Livereview: Tyr - Black Messiah - Odroerir
05. Oktober 2007, Salzhaus Wintertur
By Yannick S.
Germanen, Kelten und andere Anhänger heidnischer Kulturen mussten wohl zweimal schauen, ob dieses Prachts-Line-Up wirklich echt sein konnte. Tatsächlich sind die drei sehr bekannten Pagan-Bands zusammen auf Tour und beehren die Schweizer Fans mit einem Auftritt im Salzhaus. Auch der Eintrittspreis von 25.- ging vollkommen in Ordnung, und einem sehr ‚metlastigen’ Abend konnte nichts mehr im Weg stehen. Das relativ junge Publikum zeigte sich sehr trinkfreudig und feierte bereits vor der ersten Band ausgiebig. Leider bringt ein solches Publikum nicht nur Positives mit sich, so wusste man beispielsweise von Anfang an, dass unnötiges Herumgeschubse und ‚Ellbogenchecken’ nicht ausgelassen werden wird.

Odroerir
Die Thüringer Folk-Metal-Band, die wohl vor allem durch Sänger Fix, der ja auch bei Menhir am Mikro steht, bekannt geworden ist, möchte den Zuschauern nicht nur altes Material, sondern endlich auch unveröffentliche Ware präsentieren. Die sechsköpfige Band machte von Anfang an einen soliden Eindruck, aber ohne irgendwelche Besonderheiten. Songs vom Album „Götterlieder“, die eher gefühlvoll daherkommen sollten, wurden relativ lasch heruntergespielt und die Stücke von „Lasst euch sagen, aus alten Tagen“ wurden zu grob angegangen, so dass der Folkanteil im Schlagzeug-Gehaue unterging. Wie aber bereits erwähnt hatten Odroerir die Show im Griff, und vor allem mit den neuen Songs haben sie für Abwechslung gesorgt. Dem Publikum gefiel es zumindest vorzüglich, ich hingegen fand am Auftritt und auch am gesamten Klangwerk von Odroerir nichts Herausstechendes, nichts Auffallendes. Die Musik macht zwar Stimmung, sollte aber den Hörer auch ein wenig zum Nachdenken bringen, was der Band aber sicherlich nicht gelang. Ohne Frage hat Fix eine gewaltige Stimme und kann so einiges aus ihr herausholen, trotzdem macht er das bei Menhir um Längen besser. Mein Fazit dieses kurzen Auftrittes: Odroerir spielen Pagan-Folk-Metal, und im Gegensatz zu Menhir gelingt es der Band nicht, etwas Einzigartiges darzustellen. Odroerir konnte mit „Götterlieder“ überzeugen und hat mich auch mit diesen Stücken auf CD sehr mitgerissen, aber live wurde ich bitter enttäuscht, denn es war kein Herzblut im Spiel und auch die gewaltige Spielfreude, die man von ihnen kennt, blieb aus. So werde ich in Zukunft wohl wieder auf ihre Scheiben zurückgreifen.

Black Messiah
Die Band-Geschichte der sechsköpfigen Band Black Messiah ist relativ schnell erzählt, und trotzdem gibt es einen Punkt in ihrer Geschichte, den ich sehr interessant finde: Ihr Debut-Album „Sceptre Of Black Knowledge“, welches man übrigens nur noch vereinzelt antrifft, ist nichts Anderes als symphonischer Black Metal, der ab und zu ein wenig Violinenparts als Abwechslung zu bieten hat. Komischerweise erschien 2005, in dem Jahr, als der Pagan-Metal wirklich aus dem Untergrund hervorkroch, ihr zweites Album „Oath Of A Warrior“, ein absolut christenfeindliches Pagan-Metal-Scheibchen. Die Band hat also ihren Stil vollkommen umgekrempelt, und genau diesen Punkt finde ich äusserst interessant. Das neueste Werk der Band, „Of Myths And Legends“, unterstrich meine Theorie noch einmal deutlich. Ich habe einfach das Gefühl, dass Black Messiah den Pagan Metal missbrauchen, um Anklang bei den Hörern zu finden. Musikalisch ist aber vor allem „Oath Of A Warrior“ sehr gelungen, und deshalb widme ich mich jetzt doch noch dem Auftritt der Ruhrpott-Wikinger. Bereits in den ersten Minuten wollte ich dem Mischer an die Gurgel, der nämlich den Sound der Deutschen so was von verhunzte. Das Schlagzeug übertönte die Gitarren, und so erkannte man beispielsweise nicht einmal ihren Song „Blutsbruder“. Obwohl die Zuschauer sich kaum einkriegten und mittanzten, Party feierten, Met tranken und die Haare kreisten, wurde ich nicht warm, im Gegenteil, ich ärgerte mich, dass der Sound so mies war. Eine weitere Enttäuschung meinerseits war der neu präsentierte Song des Sechsers, der bloss vor sich hinbretterte, kaum Melodiebögen beinhaltete und auch sonst todlangweilig daherkam. Der einzige wirkliche Lichtblick war der Song „Christenfeind“, denn plötzlich war der Sound in Ordnung und die Musik machte Spass. Nach diesen knapp vier Minuten war die Freude dann aber wieder vorbei, denn das ach so berühmte „Sauflied“ wie auch das Cover „Moskau“ wurden noch zum Besten gegeben. Die Zuschauer waren ausser sich und genossen die fröhliche Tanzmusik, aber eigentlich sind die beiden Songs weder musikalisch interessant noch wirklich gut, hauptsache der Mehrheit gefällt es und man kann mit dem Alkoholpegel im Blut was anfangen. Nüchtern sind die beiden Songs aber nichts weiter als Fun-Musik, und dann höre ich mir lieber Knorkator an.

Tyr
Ich war enttäuscht, dass die beiden Bands vorher nicht das erreichten, was ich erwartet habe, und ehrlich gesagt habe ich auch von Tyr gar nichts mehr erwartet. Die Band hat es innert kürzester Zeit nach ganz Oben geschafft, und doch hat man es irgendwann einfach mal gehört. Als die Färörer dann aber mit ihrer Show begannen, sich die Musik perfekt abgemischt anhörte und auch noch Power in ihrer Mucke steckte, wurde ich echt unerwartet aufgeheitert. Der Vierer spielte sich durch „Ragnarok“ und auch durch „Eric The Red“, bis auf eine Ausnahme wurde jeder wirklich gute Track der Band gespielt und ich wusste nun endlich, weshalb Tyr an diesem Abend den Headliner-Posten übernehmen durften. Ganz einfach: Sie waren die mit Abstand beste Band des Abends. Das Publikum war zwar sowieso leicht für sich zu gewinnen, aber Tyr gingen noch einen Schritt weiter, denn ihre Musik ist nicht unbedingt für Headbanging geeignet, sondern war eher für die ruhigeren, schwankenden Minuten zuständig, und auch so konnte man das Publikum und auch mich begeistern. Jeder sang mit und jeder genoss den Auftritt. Als dann zum Abschluss noch „The Wild Rover“ angespielt wurde flippte die Halle komplett aus und es wurde noch einmal verdammt heiss in der Halle. Den Nordländern gefiel das Schweizer Publikum, und sie mussten immer wieder versteckt lachen, so dass man entnehmen konnte, dass sie sicherlich auch ein wenig stolz auf ihr Schaffen sind. Die Band hat aber auch allen Grund dazu, denn trotz des schnellen Aufstieges sind sie auf dem Boden geblieben, haben Freude an der Musik und geniessen jede Minute auf der Bühne. Vor dem Auftritt hätte mich jeder fragen können und ich hätte ihm nichts Gutes über Tyr erzählt, aber nach diesem Auftritt habe ich meine Meinung geändert und werde wohl wieder öfters in ihre Scheibchen reinhören. Ganz grosses Daumenhoch!