Livereview: Overkill - Exodus - Torture Squad - Gama Bomb
03. März 2009, Pratteln Z7
By Rockslave (rsl) & Kissi (kis) - All Pics by Rockslave
Was für ein Package, das sich da im zarten Frühling 2009 auch in Pratteln blicken liess! Ich weiss gar nicht mehr genau, wann ich Overkill das letzte Mal gesehen habe, aber das muss schon ziemlich lang her gewesen sein! Im Wissen darum, dass Sänger und Metal-Ikone Bobby "Blitz" Ellsworth alleine schon das Eintrittsgeld ist, veranlasste mich heute Abend dazu, auch dabei zu sein. Was Exodus angeht, so wussten zumindest all diejenigen Metalheads, die die Amis letzten August im Rohstofflager gesehen hatten, was auf sie zukommt. In Sachen Thrash Metal der Neuzeit erleben mehrere Altrecken wie Testament, Destruction, Kreator und Konsorten einen weiteren Frühling, den man derart nicht erwartet hätte und der gleichzeitig aufzeigt, dass man das Rad eben nicht mehr neu erfinden kann. Letztlich ist aber Qualität gefragt und diese macht den Unterschied, egal ob die Musiker jung oder älter sind. Die angesprochene, jüngere Garde war durch Gama Bomb und Torture Squad vertreten. Wer diese allerdings sehen wollte, musste bereits um 19.30 Uhr in der Halle sein. (rsl)

Irgendwann im Herbst letzten Jahres. Ein konzertreiches Jahr nähert sich seinem Ende und schon werden die nächsten Sensationen angesagt. Unter anderem auf dem Merkzettel war damals schon das Gastspiel von Overkill, die mit keiner geringeren Gruppe als Metal Church zusammen des Z7 rocken sollten. Bald darauf musste die Metalkirche ihre geplante Europa-Missionierung aber abblasen, da Kurdt Vanderhoof wieder mal mit seinen Bandscheiben zu kämpfen hatte. Overkill aber zogen ihren Kreuzzug durch und das zusammen mit einem schlagkräftigen Verbündeten: Exodus! Das blutige Thrash-Gemetzel war somit vorprogrammiert, hatten beide Bands doch schon letztes Jahr im Zürcher Rohstofflager einzeln unter Beweis gestellt, wie good old Thrash zu zocken ist. Was eine betrunkene Horde Iren mit einem brasilianischen Schlächterkommando zu tun hat? Unter den Bandnamen Gama Bomb und Torture Squad wurden ebenjene Gestalten an diesem Abend auf die circa 400 Anwesenden als Vorhut losgelassen. (kis)

Gama Bomb
Die fünf Musiker aus Irland bestritten ihren ersten Aufritt bei uns in der Schweiz und legten sogleich mit hammerhartem Gepolter los. Im Gepäck hatten sie ihr letztes Album «Citizen Brain», das ziemlich oldschooligen Thrash beinhaltet. Durch den Einsatz von zwei E-Gitarren entstand sogleich eine fette Riffwand, die mit überaus schnellem Drumming und teils mehrstimmigen Vocals angereichert wurde. Der Opener «Zombie Blood Nightmare» drückte dabei ziemlich kräftig auf 's Gas und wirkte wie eine frische Frühlings-Brise. Die mit zahlreichen Jeans-Kutten bekleideten Besucher tauten (in den vorderen Reihen) zunehmend auf und liessen die Matten ordentlich kreisen. Im Schmelztiegel von Slayer, Destruction und, um eine jüngere Band zu nehmen, Legion Of The Damned, ging das entfesselte Gebretter von Philly Byrne (v), Domo Dixon (g), Luke Graham (g), Joe McGuigan (b) und Paul Caffrey (d) munter weiter. Da blieb irgendwie kein Stein auf dem anderen mehr und mehr als einmal wurde man an die frühen Zeiten von Anthrax oder auch Death Angell erinnert. Ein zusätzliche Note in Richtung der Eisernen Jungfrauen bildeten die Guitar-Soli, was vor allem am Klang der Klampfen lag. Trotz der unbändigen Energie, sprich dem überwiegend hohen Tempo, schlich sich über die ganze Distanz gesehen etwas Langeweile ein, da kaum Breaks gespielt wurden und dadurch einiges an Heaviness flöten ging. Unüberhörbar hinterliessen Gama Bomb von der technischen Seite her einen hervorragenden Eindruck. Bei «Hell Trucker» wurde der Refrain schliesslich lauthals mitgesungen, die im Moshpit zuckenden Körper auf Temperatur gebracht und die Mission des Anheizens somit erfüllt.

Setlist: «Zombie Blood Nightmare» - «Steel Teeth (The Metal Jaw)/Final Fight» - «Return Of The Technodrome» - «Hammer Slammer» - «O.C.P.» - «Poltergeist (New song!)» - «Hell Trucker/Global Warning» - «Zombie Brew».

Torture Squad
Wirkten die Inseleuropäer von Gama Bomb trotz beeindruckender Technik noch eher wie der besoffene Haufen aus der Garage von nebenan, so hinterliess der Auftritt von Torture Squad schon einiges mehr Eindruck. Professionell und tight kredenzte der brasilianische Vierer dem Z7 nämlich die volle Breitseite technisch anspruchsvollen Death Thrashs. Insbesondere in Sachen Gesang konnte man im direkten Vergleich zu den Iren punkten, klang Fronter Vitor Rodrigues erstaunlich ähnlich böse wie Mr. Dave Vincent von Morbid Angel, überzeugte also mit nicht wirklichen aber passenden Growls. Weniger groovend als ihre Landsmänner Sepultura bzw. Soulfly, dafür umso schonungsloser gehen Torture Squad dabei zu Werke und durften so den Titel «härteste Band des Abends» für sich beanspruchen. Allesamt in Lederhosen gezwängt, liess das Quartett auch performseitig nichts anbrennen und hielt sich immer in Bewegung. Allen voran Basser Castro schien nicht genug von den Dehnübungen zu kriegen. So erstaunte es wenig, dass Songs wie «The Beast Within» von der im letzten Jahr erschienenen Scheibe «Hellbound» oder «Pandemonium» vom gleichnnamigen Vorgänger vom langsam eintrudelnden Publikum mit Wohlwollen aufgenommen wurden. Der Doublebass-Kracher «Chaos Corporation» beendete somit eine überzeugende Show, die an einem Death Metal Abend vielleicht noch mehr Fans gefunden hätte. Kein Zweifel besteht indes daran, dass zumindest in Brasilien letztes Jahr die richtige Band das «Wacken Metal Battle» für sich entscheiden konnte. (Kis)

Setlist: «MMXII (Intro)» «Living For The Kill» «The Beast Within» «Man Behind The Mask» «Cyberwar» «Pandemonium» «Chaos Corporation».

Exodus
Gerade mal sieben Monate war es her, als man mit schmerzendem Nacken das Zürcher Rohstofflager nach einem höllischen Gig von Exodus verliess. Nun war das Bay-Area-Urgestein als Ersatz für Metal Church schon wieder zu Gast bei uns Eidgenossen. Würden die Amis mit ihrem eigenen Gig von 2008 mithalten können oder ihn vielleicht sogar noch toppen? Das Publikum schien es jedenfalls zu erwarten und schon während des bombastisch bösen Intros mit roten Scheinwerfern erklangen starke «Exodus»-Chöre. Dass diese nicht unverdient waren, zeigte sich schnell: Mit dem Klassiker «Bonded By Blood» stiegen die Kalifornier ins Set ein die Schlacht war eröffnet. Dabei schienen auch die Herren auf der Bühne unglaublich guter Laune zu sein: Während man überschwängliche Freude von Gary Holt und Lee Altus, dem dauergrinsenden Klampfenduo, gewohnt ist, so überraschte vor allem das kanadische Front-Steak Rob Dukes mit erstaunlich fröhlichem Gehabe. Ganz anders dagegen Jack Gibson, der eher emphatisch und emotionslos hinter seinem Tieftöner stand. Der Mob wütete jedenfalls und schon bei der zweiten Nummer, «44 Magnum Opus» von «Shovel Headed Kill Machine» (2005) hatte sich ein ansehnlicher Moshpit gebildet. Dass «Fabulous Disaster» und «Piranha», zwei Tracks, die wohl jeder wahre Thrash-Fan im Schlafe mitshouten kann, die Stimmung nur noch steigerten, war vorher zu sehen. Als Verschnaufspause wie hervorragend platziert, fungierte «Children Of A Worthless God» mit seinem eher doomigen Charakter. Danach ging es doch gleich mit dem hardcoregetränkten «Blacklist» weiter, welches die Anwesenden wieder in derbe Zuckungen versetzte. Trotz guter Laune liess es sich Dukes aber nicht nehmen, wie gewohnt grimmig ins Publikum zu stieren und die Old-School-Thrasher in den ersten Reihen zu immer heftigeren Verrenkungen zu pushen. An den Kesseln indes liess es Mr. Nick Barker (u.a. Ex-Cradle Of Filth, Ex-Dimmu Borgir) so richtig krachen, da Exodus' amtlicher Drummer Tom Hunting mit Walen vor den Küsten Mexicos am Tauchen sei (O-Ton Rob Dukes). Zu «A Lesson In Violence» und dem ultrabrutalen «War Is My Shepherd» hiess es dann Circle Pit, bzw. Wall Of Death, die im Z7 auffällig besser funktionierte als noch im August letzten Jahres im Rohstofflager. Wie schon an diesem Gig, liess es sich Duke wiederum nicht nehmen, Lee Altus auf das längst überfällige neue Heathen-Album hinzuweisen, bevor es mit «The Toxic Waltz» und «Strike Of The Beast» ein würdiges Thrash-Finale mitzubangen gab. Ob es die Videoaufnahmen, die Dukes währendessen vom euphorischen Publikum mit einem Camcorder drehte, auch wirklich auf die nächste DVD schaffen werden, bleibt abzuwarten. Fakt ist aber, dass Exodus an diesem Abend abräumten, als wären sie die Headliner und legten die Latte für Overkill somit verdammt hoch! (Kis)

Setlist: «Bonded By Blood» «44 Magnum Opus» «Fabulous Disaster» «Piranha» «Children Of A Worthless God» «Blacklist» «A Lesson In Violence» «War Is My Shepherd» «The Toxic Waltz» «Strike Of The Beast».

Overkill
Wer nun dachte, dass Bobby "Blitz" Ellsworth und seine Jungs allenfalls Mühe haben sollten, hier noch ein paar Scheite nachzulegen, lag falsch..., sogar komplett falsch! Ohne die fette Leistung von Exodus (die mir persönlich im Rohstofflager besser gefielen) zu schmälern, aber was kurz nach 22.35 Uhr auf der Bühne des Z7 aufgeführt wurde, kann kaum in Worte gefasst werden! Allem voran natürlich schon nur die unglaubliche Präsenz des charismatischen Frontmannes, den man, gebeutelt durch Krebs (1998) und den leichten Schlaganfall von 2002, fitter den je erleben durfte. Der bald 50-jährige Sänger war von Anfang total motiviert und liess es gewaltig krachen. «Deny The Cross» von der 87er Scheibe «Taking Over» eröffnete, inmitten von heftigem Stroboblitzgewitter und Tonnen von Trockeneis, den Reigen zahlreicher Thrash-Klassiker. Die Band mit den beiden Gitarristen Dave Linsk und Derek Tailer, sowie Bassist/Gründungs-Mitglied D. D. Verni (der mit seinen kurzen Haaren nur optisch etwas daneben lag) und Drummer Ron Lipnicki intonierten in der Folge eine Abrissbirne nach der anderen. Die (geschätzten) gut 600 Fans gingen dazu zwar ordentlich mit, aber meiner Meinung nach war zuvor bei Exodus mehr los. Wie dem auch sei..., «Feel The Fire» als Song, den man offenbar laut Ankündigung von Bobby ganze 15 Jahre (!) nicht mehr gespielt haben soll, gehörte mitunter zu den Highlights des albummässig gut durchmischten Sets. Zu Beginn noch in ein ärmelloses, schwarzes T-Shirt gekleidet, entledigte sich der rasch pitschnasse Sänger nach «Rotten To The Core» davon und demonstrierte darauf seinen hammergeil wie perfekt durchtrainierten Körper, der kein einziges Gramm Fett an den Tag oder besser die Nacht legte und sein immer noch atemberaubendes Oberkörper-Tattoo spazieren führte. Der gute Bobby mag ja vielleicht nicht mit einem Ronnie James Dio, Matt Barlow, Ripper Owens oder Jorn Lande gleichziehen, aber in Sachen Ausstrahlung und Sympathie kommt da keiner ran! Was die Kondition bei so einer schweisstreibenden Show als angehender "Fuffziger" angeht, so gönnte sich Master Ellsworth immer wieder mal ein kurzes Päuslein hinter den Amps, während seine Jungs vorne wacker weiter lärmten. Eigentlich nutzte er jeweils geschickt die Instrumental-Parts der entsprechenden Songs dafür. Das war offensichtlich auch nötig, denn Bobby schonte sich kein Bisschen und gab unentwegt Vollgas. Dekormässig war ausser dem schönen Backdrop nichts Weiteres mehr auf der Bühne zu sehen, nur die Amps. Einmal mehr sorgte das hauseigene Z7-Lichtarsenal für apokalyptische Stimmung und trug viel zum guten Gesamtbild bei. Die Stroboblitz-Kanonen dürften aber wohl von Overkill selber gewesen sein. Mörderisch hörte sich auch der Sound an, wo nebst einem göttlich röhrenden Bass eine sehr dominante Snare-Drum den sprichwörtlichen Takt vorgab. Somit alles im grünen Bereich? Eigentlich ja, ausser dass die Zuschauer-Reaktionen noch einen Tick heftiger hätten ausfallen dürften, denn das Finale mit dem unkaputtbaren «Fuck You!», inklusive eingebautem «Overkill»-Part von Lemmy & Co., zeigte während (leider viel zu knappen) 60 Minuten dennoch unmissverständlich auf, was eine echte Kult-Band ausmacht! Beide Daumen hoch für Overkill und hoffentlich bis bald wieder an gleicher Stelle. (rsl)

Setlist: «Deny The Cross - E.VIL N.EVER D.IES - Hammerhead - Hello Frim The Gutter - Thanx For Nothin' - Feel The Fire - In Union We Stand - Rotten To The Core - Elimination - Overkill - Necroshine -- Fuck You! (Overkill cont.)