Livereview: W.A.S.P. -  Fatal Smile - The Order
19. Oktober 2006, Pratteln Z7
By Rockslave
Es ist schon eine ganze Weile her, seit ich Master Lawless und seine Hintermannschaft das letzte Mal auf einer Schweizer Bühne haben spielen sehen. Mindestens von zwei vergangenen Tourneen ist mir danach zu Ohren gekommen, dass das Ganze eher enttäuschend rüber gekommen war. Und das notabene nicht nur bezüglich der oftmals knappen Spielzeiten. Böse Zungen behaupten gar, dass nach dem Meisterwerk "The Crimson Idol" (1992) schon lange nix mehr Gescheites auf Tonträger gebannt wurde. Gut..., "Helldorado" (1999) hätte das Zeug zu einem weiteren Klassiker mit Sicherheit gehabt, aber bei dem dürftigen Sound gewinnt man keinen Blumentopf! Bin mal gespannt, wie sich das neue und bald erscheinende Album "Dominator" anhört und ob Blackie es diesmal fertig gebracht hat, mit griffige(ere)n Songs aufzutrumpfen. Dem zu Folge war die Ausgangslage für das angesagte Konzert, respektive dieser Tour vor dem Release überaus interessant. Begleitet wurden W.A.S.P. von Fatal Smile aus Schweden, die ich zuvor überhaupt nicht kannte und die Schweizer von The Order, die nicht nur mit ihrem prachtvollen Debüt-Silberling für Aufsehen sorg(t)en. Dann also Bühne frei für einen, und das sei schon mal vorweg genommen, eindrücklichen Event, der weitaus besser geriet, als angenommen!

The Order
Gianni Pontillo von Pure Inc. hat das Trio von ehemaligen (Bassist Andrej Abplanalp & Gitarrist Bruno Spring) und einem aktiven Gurd Bandmember, nämlich Drummer Mauro "Tschibu" Casciero, optimal ergänzt und seither ist die Truppe unter dem Namen The Order unterwegs. Der kräftige und leicht düster angehauchte Hardrock überzeugt mit durchdachtem, groovigem Songwriting und lebt vom unbestrittenen Können aller Musiker. Die erste, selbstbetitelte CD ist erfreulich gut geworden und erhielt postwendend überaus positive Reviews in (fast) allen einschlägigen Magazinen. Der erste Gig, den ich sah (Support von Y&T im Z7 am 27.6.06) wirkte allerdings noch nicht so souverän. Man hatte das Gefühl, dass jeder irgendwie sein eigenes Süppchen auf der Bühne kochte. Ein paar Monate später sah das erfreulicherweise wesentlich anders aus. The Order präsentierten sich als tighte Einheit, vor allem Gitarrist Bruno Spring vermochte deutlich mehr Akzente mit seinem Spiel zu setzen. Auch wenn sich das eigentlich bereits zahlreich versammelte Publikum eher passiv verhielt, vermochte Gianni die Leute mit seinem Talent als professioneller Entertainer mindestens etwas aus der Reserve zu locken. Schon bald wurde das rhythmische Mitklatschen ständig lauter und es stellte sich doch noch eine ordentliche Stimmung ein. Songsmässig blieb man logischerweise bei den Album-Songs hängen, wovon ich eigentlich nur "One Man" nach Gianni's Ansage direkt ausmachen konnte. Der etwa 35-minütige Auftritt unterstrich das Potenzial dieser neuen und noch frischen Schweizer Bandhoffnung eindrücklich. Bleibt zu hoffen, dass das hohe Niveau bei der zweiten Scheibe noch anhält, respektive zementiert wird!

Fatal Smile
Das ist eigentlich immer am Spannendsten, wenn man nicht genau weiss, was einen erwartet. So erging es mir bei Fatal Smile, der zweiten Band des Abends. Der erste Anblick des schwedischen Vierers brachte mich zuerst etwas ins Grübeln, in welcher Ecke man die Band stilistisch ansiedeln könnte. Papa Roach (bezüglich der Optik von Sänger H.B. Anderson) meets Rotz'n'Roll..., so kam mir das vor. Die Antwort auf diese Einschätzung traf dann insofern zu, alsdass Rock, und zwar ziemlich harter Rock gezockt wurde. Während der pumpende Bass fast zu laut war, ging dafür der Guitar-Sound etwas baden. Trotzdem wirkte die agile Performance sehr tight zugleich und vermochte das Publikum immer mehr anzusprechen. Tags zuvor supportete man ja noch Winger im AlpenRock und dieser Auftritt soll dem Vernehmen nach noch einen ganzen Zacken besser als der von heute Abend gewesen sein. Anyway..., Fatal Smile gaben sich auch bei ihrem zweiten Schweizer Gastspiel keine Blösse und zogen ihren Gig routiniert durch. Die gespielten Songs stammten dabei von ihren zwei bisher erschienenen Alben "Beyond Reality" (2002) und dem neuen Longplayer "Neo Natural Freaks". Obwohl Begeisterungsstürme ausgeblieben sind, vermochten Fatal Smile mit Sicherheit ein paar Fans mehr für sich zu gewinnen. Bei der Durchsicht unserer Interviews fiel mir übrigens beim Eintrag vom 29.12.02 unvermittelt ein Name auf: Fatal Smile! Wer in diesem Zusammenhang also gerne etwas mehr über die Schweden erfahren möchte, kann hier nachlesen, was Mr. Anderson (v) damals zu erzählen hatte.

Set-Liste: "Neo Natural Freaks", "Crash & Burn", "The Saviour", "Bleeding Kiss", "11th Hour", "Hip M.F.", "Learn-Love-Hate" & "Common People".

W.A.S.P.
Erstaunlicherweise hatten sich an diesem Donnerstag Abend etliche Hundertschaften im Z7 eingefunden, was ich nicht unbedingt erwartet hätte. Zumal dies eine quasi dem neuen, noch unveröffentlichten Album "Dominator" vorgezogene Tour gewesen ist. Dem entsprechend, also auf Basis des neuen Cover-Artworks, präsentierte dann auch der Bühnenaufbau. Und der, wie üblich bei Herrn Gesetzlos, mit einem unverkennbaren und patriotischen Hang zu seinem Heimatland. In der Mitte der Bühne, das heisst vorne in der Mitte, thronte natürlich der längst zum Markenzeichen gewordene "Skeleton-Mic-Ständer, den der Herr der Kreissägen jeweils während des Gig's ein paar Mal erklomm und auf seine Schäfchen runter schaute. Im Wissen, dass W.A.S.P.-Gigs mitunter eher kurz ausfallen können, fragte ich mich zuerst, was uns Blackie und seine Hintermannschaft denn heute Abend so um die Ohren hauen werden. Bevor es jedoch soweit war, mussten sich die Fans aber noch etwas gedulden..., und dann, um etwa 22.15 Uhr ging es mit dem altbekannten Doors-Intro endlich los. Mit "On Your Knees" erwachte das Monster und das Publikum gleichermassen wie mit einem Paukenschlag. Blackie stellte sich sogleich hinter sein "Show-Mikro" und war von Anfang an gut bei Stimme. Was sogleich auffiel, war das erstaunlich "normale" Erscheinungsbild von Meister Lawless. Keine Schminke, keine gefärbten Haarsträhnen und nackte Arschbacken aus (zu) engen Lederhosen quellend..., nichts davon! Ganz zu schweigen von verspritztem Kunstblut und einem fast nackten, angeketteten Girl... - Somit wurde der Fokus automatisch auf die Musik gerichtet und das war auch gut so! "Hate To Love Me" vom "Unholy Terror" (2001) Album legte gleich kräftig nach. Nebst Bass-Mann Mike Duda, der nun auch schon eine Weile in der Band ist, sorgten Neu-Drummer Mike Dupke (der Stet Howland aber nicht das Wasser reichen kann) und Gitarrist Doug Blair, der auf Darrell Roberts folgte, für ordentlich Lärm. An dieser Stelle tritt dann aber stets etwas Wehmut auf, denn die Vodka-Vernichtungsmaschine Chris Holmes war halt schon eine geile Wildsau. Anyway..., das Konzert entwickelte sich bei passablem Sound mit zunehmender Dauer immer besser und spätestens nach der Endlos-Soli-Orgie bei, respektive nach "The Idol" (mit blinkender Klampfe) war man echt geneigt zu sagen, dass W.A.S.P., trotz ein paar wenigen spielerischen Einschränkungen, noch selten so gut performt haben! Wie sich dann zeigen sollte, wurden die beiden "Neon God"-Werke und "Dying For The World" oder auch "Helldorado" mit keinem einzigen (!) Song berücksichtigt. Interessant waren hingegen die Wahl von "Widow Maker" ("Last Command"-1985) und das an "Sleeping In The Fire" angehängte "Arena Of Pleasure" ("The Crimson Idol"-1992). Dazu durften natürlich obligate Klassiker wie das unverwüstliche "I Wanna Be Somebody" oder "Blind In Texas" nicht fehlen. Nach guten 80 Minuten war dann leider viel zu früh Schluss und mir persönlich fehlte mehr oder weniger nur "Animal - Fuck Like A Beast". Der Gesamteindruck war jedoch klar positiv und die Vorfreude auf die neue Scheibe definitiv geweckt.

Set-Liste: "Intro", "On Your Knees", "Hate To Love Me", "Love Machine", "Wild Child", "Widowmaker", "Sleeping In The Fire/Arena Of Pleasure", "Headless Children", "The Idol", "I Wanna Be Sombody", "Chainsaw Charlie" & "Blind In Texas".