Livereview: Gonoreas - Battalion - Atlas & Axis - Firemoon - Zyanide
11. Dezember 2010, Brugg (AG) - Sporthalle Au
By Roger W.

Es ist schon beeindruckend, welchen Status sich Gonoreas in den letzten zehn Jahren erspielen konnten und über welches hohe Niveau ihre Live-Shows mittlerweile verfügen. Wie letztes Jahr veranstaltete die Band ihr Heimkonzert gleich selbst und lockte rund 500 Personen an, welche auch die anderen Bands mal mehr, mal mit weniger abfeierten. Atlas & Axis, Battalion und Gonoreas hatten wohl mit dieser tollen Stimmung gerechnet und liessen sich gleich mit mehreren Kameras filmen. Ob und wann diese Dokumente veröffentlicht werden, erfährt Ihr rechtzeitig auf den entsprechenden Webseiten. Beachtlich war auch die druckvolle, transparente und nicht zu laute Abmischung, welche von der ersten bis zur letzten Band genossen werden konnte.

Zyanide
Die erste Band des Abends heizte das Publikum gleich mit einer tüchtigen Portion Headbanger-Musik ein. Ihr Thrash Metal bot Rhythmen zum Haare schwingen, befriedigte aber auch den mathematischen Heavy Metaller mit technisch tollen Liedern und einigen coolen Gitarren-Soli. Zyanide überraschten mit unerwarteten epischen Momenten, die den Weg immer wieder zurück zum Thrash Metal fanden. Die Bühnenpräsenz hat sich in den letzten Jahren deutlich gebessert. Sänger Daniel und Bassist Julian bewegten sich viel und animierten ihre Fans zum Mitmachen. Das hatte Erfolg, wie erste Klatscher im Publikum bestätigten. Insgesamt wirkte das Ganze aber immer noch etwas brav und zu wenig wild. Was musikalisch noch fehlte, waren Lieder, die auch das ungeübte Ohr auseinander halten konnte. So wurde bei einigen Übergängen nicht klar, ob es sich nun um einen neuen, oder um die Fortsetzung des laufenden Songs handelte. Mit dem eingängigen Schlusslied «Self Destruction» zogen Zyanide aber nochmals alle Register und "bepfählten" sich für weitere Grosstaten. Man darf gespannt sein, was voraussichtlich in einem Jahr aus der Bandschmiede an neuem Material erscheinen wird.

Firemoon
Nach dem Thrash Metal von Zyanide liessen Firemoon die seligen 80er Jahre wieder aufleben. Ihr Hard Rock mit Sleaze-Rock’n’Roll-Anleihen lud zum Schunkeln und Schmunzeln ein. Sänger Harry gab Vollgas, warf sich in jede bekannte Klischee-Pose und wirkte dabei nicht peinlich, sondern authentisch. Das Party-Tier vermochte die eher durchschnittlichen Lieder auf ein höheres Niveau zu hieven. Die Show hatte Potenzial und hätte derjenigen von Gonoreas das Wasser reichen können. Firemoon litten aber an den restlichen vier Bandmitgliedern, welche zwar den Sänger musikalische solide unterstützten, aber optisch überhaupt nicht aus sich heraus kommen wollten. So verkam der Auftritt von Firemoon zur «One-Man-Show», bei der Sänger und Band irgendwie nicht zusammen passten. Schade!

<< Atlas & Axis
Neben Gonoreas spielten heute auch Atlas & Axis ein Heimspiel. Die Band um den ehemaligen Firesnake-Sänger Jonas Ambühl konnte auf ein zahlreich erschienenes Publikum zählen, welches zu ihrem Heavy Metal ordentlich headbangte und die Band feierte. Auch hier war es vornehmlich der Sänger, der mit seiner Stimme und seinen Gesten Akzente setzte. Unermüdlich trieb er das Publikum an, während seine Band mit einem perfekten Zusammenspiel glänzte. Die Songs selber wirkten auf den konzentrierten Zuhörer aber noch unausgereift. In ihnen widerspiegelte sich, was auf der Bühne passierte: Nämlich zu wenig! Die Band hat noch einen weiten Weg vor sich, auch wenn das einige Fans im Publikum wohl anders sahen.



Battalion
Diesen langen Pfad abgeschritten haben bereits Battalion, die mit Leandro Pacheco einen würdigen Nachfolger für den kürzlich verstorbenen Cyril Etzensberger gefunden haben. Zwar noch nicht ganz so perfekt eingespielt wie auf dem Fiesta Pagana im Frühling, warfen sie ihre musikalischen Granaten engagiert ins Publikum. «Thrash Maniac» bot Metal höchster Güterklasse, der mit viel Spielwitz dargeboten wurde. Silvan Etzensberger leitete die immer zahlreicher werdende Headbanger-Schar, verzog sein Gesicht und schrie, bis die Halle wackelte. Leicht truemetallisch wurde es bei «The Fight For Metal», der stampfend direkt durch die Gehirne gepustet wurde, während man bei «Bullets & Death-2 hemmungslos abschädeln durfte. Begnügten sich die vorigen Bands mit einem einfach Schriftzugbanner, packten Battalion noch zwei weitere Leinwände aus, die Ausschnitte aus dem Cover ihres Albums «The Fight For Metal» zeigten. Damit erzielten sie eine ähnliche optische Wirkung, wie sie aus den Live-Videos von Metallica zu «Master Of Puppets»-Zeiten zu sehen sind. Mit den Amerikanern verband Battalion aber noch eine zweite Sache, nämlich die Unberechenbarkeit. Das zweitletzte Stück «Stalingrad» begann gewohnt thrashig, wurde dann langsamer und epischer, bevor das Lied nochmals an Geschwindigkeit gewann. Anstelle des sonst üblichen Schlusslärms beendeten Battalion ihr sonst so lautes Set mit den ruhigen Schlussnoten von «Defenders».

Gonoreas
Gitarrist Damir hatte mir bereits im Vorfeld erzählt, dass seine Band für diesen Abend keine Kosten gescheut und eine Lichtshow der Superlative gemietet hätte. Was dann schliesslich aufgefahren wurde, verdiente mehr als ein schlichtes «Wow». Die Bühne war mit zwei Treppen links und rechts des Schlagzeugs ausgestattet, die den Musikern den Weg auf ein Podest hinter dem Schlagwerker ermöglichten. Dieses wurde dann auch fleissig benutzt. Mit einem frenetischen Applaus wurden Gonoreas begrüsst. Schnell war klar, dass die Band an das fantastische Konzert vor einem Jahr am gleichen Ort anschliessen oder dieses sogar noch toppen könnte. Dies war alles andere als selbstverständlich, gaben doch damals Sänger Gilberto und Gitarrist Damir bekannt, dass alle anderen Bandmitglieder ihren Austritt gegeben hatten. Mit der Gitarristin Larissa, dem Bassisten Pad und dem Schlagzeuger Stefan ist die Band nun bereits seit April unterwegs und mindestens so gut eingespielt wie vorher. Gonoreas spielten heute Abend ohne Makel. Gilberto war bei bester Stimme und wusste auch sonst das begeisterte Publikum zu ungeahnten Höhenflügen an zu treiben. Damir spielte seine wahnsinnigen Gitarren-Soli und bot ein spannendes Spiel mit der Mimik. Diese zeigte mal endlose Begeisterung, dann wieder pure Angst vor Spielfehlern. Diesem Beispiel folgte auch Bassist Pad, der wild umher bangend, schreiend und mit viel Bewegung den wilden Derwisch mimte und sich immer wieder in beste Steve Harris-Pose warf. Bei dieser starken Männerfront ging Gitarristin Larissa fast ein wenig unter, obwohl sie immer wieder die Bühnenseite wechselte. Musikalische Glanzlichter waren für mich heute das mit einem längeren Instrumental-Teil ausgebaute «Why» und die beiden Gonoreas-Klassiker «Breaking The Chains» und «We Love To Rock». Letzteres gab dem Publikum die Gelegenheit, lautstark mit zu singen, was Gilberto für die üblichen Spiele nutzte. Nach circa eineinhalb Stunden war erst mal Schluss. Damir kam auf die Bühne und bedankte sich bei allen, die das "Winter-Rock-Festival" möglich gemacht hatten. Nun fehlte nur noch eines: Das obligate «Bang Your Head», welches Gilberto zeitweise arbeitslos machte, weil das Publikum die Strophen lautstark mitsang. Zum Refrain stürmten sämtliche Musiker, die an diesem Abend gespeilt hatten, auf die Bühne und bangten nochmals mit den Fans um die Wette. So wurde der Abend würdevoll beendet und der Anlass empfahl sich dabei gleichzeitig für eine weitere Ausgabe.