Hot Rock» - «Get Me Outta Here» - «The Riddle» - «T.h.e M.i.n.x» - «Doctor Doctor (UFO-Cover)» - «Rip It Up» - «Life Is A Bitch» - «Die Die My Darling» - «Keep It Real» - «We've Had Enough Now» -- «Drive Me Wild (not played!)» - «Simple Man (not played!)» - «Stand By Me (not played!)».


Human Zoo
So wie das BYH!!!-Festival untrennbar mit der Stadt Balingen am Rande der Schwäbischen Alb verbunden ist, gehören die Hardrocker von Human Zoo ebenso dazu. Als 2011 die schwedischen Glamster Crashdïet verhindert waren, sprang so zu sagen die Hausband kurzfristig ein. Bislang war das aber der einzige Auftritt an diesem mittlerweile längst legendären Anlass in der regionalen Heimat. Seit etwas mehr als einer Dekade sind Human Zoo ein Teil der Szene und waren tourmässig immerhin mit den Scorpions, Krokus, Gotthard, Y & T oder auch Pink Cream 69 unterwegs. Stilistisch liegen Letztere und auch Kollegen wie House Of Lords oder Grand Design auf Augenhöhe. Speziell ist jedoch, dass die Balinger Rocker einen Saxophonisten als festes Bandmitglied im Line-Up führen. Damit grenzt man sich schon etwas vom Gros ab, denn dieses Instrument kennt man sonst höchstens noch von Foreigner oder allenfalls Hanoi Rocks und dort auch nur bei einzelnen Songs. Beim melodischen Hardrock der Deutschen taucht dieser Sound zwar nicht permanent, aber doch immer wieder mal auf. Bisher sind drei full length Alben veröffentlicht worden, wovon das „aktuelle“ «Eyes Of The Stranger» von 2011 stammt. Etwas Neues tut also Not und im kommenden Frühling wird offensichtlich der nächste Gang ins Studio anstehen. Warum die Truppe trotz ihrer ansprechenden Musik auf internationalem Niveau und dem Klasse-Sänger Thomas Seeburger bisher nicht entscheidend weiter gekommen ist, lässt Raum für Spekulationen und ist leider kein Einzelfall. Der heutige Auftritt hatte mir eigentlich recht gut gefallen und selbst dem Saxophonisten Boris Matakovic konnte ich im Gesamten echt etwas Positives abgewinnen. In der Setliste waren Songs von allen Alben gut vertreten, die meisten vom Debüt «Precious Time» (2006). Mit «One Direction» dürfte ein kommender neuer Song gespielt worden sein, der die bewährte Tradition weiter führt. Die Stimmung war ordentlich, aber das Ganze hätte noch etwas mehr Druck nach vorne in der Art und Weise von H.E.A.T vertragen können. Ansonsten kam die Chose wirklich solide daher und es reifte die Erkenntnis, dass die Band besser als ihr Status ist.

Setlise: «Raise Your Hands» - «Gimme Your Time» - «One Direction» - «Fall in Love» - «Give It Up» - «Creatures Of The Night» - «In The Rain» - «Eyes Of The Stranger» - «Rock Your Town» - «The Answer» - «Communicate» - «Taste Like Sugar» - «Crowd's On Fire» - «Over The Horizon».


Eclipse
Spätestens jetzt setzte das diesjährige “ICE ROCK“-Festival zur endgültigen Kür an! Während in dieser Stilecke des melodischen Hardrocks aktuell vor allem und natürlich völlig zurecht die Landsleute von H.E.A.T in aller Munde sind und die Schweiz im letzten Jahr mit zwei Hammerkonzerten beglückt wurde, bewiesen Eclipse im ländlichen Emmental, dass sie ebenso für Höheres berufen sind. Die Zusage der Schweden kann deshalb für Fridu Gerber und seine Crew getrost als Husarenstück bezeichnet werden! Sänger und Frontmann Erik Mårtensson sowie sein Sidekick Magnus Henriksson (g) haben sich nämlich als Producer, respektive Songwriter für andere Bands / Projekte wie W.E.T, Giant, Jimi Jamison (R.I.P.), Toby Hitchcock, Adrenaline Rush oder Dalton einen Namen gemacht. Dazu hat Mårtensson noch etliche Vocal-Credits bei Bands wie Edenbridge, Primal Fear oder Sinner. Das von der Szene eigentlich erst richtig wahr genommene Debüt «Bleed And Scream» der eigenen Combo Eclipse erschien 2012 über das für diese Stilecke nicht mehr weg zu denkende Record Label „Frontiers Records“ und liess die Kinnladen danach gleich serienweise runter klappen. Wer tiefer gräbt, findet aber noch drei weitere Alben zwischen 2001 und 2008. Nachdem es früher mitunter auch mal etwas poppig zu und her ging, wurde das eigentlich dritte Album «Are You Ready To Rock» von 2008 letztes Jahr mit überarbeitetem Sound und Bonus-Tracks nochmals veröffentlicht. Dies sei an dieser Stelle im Speziellen erwähnt, da der heutige Set nebst überwiegendem Anteil von «Bleed…» eben auch fünf Songs von «Are You…» enthielt und vom kommenden neuen Werk im Frühling wurde «Live Bites» (kein Judas Priest Cover!) vorgestellt. Wer also auf H.E.A.T abfährt, wird ebenso voll auf Eclipse stehen, weil dieser Sound durch etwas zusätzliche Härte sowas von Eier hat, dass es einen glatt wegbläst, wenn die Jungs, wie heute Abend, loslegen! Nebst der Hammerstimme von Erik ist Magnus mit seinem kraftvollen Gitarrenspiel der Schlüssel zur schieren Power dieser Hammer-Combo. Wie Arve Isdal und Thomas Tofthagen von Audrey Horne poste, riffte und solierte dieser wie ein Irrer. Das, was man auf der CD hört, wird auf der Bühne praktisch zu 100 Prozent wiedergegeben, auch wenn alle Keyboards notgedrungen ab Band kamen. Bisher war das mit Abstand die beste Band des ganzen Festivals und entsprechend wurde sie auch abgefeiert. Interessant ist zudem, dass dieser knapp 75-minütige Rock-Orkan auch auf so einer kleinen Bühne bestens funktionierte.

Setliste: «Wylde One» - «Ain't Dead Yet» - «Wake Me Up» - «Battlegrounds» - «A Bitter Taste» - «Bleed & Scream» - «Love Bites» - «Under The Gun» - «S.O.S. » - «Hometown Calling» - «About To Break» - «Million Miles Away» - «After The End Of The World» -- «One Love (W.E.T. Cover) » - «Breaking My Heart Again».


Morgana Lefay
Als ich die Ankündigung der Landsleute von Eclipse, Sister Sin und Dynamite für das diesjährige „ICE ROCK“-Festival zum ersten Mal sah, brach ich nicht unmittelbar in Jubelstimmung wie andere (gell Kaufi!) aus. Warum auch? Wer die Geschichte von Morgana Lefay kennt, wird auf einen insgesamt durchwachsenen Karriereverlauf stossen und gleichzeitig zur Kenntnis nehmen, dass die fünfköpfige Truppe mitunter auch in den Staaten unterwegs war, sowie in Europa zum Beispiel in Wacken, dem „Sweden Rock“ und auch (unter dem Namen Lefay) am BYH!!!-Openair aufspielte. Des Weiteren waren Morgana Lefay in unseren, sprich europäischen Breitengraden ebenfalls als Headliner unterwegs. Ein grösserer Erfolg blieb jedoch aus, was unter anderem den rechtlichen Namens-Zwistereien zwischen 1999 und 2004 zuzuschreiben ist. Ein Blick in die persönliche CD-Sammlung bringt lediglich das Album «Grand Materia» (2005) hervor und das letzte offizielle Studio-Album «Aberrations Of The Mind» kam 2007 heraus! Seither ging also ausser ein paar einzelnen Konzerten nicht viel und dass man nun die Jungs, sprich Charles Rytkönen (v), Tony Eriksson (g), Peter Grehn (g), Fredrik Lundberg (b) und Pelle Åkerlind (d) unter diesen Umständen in die Schweiz und dann erst noch ans „ICE ROCK“-Festival buchen konnte, kommt wirklich einer mittleren Sensation gleich. Nach so einer langen wie albumlosen Zeit hätte dieser Schuss auch nach hinten losgehen können, aber die Band ging das Risiko wohl bewusst ein und am Schluss waren alle Gewinner! Erstens all diejenigen Besucher, die bis dahin in der Mehrzahl kaum bis gar nichts von dieser Band wussten und Morgana Lefay selber, die sich mit einer energetischen Show so zu sagen wieder ins Bewusstsein der Szene zurück beamten. Obwohl die Songs mitunter etwas sperrig daher kamen, nahm das Konzert immer mehr an Fahrt zu. Rytkönen als geborene Rampensau stand im Zentrum, war gut bei Stimme und immer in Bewegung, während das Axt-Duo Eriksson/Grehn ebenso Vollgas gab. Mal heavy, mal thrashig, powermetallisch oder auch etwas getragener boten die Schweden einen ziemlich repräsentativen Querschnitt durch fast die ganze Diskographie hindurch, inklusive der „Lefay-Zeit“. Auch wenn das meiste Material nicht gerade Ohrwurm-Potenzial aufwies, gab es dennoch solche Momente wie bei «Hollow». Das fuhr dann entsprechend voll ein, weil die Chose einfach gnadenlos drückte und sprichwörtlich alles platt walzte! Das 90-minütige Konzert darf jetzt schon als eines der grösseren Highlights der ganzen Festivalgeschichte bezeichnet werden und wird nicht nur Morgana Lefay noch ziemlich lange in bester Erinnerung bleiben.

Setliste: «The Chamber Of Confession (Intro)» - «The Source Of Pain» - «Master Of The Masquerade» - «Rooms Of Sleep» - «Another Dawn» - «Hollow» - «Angel's Deceit» - «Save Our Souls» - «Nowhere Island» - «End Of Living» - «Face Of Fear» - «I Roam» - «To Isengard» - «The Boon He Gives» - «In The Court Of The Crimson King» - «Symphony Of The Damned» - «When Gargoyles Fly» - «Maleficium».


Brainstorm
Nach diesem Monster-Gig der letzten schwedischen Band des Festivals stellt sich einem nun die Frage, ob man das noch toppen kann oder nicht. Je nachdem, wen man dazu befragt, fällt die Antwort nicht eindeutig aus. Für Kollege Kaufi von Metal Inside war der diesjährige Anlass mit dem letzten Ton von Morgana Lefay und Fridu’s „Isch das öppis gsi?!“ ansich, respektive von Glückgefühlen übermannt, "zu Ende", aber meiner Meinung nach setzten Brainstorm da noch einen drauf, wenn auch von einer etwas anderen Warte aus gesehen. Zum Ersten sind die Deutschen nach wie vor voll im Saft und brachten erst letztes Jahr mit «Firesoul» ihr zehntes Studioalbum unter die Leute. Obwohl in den letzten Jahren bedeutend aktiver, gibt es eine Gemeinsamkeit zwischen diesen beiden Gruppen. Dies bezieht sich in erster Linie auf den Erfolg, also welche Hallengrössen bei einer Tour relevant sind, respektive ausverkauft werden könnten. Das Z7 in Pratteln mit einer maximalen Kapazität von etwa 1‘700 Besuchern wird aktuell auf jeden Fall längst nicht voll. Gemessen an der Qualität der Songs und der langanhaltenden Professionalität, die seit vielen Jahren an den Tag und die Nacht gelegt wird, ist die Resonanz gelinde ausgedrückt ernüchternd. Nichtsdestotrotz wird stets betont, dass die Band trotz Plattenfirma im Rücken völlig frei entscheiden kann, was sie macht und was nicht. So gesehen ist man also dennoch um einiges weiter als tausende anderer endlos nach jedem Strohhalm greifender Combos. Diese Tatsache und das Wissen um die stets voll motivierten Musiker veranlasst mich dazu, die eingangs gestellte Frage mit einem klaren „ja“ zu beantworten. Und so kam es denn auch, wobei Sympathikus und Frontmann Andy B. Franck doch einige Anläufe nehmen musste, um das Publikum nochmals richtig auf Betriebstemperatur zu bringen. Das gelang zunehmend, was seinen Ursprung natürlich in den hochkarätigen Songs hatte, die sich mehrheitlich zum Mitsingen schlichtweg anbieten. Getragen von der schlagkräftigen Band mit Milan Loncaric (g), Torsten „Todde“ Ihlenfeld, Antonio Ieva (b) und Dieter Bernert (d) konnte Andy aus dem Vollen schöpfen. Zeitlich lag man mit dem Beginn um 22.00 Uhr eh gerade in der Komfortzone. Bei insgesamt zehn Studioalben ist es kein Zuckerschlecken, jeweils eine Setliste zusammen zu stellen, die einerseits alle Bedürfnisse, respektive Wünsche der Fans abdeckt und andererseits ein neues Album entsprechend ins richtige Licht rückt. Mit fünf Songs von «Firesoul» wurden Brainstorm diesem Anspruch sicherlich gerecht und garnierten den Rest mit Vertretern aller Alben aus der Ära Andy B. Franck, ausser «Ambiguity». Für meinen Geschmack hätte mehr von meinem Lieblingsalbum «Soul Temptation» gespielt werden sollen, doch mein Fazit fiel nach weiteren 90 Konzertminuten überaus positiv aus. Stimmungsmässig gingen jedoch Morgana Lefay als klare Sieger hervor.

Setliste: «Highs Without Lows» - «Worlds Are Comin' Through» - «Hollow Hideaway» - «In The Blink Of An Eye» - «Shiva's Tears» - «Erased By The Dark» - «Recall The Real» - «Falling Spiral Down» - «Blind Suffering» - «Entering Solitude» - «Shiver» - «All Those Words» - «Fire Walk With Me» - «Firesou, ...And I Wonder» -- «How Do You Feel».


Kissin’ Dynamite
Obwohl ich eigentlich müdigkeitsbedingt nicht wirklich Bock auf die letzte Band hatte, musste man erfolgsbedingt attestieren, dass mit den Deutschen Heavy Metallern Kissin‘ Dynamite die Reihenfolge der heutigen Auftritte korrekt war. Wer im YouTube mit einem Musik-Video («I Will Be King» von 2012) auf locker über 400‘000 Hits kommt, ist wer, keine Frage! Frontmann Hannes Braun, einst mal als 12-jähriger begabter Casting-Star bei „Starsearch“ (Ausgabe 2004) aufgefallen, reichte ein zweiter Platz, um den Grundstein für das zu legen, was er heute ist: Ein erfolgreicher Heavy Metal Shouter. Mit gerade mal knapp 23 Jahren haben er und seine Kumpels Ande Braun (g), Jim Müller (g), Steffen Haile (b) sowie Andi Schnitzer bereits nach vier Studio-Alben seit 2008 mehr erreicht als andere es je werden. Zu Beginn mehr noch im Bereich von Heavy Rock mit metallischer Attitüde angesiedelt, schwenkte der schwäbische Fünfer bald noch etwas mehr in Richtung von Hard & Heavy. Spätestens mit dem aktuellen Album «Megalomania», aber eigentlich bereits beim Zweitling «Addicted To Metal» war der Titel schon Programm. In der Zwischenzeit hat die einstige Schülerband schon auf diversen bekannten europäischen Festivals gespielt und war unter anderem als Support von U.D.O. und Steel Panther auf Achse. Vor zwei Jahren beehrte man bereits auch Japan und wie es Tobias Sammet (Edguy, Avantasia) in einem Kurz-Interview treffend verkündet hat: Kissin‘ Dynamite gehört die Zukunft, denn in zwanzig Jahren gibt es all die grossen Bands nicht mehr! Die jugendliche Frische, gepaart mit songwriterischem Talent ist in der Tat der Schlüssel für eine rosige Zukunft. Dass Vieles davon schon da ist, sah auch das „ICE ROCK“- Publikum, das zu immer später werdender Stunde nach wie vor gut antizipierte. Hannes Braun sorgte natürlich auch dafür und trieb die Meute unablässig an. Nicht minder aktiv war vor allem die Saiten-Front, die sich mächtig ins Zeug legte und Posen satt ablieferte. Im Zentrum des Sets stand nicht unerwartet die neue Langrille, die mit fünf Songs bedacht wurde und nur vom Vorgänger «Money, Sex And Power» (2012) mit noch einem zusätzlichen Track übertrumpft wurde. Die besten Momente waren die Parts mit Mitsing-Potenzial und davon gab es reichlich. Obwohl die Stimmung keine kreischenden Girls und völlig austickende Jungs erzeugte, war im Tenn spürbar mehr los als noch zuvor bei Brainstorm. Das steigerte vielleicht die Erfahrung der Organisatoren zusätzlich darin, dass im Emmental jeweils die Bands am besten ankommen, die mehr für Groove und Party sorgen. Heavy Metal geht sicher auch in Ordnung, aber eine Black oder Death Metal Band würde beipielsweise wohl weniger gut ankommen. Auf jeden Fall befanden sich um halb zwei morgens, als das „ICE ROCK“ 2015 würdig zu Ende ging, immer noch eine ansehnliche Anzahl Fans vor Ort. So konnte Fridu Gerber ein letztes Mal sein unverwüstliches „Isch das öppis gsi?!“ platzieren, allen Anwesenden seinen Dank aussprechen und selbstverständlich darauf hinweisen, dass es nächstes Jahr wieder ein „ICE ROCK“-Festival geben wird!

Setliste: «Intro» - «DNA» - «Running Free» - «VIP In Hell» - «She's A Killer» - «Money, Sex & Power» - «Maniac Ball» - «Love Me Hate Me» - «Six Feet Under» - «Sex Is War» - «Hysteria» - «Ticket To Paradise» - «I Will Be King» - «Operation Supernova».


Mein persönliches Fazit zur Ausgabe 2015 fiel wiederum positiv aus und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Zum Ersten war es abermals saugemütlich, ohne Stress und Aggressionen mit Gleichgesinnten abfeiern wie abrocken zu können und zum Zweiten liess es die Organisation vor Ort auch diesmal an nichts fehlen. Das kulinarische Angebot mit einigen Leckereien (Chili, Raclette, Speck) passte wiederum bestens, das Bier ging auch nicht aus und heuer hatte es deutlich weniger (Grill-) Rauch im Innenraum. Dies, weil man das legendäre Speckbrot nicht mit einzeln gebrutzelten Bacon-Strips belud, sondern den am Stück gebratenen Speck entsprechend zuschnitt. And last but not least trugen alle drinnen wie draussen im Einsatz stehenden HelferInnen dazu bei, dass alles reibungslos über die Bühne ging. Mir persönlich reichten zwei der drei Festivaltage, aber der alljährlich zu leistende Aufwand rechtfertigt die bestehende Konstellation und kann ruhig so beibehalten werden. Für die Geschichtsbücher ist auch, wie sich Fridu und Marco zwischendurch hinter dem linken Bühnenvorhang bemerkbar machten und ob dem Geschehen auf der Bühne jeweils wie die Honigkuchenpferde strahlten! Thanx a lot and cu all next year again!