2005 und 2006
noch ein Fr/Sa/So-Event, reduzierte man das Rocksound Festival 2007
auf nur noch zwei Tage. Dieses Jahr nun erweiterte man das Programm
um den Donnerstag Abend, an welchem drei hochkarätige Bands die
Mainstage in der grossen Eishalle beackerten. Nach den Newcomern
Black Tide aus den USA, den aktuellen Chartbreakern und
Avantgarde-Metaller Opeth war es die Welt-Livepremiere von Avantasia,
Tobias Sammets Metal-Oper, welche mit einer Hand voll Gaststars und
jede Menge Energie aufwartete. (Kis)
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Black Tide
Entjungfert wurde die Bühne und das Gehör der diesjährigen
Rocksound-Besucher von der Newcomer-Überraschung Black Tide. Die
blutjungen Amerikaner – noch nicht mal volljährig – können in Europa
zwar noch nicht auf einen grossen Bekanntheitsgrad zurückgreifen,
machten dies aber ohne Probleme mit verdammt viel Enthusiamus,
Tightness und Dynamik wett. Vor noch nicht allzu vielen Leuten
zockten die vier Jungs in klassisch-truer Optik (lange Haare, Jeans,
Leder, Nieten, Metallketten) Songs vom Debütalbum «Light From Above»
wie etwa der Metalkracher «Shockwave» mit NwoBHM-Anleihen, «Warriors
Of Time» oder «Black Abyss», wobei gerade das temporeiche
Stageacting, welches Black Tide neben ihrem technischen Können
präsentierten, die Anwesenden anheizten. Während instrumental alles
einwandfrei ablief, war es der Gesang, welcher von Gabriel Garcia (git.)
und Zachary „Zack“ Sandler (bass) übernommen wurde, welcher noch
optimierungsfähig daherkam. Dabei traf man zwar alle Töne, es fehlte
jedoch die prägnante und ausdrucksstarke Stimme. Dennoch konnte der
Auftritt der Jungspunde mehr als überzeugen, posten sie doch was das
Zeug hielt, zockten zweistimmigige Gitarren-Leads, als wäre es das
einfachste auf der Welt und motivierten mit ihren Sprüchen („Who's
gonna be drunk tonight?“) die Anwesenden zum Mitmachen, was auch
überraschend gut gelang. Dabei präsentierte sich das Quintett
tausendmal authentischer und ehrlicher, dabei aber auch spontaner
und sympathischer als andere Vertreter der neuen
Heavy-Metal-Generation wie etwa Dragonforce. (Kis)
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Opeth
Bis vor wenigen Jahren wären Opeth als Festival-Band noch völlig
undenkbar gewesen - Als zu komplex und unübersichtlich wurde die
Musik vom durschnittlichen Festivalbesucher eingestuft, ein Urteil,
das jeden Festival-Organisator in den Ruin treiben würde.
Mittlerweile hat sich allerdings einiges getan, und zwar auf beiden
Seiten: Opeth sind seit «Damnation» und «Ghost Reveries» zu einem
internationalen Begriff geworden, ihr latenter Hang zu 80er-Jahre
ProgRock hat ihnen zudem das Tor in die Welt der Prog-Fanatiker
geöffnet - Und Festivalveranstalter haben extreme Musik endlich mehr
oder weniger als solche anerkannt, und gezielt mit eingeplant. Wie
Bandleader Mikael Åkerfeldt noch nachmittags im Interview andeutete,
ist sich die Band selber über ihren Status auch in den hiesigen
Gefilden noch nicht ganz bewusst - Und das obwohl sie beispielsweise
letztes Jahr das Heitere OpenAir im Sturm nahmen. Als Opeth dann um
20h00 Uhr gemütlich auf die Bühne trotteten, zeigte sich das Ausmass
ihres Irrtums erst richtig: Die Halle war bei weitem besser gefüllt
als vorprognostiziert, und dem Begrüssungsapplaus mischten sich
bereits zahlreiche Zurufe bei. Die Band begann ihr Set mit dem
Klassiker «Demon Of The Fall» vom Album «My Arms, Your Hearse», und
offenbarte gleich vom ersten Ton an ihre musikalische Brillianz -
Obwohl der Klang bei weitem unter jedem Standard lag, und auch Opeth
selber mit den Umständen auf der Bühne zu kämpfen hatten, sass jeder
Saiten-, Tasten-, und
Fellschlag,
während Mikael unablässig seinen Stimmbändern Äusserstes
abverlangte. Dementsprechend enthusiastisch reagierte dann auch das
Publikum, schwelgte aber dafür während den Songs lieber in
Opeth'schen Klanggefilden, anstatt die Haare kreisen zu lassen. Das
reduziert und ruhig gehaltene «To Rid The Disease» markierte nach
dem selten live gehörten «Master's Apprentice» und dem brutalen «Baying
Of The Hounds» einen weiteren Höhepunkt, auch wenn viele Besucher
die gesenkte Lautstärke als Ermunterung zum Diskutieren
missverstanden - Sensationell true auch die beiden Jungspunde hinter
mir, die Opeth zwar als schwul betitelten, selber aber in
Avantasia-Shirts rumstanden. Ohne hier Avantasia abschätzig
einstufen zu wollen… Opeth gehen aus diesem Duell dann aber doch
ziemlich klar als Sieger hervor. Mikael nutzte die kurzen Pausen
zwischen den Songs um seinen wie üblich trockenen Humor ans Volk zu
bringen, und kündete das neue Stück «Heir Apparent» deshalb mit den
Worten «If you don't like this song, your music-taste is shitty» an.
Das Stück mit seinen brutalen Doublebass- und Grunz-Parts markierte
dabei den härtesten Punkt des Sets, weswegen Opeth darauf
strategisch geschickt mit «The Drapery Falls» abschlossen - Ein
Song, der über die letzten Jahre nur spärlich live gespielt wurde.
Der grösste Teil des Publikums schien dies angemessen zu würdigen,
und verlangte am Ende des Sets standesgemäss nach Zugaben - Welche
die Band aufgrund der äusserst knapp bemessenen Spielzeit aber
leider nicht bringen konnte. Alles in allem also durchaus eine feine
Sache, Opeth an einem Festival auftreten zu lassen - Aber wenn
Mikael's Ankündigung wahr wird, dann taucht die Band Ende Jahr
irgendwo in der Schweiz für eine eigene Headliner-Show auf… Und da
müsste dann eigentlich auch der Sound und das Publikum passen. (Mue)
Setlist Opeth: «Demon Of The Fall» - «Master's Apprentice» - «Baying
Of The Hounds» - «To Rid The Diesease » - «Wreath» - «Heir Apparent»
- «The Drapery Falls»
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Avantasia
Die speziellste Show und der eigentliche Grund für den
Rocksound-Donnerstag war das Konzert von Avantasia, weshalb ich mir
auch erlaube, hier ein bisschen ausführlicher zu berichten.
Edguy-Sänger Tobias Sammet hat es nach drei Alben geschafft, sein
Solowerk auf die Bühne zu bringen. Und so kam das Publikum in den
Genuss der ersten von insgesamt 14 Shows weltweit. Man durfte
gespannt sein, was einen erwarten würde. Eines war indessen schon
vorher klar, nämlich die Frage, wer als Musiker und insbesondere als
Sänger in Huttwil dabei sein wird. Namen wie Jorn Lande, Bob Catley
(Magnum), André Matos (Ex-Angra und Ex-Shamaan), Oliver Hartmann
(Ex-At Vance), Amanda Somerville und Claudy Yang liessen einem dabei
bereits im Vorfeld das Wasser im Mund zusammenlaufen. Auch die
Instrumente waren hochgradig besetzt und so brillierten an den
Gitarren Produzent Sascha Paeth und der bereits erwähnten Oliver
Hartmann. Am Bass tobte sich Multiinstrumentalist Robert Hunecke, am
Keyboard die Komponistenlegende Michael Rodenberg alias Miro und am
Schlagzeug, anders als angekündigt, Edguy-Buddie Felix Bohnke aus.
Und dann war es endlich soweit, Zeit für eine spezielle Show, die
für sich bereits jetzt legendär ist. Auch wenn ich persönlich am
Konzert noch ein paar Änderungen vorgenommen hätte. Aber gemeckert
wird später.
Vorhang auf für Avantasia: Die Show wurde mit dem Geräusche-Intro
von «Twistet Mind» eröffnet, dem gleich darauf der eigentliche Song
folgte. Von den Gastsängern war allerdings noch nichts zu sehen und
zu hören, dafür prangte im Hintergrund der Bühne das Scarecrow-Cover
als Banner. Das Titelstück dieses Albums bildete dann auch den
zweiten Song des Sets. Mutig, denn mit 12 Minuten ist das Lied doch
sehr lang, glänzt aber mit einem herrlichen Akkustik-Teil. Fragte
ich mich im Vorfeld noch, ob dies heute eine Generalprobe geben
würde, war spätestens hier klar, dass dies nicht der Fall war. Zu
motiviert war die Band
und
Tobias Sammet freute sich wie ein kleiner Junge. Aber die heiss
erwarteten Gastsänger waren nach wie vor nirgends auszumachen. Dies
änderte sich erst mit «Another Angel Down», wo ganz zaghaft Jorn
Lande auftauchte und mit seiner gewaltigen Stimme punkten konnte.
Tobias Sammet selbst schien dabei zwischenzeitlich gar stimmliche
Probleme zu haben und fiel damit im Vergleich zu Lande deutlich ab.
Nicht nur mit seiner Stimme, sondern auch mit einer Schweizer Fahne
in der Hand heimste anschliessend André Matos beim Avantasia 1 Song
«Reach For The Light» Sympathien ein. Aber nicht nur die
verschiedenen Stimmen sorgten für ganz unterschiedliche Atmosphäre,
auch das Auftreten der Sänger selbst sorgte für Abwechslung. War
Matos zusammen mit Sammet das energiegeladene Dreamteam, sorgte der
Auftritt von Bob Catley bei «The Story Ain’t Over» eher für eine
respektvolle Vater-Sohn-Stimmung. Kontrovers wurde es bei «Lost In
Space», der umstrittenen Single, die trotz Sammets Ankündigung zu
zeigen, dass der Song was taugt, auch in der Gitarren-lastigeren
Version nicht bei allen gut ankam. Ob das der Grund war, weshalb
danach die Stimmung für mehrere Songs merklich sank, obwohl Oliver
Hartmann bei «I Don’t Believe In Your Love » seine gesangliche
Klasse bewies? Vielleicht lag es aber auch an den leicht
Umarrangierten Songs von Avantasia 1. Namentlich das mit
Keyboardsolo vorgetragene «Avantasia» und das zu wenig druckvoll
dargebotene «Serpents In Paradise». Spätestens mit «Promised Land»
hatte die Band das Publikum aber wieder in der Hand und spielte gar
Theater auf der Bühne.
Dies erinnerte plötzlich daran, dass man ja hier eine Rock-Oper sah,
welche aber wie eine normale Rock-Show mit Gastsängern wirkte. Waren
hier meine Erwartungen zu hoch? Hatte ich tatsächlich eine
eigentliche Geschichte anstelle von eher zufällig aneinander
gereihten Songs erwartet? Tatsache ist, dass hier das Potential
deutlich grösser gewesen wäre, was auch der anschliessende
theatralischere Zugabeteil unterstrich. Tobias Sammet kam mit Hut
auf die Bühne
und sang mit ungewöhnlich tiefer Stimme den im Original von Alice
Cooper intonierten «The Toy Master». Waren die beiden
Background-sängerinnen Claudy Yang und Amanda Somerville bisher eher
im Hintergrund, kam letztere bei «Farewell» nach vorne und ersetzte
Sharon Den Adel (Within Temptation), bevor es Zeit für das
bilderbuchartige „Grande Finale“ mit dem langen «Sign Of The Cross»
war. Hier kamen sämtliche Sänger nochmals auf die Bühne, zeigten
nochmals ihren Spass an der Sache und bildeten einen gewaltigen
Chor. Tobias Sammet liess es sich dabei nicht nehmen, in einem
Zwischenteil ausführlich die Band vorzustellen und erntete dafür
einen unglaublichen Applaus, welcher sich zu einem wahren
Hexenkessel steigerte. Sammet war davon sichtlich gerührt und führte
die Show ihrem Ende zu, welche im Refrain von «The Seven Angels»
ihren würdigen Abschluss fand. Ja, ich hätte gerne mehr als nur
einen Avantasia 2-Song gehört, das ganze hätte theatralischer wirken
können, die Songauswahl in sich geschlossener und das neue Album
hätte weniger prominent vertreten sein können. Aber schlussendlich
sind das nur Variantenvorschläge. Was bleibt sind ein tolles
Erlebnis und das unheimlich gute Gefühl, hier etwas Einmaliges und
Grossartiges gesehen zu haben. (Rog)
Setliste: «Twistet Mind» - «The Scarecrow» - «Another Angel Down» -
«The Story Ain’t Over » - «Shelter From The Rain» - «Lost In Space»
- «I Don’t Believe In Your Love» - «Avantasia » - «Serpents In
Paradise» - «Promised Land» - «The Toy Master» - «Farewell » - «Sign
Of The Cross/The Seven Angels»
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