Livereview: Purpendicular (with Ian Paice)

28. März 2016, Pratteln – Mini-Z7
By Rockslave
Tribute- oder Coverbands der Rock-Legende Deep Purple sind ein Thema, das bei mir schon seit je her nicht auf viel bis gar keine Gegenliebe stösst. Trotzdem und wenn wir der Einfachheit halber zuerst mal in der Schweiz bleiben, gab es mit der seit einer Weile aufgelösten Band Lies und gibt es mit den aktiven Shades Of Purple dennoch zwei Combos, die mich zumindest dazu brachten oder aktuell nicht davon abhielten, sie mir zwischendurch mal live anzuhören. Bei Purpendicular sieht die Sache jedoch etwas anders aus, und wenn sich generell Original-Mitglieder gelegentlich bei einer guten Tribute-Band blicken lassen oder gar mitspielen, wird es natürlich plötzlich interessant. An Purpendicular, die seit 2007 aktiv sind und vom irischen Sänger Robby Thomas Walsh ins Leben gerufen wurden, fand Purple-Urgestein Ian Paice aufgrund der Qualität bald Gefallen und war umgehend bei einzelnen Gigs in Europa mit dabei. Das wiederholte sich in den folgenden Jahren dann und wann wieder und 2012 resultierte, nebst gut fünfzig gespielten Konzerten (!), auch der legendäre Auftritt im Z7 vom 21.03.2012, wo nebst Ian Paice auch noch Roger Glover spontan auftauchte und «Highway Star» veredelte.

Purpendicular

Im Wissen darum, dass es einen speziellen Set geben wird, verzichtete man auf eine Support-Band, was an diesem Abend im Mini-Z7 keinesfalls störte. Nebst Frontmann Robby und Guest Ian Paice besteht die Band seit 2013 aktuell aus Gitarrist Frank Pané, der sonst bei Bonfire in die Saiten haut, Bassist Malte Frederik Burkert (ein guter Kollege von Robby) und dem Italiener Corrado Solarino, der zwar keine echte Hammond spielt, leider, aber den nötigen Sound halt auf digitale Weise erzeugt. Und wenn Paicey mit Deep Purple beschäftigt ist, tritt der etatmässige Drummer Berci Hirleman an seine Stelle. Heute Abend kam das für Mini-Z7 Verhältnisse ordentlich aufmarschierte Schweizer Publikum (so um die 200 Leute herum dürften es schon gewesen sein) in den Genuss der letzten, sprich siebten Show mit dem prominenten Gast hinter (s)einem Arbeitsgerät der Marke Pearl. Die Vorfreude war also entsprechend gross und die Erwartungen noch höher. Ein erster Blick auf die Setliste liess einen dann bereits mit der Zunge schnalzen! Selbst «Child In Time» und «The Battle Rages On» waren darauf zu finden, und «Ted The Mechanic» als Opener gab es auf der 96er «Purpendicular»-Tour der Originale so nicht, respektive erst etwas später im Set zu hören. Dass die Protagonisten des heutigen Abends angesichts des namengebenden Albums auch gerade einen Song daraus wählten, um ihre Show zu beginnen, machte durchaus Sinn und passte bestens. Weiter ging es mit «Demon’s Eye», und schon ab hier klang es einfach nur grossartig, was einem da geboten wurde. «Living Wreck» ab dem Kult-Album «Deep Purple In Rock» (1970) versprühte auch 46 Jahre nach seinem Release immer noch den fetten Groove der alten Tage. Während sich Robby mächtig ins Zeug legte, wirkte Gitarrist Frank insgesamt etwas gar selbstverliebt. Sein Spiel, obwohl sich keine Fender Stratocaster (oder 'ne sonst übliche Ibanez), sondern eine recht ähnlich aussehende Thorndal Styx im Einsatz befand, gab allerdings kaum Anlass zur Kritik, auch wenn es nach wie vor Ritchie Blackmore vorbehalten bleibt, mit vermeintlich schludrigem Spiel aufzufallen.

Ein erster stimmlicher Prüfstein stand dann für Mr. Walsh mit dem Alltime-Classic «Child In Time» an, der aber wohlweislich schon als fünfter Track auf der Setliste stand und in voller Länge gespielt wurde. Die dritte Oktave kam ganz ordentlich und Purpendicular als Ganzes, inklusive dem berühmten Gast, liessen echt nichts anbrennen. Das freute natürlich auch das mehrheitlich entzückte Publikum, das mit jedem Lied lauteren Applaus beisteuerte. Die aktuelle Besetzung überzeugte mit tightem Spiel und massig Freude. Dieses Level blieb dann erhalten und fand einen weiteren Höhepunkt bei «Mistreated», ehe mit «Somebody Done It» der einzige eigene Song ab der aktuellen CD «This Is The Thing No.1» vorgetragen wurde und sich nicht vor dem geschichtsträchtigen Material verstecken musste! Auch «The Battle Rages On» liess keine Wünsche offen und versetzte mich gedanklich ins Zürcher Hallenstadion, wo Deep Purple am 21.10.93 das letzte Mal mit Ritchie auf Tour waren. Nach einer feinen Solo-Einlage von Frank und dem fliessenden Übergang zum stimmigen «Cascades I’m Not Your Lover» hinterliess das pfundig vorgetragene «Black Night» nur noch verbrannte Erde. Je länger Purpendicular spielten, desto mehr näherten sie sich dem Original an. Nicht fehlen durfte natürlich auch das erwartete Drum-Solo des Maestro, das bei «Speed King» entsprechend eingebettet wurde. Der bald 68-jährige Weltklasse-Drummer liess dabei immer noch seine Genialität aufblitzen und hinterliess sein Können dank der Mini-Z7 Bühne in unmittelbarer Nähe der Fans. Ich musste dabei ehrfürchtig daran denken, dass dieser stets bescheiden wirkende Brite mit seinen Kollegen auf den grössten Bühnen der Welt gestanden ist und seit den Aufnahmen zu «Made In Japan» fast unfassbare 44 Jahre (!!) vergangen sind. Und nun spielte diese Legende vor unseren Augen, was für ein erhebender Moment. Dass bei dem gigantischen Backkatalog von Deep Purple heute Abend viele weitere Klassiker auf der Strecke blieben, war klar, aber einer durfte keinesfalls ausgelassen werden: «Smoke On The Water»! Gitarrist Frank Pané, der das Spiel von Herrn Blackmore erstaunlich gut adaptiert hat, spielte das legendäre Eingangsriff natürlich mit zwei Fingern und nicht nur mit dem Plektrum. Dass Pacey am Schluss der gut 2-stündigen Hammer-Show noch genug Dampf für die Zugabe mit «Highway Star» aufbringen konnte, unterstrich die Freude, die mit Purpendicular ausserhalb des Purple-Trosses ausgelebt werden kann.

Setliste: «Ted The Mechanic» - «Demon's EyeLiving» - «Wreck» - «No, No, No / Fireball» - «Child In Time» - «Sometimes I Feel Like Screaming» - «Mistreated» - «Somebody Done It» - «The Battle Rages On» - «Guitar Solo / Cascades I'm Not Your Lover» - «Black Night» - «Speed King / Drum Solo» - «Space Truckin'» - «Smoke On The Water» - «Highway Star».