Livereview: Michael Schenker Fest - Absolva

31. Oktober 2018, Pratteln – Z7
By Rockslave
Auch wenn der jüngere Bruder von Scorpions Axeman Rudolf Schenker auf den ersten Blick als „nicht so erfolgreich“ scheinen mag, hat dieser mit den Credits für die Scorps (dazu später mehr) und als Gitarrist bei UFO sowie als Mastermind der Michael Schenker Group, kurz MSG, mindestens so wichtigen Anteil an der Hard & Heavy Szene. Die 70er/80er-Jahre waren dabei prägend und brachten mit «Strangers In The Night» (mit UFO 1979) und «One Night At Budokan» (mit MSG 1981) zwei der mitunter wichtigsten Live-Alben überhaupt hervor. In dieser Zeit wurde Michael das Etikett „Gitarren-Gott“ angebracht, und das völlig zurecht! In den folgenden Jahren säumten einige Sänger den Weg auf Alben und Tourneen des Meisters. Auf Phil Mogg und Gary Barden folgten Graham Bonnet, Robin McAuley, Kelly Keeling, Leif Sunding, Keith Slack, Chris Logan und Doogie White! Letzterer war unter anderem (Live-) Member von Michael Schenker’s Temple Of Rock, wo noch die beiden Ex-Scorpions Recken Herman Rarebell (d) und Franics Buchholz (b) dazu gehörten. Aktuell heisst das Ganze Michael Schenker Fest und vereint songmässig das Beste der Zeit Barden/Bonnet/McAuley und UFO.

Absolva

Im Mai 2012 gastierten Fury UK als Supportband für Michael Schenker’s Temple Of Rock im Zürcher Plaza Club. Der damalige Leadsänger war Chris Appleton und der gründete, zusammen mit seinem Bandkollegen und Drummer Martin McNee, im gleichen Jahr noch…, genau: Absolva! Dies wäre mir heute Abend jedoch kaum bis gar nicht aufgefallen, respektive bewusst geworden, hätte ich damals den Chris nicht fotographiert! Somit liegt mitunter auch nahe, warum Absolva abermals mit Master Schenker auf Tour sind. Die Briten sind mir vom Namen her schon ein Begriff, aber bis auf mp3-Files des Debüts «Flames Of Justice» im iTunes nicht weiter präsent. Die Angabe Januar 2014 unter „zuletzt gespielt“ sagt dabei alles! Dennoch war ich überrascht, wie tight Absolva rüber kamen und offensichtlich bestens in der glorreichen Zeit des NWOBHM aufgehoben sind. Das drückte sich durch einen rohen rumpelnden Sound aus, der schon bald auf Resonanz im Publikum stiess. Mainman Chris hatte die Meute bald im Griff und präsentierte sich als gewiefter Fronter. Zudem spielte er ziemlich gut Gitarre und bildete zusammen mit Bruder Luke, der ausserdem bei Iced Earth Bass spielt, ein schlagkräftiges Gespann. Pfundig angetrieben von der Rhythm-Section mit Karl Schramm (b) und Martin McNee (d), die seinerzeit schon bei Blaze Bayley für Live-Power sorgte, wurde ein schmissiges Set dargeboten. Über die Gesamtdistanz fehlten allerdings die ganz grossen Momente, sprich mehrere gute Ear-Catcher Riffs und prägnante Melody-Lines, die aber mit der überaus agilen Performance mehr oder weniger kompensiert wurden. Den Fans schien die Darbietung aufgrund der guten Reaktionen jedoch durchaus zu munden, und nach knappen 45 Minuten hatten Absolva ihren Part als Anheizer souverän gemeistert. Leider oder durchaus auch verständlich wurde kein Song von der Vorgänger-Band Fury UK geboten, die nun vollends in der Versenkung verschwinden wird.

Setliste: «Hells Bells (AC/DC) as Intro» - «Life On The Edge» - «Rise Again» - «Never A Good Day To Die» - «Defiance» - «Only When It's Over» - «Never Back Down» - «Live For The Fight» - «Code Red».


Michael Schenker Fest
Wenn ein “Fest” und erst recht eines mit Gitarren-Hexer Michael Schenker ansteht, sollten die Fans eigentlich in Scharen auflaufen. Die Realität sah leider anders aus und nach 600 abgesetzten Tickets im Vorverkauf war das Z7 letztlich etwa zur Hälfte gefüllt. Immerhin sah das Ganze optisch nicht danach aus, da sich das Publikum nicht nur im vorderen Bereich aufhielt. Mitunter ein Grund für den eher dürftigen Publikumsaufmarsch dürfte der Mittwoch gewesen sein, aber das alleine war früher kein Grund. Heutzutage ist das eindeutig der (Über-) Menge an Konzerten geschuldet, und das wird über kurz oder lang keine Änderung erfahren. Lang war auch die bereits im Vorfeld angekündigte Konzertdauer von zweieinhalb Stunden, und das versprach schon mal einen interessanten Abend. Dies vor allem für die Leute, die Michael Schenkers Karriere schon seit Anfang der 80er mitverfolgen. Dass dieser allerdings seine unbestrittenen Karriere-Highlight in der Rolle eines Erzählers persönlich vorweg nahm, war neu und seien wir ehrlich…, auch völlig unnötig. Erstens wissen die meisten Szenekenner um diese (Credits-) Stories mit Bruder Rudolf, respektive den Scorpions und zweitens steht das so fast wortwörtlich im Netz und wirkte wie abgelesen. Seis drum, lassen wir das ruhen und reden gescheiter über die Musik, und davon gab es mehr als genug. Dass allerdings eine Kurz-Version von «Holiday» als Opener (und von Michael gesungen!) gewählt wurde, war mutig und erhielt im Gegensatz zu anderen Tourdates (nachzuschauen im YouTube) erstaunlich wenig Resonanz aus dem Publikum. Nicht viel besser erging es «Doctor Doctor» (abwechselnd mit Bonnet, Barden und McAuley), aber der Althit sowie aktueller Intro-Song einer jeden Iron Maiden Show kam wohl zu früh für das Schweizer Publikum.

Dann folgte der „Doogie White Set“, der überwiegend neueres Material enthielt und bewies, dass dieses durchaus auch auf fruchtbaren Boden stösst. «Natural Thing», ein alter UFO-Heuler beendete den ersten Einzelsänger-Set und spätestens ab jetzt machte sich das Publikum bemerkbar. Michael war zu dem Zeitpunkt bereits auf Betriebstemperatur, spielte völlig befreit auf und schien guter Laune zu sein. «Captain Nemo» als eines der insgesamt drei gespielten Instrumentals leitete zum ersten Höhepunkt des Abends über, als Graham Bonnet ein paar der besten Tracks vom Hammer-Album «Assault Attack» (1982) zelebrierte. Nicht minder kultig waren die alten Kracher im „Gary Barden Set“. Einziger Wermutstropfen war Garys Gesangsstimme, die über die Jahre arg gelitten hat. Wenn die ganze Sängerriege, wie bei «Warrior», zusammen auftrat, fiel dieses Manko nicht mehr ins Gewicht. Derweil hob Master Schenker in andere Sphären ab und brillierte trotz dem einen oder anderen schrägen Tönchen auf der ganzen Linie! Kongenial unterstützt durch Gitarrist/Keyboarder Steve Mann, Bassist Chris Glen und Drummer Ted McKenna war das Ganze ein Ohrenschmaus erster Güte. Keine Blösse gab sich Robin McAuley, der immer noch (s)eine tolle Gesangsstimme am Start hat und eigentlich auch Doogie White zumindest etwas in die Schranken wies. Der Schluss des regulären Sets gehörte dann aber wieder dem Meister, der sich bei «Rock Bottom» im Zwischenpart solistisch abermals vom Feinsten ins Zeug legte. «Lights Out» als einzige Zugabe setzte dem „Michael Schenker Fest“ die Krone auf und entliess nach 150 Minuten ein höchst zufriedenes Publikum in die Nacht. Mein eigenes Fazit fiel ebenso gut aus, obwohl meine Alltime MSG-Favoriten «On And On», «Victim Of Illusion» und «Let Sleeping Dogs Lie» fehlten.

Setliste: «Holiday» - «Doctor Doctor» - «(Doogie White Set): Vigilante Man - Lord Of The Lost And Lonely - Take Me To The Church - Before The Devil Knows You're Dead - Natural Thing» - «Captain Nemo (Instrumental)» - «(Graham Bonnet Set): Dancer - Searching For A Reason - Desert Song - Night Moods - Assault Attack» - «Coast To Coast (Instrumental)» - «(Gary Barden Set): Ready To Rock - Attack Of The Mad Axeman - Rock My Nights Away - Messin' Around - Armed And Ready» - «Warrior (Barden, Bonnet, McAuley and White on vocals)» - «Into The Arena (Instrumental)» - «(Robin McAuley Set): Bad Boys - Shoot Shoot - Heart And Soul - Only You Can Rock Me - Too Hot To Handle» - «Rock Bottom (Barden, Bonnet, McAuley and White on vocals)» -- «Lights Out».