Livereview: Dream Theater - Megadeth
27. Juni 2007, Zürich Volkshaus
By Roger W. (Rog) & Rockslave (Rsl) - All Pics by Roxx
Das war, so kurz nach dem "Rocksound Festival" in Huttwil und dem BYH!!! in Balingen (am gleichen Wochenende!), natürlich der Live-Knaller schlechthin! Beide Bands hatten zudem brandneue Alben mit im Gepäck. Dream Theater mit "Systematic Chaos" und Megadeth mit "United Abominations". Während die Speerspitze des Progressive Metal in den letzten Jahren kaum bis gar nicht nachgelassen hat, nahm die Metal-Gemeinde sehr erfreut zur Kenntnis, dass sich Dave Mustaine in jeder Hinsicht wieder freigeschaufelt hat. Die beste Antwort auf alle Fragen und/oder Gerüchte ist ein überzeugendes Album und man kann guten Gewissens sagen, dass Megadeth besser denn je klingen. Mit neuer Mannschaft an Bord war es dann auch der Rotschopf mit der unverkennbaren Stimme, der gleich für das erste Highlight des Abends verantwortlich war! Und jeder Metalhead, der Megadeth in den vergangenen Jahren irgendwo mal gesehen hat, wird auf Anfrage bestätigen können, dass der heutige Auftritt alles Bisherige locker in den Schatten gestellt hat. Und dass Dream Theater danach gar noch einen drauf setzen konnten, lässt erkennen, was verpasst wurde, wenn man an dieser "Magic Night" nicht zugegen war. (Rsl)

Megadeth
Man glaubte es kaum, aber das Volkshaus war von Beginn an sehr gut gefüllt und gefühlsmässig eigentlich "sold out". Somit stiegen die Ansprüche noch mehr, aber ich hatte schon nach dem am späteren Nachmittag geführten Interview mit Dave Mustaine ein gutes Gefühl. Früher als unbequemer und launischer Zeitgenosse verschrien, gab er sich überaus freundlich, gesprächig und ich brachte ihn dabei sogar zum Schmunzeln! Und dieser positive Eindruck täuschte in der Tat auch etwas später nicht, denn schon kurz nach der lautstarken Begrüssung vermochte "Sleepwalker" als Opener des neuen Albums auch das Konzert umgehend auf volle Fahrt zu bringen. Die Band mit Glen Drover (g), Shawn Drover (d) und James Lomenzo (b) spielte von Beginn weg tight wie Sau auf und Mr. Mustaine sang für seine Verhältnisse überdurchschnittlich gut. Daneben spielte er auch gelöst, flink und präzise, dass nicht nur mir die Kinnlade runter fiel. "Take No Prisoners" (von "Rust In Peace") war sowas von geil, dass man seinen Ohren und Augen nicht traute! Aber hallo..., und weiter ging's mit "Wake Up Dead", dem Opener von "Peace Sells..., But Who's Buying" und notabene Jahrgang 1986! Hammer..., und gleich folgte der nächste Opener: "Skin O' My Teeth" von "Countdown To Extinction". Das Volkshaus kochte regelrecht und es erinnerte einen gleich an die guten alten Zeiten. Die Setliste war recht abwechslungsreich bestückt und die nagelneuen Tracks reihten sich blendend bei den alten Krachern ein. Dass dabei mit "She Wolf" ein Song von "Cryptic Writings" zu Ehren kam, überraschte gleichermassen, wie die Alben "Youthanasia" durch das Ausbleiben von "A Tout le Monde" oder auch "The System Has Failed" nicht berücksichtigt wurden. Aber bei einer Spieldauer von 75 Minuten müssen halt Abstriche gemacht werden, die an diesem Abend umso schmerzlicher waren, da sich die ganze Band, allen voran Mastermind Dave Mustaine, in allerbester Verfassung zeigte. Die legendäre "Symphony Of Destruction" durfte im Zugabenteil dann natürlich nicht fehlen, wurde bei den ersten Klängen nach Fussballstadion Manier megamässig abgefeiert und verwandelte den Saal darauf vollends in ein hüpfendes Tollhaus. Die Stimmung war schlicht grandios und derart euphorisch, dass Dave während "Holy Wars" einmal kurz inne hielt und wohl selber nicht recht glauben konnte, was da vor ihm gerade abging, bevor der Song zu Ende gespielt wurde. Wann hat man bei Megadeth sowas schon mal gesehen?!! Einfach unglaublich, und dass sich Dave zum Schluss geradezu ehrfürchtig wie offensichtlich ergriffen beim tollen Zürcher Publikum für die frenetischen Reaktionen bedankte, machte deutlich, in welche Richtung es hoffentlich noch eine Weile gehen wird, nämlich "Vorwärts - Marsch!" Welcome back und das nächste Mal bitte als Headliner! (Rsl)

Setliste: "Sleepwalker" - "Take No Prisoners" - "Wake Up Dead" - "Skin O' My Teeth" - "Gears Of War" - "She Wolf" - "In My Darkest Hour" - "Hangar 18" - "Washington Is Next!" - "Never Walk Alone... A Call To Arms" - "Tornado Of Souls" - "Peace Sells" - "Symphony Of Destruction" - "Holy Wars".

Dream Theater
Dieses Konzert war der absolute Hammer! Und um denen den Wind aus den Segeln zu nehmen, die wissen, dass ich ein absoluter Verehrer der Truppe bin und deshalb alles aus der rosa Brille betrachte könnte, sei zu sagen, dass sich in den Tagen nach dem Konzert wirklich niemanden (!) getroffen habe, der nicht in den höchsten Tönen von diesem Abend geschwärmt hat. Aber beginnen wir diesen Bericht ganz klassisch mit dem Intro. Dieses erinnerte an Filmmusik und wurde noch bei beleuchteter Halle gespielt. Als dann der Konzertsaal abgedunkelt wurde, kam es zur eigentlichen Eröffnung in Form eines Dream Theater Medleys ab Band, welches fetzenartig verschiedene Liedausschnitte wiedergab. Dabei war schon so etwas wie Euphorie in den dichten Reihen des Volkshauses aus zu machen. Mit "Overture 1928" und "Strange Déjà Vu", welche beide von "Metropolis Pt. II" stammen, begann das eigentliche Konzert. Die Band spielte perfekt. Klar, dass bei dieser Präzision nicht viel an Bewegung auf der Bühne angesagt war. Wer allerdings einen guten Platz hatte und so einen Blick auf die Gesichter von Gitarrist John Petrucci, Bassist John Myung und Keyboarder Jordan Rudess werfen konnte, las darin grosse Emotionen. Und wer davon noch nicht genug hatte, wurde beim genauen Blick auf die Finger der drei Musiker bestens unterhalten. Unglaublich, wie schnell und trotzdem präzise es möglich ist, Gitarre, Bass und Keyboard zu spielen. Schlagzeuger im Publikum bekamen von diesen Fingerfertigkeiten nicht viel mit, da sie wohl genug damit zu tun hatten, ihrem Vorbild Mike Portnoy zuzuschauen, wie er scheinbar mühelos die kompliziertesten Rhythmen spielte. Das Muse-artige "Panic Attack" von "Octavarium" kann da ohne weiteres stellvertretend für den Rest des Sets hinhalten. Danach stellten Dream Theater das aktuelle Meisterwerk "Systematic Chaos" mit "Constant Motion" und dem sehr harten "The Dark Eternal Night" vor. Leider wurden nur gerade diese beiden Lieder berücksichtigt. Schmerzlich vermisste ich "Forsaken", was im Endeffekt aber durchaus verkraftbar war, setzte die Band nun wirklich zum einstündigen Höhepunkt an. Sänger James LaBrie verkündete, dass sie zum 15. Geburtstag ihres Zweitwerks nun das gesamte (!!!) "Images And Words" Album spielen würden, was einen freudigen Aufschrei im Publikum auslöste. Es folgten also Songs, wie das von der Halle ekstatisch mitgesungene "Pull Me Under" oder das vertrackte "Take The Time", welches bei einigen Tränen der Freude in die Augen trieb. "Surroundet" sorgte mit ruhigem Beginn und herzerwärmendem Gesang von James LaBrie für Gänsehaut pur, während bei "Metropolis Pt. I - The Miracle And The Sleeper" ein Ruck durchs Publikum ging. Überall sah man unglaubliche Glückseeligkeit, so dass zwischendurch schon mal das Gefühl aufkommen konnte, man sei hier in einem geheimen Gottesdienst. Ebenfalls wurde deutlich, welche grossen Unterschiede zwischen einem Iron Maiden Neuwerk à la "A Matter Of Life And Death" und einem Dream Theater Werk herrschen. Hier hat man einfach alles: Echte Headbanger, fast zerbrechlich zarte Momente und Dramaturgie. Die Setliste war darauf perfekt abgestimmt, so dass das arabisch angehauchte "Home" und das nochmals knüppelharte "As I Am" als Zugaben den Konzertabend logisch abschlossen. Insgesamt dauerte dieses Inferno der Gefühle und Emotionen schliesslich über zwei Stunden, die einem aber viel kürzer vorkamen. Dream Theater haben an diesem Abend definitiv alles richtig gemacht, und so wird wohl das gesamte Volkshaus genötigt sein, die Band nochmals zu schauen, wenn sie im Herbst (31.10.07), zusammen mit Symphony X, in der Winterthurer Eulachhalle aufspielen werden. Freuen wir uns also auf ein weiteres Feuerwerk!

Setliste: "Overture 1928" - "Strange Déjà Vu" - "Panic Attack" - "Constant Motion" - "The Dark Eternal Night" - "Pull Me Under" - "Another Day" - "Take TheTime" - "Surrounded" - "Metropolis Pt. I - The Miracle And The Sleeper" - "Under A Glass Moon" - "Wait For Sleep" - "Learning To Live" - "Home" - "As I Am".