Livereview: Sweden Rock Festival 2013
05. - 08. Juni 2013, Norje, Sölvesborg (Schweden)
By Kissi, Roxx, Lucie & Rockslave  -  All Pics by Roxx & Rockslave


Der Entschluss, ans diesjährige „Sweden Rock Festival“ zu pilgern, entpuppte sich für die Metal Factory Crew mit Roxx, Kissi, Lucie und meiner Wenigkeit als Volltreffer auf der ganzen Linie! Während erstere zwei Protagonisten diesen genialen Fleck Erde schon mehrfach besucht haben, war es für Lucie und mich die Premiere und was für eine! Alleine die entspannte Anreise per Camper, nach vorherigem Hinflug nach Hamburg, vermittelte bereits unbezahlbares Ferien- und Festival-Feeling. Mit dabei war da natürlich auch das Übersetzen per Fähre nach Dänemark und das Überqueren der mächtigen Öresundbrücke auf das schwedische Festland. Vor Ort angekommen wurden wir in unmittelbarer Nähe des Festivalgeländes und der Küste in den Staff-Bereich gelotst, was sich örtlich als perfekt erwies. Nach zwei Tagen relaxtem Akklimatisieren waren wir ready und konnten es kaum erwarten, dass es endlich los geht! (rsl)

Mittwoch, 05.06.2013


4Sound Stage
Das Festival wurde von den als Superhelden be- oder besser verkleideten The Last Band eröffnet, gleich ein Brüller zum Anfang! Mit der Zeit rutschten die knalligen Ganzkörper-Kostüme immer weiter nach unten und gaben schliesslich langhaarige, tätowiert und junge Metalheads frei. Eine weitere einheimische Band waren The Scams >>. Ihr Ass-Kickin' Heavy Rock wurde von den Anwesenden bereits ziemlich kräftig abgefeiert und sorgte bereits für ein frühes Highlight. Als erster extremer Metalact des Festivals traten Vader aus Polen dem sonnenverwöhnten Publikum gewohnt gewaltig in den Allerwertesten. Peter Wiwczarek (v/g), der heuer eine Venom-Gedenkweste mit Goldnieten trug, beherrschte die Zuschauer und seine Band genau so wie seine Gitarre. Obwohl Death Metal als Stil auf dem „Sweden Rock Festival“ eindeutig in der Minderzahl war, feierte eine schon beträchtliche Menge vor der Bühne kräftig ab. Als letzte Band auf dieser Bühne zogen die famosen und einheimischen Bullet amtlich vom Leder, sofern man sie überhaupt noch vorstellen muss. Wonneproppen und Sänger Hell Hofer war einmal mehr lustig anzusehen. In seinem viel zu kurzen Cape aus Samt wirkte er schon etwas schräg. Zudem hat man ihn auch schon besser singen gehört. Trotzdem sorgten die in grosser Anzahl aufmar-schierten Zuschauer für das entsprechende Spektakel und feierten zu viel Rauch, Pyros und AC/DC-mässigem Sound feucht-fröhlich ab.


Rockklassiker Stage
Auf dieser Bühne wurden am ersten Tag keine wirklichen Klassiker aufgeführt. Vielmehr erhielt die kleinste Stage ihren Namen vom Sponsor "Rockklassiker", einem Radiosender, der den ganzen Tag Rock durch den Äther jagt. Von hier wird nachfolgend nur teilweise berichtet. Als erste Gruppe eröffneten Magic Pie aus Norwegen und zelebrierten Prog Rock à la YES und Co., wie er sich schon in den 70's auch in Skandinavien grosser Beliebtheit erfreute und, betrachtet man die gebannte Menge vor der Bühne, offenbar auch aktuell noch zu erfreuen vermag. Dass The Scams, zur gleichen Zeit vis-à-vis spielend, deutlich besser abschnitten, war offensichtlich. Ein veritabler Arschtritt wurde einem hingegen von Sister Sin >> verpasst, die als einheimische Party-Garanten gar mehr Leute vor die Bühne zu locken vermochten, als die zur gleichen Zeit krachenden Vader. Eine Ähnlichkeit zu Doro in ihren jungen Warlock-Zeiten war bei dem ganzen Sleaze-Getue von Frontfrau Liv nicht von der Hand zu weisen. Den Schlusspunkt an dieser Stelle setzten die Landsleute von Mårran, die einen Sänger in ihrer Reihe hatten, den vor Ort kaum jemand erkannt haben dürfte: Göran Edman! Der ehemalige Shouter von Yngwie Malmsteen, Brazon Abbot und Talisman, der seine Mähne von früher leider nicht mehr trägt, liess mit krachendem 70ies Hardrock aufhorchen.


Sweden Stage
Der Eröffnungs-Act auf der Sweden Stage war weiblich, kam aus den Staaten und hiess Stacie Collins! Stacie wer? Bei uns noch kaum bekannt, bekundete die quirlige Lady in Schweden keinerlei Probleme, mit ihrem leicht verdaulichen Country Rock die schon Anwesenden mehr als nur zum Mitwippen zu bewegen. Oder waren es doch eher Gitarrist Conny Bloom von den Electric Boys und Bonafide-Basser Martin Ekelund, denen der Applaus galt und die mit viel Spielfreude und etwas weniger Groove den Abend einläuteten?! Eigentlich auf Threshold wartend, wurde man danach, respektive davor noch Zeuge des ersten Auftritts von <<< The Black Day. Deren Durchschnittsalter betrug geschätzte 10 Jahre, sodass die Kindertruppe, bestehend aus drei Sängerinnen, einem cool mit Porno-Brille bestückten Bassisten und einem scheuen, aber für sein Alter umso beeindruckenderen Gitarristen auf ein sehr gnädiges gut gelauntes Publikum stiessen. Natürlich liess es sich Damian Wilson, als Threshold endlich starten konnten, nicht nehmen, die Kiddies zu loben, um darauf, nach etwas harzigem Beginn, immer besser in Fahrt zu kommen. Der Opener wurde dabei zweimal gespielt, da das Mikro von Keyboarder Richard West seinen Dienst am Anfang verweigerte. Das kaufte dem Ganzen bereits etwas Schneid ab und obwohl sich die Band als Ganzes spürbar steigerte, hat man die Briten schon viel stärker spielen sehen.

Dieses Prädikat verdienten sich nachher die Landsleute von Sweet, wo von der Ur-Formation nur noch Gitarrist Andy Scott übrig geblieben ist. Mit Peter Lincoln (v/b) steht jedoch ein exzellenter Frontmann zur Verfügung, der zusammen mit seinem Kollegen zahlreiche Althits performte, darunter «Action», «Ballroom Blitz» oder «Love Is Like Oxygen». Die Briten sorgten auf jeden Fall für beste Stimmung und das nicht nur bei älteren Semestern. Dass diese danach in eine ganz andere Richtung gehen würde, wusste sowohl ein Blinder als auch ein Tauber. Langsam aber sicher neigt sich die Lebenszeit dieser Band dem Ende zu, Studioalben wird es laut Bandkopf Leif Edling keine mehr geben und so war es umso mehr Pflicht, einer der vielleicht letzten Messen der Doom-Helden von Candlemass beizuwohnen. Die Bühne wurde dabei in spärliches Licht getaucht, wo neben Grabsteinen auch grosse Kerzenleuchter für das perfekte Ambiente sorgten. Zur Überraschung kamen einige neue Nummern wie «Prophet», «Emperor Of The Void» und das grossartige «Waterwitch» zum Zuge, wie auch ewigüberdauernde Doom-Hymnen der Sorte «Under The Oak», «At The Gallows End» oder das als obligatorischer Schlusspunkt dargebotene «Solitude». Allen voran brillierte Mats Léven (Therion, Krux u.a.) als aktueller Live-Shouter sowohl mit einer exakt in der Mitte der früheren Sänger Messiah Marcolin und Rob Lowe angesiedelten Stimme, als auch aktivem Strage-Acting, wie man es bei der Kerzenmesse schon lange nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte. Ein würdiger Mittwoch-Headliner, auch wenn es sich zu Sweet fröhlicher feiern liess und sich der Platz, bedingt durch die durch Mark und Bein dringende Kälte, mit fortwährender Dauer immer mehr entleerte.


Donnerstag, 06.06.2013
 
4Sound Stage
Das Blondchen Mia Klose, die nicht anders, denn als nettes Metalmäuschen beschrieben werden kann und die es nach London verschlagen hatte, eröffnete mit 08/15 Hard Rock-Material und eher dünnem Stimmchen den Tag. Ihre Posen wirkten dabei etwas gar aufgesetzt und darum blieb unter dem Strich nicht viel übrig. Da empfahl sich der Amerikaner Michael Keaton mit seinem Reibeisenorgan als weitaus besseres Kontrastprogramm. Der Gitarrist und Sänger überzeugte mit seinem trockenen und dreckigen Strassenköter-Blues à la ZZ Top. Ebenfalls aus den Staaten, genauer aus Kalifornien, waren Huntress angereist. Angeführt von der trotz Höllenhitze in ein Mäntelchen gehüllten Jill Janus, legten die Traditions-Metaller gleich mit zwei brandneuen Songs los. Der dramatische Metal mit leichter Mercyful Fate-Schlagseite lockte leider nur mässig Leute vor die Bühne, obwohl Lemmy höchstpersönlich einen Song mit dem wunderbaren Titel «I Want To Fuck You To Death» für das in diesen Tagen erscheinende Zweitwerk beigesteuert hatte, wie die Fronthexe zwischen Singen, Schreien, Kreischen und Keifen erzählte. Aus Schweden stammen die nachfolgenden Backdraft zwar, doch musikalisch tauchte man tief in die Prärie des Südens hinein. Mit Schlaghosen und Bärten bewaffnet, wandelten die gefühlt zu zwölft auf der Bühne herum lümmelnden Jungs auf den Spuren von Lynyrd Skynyrd und den Allman Brothers. Dafür ernteten sie echt verdienten Applaus. Den haben sich Manilla Road schon seit Jahrzehnten verdient. Die Veteranen der NWOBHM brachten es zwar verkaufstechnisch nie auf einen grünen Zweig, umso grösser ist dafür aber ihr Kult-Status. Jenem wurden sie an diesem Abend vor einem eher beschaulichen Publikum ebenso voll gerecht, wie mit ihrem aktuellen Silberling «Mysterium».
 
Sweden Stage
Demon eröffneten ihren von Anfang an laut bejubelten Auftritt gleich mit ihren Alltime-Klassiker "Night Of The Demon" und lieferten einen ziemlich stimmungsvollen Set ab, der nicht nur die Fans erfreute, sondern auch Verwandte der Band, wie die Frau und Tochter des Sängers Dave Hill in ihren Bann zog. Letztere erzählte dabei erfreut, dass sie ihren Daddy so das erste Mal ausserhalb der Heimat sehe. Der knackige 80er Metal klingt auch heute nicht altbacken und dem entsprechend liessen die Briten nichts anbrennen, einfach grossartig! Ein weiteres Heimspiel vor Ort durften Morgana Lefay in Anspruch nehmen. Schnörkelloser Metal, unbändige Spielfreude und ein wenn auch nicht grosses, dafür aber enthusiastisches Publikum liessen den Gig trotzdem zum Erfolg werden. Das pure Gegenteil offenbarte die anschliessende Show des Devin Townsend Project, dessen Musiker, in Hockeyshirts gekleidet und mit Devin Townsend Logo auf dem Bauch, eine virtuose und gleichzeitig verrückte Performance zum Besten gaben. Neben den atmosphärischen und kraftvollen Songs, entpuppten sich vor allem die Ansagen des Frontmanns als Highlight. "Hey you over there, shut up. We are trying to be fucking sensitive and shit!" Die zwischenzeitlich aufgelösten Thunder haben sich zum Glück eines Besseren besonnen und sind wieder zurück in der Szene. Die britischen Hardrocker überzeugten mit kernigen Rocksongs und stimmungsvollen Halbballaden die, lauthals mitgesungen wurden. Zum Abschluss des zweiten Festival Tages spielten noch Corroded eine Art Hardcore mit Samples.



Festival Stage

Die finnischen Speed Melodic Metaller Sonata Arctica wirkten auf der grossen Festival Stage etwas verloren. Toni Kakko gab sich zwar sichtlich wie redlich Mühe, war gut drauf und erreichte zumindest die ersten paar Reihen mit kreischenden Girlies locker. Die guten Zeiten von Sonata Arctica scheinen jedoch definitiv vorbei zu sein. Es kann auch an der Grösse der Bühne gelegen haben, doch es war schon bezeichnend, dass der Sound, je weiter man von der Bühne weg lief, in einem undefinierbaren Soundbrei unter ging. Wie schon unlängst in Pratteln, vermochte Rockopa Rick Springfield, der mit 64 Jahren (!) immer noch fit wie ein Turnschuh ist, voll zu überzeugen. Sein obligater Ausflug ins und durchs Publikum hindurch war schon beinahe von wild kreischenden Girlies begleitet. Mit kurzer Verspätung stürmten die Amerikaner von Five Finger Deat Punch zur Prime Time die Festival Stage und begeisterten ein bis weit nach hinten dicht gedrängt vor der Bühne stehendes Publikum. Mit ihrem tighten, groovigen und aggressiven Stampfsound bliesen sie zum General-Angriff und so mutierte dessen Gig zu einem Triumphzug, nicht zuletzt auch deswegen , weil deren Gastspiele in Europa eher selten sind. Und dann, ja dann war es Zeit für die heisseste Band der Welt! Mit ihrem obligaten (Speech-) Intro liessen KISS den Vorhang fallen und erteilten die von ihnen gewohnte Lektion R'n'R-Unterhaltung auf Spitzen-Niveau. «Psycho Circus» machte dabei den Anfang, gefolgt von «Shout It Out Loud» und während man bei den ersten zwei Songs noch ganz geblendet war von allen Feuerwerk-Knallern und den riesigen, beweglichen Spinnenbein-Lichttraversen, fiel spätestens bei «Let Me Go» auf: Der gute Paul Stanley hatte auch schon bessere Tage. Brüchig und heiser wirkte die Stimme vom Starchild, so dass er das Mikro mehr als sonst gewohnt in Richtung Publikum abdrehte oder Refrain-Passagen von seinen Mitstreitern intonieren liess. Eine kleine Enttäuschung, die sich auch auf das Publikum zu übertragen schien, das zwar munter mitsang und -klatschte, aber die zumindest von mir erwartete Schweden-liebt-Kiss-Euphorie jedoch etwas vermissen liess. So war man froh über Gene Simmons, der Neues («War Machine») wie Altes («Calling Dr. Love») mühelos hinschmetterte und für «God Of Thunder“ nach Feuer- und Blutspucken gen Bühnendecke flatterte. Und auch sonst: «Lick It Up», «Shock Me», «Love Gun» oder «Rock'n'Roll All Nite», sind einfach unkaputtbare Klassiker, zu denen man bis heute keine Alternative hat und deshalb eigentlich nicht anderes tun kann, als hefig abzufeiern. Dass am Ende dann aber Eric Singer mit «Black Diamond» den Schlusspunkt setzte, war bezeichnend. Ein bis auf Pauls Stimme souveräner Gig, mehr wars aber auch nicht.

Rock Stage
Trotz der frühen Mittagszeit stand die Menge Schulter an Schulter beim Auftritt von Raubtier. Testosterongeladener Industrial Rock oder Rammstein meets Scooter, angereichert mit schwedischen Texten durfte bestaunt werden. Letzteres war wohl (neben dem dilettantischen Gesang) auch der Grund, warum wir Schweizer ob der an sich fanatischen Fan-Gemeinde nur den Kopf schütteln konnten. Ein Phänomen, das die Landesgrenzen wohl (oder hoffentlich) nicht überqueren wird. Da hatten es die Amis von Survivor um einiges leichter, eine breitere Zustimmung zu erhalten. Frontmann Jimi Jamison (v) und seine Truppe konnten hierbei ordentlich im Korb ihrer zahlreichen Klassiker wühlen. Auch wenn das Ganze mitunter etwas seicht daher kam, schien das der guten Stimmung keinen Abbruch zu tun. Nicht fehlen durfte natürlich der Smasher «The Eye Of The Tiger». Nach der oberkultigen „Frantic Tour“ im März, war die britische Rock-Institution Status Quo abermals im gewohnten Rahmen unterwegs. Wie sonst üblich, wurde der Set mit «Caroline» eröffnet und brachte Alt und Jung sogleich in die richtige Stimmung. Bei guter Stimme von Francis Rossi und Rick Parfitt, gab es ein Potpourri ihrer bekannter Hits, das keine Wünsche offen liess. Die Stimmung im Publikum war während fast neunzig Minuten auf konstant hohem Niveau. Quo sind und bleiben eine Partyband der Extraklasse, die weltweit immer noch sehr grosses Ansehen geniesst. Eine fulminante und spektakuläre Show boten danach die Wikinger von Amon Amarth. Feuerwerk und Flammen kennt man ja, doch es war das Bühnenbild mit Wikingerschiff und einer ganzen Horde voll ausgestatteter ebensolcher Wikinger, die den epischen Death der Schweden passend wie mächtig inszenierten. Dazu die unfehlbare Brachialität, ja Brutalität der Band und ein gezielter Headbang-Angriff nach dem anderen, und selbst Quo-Fans mussten zugeben, dass Amon Amarth als vielleicht Einzige ihres Genres einen Co-Headliner-Slot wie diesen zu verteidigen wussten.



 
 




Freitag, 07.06.2013
 
4Sound Stage
Die Eröffnungskapelle des Freitags hiess Klogr, kannte wohl kaum bis gar niemand und um ehrlich zu sein: Klogr brauchte auch niemand und so erntete der moderne Alternative Metal der amerikanisch-italienischen Kooperation nur verschlafenen Zuspruch. Auch noch nicht vor wirklich grossem, dafür umso euphorischerem Publikum schwirrten Firewind in schwindelig anmutenden Gitarrenhöhen umher. Mainman und Ozzy-Axtmann Gus G. überzeugte dabei nicht nur mit seinen (manchmal etwas zu ausufernden) Flitzefingern, sondern auch durch den Umstand, dass es ihm überhaupt nichts auszumachen schien, dass er noch vor zwei Jahren (mit Ozzy) das Festival vor 20'000 Leuten auf der Hauptbühne beendete. Der Auftritt von Axxis ging derweil von unserer Aufmerksamkeit her etwas unter und angesichts der Tatsache, dass das letzte Studio-Album «Utopia» 2009 erschien und das letzte musikalische Lebenszeichen eine Cover-Scheibe war, liess nicht gerade Grosses erwarten. Bei Amaranthe stand das Publikum dann dicht gedrängt und auf dem ganzen Hügel verteilt. Die Performance mit drei Stimmen, wovon eine weibliche und zwei männliche mit cleanem und growligem Gesang, überzeugte durch unbändige Energie und Dynamik. Auch optisch hinterliess die Band einen sehr guten Eindruck. Wie eigentlich zu erwarten, schrumpfte das Publikum danach zu einer der wenigen Black Metal Bands des Wochenendes arg zusammen. Für all jene die jedoch ausharrten, bekamen Naglfar mit ihrem messerscharfen und für Genre-Verhältnisse groovenden Sound vor den Latz geknallt. Fronter Kristoffer W. Olivius stemmte sich dazu frostig und beinahe garstig gegen die langsam untergehende Sonne. Wie eine UFO-Landung mutete anschliessend der Beginn der Show von Hypocrisy an. Die aufwändige Lichtshow, der sci-fi-artige Bühnenaufbau mit abgerundetem Drum-Podest schlug in die alte und von Fans geliebte Alien-Kerbe. Dabei wurden musikmässig aktuelle Songs von «End Of Disclosure» angerissen. Klassiker wie «Roswell» oder «Fearless» vermochten die Nackenmuskeln zahlreicher Metalheads locker auf Betriebstemperatur zu bringen.
 
Sweden Stage
Das „Sweden Rock Festival» ist bekannt dafür, alte Recken wieder aus der Versenkung zu holen. Wo sonst könnten längst Vergessene noch vor so einem grossen Publikum auftreten?! Dem entsprechend dankbar wirkte Johnny Gioeli, einziges noch verbliebenes Original-Mitglied der AOR-Veteranen Hardline. Die Amis gingen beherzt zu Werke und ernteten auch einigen Applaus, doch umwerfen tat es einem aber bei Weitem nicht, was nicht zuletzt am viel zu dominanten und unpassenden Drumming von Tausendsassa Mike Terrana gelegen haben mochte. Wenn auch nicht aus der Versenkung, so doch aus einer längeren Ruhepause, kehrte Jason Newsted auf die Bretter, die die Welt bedeuten, zurück. Der Ex-Metallica, Ex-Ozzy, Ex-Voivod und Ex-Flotsam and Jetsam-Bassist predigte mit seiner Backing Band den Metal in all seinen Formen, wobei das finale Metallica-Cover «Whiplash» natürlich den frenetischsten Applaus erntete. Jason war darob sichtlich gerührt und musste einen Moment lang inne halten. Nicht wirklich Metal, dafür umso mehr Party, für das standen danach die Leningrad Cowboys. Die 13-köpfige Chaos-Truppe aus Finnland rockte heftig und coverte sich von «Back In The U.S.S.R.» bis zu «Highway To Hell» durch, wobei es wirkte, als hätte man einen in rot und mit überdimensionierten Elvis-Tollen bestückten Bienenstock auf der Bühne ausgeleert. „Feiern! Feiern! Feiern!“, so schien ihr Motto zu lauten und das zahlreiche Publikum kam dem gerne entgegen. Ganz anders die Szene und Stimmung dann bei At The Gates. Dass die Göteborger Kult sind, daran gibt es keinen Zweifel, waren es doch Fronter Tompa Lindberg und die Björler-Brüder, die den typischen „Schweden Melo Death“ Mitte der 90er miterfunden hatten. Trotz technischer Tadellosigkeit und unverwüstlichen Abrissbirnen der Marke «Slaughter Of Soul», «Cold» oder «Blinded By Fear» gelang es dem Quintett jedoch nicht, eine echte Headbang-Ekstase auszulösen, was nicht zuletzt am etwas gar flachen und leisen Sound gelegen haben mochte.



 
 
Rock Stage
Die Rock Stage wurde derweil melodisch eröffnet. Das einheimische Gewächs namens Treat verwöhnte die schon zahlreich erschienenen Leute mit ihrem prägnanten Melodic Hard Rock. Schon bald danach wurde es Zeit für Asia. Die legendären Stadion-Rocker um Bassist/Sänger John Wetton zelebrierten einen Hit nach dem anderen. Sogar den auf dem Areal herum schleichenden Chris von Rohr konnte man in Richtung Bühne marschieren sehn. Zudem liess es sich Mandy Meyer nicht nehmen, seine ehemaligen Kollegen direkt von der Bühne aus zu beehren. Drummer Carl Palmer war, wie immer, lustig beim Spielen anzusehen. Der junge Gitarrist Sam Coulson (ersetzte Steve Howe) war der Virtuose schlechthin. Nach Asia blieb es dann bei etwas altgedienten Klängen, denn keine Geringeren als UFO standen dann den zahlenen Besuchern gegenüber. Was will man schon sagen, wenn eine ausgereifte Band derart locker aufspielt. Solche Hits wie "Doctor Doctor" durften natürlich nicht fehlen. Sänger Phil Mogg konnte es dabei nicht unterlassen, die Anwesenden nach bester Manier zu unterhalten. So leistete er sich mitunter einen verbalen und zugleich unnötigen Ausrutscher, der an die Adresse von Doro Pesch gerichtet war, die vorher die Bühne vis-à-vis gerockt hatte. Danach hiess es: der Adler ist gelandet! Saxon, die britische Institution für guten Heavy Metal und grandiose Shows, liess erwartungsgemäss nichts anbrennen. Mächtig thronte der Adler als optisch tragendes Element der Bühnenshow- über dem Logo-Backdrop. Sänger Biff Byford war einmal mehr der Entertainer in Reinkultur und er lobte einmal mehr das „Sweden Rock Festival“ als eines der besten der Welt. Saxon wurden ihrer Rolle als grossartiger und würdiger Headliner des Tages auf der Rock Stage vollends gerecht.





 
 
Festival Stage
Da es am dritten Festival-Tag auf der grossen Festival Stage erst später los ging, konnte man ab der Mittagszeit auf der kleinen Rockklassiker Stage Audrey Horne aus Norwegen abfeiern. Die Nordländer spielten wie aus einen Guss und waren eigentlich auf der falschen Bühne. Dieser Band gehört definitiv die Zukunft. Ab halb fünf war es dann endlich soweit und die Festival Stage wurde mit Doro eröffnet. Die deutsche Metal Queen lieferte einen blitzsauberen Set ab, war gut bei Stimme und erreichte das Publikum im Nu. Unterstützt durch die ebenso tight agierende Band, wurden viele ihrer Hits begeistert aufgenommen. Solche Reaktionen erhofften sich natürlich auch Krokus, die am „Sweden Rock Festival“ das grösste Konzert der laufenden Tour spielten und in diesem Rahmen vielleicht sogar zum letzte Mal. Deshalb waren die Erwartungen hoch und wurden indes nicht ganz erreicht. Mit den Opener «Hallelujah Rock’n’roll» wurde das aktuelle Standardset eröffnet, das dann aber in Form von «American Woman» doch noch eine kleine Überraschung bereit hielt. Die Reaktionen der Fans waren okay und kamen im zweiten Teil deutlich besser zur Geltung. Höhepunkt war unter anderem «Bedside Radio », das lauthals mitgesungen wurde. Auch «Eat The Rich» vermochte zu überzeugen und selbst das unnötige "Mighty Quinn" sorgte letztmals für eine tolle Stimmung vor der Festival Stage. Europe, letztmals ins Wetzikon (ZH) gesehen, hatten hier in der Heimat nun mit der ganz grossen Kelle angerührt. Die fette Bühne war der perfekte Schauplatz für eine unzählige Anzahl an Hits und auch härteres Material, das vom begeisterten Publikum lautstark abgefeiert wurde. Als Überraschung des zweieinhalbstündigen Konzertes (!) zockten unter anderem Scott Gorham (Thin Lizzy/Black Star Riders) mit «Jailbreak» und etwas später auch Michael Schenker (MSG) mit einer furiosen Version von «Lights Out», zusammen mit Europe. Auch ohne diese Einlage hatten die Schweden noch massig genug geiles eigenes Material am Start, das deshalb locker für drei Stunden gereicht hätte.

 

Samstag, 08.06.2013
 
4Sound Stage
Durch ein Online-Voting hatten Sahg den Eröffnungs-Slot am letzten Festival-Tag ergattert und tobten sich dementsprechend energisch aus. Die Norweger bewiesen, dass ihr stoner-lastiger Heavy Rock auch auf der grossen Bühne funktionierte und machten mit ihrem Gig Lust auf das im Herbst erscheinende neue Album. In Anzügen spielten danach die Herren von Nine Below Zero zum Tanz auf. Die Briten zockten Rock'n'Roll, schnörkellos und dabei Muddy Waters gedenkend. Staubwirbel, beziehungsweise Bierregen entfachten danach Tankard. Erstens durch den wohl grössten Moshpit des ganzen Festivals, zweitens durch bierschmeissende Fans, was man ihnen bei Songtiteln wie «A Girl Called Cerveza» und «Die With A Beer In Your Hand» auch nicht wirklich verübeln konnte. Frontmann Gerre fand jedenfalls seine helle Freude daran und tänzelte arschschwenkend über die Bühne. Diese Stimmung konnten Civil War danach nicht halten. Die relative neue (und vom „Sweden Rock Magazine“ gepushte) Band um Astral Doors-Sänger Nils K. Johansson und ehemalige Sabaton-Member zogen zwar so viele Leute vor die 4Sound-Stage, wie sonst nur Amaranthe, wurden den Erwartungen mit ihrem getragenen Heavy Metal jedoch nicht ganz gerecht. Es fehlten die zündenden Ideen, die die ersten Astral Doors-Alben ausmachten. Ganz anders danach das Bild bei Ihsahn. Ansonsten mit Emperor unterwegs, verbreitete der Norweger Klang gewordene Finsternis. Trotz grandioser Backing Band in Form von Leprous überraschte es nicht, dass dies dem Geschmack der Sweden Rock-Mehrheit nicht wirklich entsprach.









 
Sweden Stage
Ob es an der Hitze oder am mittlerweile vierten Festival-Tag lag: Satan vermochten trotz ihres Kult-Status leider gerade mal eine Handvoll Fans anzulocken, als dies auf der Sweden Stage eröffnen. Noch vor Mittag in Riff-Stimmung zu kommen, ist nicht einfach, doch wenn auch noch ein permanentes Brummen dazu kommt, das den Musikern das Aufeinanderhören offensichtlich erschwert, dann will man sich wohl am liebsten gleich wieder vom Acker machen. Die NWOBHM-Recken liessen sich davon jedoch nicht beirren und retteten ihre Show mit Inbrunst und Klassikern wie «Opression». Es folgte Jon English, so las man danach auf der Running Order. In der Schweiz kaum bekannt, war und ist der mittlerweile 64-Jährige in Australien eine wahre Legende, nicht nur als Musiker, sondern auch als Schauspieler. Und ob man es glaubt oder nicht: auch in Schweden ist das so, wo der wie ein abgehalfterter Quiz-Show-Moderator wirkende English mit «Six Ribbons» oder «Against The Wind» anfangs der 80er sogar in den Charts war. Kurios, wie der theatralische und nicht immer ganz fehlerfreie Classic Rock im hohen Norden zu begeistern vermag. Da machte die nachfolgende Euphorie schon mehr Sinn. Thin Liz..., äh…, die Black Star Riders kamen, spielten und siegten. Bis hinauf in den Eingangsbereich stand das Publikum und feierte dabei nicht nur die Lizzy-Klassiker, sondern genauso das neue Material vom aktuellen Silberling «All Hell Breaks Loose», als handle es sich bei Ricky Warwick, Scott Gorham und Co. um einen der Headliner des Wochenendes. Dies kümmerte den Rockslave allerdings nicht die Bohne, da sich dieser zur exakt gleichen Spielzeit , drüben vor der Rockklassiker Stage, die volle Dröhnung mit Heathen verpasste. Den Namen zu ändern, so wie es die BSR taten, schien und scheint für Skid Row hingegen keine Option zu sein. Die Sleazer aus New Jersey leben von ihrer glorreichen Vergangenheit und auch wenn die Band den ganzen Gig über nicht müde wurde, immer wieder das Gegenteil zu betonen, so vermittelte die Setlist doch was anderes: Vom eröffnenden «Slave To The Grind» über «Piece Of Me», «18 And Life» und «Monkey Business» bis zur zweiten Zugabe „Youth Gone Wild“ gedachte man alten Zeiten. Und auch wenn Fronter Johnny Solinger, mittlerweile auch schon über eine Dekade bei der Truppe, an diesem Abend gesanglich nichts vorzuwerfen war, so wird er den Schatten von Sebastian Bach nie abstreifen können. Eine flotte Party wissen Skid Row aber auch 2013 noch zu feiern.


 

Rock Stage

Am letzten Festival Tag eröffneten die Staubrocker von Masters Of Reality das Treiben auf der Rock Stage. Fronter Chris Goss, in den 90er als Produzent von Kyuss, Mondo Generator, Stone Temple Pilots oder Queens Of The Stone Age so etwas wie der Guru der ersten Stoner Rock-Welle, machte der Glatzkopf immer auch selbst Musik. Wie sträflich vergessen die Masters Of Reality mittlerweile sind, bewies die Truppe mit ihrer genauso gelassenen wie hypnotischen Mischung aus Stoner, Blues und Psychedelic Rock, in deren Sog sich erwartungsgemäss nur wenige wirklich abdriften liessen. The Levellers sorgten als zweiter Act der Rock Stage hingegen für grossartige Stimmung. Die schon seit 1988 bestehende Band aus England spielte mit einer Mischung aus Rock, Folk und Punk zur Hochstimmung auf. Visuelles Highlight war Jonathan Mark Sevink an der Geige. Deutlich heftiger wurde es dann beim deutschen Thrash Urgestein Kreator, die eine pompöse Bühnen-Deko auffuhren. Mille und Co. prügelten derweil ihre Setliste, ohne Gefangene zu machen, brutal runter. Auf Gnade konnte man im Allgemeinen nicht hoffen. Weiter ging es mit einer ebenfalls deutschen Legende. Accept wurde von einer riesigen Menschenmasse abgefeiert und die legendären Hits wurden lautstark mitgesungen. Ein wahrer Triumphzug für Wolf Hoffmann, Herman Frank und Co. Tatsächlich und nach der wuchtigen Show von Rush auf der grossen Festival Stage, durfte Tobias Sammet mit seiner Avantasia eine Art "Nach-Headliner" spielen. Wie immer scharte er eine illustre Truppe an Musikern und Backgroundsängern (und Amanda Somerville) um sich. So kamen denn alle paar Songs weitere grosse Stimmen der Metalszene auf die Bühne. Da waren unter anderem Michael Kiske, Bob Catley, Ronnie Atkins und natürlich Jorn Lande zu Gast, wobei Letzterer alle anderen mal kurz an die Wand gesungen hatte.

 
 

Festival Stage

Das Schlussprogramm auf der grössten der insgesamt fünf Bühnen auf dem Gelände, wurde um 16.00 Uhr mit den Quireboys aus dem vereinigten Königreich eingeläutet. Doch anstatt den gewohnten erdigen wie bluesigen Klängen, drangen zumeist leisere Töne zum Publikum durch. Der Grund war, dass Spike und Co. einen Akustik-Set spielten, was nicht nur mir reichlich spanisch vorkam. So entwickelte sich natürlich keine ausgelassene Stimmung und kaum einer war dann wohl wirklich traurig, als diese 45 Minuten um waren. Danach war bis zu Rush als letztem grossem Headliner des diesjährigen Festivals reichlich Zeit, um die Bühne für die drei Kanadier her zu richten. Gemäss der offiziellen Running Order standen 135 Konzert-Minuten zur Verfügung, was für Kenner umgehend offenbarte, dass am heutigen Abend nicht die ganze Show wie sonst (meist immer über drei Stunden!) gezeigt wird. Nichtsdestotrotz freuten sich viele Fans auf das bevorstehende Spektakel und Rush hielten dann auch, was sie versprachen. Obwohl es letztlich netto „nur“ zu zwei Stunden Musik gereichte, musste man einfach dabei gewesen sein, um das Phänomen dieses Trios auch nur halbwegs würdigen und erfassen zu können. Mit zunehmender Dunkelheit intensivierten sich die Lichteffekte merklich und zusammen mit immer wieder geschickt und passend zum jeweiligen Song eingeflochtenen Filmsequenzen entstand ein audiovisuelles Gesamtkunstwerk der Extraklasse. Man muss dabei Rush nicht mal mögen, speziell den eigenwilligen Gesang von Bassist Geddy Lee, aber niemand konnte sich der Raffinesse für die Augen und vor allem Ohren entziehen. Am Schluss standen viele wie geplättet da und versuchten das einzuordnen, was sie gerade miterlebt hatten. Damit war das Festival 2013 aber noch nicht zu Ende, da um Mitternacht noch Avantasia die Rock Stage für zwei Stunden in Beschlag nahmen. Gleichzeitig lärmten Paradise Lost noch für rund 75 Minuten auf der Sweden Stage. Um zwei Uhr morgens war dann aber definitiv Schicht im Schacht. Hinter uns lagen somit vier unglaubliche Festivaltage, die primär von perfektem örtlichem Sommerwetter begünstigt wurden. So sollte es eigentlich immer sein! In diesem Sinne bis zum nächsten Jahr!!

 
 
 
 
 


Vor Ort für Euch haben berichtet: (vlnr) Rockslave, Lucie W., Roxx und Kissi