Livereview: Mötley Crüe - Papa Roach - Violent Storm
01. Juni 2007, Winterthur Eulachhalle
By Rockslave (Rsl), Maiya (Mya)  - All Pics by Roxx
Langsam dürften es auch die letzten Zweifler und Stänkerer eingesehen haben, dass Rock und Metal die Fans (wieder) in Scharen anzuziehen vermag, wennauch nicht ganz so heftig wie halt noch in den glorreichen 80ern. Andererseits müssen aber die Packages entsprechend attraktiv zusammen gestellt sein, denn eine noch so bekannte Band (ein paar wie AC/DC, Iron Maiden, Deep Purple oder Status Quo mal ausgenommen) vermag zum Beispiel das Zürcher Hallenstadion längst nicht mehr ausverkaufen, wie das früher noch der Fall war. So sah denn das Billing des diesjährigen "Spirit of Rock" Festivals als Ersatz-, respektive nachrückende Veranstaltung der letzten (Openair-) Anlässe in Uster (Stadion Buchholz) auf dem Papier sehr lecker aus. Leider verabschiedeten sich dann Buckcherry für den ersten Tag, was in meinen Augen sehr schade war, da deren Ersatz Papa Roach etwas deplatziert wirkte. Von Mötley Crüe erhofften sich natürlich viele Poser und Sleazers eine Hammer-Show, zumal diese sich nun einige Zeit nicht mehr in der Schweiz haben blicken lassen. Der zweite Tag versprach neben dem kultigen Headliner (der letztmals vor nicht weniger als 15 Jahren an gleicher Stelle auftrat!) indes noch einiges mehr, denn bereits mit Saxon und Motörhead standen zwei zur Zeit (wieder) sehr populäre Vertreter ihres Genres auf der Bühne, dazu noch Altmeister Udo Dirkschneider und mit China eine nicht erwartete Reunion, die es wahrlich in sich hatte. Der Publikumsaufmarsch gebärdete sich, wie zuvor erwähnt, zwar ganz ordentlich, aber beide Tage konnten sich nicht mit dem "Sold out!"-Schild schmücken. Nichtsdestotrotz war Winterthur für die ersten zwei Tage im Juni das Mekka der Freunde härterer Klänge und Sammelbecken für unzählige freundschaftliche Treffen unter Seinesgleichen. Die Metal Factory war mehrfach für Euch vertreten und nebst den verfassten Liveberichten führten wir auch noch Interviews mit U.D.O. (Rockslave), Ronnie James Dio (Roger W.) und Vinnie Appice (Kissi) - So here we go! (Rsl)

Violent Storm
Eigentlich war es ja noch viel zu früh, als gegen 18.30 Uhr Violent Storm als erste (von drei) US-Bands des Tages die Bühne erklommen und bei mehr oder weniger vollem Tageslicht vor spärlicher Kulisse versuchten, ihren Power Metal unter die Leute zu bringen. Wahrlich kein Zuckerschleck, zumal die Wahl eines solchen Opener's für meine Begriffe daneben war. Erstens kannte die Band kaum einer (bis gar niemand!) und zweitens braucht es für so einen Anlass eher etwas Rockiges denn Metallenes, um eingerostete Knochen und schlaffe Leiber wie Köpfe in entsprechende Wallung zu versetzen. So mühten sich denn Violent Storm während einer ganzen Stunde (!) durch ihren Set hindurch, der bloss gepflegte Langeweile verströmte. Da nutzte es nix, dass auf ihrem neuen Album "Storm Warning" mit Yngwie Malmsteen und K.K. Downing zwei Szene-Grössen mitmischen und das Ganze unter anderem von Producer-Ass Roy Z. abgemischt wurde. Heute Abend funktionierte diese Mucke auf jeden Fall überhaupt nicht und meine Wenigkeit sah und hörte dem zu Folge ebenfalls kaum was Weltbewegendes. Der mit Sicherheit erste Besuch der Amis bei uns hinterliess somit nicht den benötigen Impuls, um so ein Festival richtig in die Gänge zu kriegen. Wie es wohl Papa Roach als nächstem Act ergehen wird? (Rsl)

Papa Roach
Wie im Vorspann bereits angetönt, versetzte mich der Ersatz für die ausgefallenen Buckcherry nicht in Jubelstimmung. Es war ja wohl klar, welche Band heute Abend die meisten Fans anziehen würde und darum wurde die Optik in der Halle klar von posermässigem Outfit dominiert. Ok, beim "Unholy Alliance" von letztem Oktober am gleichen Ort dachte ich zuerst auch, dass In Flames nicht der Bringer sein würden. Dieser Eindruck erwies sich danach klar als falsch, denn der Mob ging ab wie Schmidt's Katze. Was Papa Roach selber für den heutigen Abend erwarteten, sah man gleich von der ersten Sekunde an, denn sie legten los wie die Feuerwehr. Die Resonanz, da sich inzwischen deutlich mehr Leute in der Halle tummelten, war klar besser als zuvor, nur lag der in deren Heimat millionenfach verkaufte Metal-Rap oder Rap-Metal (wie auch immer) mit etwas punkiger Attitüde abermals quer in der Landschaft. Natürlich brachten Songs wie "Last Resort" und "She Loves Me Not" mindestens etwas Bewegung in das bis anhin total lethargisch wirkende Publikum, aber von ausgelassener Stimmung konnte nicht die Rede sein. Der Applaus fiel dann jeweilen im Verhältnis gesehen eher karg aus und es war direkt ein Wunder, dass keine Pfiffe zu hören waren. Mag ja sein, dass das nicht alle so gesehen haben, aber bei Mötley Crüe als Headliner und den satten Ticketpreisen hätte dem Veranstalter eigentlich klar sein müssen, dass vor allem jüngere Fans, die stilistisch eher auf Papa Roach stehen, nicht in Scharen aufmarschieren würden. Somit stand eine versierte und motivierte Band letzten Endes vor dem mehrheitlich falschen Publikum. Das liess natürlich die Erwartungen an den Headliner ins Unermessliche steigen, denn wenn die Party nicht jetzt abgeht, wann dann? (Rsl)

Mötley Crüe
Mehr oder weniger 16 Jahre lang mussten die Fans in der Schweiz darauf warten, um ihre Crüe endlich wieder zu sehen! Man kann aber getrost behaupten, dass sehr viele Leute zum ersten Mal die Legende aus Hollywood sahen. Und überhaupt wagte man dem Schriftzug auf dem Ticket kaum zu glauben, bis sie dann endlich auf der Bühne standen. Ein bisschen älter, doch kein bisschen lahmer legten sie eine für schweizerische Umstände gute Show hin. Das Zückerchen des Geschehens war ganz klar, dass sie ausschliesslich Hits spielten, wie man der Setliste weiter unter entnehmen kann. Für die ersten Gerüchte im Publikum sorgte Mick Mars mit geschminktem Gesicht und von Nebelschwaden umhüllt. War er es wirklich? Dem Gitarrenspiel nach zu urteilen war er es eindeutig! Doch der Saitenzauberer galt ja schon immer als etwas zurückhaltender, somit konnte man sein schüchternes Auftreten kaum als Indiz nehmen. Zudem waren eh grosse Teile des Bühnenbildes manchmal so vernebelt, dass man kaum etwas sah. Ein Aufsteller kam dafür mit den vielen Pyros, auf die das Publikum zuerst etwas schreckhaft reagierte. An diesem Abend sah ich die Crüe das erste Mal in der Schweiz, vorher nur vor einem sehr viel grösseren Publikum in Los Angeles und Schweden. Wenn man jetzt mal einen objektiven Vergleich zieht, dann sind die Leute in unserem Land irgendwie ruhiger, wenn nicht gar voyeuristisch angehaucht. Die Schweizer schauen lieber dem Geschehen auf der Bühne zu, statt so abzugehn wie die Fans anderorts. Das heisst aber keinesfalls, dass es ihnen nicht gefällt, sie bringen es nur nicht für die Augen sichtbar zum Ausdruck. Und genau da lag an diesem Abend der Haken: Eine Band, die schon so lange nicht mehr in unserem Land gepspielt hat, die weiss und versteht das nicht. Haben Mötley sich nämlich zu Beginn der Show noch richtig Mühe gegeben, so schleppte sich der Rest nur so dahin. Vince Neil selber klagte, dass das Publikum so, ja zu verdammt leise sei. Und er hatte Recht! Dauernd mussten die Fans animiert werden, und irgendwann hatte die Band wohl die Schnauze voll davon. Aber hey, wer kann's ihnen verdenken? Jeder von uns kriegt doch gern Lob für seine Arbeit. Und was so eine Band auf der Bühne macht, ist eindeutig auch Arbeit. So verwunderte es mich nicht, als die Show nach viel zu kurzer Spielzeit (circa 75 Minuten!) mit "Kickstart My Heart" gnadenlos abgebrochen wurde. Ohne legendäres Drumsolo, ohne Zugabe! Angeblich aus feuertechnischen Sicherheitsgründen, aber wers glaubt... - Mal abgesehn von Mötley Crüe selbst, erschien mir persönlich das oft auch farbenfroh herausgeputzte Publikum als Highlight! Was für Outfits und Frisuren man da sah, das war einfach herrlich! Die Zukunft unserer Szene scheint gesichert zu sein, und das ist ein Grund zum Feiern! (Mya)

Setlist: "Dr. Feelgood" - "Shout At The Devil" - "Wild Side" - "Looks That Kill" - "Live Wire" - "Same Old Situation" - "Home Sweet Home" - "Don't Go Away Mad" - "Louder Than Hell" - "Sick Love Song" - "Primal Scream" - "Girls Girls Girls" - "Kickstart My Heart".

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