Livereview: Solstafir - Requiem
13. Oktober 2009, Bad Bonn, Düdingen (FR)
By El Muerte        Pics by Christian Baeriswyl
Herbsteinbruch, Dienstag Abend im Bad Bonn - Passender könnte die vorherrschende Stimmung nicht sein: Zwei Handvoll Nasen wärmen sich an Malzgetränken die Finger kühl, Solstafir sitzen der gleichen Leidenschaft frönend am ersten Tisch nach dem Eingang, die Stimmung ist kneipenmässig gedämpft. Meinetwegen, muss ja erst später auftauen - Erst mal lecker Schnitzelbrot und Cola an der Bar, man will ja noch zwei Gigs durchstehen. Irgendwo im Laufe des Abends klinkt sich dann das Bewusstsein aus, und erst kurz vor dem Auftritt von Requiem bemerke ich, dass sich das Bad Bonn gemählich schleichend mit einer guten Ladung scharz gekleideter Gestalten gefüllt hat… an die fünfzig werdens wohl gewesen sein. Ist halt schon extremst charmant, der Club wirkt immer gleich voll - Egal, ob er jetzt aus allen Nähten platzt, oder sich eben erst mal die Stammgäste breit machen: Die Nähe ist omnipräsent, und genau hier verbirgt sich der wahre Charakter.

Requiem stiegen unter Sirenengeheul auf die Bühne, und kämpften von Beginn weg gegen die Umstände des Abends an: Wie sollte eine schnelle Band gegen einen langsame antreten, was würde gemessen würden, wären Wucht und Brutalität überhaupt die massgebenden Disziplinen? Die Antwort darauf gaben Requiem während der folgenden 40 Minuten gleich selber: Ihr äusserst tighter Death Metal konnte trotz der technischen Präzision nicht die Bohne reissen. Das Publikum gab sich jederzeit gewillt, der Band zu applaudieren, und die Mucke mit etwas Haar-Einsatz zu quittieren - Aber richtig schön Feuer unter'm Hintern machen, sieht anders aus. Vielleicht lag's an der stoischen Performance der Instrumentalisten, oder dem atemlosen Gebelle des Fronters. Oder der eindimensionalen Mucke. Oder dem Fehlen jeglicher Dynamik. Oder der Kombination aus all dem. Tatsache war, dass auch die Präsenz eines Reto Crola hinter'm Drumkit nicht die Arschtritte ersetzt, die die Band eigentlich hätte verteilen müssen. Mag auf Platte Spass machen, aber Live… Nein Danke.

Solstafir hingegen waren… naja, anders. Und zwar so komplett, dass sich die Gegenüberstellung eigentlich erübrigt. Musik trat in den Vordergrund, Klangwelten wurden plötzlich mit dem grossen Pinsel angerührt, die Performance mit einer bisher nicht dagewesenen weiteren Dimension angereichert… Kurzum, Solstafir waren überzeugender - weil ehrlicher. Jetzt könnte man zwar den Fakt herbeiziehen, dass die Band unter'm Strich gerade mal knapp vier oder fünf Songs gespielt hat - Aber bei einer Showdauer von ca. 75 Minuten kann das nun definitiv nicht von tragender Rolle sein. Wie die Musik des isländischen Vierers, so legte auch der Sound um eine gute Portion Wumms zu, so dass der 'Headliner-Effekt' mehr als gewaltig daher kam, wobei das flächige Songmaterial auch eine nicht zu unterschätzende Position einnahm. Die Band stieg nach einer gemütlichen Umbaupause kraftvoll mit dem Titeltrack der aktuellen Platte 'Köld' in das Set ein, und während die Vocals aus technischen Gründen zu Beginn noch kurz ein paar mal aussetzten, so konnte lediglich das anfänglich etwas wackelig ausgeführte Drumming für leichtes Stirnrunzeln sorgen. Die Band wuchs während des folgenden Gigs über sich hinaus, und schaffte das, woran Requiem vorher noch kläglich scheiterten: Eine Bindung zum Publikum herzustellen. Obwohl nicht gerade wenige Besucher über die Einfachheit des Materials verwundert waren, vermochten es Solstafir mit einer lockeren Attitüde und einigen gut plazierten Ansagen von Fronter Aðalbjörn Tryggvason die Sympathie auf ihre Seite zu reissen. Höhepunkt des Sets war dabei klar der Song 'Ritual Of Fire' im letzten Drittel, der mit gut 20 Minuten zu Buche schlug - Applaus geht an dieser Stelle an Basser Svavar Ausman, der den ganzen Song durch Sechzehntel in die Saiten hackte (!). Klar, dass das Publikum die Band nach einem solchen Set noch nicht gehen lassen wollte, und obwohl auf die Frage 'Wollt ihr einen Black Metal- oder einen Love-Song?' unklar reagiert wurde, packten Solstafir noch einmal die schwere Keule aus, und beendeten den Abend unter Feedback-Gitarren und euphorischem Applaus.